Völlegefühl - Ursachen und Behandlung

Unter Völlegefühl versteht man das Gefühl, dass Magen und Darm zu voll sind. Meistens wird es durch die übermäßige Produktion von Gasen im Darm ausgelöst.

Von Jens Hirseland
Klassifikation nach ICD-10: R14
ICD-10 ist ein weltweit verwendetes Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. Der sogenannte ICD-Code ist zum Beispiel auf einem ärztlichen Attest zu finden.

Fast jeder Mensch leidet von Zeit zu Zeit unter Blähungen oder Völlegefühl. Dabei befindet sich zu viel Luft im Darm, was wiederum zu wiederholten Luftabgängen oder schmerzhaften Bauchkrämpfen führen kann. In den meisten Fällen ist Völlegefühl jedoch unbedenklich und verschwindet wieder von selbst.

Im medizinischen Sinne handelt es sich bei Völlegefühl um das Festsitzen von Gasen im Verdauungstrakt. Es entsteht durch das Verschlucken von Luft und Gasen.

Typisch für Völlegefühl ist, dass sich der Bauch dabei stark wölbt. Außerdem fühlen sich die Betroffenen übersättigt und schwer. Außer dem Völlegefühl können auch Übelkeit, Appetitlosigkeit, Sodbrennen und krampfartige Bauchschmerzen auftreten.

Ursachen

Während die Nahrung im Magen-Darm-Trakt verdaut wird, kommt es zur Bildung von Gasen wie beispielsweise Methan und Schwefelwasserstoff. Diese Gase entstehen beim Gär- und Faulvorgang, wobei sich ein Großteil in den Blutkreislauf verstreut und über die Lunge wieder aus dem Körper gelangt. Andere Gase werden dagegen durch Winde abgegeben.

Die meisten Menschen leiden unter Völlegefühl, weil sie schlicht und einfach zu viel gegessen haben, wodurch es zu einer Überlastung des Magens kommt. Gefördert werden die Beschwerden vor allem durch fettreiches, blähendes und sehr süßes Essen.

Aber auch Kohlsorten oder Hülsenfrüchte wie Erbsen oder Linsen können Völlegefühl verursachen. So sorgt sehr fettreiche oder ballaststoffreiche Kost dafür, dass der Magen überfordert wird und sich Gase im Darm bilden, die die Beschwerden noch verstärken. Eine weitere Rolle spielt der Konsum von Alkohol und Tabak.

Psychische Faktoren

Manchmal wirken sich auch psychische Faktoren wie

fördernd auf die Entstehung von Völlegefühl aus.

Nahrungsmittelunverträglichkeit

In manchen Fällen wird Völlegefühl durch eine Nahrungsmittelunverträglichkeit hervorgerufen. Werden zum Beispiel bestimmte Lebensmittel verzehrt, die miteinander unverträglich sind, hat dies zur Folge, dass sich im Körper mehr Gase als üblich bilden, die dann im Verdauungstrakt festsitzen.

Handelt es sich um eine Milchzuckerunverträglichkeit (Lactoseintoleranz), können sich im Verdauungstrakt häufig Gase ansammeln, was wiederum zu Völlegefühl führt. Dieses tritt dann verstärkt nach dem Verzehr von Milchprodukten oder Milch auf.

Ebenfalls für Völlegefühl verantwortlich sein können die Zuckermoleküle Stachyose und Rhamnose, die vom Darm nur schwer zersetzt werden. Zu finden sind sie in Lebensmitteln wie Hülsenfrüchten, Sauerkraut und Zwiebeln.

Erkrankungen

In manchen Fällen wird Völlegefühl aber auch durch bestimmte Erkrankungen verursacht. Dazu gehören vor allem Magen- und Darmkrankheiten wie

Weitere mögliche Erkrankungen sind Gallensteine, Pilzinfektionen oder eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse.

Komplikationen

Ein unangenehmes Völlegefühl geht nicht selten mit weiteren Beschwerden einher. So kommt es dabei meist zu einem stark angespannten Blähbauch. Weiterhin sind

im Bereich des Möglichen. Im schlimmsten Fall leiden die Betroffenen zudem an Atembeschwerden, Krämpfen sowie kolikartigen Bauchschmerzen.

In manchen Fällen sind auch ernsthafte Erkrankungen der Auslöser des Völlegefühls. Dabei kann es sich um

handeln.

Wann zum Arzt?

Normalerweise ist Völlegefühl kein Anlass zur Sorge. So gilt es als normale Körperreaktion auf eine zu üppige Mahlzeit. Leidet der Patient jedoch fortwährend unter Völlegefühl ohne eine erkennbare Ursache, kann dies auf eine gesundheitliche Störung hindeuten, die einer ärztlichen Abklärung bedarf.

Diagnose

Normalerweise erfordert Völlegefühl keinen Arztbesuch. Zeigen sich die Beschwerden jedoch ständig und auch bei leerem Magen, sollte ein Arzt konsultiert werden.

Anamnese

Dieser nimmt zunächst eine gründliche Befragung des Patienten vor. Von Wichtigkeit ist vor allem, in welchen Situationen sich das Völlegefühl zeigt, wie lange es anhält und ob der Patient unter weiteren Beschwerden wie Übelkeit oder Bauchschmerzen leidet.

