Frühgeborene: Risiken und ab wann sie überleben

Bei Frühgeborenen ist der Organismus noch nicht vollständig und lebenserhaltend ausgereift, deshalb brauchen sie eine besondere klinische Betreuung. Frühchen sind einigen Risiken ausgesetzt; die Überlebenschancen hängen vom Entwicklungsstand und der medizinischen Betreuung ab. Lesen Sie, ab wann ein Frühgeborenes überleben kann und welchen Risiken es ausgesetzt ist.

Von Claudia Rappold

Wann spricht man von "Frühchen" und ab wann können Frühgeborene überleben?

Normalerweise kommt ein Baby nach 40 Wochen zur Welt. Dann ist es durchschnittlich 51 cm groß und wiegt etwa 3,5 kg. Wird ein Baby zu früh geboren, so ist es natürlich leichter und kleiner. Während eine Geburt ein oder zwei Wochen vor dem errechneten Entbindungstermin für die Babys in der Regel keine Gefahr darstellt, ist eine Geburt viele Wochen vor diesem Termin ein Risiko für die Entwicklung des Babys.

Grundsätzlich können Frühgeborene etwa aber der 23. oder 24. Schwangerschaftswoche lebensfähig sein, sofern sie intensivmedizinisch betreut werden. Wie gut und ob überhaupt sie überleben, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Meist werden Mütter, bei denen eine Frühgeburt droht, jedoch schon vorsichtshalber in entsprechende Geburtskliniken mit angeschlossenem Perinatalzentrum eingewiesen, um das Baby im Fall der Fälle adäquat versorgen zu können.

Dass Frühgeborene kleiner und leichter sind, ist erst einmal nicht der größte Nachteil, den diese Babys haben. Es gibt durchaus besonders kleine und leichte Babys, die sich aber besser entwickeln als Kinder, die etwas mehr wiegen.

Generell gilt heutzutage, dass sich die meisten Frühchen zu gesunden Kindern und Erwachsenen entwickeln. Je früher der Geburtszeitpunkt und je unreifer das Kind noch ist, desto höher das Risiko für bleibende Schäden. So gilt:

  • extrem unreife Frühchen entwickeln sich nur ganz selten völlig gesund
  • sehr früh Geborene sind in ihrer Entwicklung oft vergleichsweise über Jahre zurück, können aber irgendwann anschließen
  • mäßig früh Geborene holen schnell auf, sodass es bald keine Unterschiede mehr zu reif geborenen Babys gibt

Hier erhalten Sie weitere Informationen über die Überlebenschancen von Frühgeborenen.

Risiken, denen Frühchen ausgesetzt sind

Normalerweise dauert eine Schwangerschaft vierzig Wochen. Kommt ein Baby zu früh auf die Welt, kann dies verschiedenste Gründe haben. Je früher ein Baby geboren wird, desto kleiner und leichter ist es und oftmals sind auch die Organe noch nicht richtig entwickelt.

Nicht vollständig entwickelte Lunge

Bei kleinen Frühgeborenen sind die Lungen noch nicht ausreichend entfaltet, so dass sie nicht selbstständig atmen können. Sie müssen daher künstlich beatmet und meist auch ernährt werden.

Viele Frühgeborene können noch nicht richtig saugen und haben daher Trinkschwierigkeiten. Sie werden über eine Sonde mit abgepumpter Muttermilch oder Babynahrung versorgt.

Hirnblutungen

Viele besonders kleine Frühgeborene erleiden in den Tagen oder Wochen nach der Geburt eine Hirnblutung, während sie im Inkubator versorgt werden müssen. Diese kann schwerwiegende Folgen für die Babys haben. In einigen Fällen können sich dadurch geistige Behinderungen entwickeln.

Infektionen

Da die Babys, die viel zu früh geboren wurden, noch nicht ausreichend Abwehrkräfte haben, infizieren sie sich gehäuft mit Krankheitskeimen, die zu Infektionskrankheiten führen.

Für normal geborene gesunde Babys ist ein Schnupfen in der Regel kein Problem. Für ein Frühchen kann dies jedoch lebensgefährlich werden.

Je kleiner die Frühgeborenen sind, desto schwerer fällt es ihnen, die Körpertemperatur zu halten. Daher liegen sie in diesem Stadium noch in einem Inkubator, einem Brutkasten, in dem eine konstante Temperatur herrscht.

Gelbsucht

Da die Leber von zu früh geborenen Babys noch nicht voll ausgereift ist, erleiden viele Frühgeborenen eine massive Gelbsucht, die die Babys in ihrer Entwicklung wieder zurückwerfen kann.

