Schluckauf - Ursachen und Behandlung

Schluckauf tritt meist nur kurzzeitig auf. Er kann jedoch auch das Symptom einer schwerwiegenden Erkrankung sein.

Von Claudia Haut
Klassifikation nach ICD-10: R06.6
ICD-10 ist ein weltweit verwendetes Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. Der sogenannte ICD-Code ist zum Beispiel auf einem ärztlichen Attest zu finden.

Einer der wichtigsten Muskeln im menschlichen Körper ist das Zwerchfell. Es trennt die Brust- von der Bauchhöhle und bewirkt bei seiner Kontraktion den Vorgang des Einatmens. Eine ruckartige Verkrampfung des Zwerchfells führt zu einer Unterbrechung der Lufteinströmung und somit zu einem Schluckauf. Dabei verschließen sich die im Kehlkopf befindlichen Stimmlippen nach dem Einatmen, die somit eingeschlossene Luft drückt gegen den Widerstand und sprengt die Stimmlippen letztlich auf.

Unter einem Schluckauf oder Schlucken, in der Medizin auch Singultus genannt, versteht man eine periodisch vorkommende, reflektorische starke Einatmungsbewegung des Zwerchfells. Dabei wird das Einatmen durch einen abrupten Verschluss der Stimmlippen unterbrochen.

Ein typisches Merkmal des Schluckaufs ist das hicksende Einatmungsgeräusch. Die Stärke eines Schluckaufs kann individuell sehr unterschiedlich sein. Das Gleiche gilt für seine Dauer. In den meisten Fällen treten Schluckaufbeschwerden nur einige Minuten auf und verschwinden so schnell wieder, wie sie entstanden sind.

Im Durchschnitt kommt es zwischen 4- bis 60-mal in der Minute bei den betroffenen Personen zu einem Hickser. Bei manchen Menschen kann der Schlucken sogar einige Stunden lang anhalten.

Ein Schluckauf zeigt sich schon bei Babys und Kleinkindern. Nicht selten tritt er sogar bei ungeborenen Kindern im Mutterleib auf. Es wird vermutet, dass die Babys auf diese Weise ihre Atemreflexe trainieren.

Andere Wissenschaftler glauben hingegen, dass durch den Schlucken das Eindringen von Flüssigkeit in die Luftröhre verhindert wird. Für erwachsene Menschen hat der Schluckauf dagegen keinen Sinn und wirkt sich sogar störend aus.

Ablauf

Entsteht ein Schluckauf, zieht sich das Zwerchfell zwischen der Lunge und dem Bauch plötzlich zusammen, was ein rasches und tiefes Einatmen zur Folge hat. Zur gleichen Zeit kommt es zum Verschluss der Stimmritze, die sich zwischen den Stimmrändern befindet, sodass die Luft innerhalb der Lunge nicht entweichen kann.

Da die Atemluft von außerhalb gegen die Stimmritze prallt, führt dies zu einem Druck, der sich durch das typische Hicksen bemerkbar macht.

Chronischer Schluckauf

Bei manchen Menschen verläuft ein Schluckauf sogar chronisch, was jedoch nur sehr selten vorkommt. Von einem chronischen Schluckauf spricht man, wenn der Schlucken länger als zwei Tage anhält.

Für die betroffenen Personen kann ein chronischer Singultus sehr belastend sein und zu Schlafstörungen oder Depressionen führen.

Ursachen

Zu einem Schluckauf kann es aus unterschiedlichen Gründen kommen. In den meisten Fällen wird er durch eine Reizung des Nervus phrenicus, des Zwerchfellnervs, verursacht.

Akuter Schluckauf ist harmlos und verschwindet nach kurzer Zeit von selbst wieder. Dieser wird ausgelöst, wenn der Mensch zu schnell isst und dabei viel Luft schluckt.

Auch heiße und kalte Nahrungsmittel können den Schluckauf verursachen.

Das Rauchen von Zigaretten sowie der Alkoholkonsum sind weitere Ursachen des akuten Schluckaufs. Schluckauf tritt immer dann auf, wenn ein Nerv des Zwerchfells gereizt wird. Im akuten Fall tritt dies bei den genannten Nahrungs- bzw. Genussmitteln auf, bei einem chronischen Schluckauf ist die Ursache eine Erkrankung.

Aber auch

lösen mitunter einen Schluckauf aus.

Erkrankungen

Einen chronischen Schluckauf können verschiedenartige Magenerkrankungen wie zum Beispiel

auslösen. Auch Krebserkrankungen können die Ursache sein. Ein Tumor im Gehirn oder in der Lunge kann beispielsweise den chronischen Schluckauf auslösen.

können ebenfalls für den Schluckauf verantwortlich sein. Auch Patienten, die einen Schlaganfall hatten, leiden teilweise unter Schluckauf, ebenso schwangere Frauen.

Für einen chronischen Schluckauf lässt sich oftmals gar keine konkrete Ursache finden. Mediziner sprechen dann von einem idiopathischen Schluckauf.