Magenspiegelung und Blutuntersuchung

Wird eine Erkrankung als Auslöser für das Völlegefühl vermutet, lässt sich zur weiteren Abklärung eine Gastroskopie (Magenspiegelung) durchführen. Bei dieser Gelegenheit führt man ein Gastroskop, einen elastischen Schlauch, in den Magen ein, wodurch sich die Magenschleimhaut genau untersuchen lässt.

Falls nötig, kann man dabei auch eine Gewebeprobe (Biopsie) entnehmen, die dann in einem Labor analysiert wird. Ebenfalls zu den gängigen Untersuchungsmethoden gehört eine Blutabnahme. Diese dient zur Bestimmung der Entzündungswerte innerhalb des Blutes.

Weitere Untersuchungsmethoden

Je nach vermuteter Völlegefühlursache sind noch weitere Untersuchungen möglich. Dazu zählen

Behandlung

Welche Therapie bei Völlegefühl am wirksamsten ist, hängt vom Auslöser des Symptoms ab. Während das Völlegefühl anhält, empfiehlt es sich, den Genuss von Kaffee, Alkohol und Zigaretten deutlich einzuschränken.

Leidet man aufgrund von Anspannung und Stress unter Völlegefühl, werden Entspannungsmethoden wie beispielsweise Autogenes Training oder die Muskelrelaxation nach Jacobsen empfohlen. Wird das Völlegefühl jedoch durch eine bestimmte Krankheit wie einer Gastritis (Magenschleimhautentzündung) oder einem Geschwür verursacht, muss eine spezielle medizinische Behandlung erfolgen, bei der man dem Patienten in der Regel Medikamente verabreicht.

Im Falle einer Infektion, die beispielsweise durch das Bakterium Heliobacter pylori ausgelöst wird, können auch Antibiotika nötig sein. Leidet der Patient neben dem Völlegefühl zusätzlich unter Krämpfen, erhält er krampflösende Mittel. Ist ein Darmverschluss der Grund für das Völlegefühl, muss rasch eine Operation durchgeführt werden.

Selbsttherapie

Völlegefühl ist ein Problem, das in der Regel nach dem Essen entsteht. Dies gilt besonders für den Verzehr von blähenden Speisen oder wenn die Mahlzeiten hastig und unter Stress eingenommen werden.

Um rasch gegen das Völlegefühl vorzugehen, empfiehlt sich ein Spaziergang nach dem Essen. So wird die Verdauungstätigkeit durch die Bewegung angeregt.

Bei schwer verdaulichen Lebensmitteln empfiehlt es sich, auf einen Ersatz auszuweichen. Außerdem ist es wichtig, gut auf die Signale des Körpers Acht zu geben.

Hausmittel

Zur Bekämpfung des unangenehmen Völlegefühls können auch einige Hausmittel zur Anwendung kommen. Dazu gehört zum Beispiel eine Massage des Bauches mit Kümmelöl. Dabei massiert der Betroffene seinen Bauch kreisend und kräftig im Uhrzeigersinn, um die Verkrampfungen im Bauchraum zu lösen.

Ein weiteres bewährtes Hausmittel sind Wärmeanwendungen. Dabei kann es sich um das Auflegen

handeln.

Ebenfalls hilfreich ist die Einnahme von Natron, das nicht nur Völlegefühl, sondern auch Sodbrennen lindert und in der Apotheke erhältlich ist. Für eine positive Wirkung reicht meist schon eine Fingerspitze mit Natron aus, welches in einem Wasserglas aufgelöst wird.

Als hilfreiche pflanzliche Mittel gegen Völlegefühl gelten

Die meisten Pflanzenextrakte lassen sich als Kapsel einnehmen, aber auch pflanzliche Tees sind durchaus wirksam. Ist die Galle für das Völlegefühl verantwortlich, empfiehlt sich die Anwendung von Artischocken-Präparaten.

Homöopathische Mittel

Die Homöopathie setzt zur Bekämpfung von Völlegefühl auf Aloe vera. Das pflanzliche Präparat gibt es in der Apotheke in der Form von Globuli.

Vorbeugung

Am besten vorbeugen lässt sich Völlegefühl bereits bei der Einnahme der Mahlzeiten. So sollte möglichst langsam gegessen und die Nahrung gründlich gekaut werden. Außerdem ist es hilfreich, lieber mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt zu genießen, anstatt sich nur einmal den Bauch vollzuschlagen.

Wer häufiger unter Völlegefühl leidet, sollte blähende Nahrungsmittel vermeiden und stattdessen lieber auf gut verdauliches Essen zurückgreifen. Einen guten Anlaufspunkt bietet dabei die mediterrane Küche, die vor allem viel Obst und Gemüse sowie Geflügel und Fisch beinhaltet. Auch Nüsse und Olivenöl gehören dazu.

Wer trotzdem nicht auf fettreiche Mahlzeiten verzichten möchte, ist gut beraten, diese mit Bohnenkraut und Kümmel zu würzen. Auf diese Weise lassen sich die Speisen besser verträglich machen.

Auch sollte Wert darauf gelegt werden, fettiges Essen nicht zur Gewohnheit werden zu lassen - hin und wieder ein etwas üppigeres Mahl zu sich zu nehmen, sollte kein Problem darstellen. Um die Verdauung zu fördern, empfiehlt es sich, viel zu trinken.

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