Herzrhythmusstörungen durch Nierenfunktionsstörung

Wenn die Nieren des Babys noch nicht vollständig funktionsfähig sind, kann der Urin nicht abgelassen werden. Die Folge ist, dass über den Urin wichtige Substanzen nicht ausgeschieden werden. Eine dieser Substanzen ist beispielsweise das Kalium.

Lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen können die Folge eines erhöhten Kaliumwertes sein.

Langfristige Folgen

Dank der heutigen Behandlungsmöglichkeiten in Inkubatoren - hier mehr dazu - haben viele Frühgeborene eine gute Chance auf eine gesunde Entwicklung. Doch oftmals müssen die Kleinen auch jahrelang kämpfen.

Sehr früh Geborene können von langfristigen Folgen betroffen sein, die sich sowohl auf die geistige als auch auf die körperliche Entwicklung beziehen können. Hier erfahren Sie mehr über dieses Thema.

Optimierung der Überlebenschancen

Sehr viele - auch kleine - Frühgeborene können dank der modernen Medizin heutzutage überleben. Teilweise jedoch mit Folgeerkrankungen und Spätfolgen, die das Kind das ganze Leben lang zeichnen.

Grundsätzlich beeinflussen viele Faktoren die Überlebenschancen der Frühchen. Ist bei der werdenden Mutter schon eine Frühgeburt absehbar, so wird man ihr eine "Lungenreifespritze" verabreichen. Diese fördert die Lungenreife beim ungeborenen Baby, sodass es nach der Geburt besser atmen kann.

Denn viele Babys müssen noch künstlich beatmet werden, wenn sie viel zu früh zur Welt kommen. Je geringer die Beatmungsdauer ist, desto besser sind die Chancen für das Frühchen.

Maßgeblich Einfluss auf die Überlebenschancen hat natürlich die ärztliche Behandlung. Dazu gibt es spezielle Kinderkliniken, die Abteilungen für die Behandlung von Frühgeborenen haben.

Hier werden die Babys in so genannten Inkubatoren, oft werden sie auch als Brutkasten bezeichnet, rund um die Uhr versorgt. Wird diese medizinische Behandlung zu spät eingeleitet, so kann dies negative Auswirkungen auf das Überleben des Babys haben.

Wichtig ist die Organreife der Babys und deren Lebenswillen. Schon bei ganz kleinen Frühchen kann man "Kämpfer" entdecken, die jedem Infekt während ihres langen Krankenhausaufenthaltes trotzen. Denn davon werden leider viele Frühchen nicht verschont.

Mutter-Kind-Kontakt

Während man die Frühgeborenen vor einigen Jahren noch komplett isoliert hat, dürfen die Eltern heutzutage ihr Baby auf die Brust legen, wann immer sie es möchte. Vorausgesetzt natürlich, es gibt keine medizinischen Gründe, die dagegen sprechen.

Dieser Mutter-Kind- bzw. Vater-Kind-Kontakt ist nachweislich sehr wichtig für die Frühgeborenen und trägt dazu bei, dass sie sich gut entwickeln. Außerdem können auf diese Weise auch die Eltern besser Kontakt zu ihrem Baby aufnehmen, als wenn sie diese nur durch eine Glasscheibe sehen können.

Ab wann kann man Frühgeborene stillen?

Sofern die Mutter stillen möchte, wird dem Frühgeborenen, sobald dies möglich ist, die abgepumpte Milch im Fläschchen verabreicht. Wenn das Baby kräftig genug ist, kann es die Milch auch direkt aus der Brust trinken. Die Muttermilch ist für Frühgeborene die beste Ernährung, um sich gut zu entwickeln und die Wochen bis zur Entlassung aus der Klinik gut zu überstehen.

Vorteile eines Perinatalzentrums

Für die Entbindung eines Frühgeborenen sollte sich die Mutter für ein so genanntes Perinatalzentrum entscheiden. Dies hat den Vorteil, dass Kinderklinik und Frauenklinik nah beieinander liegen und das Kind sofort versorgt werden kann, ohne einen Transport über sich ergehen zu lassen.

Hier arbeiten

Hand in Hand. Die optimale Betreuung sofort nach der Geburt kann lebenswichtig sein.

Das Personal der Kinderklinik ist auf die Betreuung von Frühgeborenen spezialisiert und eingerichtet. Der Bedarf und der Aufwand der medizinischen Betreuung richten sich nach dem Zustand des Frühgeborenen. Hauptsächlich müssen die noch nicht ausgereiften Körperfunktionen unterstützt und kontrolliert werden.

