Hormonersatztherapie - Wann wird sie angewandt, welche Risiken gibt es?

Als Hormonersatztherapie (HET) bezeichnet man in der Medizin eine Behandlung zum Ausgleich von Hormonmangel. Dabei führt man dem Körper des Patienten eine kleine Dosis an Hormonen zu. Sie kann zum Beispiel bei Frauen mit Beschwerden während der Wechseljahre angewandt werden, ist jedoch nicht frei von Risiken. Lesen Sie über die Wirkung und Anwendungsgebiete der Hormonersatztherapie.

Von Jens Hirseland

Was ist eine Hormonersatztherapie und wann ist sie sinnvoll?

Von einer Hormonersatztherapie (HET) spricht man, wenn Hormone verabreicht werden, um auf diese Weise Beschwerden, die durch Hormonmangel entstehen, zu behandeln.

  • Meist kommt diese Therapiemethode bei Wechseljahresbeschwerden von Frauen (Klimakterium) oder Männern (Klimakterium virile) zur Anwendung.
  • Ferner kann sie auch als Begleitmaßnahme zur Geschlechtsangleichung im Rahmen einer Transsexualität durchgeführt werden.

Was passiert bei einer Hormonersatztherapie?

Bei einer Hormonersatztherapie verwendet man in der Regel natürliche oder synthetische Hormone, um einen Mangel an Hormonen zu behandeln. Hormone sind biochemische Botenstoffe, die von einer Drüse abgegeben werden. Zu den Formen einer Hormonersatztherapie gehört auch die Verabreichung von Insulin bei Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) oder von Schilddrüsenhormonen bei einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose).

Generell dient sie aber vor allem zur Behandlung von Beschwerden in den Wechseljahren bei Frauen. Dabei werden meist Geschlechtshormone wie Östrogen und Gestagen eingesetzt.

In den Wechseljahren kommt es bei Frauen zu Beschwerden wie Hitzewallungen und Schweißausbrüchen. Eine Hormonersatztherapie gilt als das wirksamste Mittel gegen diese Beschwerden.

Anwendungsgebiet Wechseljahre - Wie hilft eine Hormonersatztherapie bei Wechseljahresbeschwerden?

Meist um das 45. Lebensjahr beginnen bei einem Großteil der Frauen die Wechseljahre. In dieser Zeit der hormonellen Umstellung neigt sich der Eizellenvorrat dem Ende, womit auch das hormonproduzierende Gewebe "nutzlos" wird und seine Funktion einstellt. Somit sinkt vor allem der Östrogenspiegel stark ab.

Während der Menopause kann es zu Beschwerden kommen, wie:

Diese Beschwerden können die betroffenen Frauen stark belasten.

In der Regel erfolgt eine postmenopausale Hormonersatztherapie bei Frauen zur Linderung von Wechseljahresbeschwerden wie Atrophie von Vulva und Vaginalschleimhaut oder Hitzewallungen.

Welche Präparate werden bei einer Hormonersatztherapie verabreicht?

Die Therapie wird

  • entweder als Monotherapie, bei der man ausschließlich Östrogene verabreicht,
  • oder als Kombinationstherapie, bei der sowohl Östrogene als auch Gestagene zur Anwendung kommen,

durchgeführt. In der Hormonersatztherapie werden die "fehlenden" Hormone Gestagen und Östrogen zugeführt. Normalerweise folgt auf eine dreiwöchige Gabe von Gestagen und Östrogen eine siebentägige Pause. In dieser Zeit erfolgt die Monatsblutung.

Ist keine Blutung mehr gewünscht, gibt es Präparate, die ohne Unterbrechung genommen werden können. So bleibt die monatliche Blutung aus.

Zur Anwendung kommen

  • Östrogen-Gestagen-Präparate
  • reine Östrogenpräparate oder
  • Tibolon-Präparate.

Die Dosierung der Hormonpräparate fällt so niedrig wie möglich aus. Die Verabreichung der Hormone erfolgt als:

Risiken der Hormonersatztherapie

Hormone in Blutkreislauf
Je nach Patient können unterschiedliche Nebenwirkungen auftreten

Jedoch ist die Therapie aufgrund möglicher Nebenwirkungen wie einem erhöhten

umstritten. Je länger die Behandlung andauert, desto größer wird das Risiko für eine dieser Krankheiten.

Aus diesem Grund wird eine Hormonersatztherapie vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nur dann empfohlen, wenn starke Beschwerden vorliegen und diese nicht anders behandelt werden können. Eine Patientin sollte sich daher stets vor einer Hormonersatzbehandlung mit ihrem Arzt absprechen und mit ihm das Risiko abwägen.