Folgen

Ein Schluckauf ist in der Regel nicht weiter bedenklich. In manchen Fällen kann er jedoch einen chronischen Verlauf nehmen und sogar einige Jahre anhalten. Dadurch besteht die Gefahr, dass die Psyche so stark in Mitleidenschaft gezogen wird, dass es zu Depressionen und sogar Selbstmordabsichten kommt. Darüber hinaus sind auch körperliche Beeinträchtigungen wie Schlafstörungen möglich.

Wann zum Arzt?

Einen Arzt gilt es aufzusuchen, wenn der Schluckauf längere Zeit andauert und zu Schlafstörungen, Depressionen oder Gewichtsabnahme führt. Mitunter kann ein chronischer Schluckauf auch ein Hinweis auf eine behandlungsbedürftige Krankheit sein. Grundsätzlich sollte ein Arzt zu Rate gezogen werden, wenn der Schluckauf länger als zwei Tage dauert.

Notfall Schlaganfall

Treten neben dem Schluckauf noch weitere Beschwerden wie

auf, muss umgehend ein Notarzt verständigt werden. So weisen diese Symptome auf einen Schlaganfall hin.

Diagnose

Hält der Schluckauf länger als 48 Stunden an, ist es ratsam, sich an den Hausarzt zu wenden. In dessen Praxis erfolgt eine gründliche Untersuchung.

Anamnese

Für den Fall, dass der Schluckauf nicht wieder verschwindet, muss der Arzt die Ursache dafür herausfinden. Dazu nimmt er zunächst eine Befragung des Patienten vor. Bei der Anamnese geht es darum, herauszufinden,

  • seit wann der Schluckauf besteht
  • wie heftig er ist
  • ob es dabei auch zu Aufstoßen kommt und
  • ob bestimmte Arzneimittel konsumiert werden.

Ebenfalls wichtig sind Informationen über mögliche Auslöser wie hastiges Essen oder den Genuss von Tabak bzw. Alkohol.

Körperliche Untersuchung

An die Befragung schließt sich die körperliche Untersuchung an, bei der sich der Arzt vor allem mit

befasst. Außerdem testet er die Reflexe und überprüft die Atmung sowie das Nervensystem.

Weitere Untersuchungen

Besteht der Verdacht, dass eine ernsthafte Ursache den Schluckauf auslöst, können weitere Untersuchungen erfolgen. Dazu zählen

Darüber hinaus kann eine Blutprobe entnommen werden, die man dann in einem Labor auf Entzündungsmarker oder andere Auffälligkeiten überprüft.

Ebenfalls in Betracht kommen

Behandlung

Normalerweise verschwindet der Schluckauf nach kurzer Zeit von selbst wieder. Schluckauf kann jedoch auch chronisch sein. Die Patienten leiden dann teilweise jahrelang darunter und "hicksen" dabei sogar im Sekundentakt. Teilweise verschwindet der Schluckauf auch wieder und beginnt nach einiger Zeit von neuem.

Der Schluckauf beeinflusst diese Patienten nicht nur im Beruf, er hat auch gesundheitliche Auswirkungen. Verschwindet der Schluckauf nicht von selbst, sollte man unbedingt einen Arzt aufsuchen.

Medikamente

Es gibt diverse Medikamente, die chronischen Schluckauf lindern können. Dabei können muskelentspannende Mittel wie Baclofen, Säurehemmer oder ein Antiemetikum wie Domperidon bzw. Metoclopramid zum Einsatz kommen. Mitunter werden auch Antiepileptika wie Carbamazepin oder Gabapentin, Neuroleptika oder Beruhigungsmittel eingesetzt. Nicht selten verordnet der Arzt eine Kombination aus verschiedenen Wirkstoffen. Chronischer Schluckauf ist jedoch meist das Symptom einer Krankheit, so dass diese Medikamente nicht die Ursache des Schluckaufs beheben können.

Verursacht eine Magenerkrankung den Schluckauf, so kann der Arzt entsprechende Medikamente zur Behandlung dieser Krankheit verordnen, so dass sich letztlich auch der Schluckauf bessert.

Operation

Neben der medikamentösen Behandlung kann auch eine Operation den Schluckauf beheben. Hier wird dann ein Eingriff am Zwerchfell vorgenommen.

Auch eine Krebserkrankung kann den Schluckauf verursachen. In diesem Fall muss der bösartige Tumor im Rahmen einer Operation entfernt werden, so dass auch der Schluckauf aufhört. Nach der Operation muss sich der Patient meist einer Strahlen- oder Chemotherapie unterziehen. Nach der Akutbehandlung in einem Krankenhaus erfolgt meist eine mehrwöchige Rehabilitationsbehandlung in einer dafür spezialisierten Fachklinik.