Erholung für das Baby

Längst hat man angefangen, auf Frühgeborenenstationen eine heimelige Atmosphäre zu schaffen. Die Frühgeborenen liegen auf kuscheligen Fellen oder anschmiegsamen Wasserkissen oder in einem gemütlichen Nest. Man versucht den Geräuschepegel so niedrig wie möglich zu halten und ein sanftes Licht sorgt für eine geringe Reizüberflutung.

Die Pflegemaßnahmen werden so gehalten, dass sie dem Kind stressfreie Ruhephasen gönnen damit die körpereigenen Selbstregulationskräfte wirken können. Physiotherapeuten und Kinderkrankenschwestern regen die Sinne und die Körperwahrnehmung des Frühgeborenen an.

  • Die Atmung
  • das Saug- und Trinkverhalten sowie
  • die Motorik des Frühgeborenen

werden gefördert. Das Klischee des kalten, hektischen und sterilen Krankenhauses soll nicht mehr bedient werden und man versucht, den Frühgeborenen eine gewisse Nestwärme und vor allen Dingen auch Ruhe zu bieten.

Die Einbindung der Eltern

Die Eltern werden früh und umfassend in die Betreuung mit eingebunden und der Trennungsschmerz soll so gelindert werden. Die Eltern befinden sich zumeist in einer psychisch stark belasteten Situation und sollen auch im Krankenhaus eine Beziehung zu ihrem Kind aufbauen können.

Wann können Frühchen nach Hause? - Besondere Pflege von Frühgeborenen nach der Entlassung

Wenn Frühgeborene aus der Klinik entlassen werden, so ist das für Kind und Eltern ein aufregendes Ereignis. Einen pauschalen Zeitpunkt zu bestimmen, ist unmöglich. Hier werden Ärzte gewissenhaft entscheiden, wann das Kleine stark genug ist. Doch auch in den eigenen vier Wänden ist eine besondere Betreuung nötig.

Unterstützung durch fachmännisches Personal

Da die Eltern schon in der Klinik in die Pflege mit eingebunden waren, sind sie bereits mit den pflegerischen Maßnahmen vertraut. In der ersten Zeit nach der Entlassung können bei Frühgeborenen noch Schwierigkeiten auftauchen wie

Dafür brauchen die Eltern eine Unterstützung wie die Nachsorge der Hebamme, als Ansprechpartner den Kinderarzt und vielleicht auch eine ambulante Pflege.

Viel Ruhe, die richtige Ernährung und Wärme

Die Eltern haben nach der Entbindung und dem Klinikaufenthalt des Kindes eine anstrengende Zeit hinter sich; wichtig ist für alle Beteiligten, dass sie ihre Ruhe und Ausgeglichenheit wieder finden. Frühgeborene sind in der Regel schwächer und anfälliger als Normalgeborene und brauchen deshalb auch eine intensivere Pflege.

Muttermilch gilt wie schon erwähnt als die beste Ernährung für Frühgeborene, denn sie ist leicht verdaulich, hat alle wichtigen Nährstoffe und Antikörper, die vor Infektionen schützen.

  • Die Eltern sollten für eine ruhige, entspannte und harmonische Atmosphäre sorgen.
  • Jede Reizüberflutung wie ein zu hoher Geräuschpegel oder zu grelles Licht sollten sie vermeiden.

Frühgeborene sind in der Regel noch besonders wärmebedürftig, deshalb gilt es darauf zu achten, ihren Wärmeorganismus zu schützen. Ihnen fehlt nicht nur die endgültige körperliche Reifung im Mutterleib; durch die frühe Geburt und den Klinikaufenthalt fehlt ihnen auch Geborgenheit und Nähe. Diese sollten sie in besonderem Ausmaß nach der Entlassung erfahren.

Ansprechpartner

Betroffene empfinden die häusliche Versorgung des Frühgeborenen unter Umständen auch als Belastung, weil sie sich Sorgen um die gesunde Entwicklung des Kindes machen. Auch da kann die Hebamme oder eine ambulante Kinderkrankenschwester als Ansprechpartner für die Eltern helfen.

In der Klinik waren Eltern und Kind noch von der Gerätemedizin und fachkundigem Personal umgeben, zu Hause sind sie dann erstmal auf sich allein gestellt und müssen den Alltag meistern. Dies kann ein Gefühl der Unsicherheit geben, welches sich die Eltern aber auch zugestehen sollten.

Der Alltag mit einem Frühgeborenen will gut durchstrukturiert sein, da es auch gilt viele Termine wahrzunehmen, zum Beispiel die klinische Nachsorge. Um den Eltern zur Seite zu stehen gibt es Frühfördereinrichtungen und Sprechstunden für Frühgeborene.