Frühgeborene: Entwicklung, Wachstum und Spätfolgen

Von einer Frühgeburt spricht man, wenn ein Baby vor der Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche auf die Welt kommt. Durch eine Frühgeburt besteht die Gefahr von verschiedenen Folgeerkrankungen; das Risiko ist vom Geburtszeitpunkt und Entwicklungsstand des Kindes abhängig. Lesen Sie, wie sich Frühgeborene entwickeln und welchen Spätfolgen sie ausgesetzt sein können.

Von Jens Hirseland

Wachstum und sonstige Entwicklung von Frühgeborenen

Von einem Frühgeborenen spricht man, wenn das Baby vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche geboren wurde. Durch die moderne Neugeborenenmedizin werden die Chancen für Frühgeborene immer besser.

Frühgeborene müssen keine körperlichen Spätfolgen erleiden

Neuere Studien gehen davon aus, dass Entwicklungsrückstände, die frühgeburtlich bedingt sind, aufgeholt werden können. Mit speziellen Therapien und entsprechender Förderung können Entwicklungsverzögerungen bis zum Schulalter aufgeholt werden. Die Mehrheit aller Frühgeborenen wachsen ohne gesundheitliche Behinderung oder Entwicklungsbehinderung heran.

Je ausgereifter das Kind geboren wurde, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit für eine Beeinträchtigung. Das Risiko ist umso geringer, je weiter das Kind bei der Entbindung entwickelt war. Frühgeborene haben in der Regel ein geringes Geburtsgewicht und sind kleiner; später, etwa in den ersten sechs Lebensmonaten, holen die meisten ihre Altersgenossen wieder ein.

Verzögerte Entwicklung und Anfälligkeit für gesundheitliche Störungen

Die Entwicklung von Frühgeborenen kann verzögert sein, die verschiedenen Stadien wie

können sich nach hinten verschieben. Bei Kindern mit einem geringen Geburtsgewicht ist die Wahrscheinlichkeit an bestimmten gesundheitlichen Störungen zu erkranken größer. Auch Hör- und Sehprobleme können vermehrt auftreten. Deshalb sollten Frühgeborene regelmäßige Kontrolltermine beim Arzt wahrnehmen.

Marmorierte oder gelbe Zähne kann ein Kind haben, das sehr viel zu früh geboren wurde. Sehr kleine Frühgeborene können auch verspätet in die Pubertät kommen. Ebenso können die geistige Entwicklung, das Sozialverhalten und die kognitiven Fähigkeiten bei einem Frühgeborenen gestört sein.

Mögliche Therapien

Deshalb sollten die Frühgeborenen regelmäßig nachuntersucht werden. Frühförderstellen können dann die entsprechenden Therapien und Hilfen anbieten, wie zum Beispiel

Daneben wird dem Kind die medizinische Hilfe zuteil. Der Kinderarzt führt Vorsorgeuntersuchungen durch, die regelmäßig eingehalten werden sollten und in manchen Städten bieten die Krankenhäuser eine spezielle Frühgeborenensprechstunde an. Auch die Eltern stehen unter einer außergewöhnlichen Belastung und sollten sich deshalb Hilfe holen um ihre Kräfte zu stärken.

Es gibt

  • einen Bundesverband "Das frühgeborene Kind e.V."
  • Elterninitiativen und
  • Selbsthilfegruppen sowie
  • Fördervereine.

Spezielle Kurangebote wollen Mutter und Kind unterstützen. Je gründlicher die Eltern informiert sind, umso besser können sie ihrem Kind helfen.

Abhängigkeit von Geburtszeitpunkt und -gewicht

Es kommt darauf an, in welcher Schwangerschaftswoche das Kind geboren wurde und wie sein Geburtsgewicht und seine Größe ist. Frühgeborene mit einem Gewicht von 1.500g oder die über der 30. Schwangerschaftswoche geboren wurden, haben auch bessere Chancen.