Es wird empfohlen, die Östrogendosis zu Beginn der Therapie möglichst niedrig zu halten und dann langsam zu steigern, bis eine Besserung eintritt. Dann sollte die Dosis alle sechs Monate reduziert werden. Außerdem sollte die Dauer der Behandlung nicht länger als zwei Jahre betragen.

Risikopatienten: Wann darf die Hormonersatztherapie nicht durchgeführt werden?

Nicht durchgeführt werden darf eine Hormonersatztherapie wenn die Patientin unter folgenden Erkrankungen leidet:

Zur Beurteilung der Wirksamkeit der Behandlung finden regelmäßige Kontrolluntersuchungen statt. Nach einem Jahr Therapiedauer sollte eine Überprüfung erfolgen, ob eine weitere Behandlung sinnvoll ist.

Eine allgemeingültige Empfehlung für oder gegen eine Hormonersatztherapie liegt derzeit nicht vor. Daher sollte die Patientin die Vor- und Nachteile dieser Behandlungsmethode sorgfältig abwägen. Eine wichtige Rolle spielen dabei oftmals auch individuelle Faktoren.

Durchführung der Hormonersatztherapie

Bevor die Hormonersatztherapie durchgeführt wird, bedarf es einiger Vorbereitungen.

Vorbereitungen: Untersuchungen vor der Behandlung mit Hormonen

Vor Beginn einer Hormonersatztherapie sollte der Arzt eine ausführliche Anamnese der Patientin durchführen. Liegen Risikofaktoren in der Familie vor, sollte eher von einer Hormonersatztherapie abgesehen werden. Beispiele dafür sind:

Außerdem sollten Voruntersuchungen der Brust und ein PAP-Test erfolgen. Auch Blutdruck und Körpergewicht sollten vor Beginn der Therapie festgestellt werden.

Ablauf der Hormonersatztherapie

Verabreichung einer Hormonspritze
Behandelt wird in der Regel mit der sequenziellen oder kontinuierlichen Hormontherapie

Bei der Anwendung einer Hormonersatztherapie unterscheidet man zwischen:

  1. einer sequenziellen Hormontherapie
  2. einer kontinuierlichen Hormontherapie

Bei einer sequenziellen Hormontherapie werden drei Wochen lang Hormone wie Östrogen und Gestagen verabreicht. Nach Ablauf der ersten drei Wochen wird die Behandlung für eine Woche unterbrochen. Während dieser Zeit tritt wieder die gewohnte Blutung ein.

Bei Frauen, die keine Blutungen mehr wünschen, kann eine kontinuierliche Hormontherapie erfolgen. Da nach einer gewissen Zeit keine Blutungen mehr nötig sind, können nach ein bis drei Jahren Medikamente verabreicht werden, durch die keine Blutung mehr ausgelöst wird und die man ohne Unterbrechung einnimmt.

Darreichungsformen der Hormone

Die Hormone können auf verschiedene Weise verabreicht werden.

  • Meist werden Tabletten eingesetzt, die jedoch täglich eingenommen werden müssen.
  • Eine Alternative ist eine Hormonspritze, die alle vier Wochen in einen Muskel injiziert wird.

Weitere Möglichkeiten sind

  • Pflaster
  • Cremes
  • Gels sowie
  • Nasensprays.

Mögliche Komplikationen der Hormonersatztherapie

Während einer Hormonersatztherapie sollte regelmäßig die Wirksamkeit der Behandlung ärztlich kontrolliert werden. Mögliche Nebenwirkungen können Unverträglichkeitsreaktionen auf die Medikamente in den ersten drei Monaten sein.

Hormontherapie absetzen - Wie kann man die Behandlung beenden?

Generell sollte eine Hormontherapie nur unter Aufsicht abgesetzt werden. Man sollte sich von seinem Arzt beraten lassen, um die Behandlung möglichst sanft beenden zu können; ein Absetzen von heute auf morgen ist nicht zu empfehlen.

Vor- und Nachteile der Hormonersatztherapie

Für die Durchführung einer Hormonersatztherapie spricht die Wirksamkeit des Verfahrens bei Wechseljahresbeschwerden, die wissenschaftlich erwiesen ist.

  • So lassen sich mithilfe der Behandlung Entzündungen und Atrophien im Urogenitalbereich verhindern.
  • Außerdem bewirkt das Verfahren eine Verminderung von klimakterischen Depressionen.
  • Des Weiteren wird durch eine Östrogenbehandlung einer postmenopausalen Osteoporose (Knochenschwund) und damit auch möglichen Knochenbrüchen entgegengewirkt.
  • Bei einer kombinierten Östrogen-Gestagen-Therapie reduziert sich das Risiko an Darmkrebs zu erkranken.