Weitere Behandlungsmöglichkeiten

Als hilfreich gilt zudem ein spezielles Atemtraining, bei dem der Patient lernt, dem lästigen Schluckauf vorzubeugen. Ebenfalls sinnvoll sind verschiedene Entspannungsmethoden, die dazu dienen, das Zwerchfell wieder zu beruhigen. Bei manchen Menschen helfen auch Hypnose oder Akupunktur, den Schlucken zu vertreiben.

Selbsttherapie

Gegen einen lästigen Schluckauf gibt es zahlreiche unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten. Die meisten zielen darauf ab, die Atmung und das Zwerchfell zu beruhigen.

Zeigt sich der Schluckauf in der Öffentlichkeit und fehlt es dort an geeigneten Gegenmitteln, können die weichen Stellen auf der Hinterseite der Ohrläppchen gedrückt werden. Durch das Drücken, das man 20 bis 30 Sekunden lang vornimmt, kommt es über den Vagusnerv zu einem Entspannungssignal, was wiederum zur Entspannung des Zwerchfells führt.

Etwas schmerzhafter ist dagegen das Drücken des Daumennagels gegen die Fläche der anderen Hand. Der Schmerz bewirkt die Ablenkung des Nervensystems, wodurch sich dann der Schluckauf beenden lässt.

Wer an einem akuten Schluckauf leidet, sollte sich ins Gedächtnis rufen, was er am Abend zuvor gegessen hat. Auch die Vorstellung dreier kahlköpfiger Männer kann gegen den Schluckauf helfen. Durch diese Maßnahmen lenkt man sich vom Schluckauf ab und das verkrampfte Zwerchfell kann sich wieder entspannen.

Hausmittel

Zur Bekämpfung eines Schluckaufs werden die verschiedensten Hausmittel empfohlen. Sie haben zumeist miteinander gemeinsam, dass sie die Atemmuskulatur beruhigen sollen. Dazu gehören zum Beispiel

Zur Regulation der Atmung kann es mitunter schon ausreichen, in eine Tüte zu atmen oder die Luft anzuhalten. Dabei sollte auch gleichzeitig der Kopf in den Nacken gelegt werden. Da jedoch dabei die Gefahr von Kreislaufproblemen besteht, ist Vorsicht geboten.

Eine andere Möglichkeit ist das Verschließen der Ohren während des Trinkens mit einem Strohhalm. Durch diese Vorgehensweise entsteht Druck auf den Vagusnerv, der eine entspannende Wirkung zur Folge hat.

Als weiteres Hausmittel gegen einen Schluckauf kommt das Saugen an einer Scheibe Zitrone infrage. Der plötzliche saure Geschmack der Zitrone führt dazu, dass sich die Lippen zusammenziehen und der Schluckauf zurückgeht.

Ebenfalls zu den Hausmitteln zählt das Trinken von Wasser durch Haushaltspapier, welches man über das Glas spannt. Der Betroffene muss beim Trinken wegen des Papiers stark ziehen. Dies hat die Anspannung des Zwerchfells zur Folge, was sich wiederum positiv auf den Schluckauf auswirkt.

Aber auch Entspannung gilt als hilfreich gegen einen Schluckauf. Dazu legt man sich mit dem Bauch auf das Bett oder die Couch und konzentriert sich auf die Atmung.

Anschließend wird tief eingeatmet und die Luft rund zehn Sekunden lang angehalten. Diese Prozedur wiederholt der Betroffene fünf Minuten lang.

Vasalva-Methode

Als hilfreich gegen häufigen Schlucken gilt die so genannte Vasalva-Methode, bei der der Mund geschlossen wird. Außerdem hält man sich die Nase zu und spannt die Atemmuskulatur wie beim Ausatmen an.

Durch den Druck wird das Trommelfell des Ohrs nach außen gewölbt, während sich die Brust zusammenpresst. Dieser Druck sollte 10 bis 15 Sekunden lang anhalten.

Luft anhalten und Wasser trinken

Bei diesem Verfahren hält man die Luft an, während zur selben Zeit ein großes Glas Wasser rasch ausgetrunken wird. Ebenfalls zu den empfohlenen Maßnahmen gehören das Trinken von Eiswasser oder einer Limonadendose, während man liegt.

Suggestion

Es besteht zudem die Möglichkeit, suggestiv gegen den lästigen Schluckauf vorzugehen, indem man sich konzentriert und etwas auswendig aufsagt. Eine Alternative ist, die Augen zu schließen und an andere Dinge zu denken.

Vorbeugung

Eine wirksame Vorbeugung gegen einen Schluckauf ist kaum möglich.

  • Damit es nicht zu häufig zu einem Schluckauf kommt, wird empfohlen, nicht zu hastig zu trinken und zu essen.
  • Wer immer wieder zu einem Schluckauf neigt, sollte auf den Genuss von kohlensäurehaltigen Getränken oder zu heißen bzw. zu kalten Speisen verzichten.
  • Manchmal lässt sich einem Schluckauf auch durch gezielte Atemübungen vorbeugen.

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