Je früher das Kind auf die Welt kam und je geringer das Gewicht und die Größe waren, umso eher kann es zu Entwicklungsstörungen kommen. Wenn es im Verlauf zu weiteren Komplikationen kam, sind die Frühgeborenen besonders gefährdet.

Stabiles Umfeld wirkt sich positiv auf die Entwicklung aus

Man geht heute davon aus, dass ein gesundes soziales Umfeld für die Frühgeborenen wichtig ist und es ihre Entwicklung positiv beeinflusst. Ein stabiles familiäres Umfeld trägt zu der gesunden Entwicklung des Frühgeborenen bei.

Eltern sollten ihre Aufmerksamkeit darauf richten, das Kind im späteren Alter nicht zu überhüten. Außerdem sollten die Eltern sich um die Förderung des Kindes bemühen, Therapien wahrnehmen und regelmäßige Arztbesuche einhalten.

Wissenswertes zum "korrigierten Alter" bei Frühgeborenen - Wann kann der Rückstand wieder aufgeholt werden?

Für eine bessere Einschätzung der Entwicklung von Frühchen nutzt man das "korrigierte Alter". Die Zeit der Frühgeburt bis zum eigentlich errechneten Geburtstermin wird vom Lebensalter abgezogen. Ein fünf Wochen zu früh geborenes Kind hätte demnach acht Wochen nach der Geburt ein Lebensalter von drei Wochen erreicht und lässt sich in seiner Entwicklkung mit dem Stand eines reifgeborenen Baby, das drei Wochen alt ist, vergleichen.

Mithilfe des "korrigierten Alters" können Eltern besser verstehen, wie weit das Kind entwickelt ist und warum es so manchen Meilenstein eben noch nicht erreichen konnte. Es handelt sich jedoch keinesfalls um Spätentwickler - Studien zufolge finden diese Entwicklungsschritte lediglich entsprechend später statt.

Eine regelmäßige Überprüfung dieser Schritte ist wichtig, um die Kinder richtig fördern zu können. Besonders wichtig sind in diesem Zusammenhang die empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen, bei denen der Nachwuchs nach dem "korrigierten Alter" beurteilt wird.

Wie gut die Entwicklung abläuft, ist neben dem Entbindungstermin auch von anderen Faktoren abhängig. Zu diesen zählt, ob

  • die Entwicklung zum Geburtstzeitpunkt altersgemäß war
  • direkt nach der Entbindung eine optimale Versorgung gegeben war
  • es zu Komplikationen, etwa einer chronischen Lungenerkrankung, gekommen ist
  • die Weiterbetreuung durch Spezialisten nach der Entlassung aus dem Krankenhaus weiterläuft
  • die Eltern das Kind durch Kontrolluntersuchungen, Therapien etc. richtig fördern

Im Durchschnitt können Frühchen innerhalb von zwei Jahren ihre körperliche Entwicklung aufholen. Bei der geistigen und sprachlichen Entwicklung muss mit drei Jahren etwas mehr Zeit eingeplant werden.

Mögliche Spätfolgen einer Frühgeburt

Insgesamt machen Frühgeborene etwa 7 Prozent aller Babys aus. Verursacht wird eine Frühgeburt meist durch Komplikationen während der Schwangerschaft oder Erkrankungen der Mutter. Vor allem bei Mehrlingsschwangerschaften kommt es häufig zu Frühgeburten.

Je früher ein Baby geboren wird, desto unreifer ist es meist noch. Die Lungen sind noch nicht richtig entwickelt, die Babys können noch nicht alleine atmen oder saugen und haben auch sonst Anpassungsschwierigkeiten.

Meist werden die Frühgeborenen dann in so genannten Inkubatoren, auch Brutkästen genannt, medizinisch intensiv versorgt.

Oft müssen die Babys beatmet und künstlich ernährt werden. Je mehr medizinische Hilfe ein Baby nötig hat und je früher es geboren wurde, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Baby Spätfolgen der frühen Geburt davon trägt.