Eine Hormonersatztherapie bringt jedoch auch einige Nachteile mit sich.

  • So steigt die Gefahr einer Brustkrebserkrankung, was allerdings von verschiedenen Faktoren abhängt.
  • Darüber hinaus besteht ein erhöhtes Risiko, an Gallenblasenentzündungen, tiefen Beinvenenthrombosen, Lungenembolien oder Herz-Kreislauferkrankungen zu erkranken.
  • Besteht bereits eine Krebserkrankung, kann sich diese durch eine Hormonersatztherapie weiter verschlimmern.
  • Nicht positiv beeinflusst werden kognitive Störungen. So wurde die Annahme, dass die Gabe von Östrogenen das Demenzrisiko verringert, widerlegt. Neueren Studien zufolge besteht durch die Hormonersatztherapie sogar eine gewisse Gefahr, an Demenz zu erkranken.

So wurde eine Studie der Women's Health Initiative vorzeitig abgebrochen, da das Risiko zu erkranken höher war, als der Nutzen der Therapie.

  • Folglich müssen pharmazeutische Firmen seit 2004 auf Anweisung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in ihren Produktinformationen auf das erhöhte Risiko für das Auftreten von Brustkrebs, Schlaganfällen, Herzinfarkt und Hirnleistungsstörungen hinweisen.

Aufgrund dessen wird die Hormonersatztherapie derzeit nur noch bei sehr starken Wechseljahrsbeschwerden, die auf keine andere Behandlung ansprechen, empfohlen. Auch in schweren Fällen sollte die Therapie nur so niedrig wie möglich dosiert und nur so kurz wie möglich angewendet werden.

Niedrigste Dosierung bei der Hormonersatztherapie und neueste Studien

Wie Studien zeigen, liegt die niedrigste wirksame Dosierung von Östrogenen bei Wechseljahresbeschwerden wie etwa Hitzewallungen bei 0,5 mg oralem Estradiol, 14 µg transdermalem Estradiol sowie 0,3 mg konjugierten Östrogenen.

Beinahe jede Form der Hormonbehandlung erhöht das Brustkrebsrisiko, dabei gibt es unterschiedliche Ausmaße. Etwas geringer fällt dieses aus, wenn das Gestagen nur in Phasen eingenommen wird.

Medizinern zufolge stellt die vaginale Applikation die sicherere Variante dar. Erfolgt die Estrogen-Anwendung vaginal als Suppositorien oder Salben, bestehen weniger Risiken.

Natürliche Alternativen - Pflanzliche Hormonersatztherapie

Bei leichteren Beschwerden können pflanzliche Arzneimittel aus

hilfreich sein, so dass auf Hormone immer öfter verzichtet werden kann.

Kritik an der HET

In den letzten Jahren geriet die Hormonersatztherapie zunehmend ins Kreuzfeuer der Kritik. So befürchten die Gegner dieser Behandlungsmethode ein erhöhtes Krebsrisiko. Die zum Teil sehr emotional geführte Debatte über Sinn oder Sinnlosigkeit der Behandlungsmethode dauert nach wie vor an.

Wie sich zeigt, scheint die starke Kritik eine positive Auswirkung zu haben...

Weniger Hormonpräparate sorgen für sinkende Brustkrebszahlen

Brustkrebs zählt zu den häufigsten Krebsarten: Jährlich gibt es etwa 57.000 neue betroffene Frauen in Deutschland. Doch die Tendenz ist rückläufig, wie neue Zahlen zeigen.

Prominente Beispiele wie Sylvie van der Vaart und Kylie Minogue machen deutlich, dass auch junge Frauen von Brustkrebs betroffen sein können. Doch der Großteil der weiblichen Brustkrebs-Erkrankten befand sich stets zwischen dem 45. und 65. Lebensjahr - in und nach den Wechseljahren.

Aufgrund der starken Kritik haben viele Frauen Abstand von den künstlichen Hormonen genommen: Während im Jahr 2000 noch 37 Prozent in den Wechseljahren eine Hormonersatztherapie machten, waren es 2008 nur noch 11,6 Prozent.

Für viele Experten besteht ein direkter Zusammenhang zwischen dieser Zahl und der sinkenden Brustkrebsrate. Die Mediziner schätzen, dass auf 10.000 Frauen, die mit Hormonen behandelt werden, acht zusätzliche Brustkrebsfälle kommen. Daher sollte das Risiko stets genau abgewogen werden.