Grundlegende körperliche Einschränkungen

Aufgrund moderner medizinischer Errungenschaften konnte die Überlebensrate von zu früh geborenen Kindern erheblich gesteigert werden. Allerdings besteht das Risiko von Folgeerscheinungen. Zu gesundheitlichen Problemen bei Frühchen kommt es vor allem aufgrund der mangelnden Reife der Organe.

Mögliche Folgen:

  • Lungenerkrankungen
  • Asthma
  • Hirnblutungen
  • Nierenunterfunktion
  • Herzanomalien
  • Infektanfälligkeit
  • Behinderungen

So sind die Körperfunktionen bei einem Säugling noch nicht richtig ausgebildet, was besonders für die Atmungsorgane und das Immunsystem gilt. Über einige Jahre lang werden Frühgeborene im Durchschnitt etwas kleiner sein als ihre Artgenossen - bestehen deutliche Wachstumsverzögerungen, können mitunter Hormonbehandlungen zum Einsatz kommen.

Atemnotsyndrom

Zu einem Atemnotsyndrom (RDS) kommt es, da die noch unreife Lunge nicht in der Lage ist, genügend von der Substanz Surfactant zu bilden. Dieser Mangel führt zu einem Zusammenfallen der Alveolen (Lungenbläschen), was wiederum einen Mangel an Sauerstoff und Atemnot nach sich zieht. Oftmals müssen die betroffenen Säuglinge dann künstlich beatmet werden.

Um ein Atemnotsyndrom zu verhindern, besteht die Option, der Mutter bei einer drohenden Frühgeburt Kortison zu verabreichen. Auf diese Weise lässt sich die Reifung der Lunge beschleunigen.

Bronchopulmonale Dysplasie

Eine bronchopulmonale Dysplasie (BPD) ist oft die Folgeerscheinung einer unreifen Lunge sowie einer künstlichen Beatmung. Da die Erkrankung chronisch verläuft, ist es erforderlich, das Kind über längere Zeit mit Medikamenten zu behandeln und ihm zusätzlich Sauerstoff zu verabreichen.

Hirnblutungen

Vor allem bei Babys, die vor der 32. Schwangerschaftswoche geboren werden, besteht die Gefahr von Hirnblutungen.

Je größer die Unreife des Organs ist, desto höher ist auch das Blutungsrisiko. So sind die Blutgefäße überaus empfindlich.

Ob die Blutungen Folgen haben, ist von ihrem Ausmaß abhängig.

  • Während leichte Blutungen lokal begrenzt bleiben,
  • können schwere Blutungen zu Behinderungen führen.

Unterfunktion der Nieren

Da unreife Nieren noch keinen Urin herstellen, kommt es im Blut zur Ansammlung von Stoffen, die der Körper normalerweise mit dem Urin ausscheidet.

Dazu gehört auch Kalium. Erhöht sich der Kaliumwert im Blut, kann dies lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen auslösen.

Nekrotisierende Enterokolitis

Auch für den Darm hat eine Fehlgeburt Folgen. So erkranken zu früh geborene Kinder häufig an einer nekrotisierenden Enterokolitis (NEC). Dies wird darauf zurückgeführt, dass die Bewegungen des Darms bei Neugeborenen noch nicht richtig ablaufen. Dadurch besteht das Risiko eines Aufstaus im Darm.

Infolgedessen wachsen übermäßig viele Bakterien heran, die eine Darmentzündung auslösen. Im schlimmsten Fall kommt es zu einem Darmdurchbruch.

Herzanomalien

Frühgeborene sind häufig von Herzanomalien wie Defekten der Herzscheidewände bedroht. Wird zum Beispiel der Ductus Botalli, der vor der Geburt Körper- und Lungenschlagader verbindet, nicht verschlossen, hat dies Störungen des Blutkreislaufs zur Folge. In der Medizin ist dann von einem persistierenden Ductus arteriosus Botalli (PDA) die Rede.

Zur Behandlung kann auch ein chirurgischer Eingriff erforderlich sein.

Infektanfälligkeit

Eine Frühgeburt hat oft auch Auswirkungen auf das Immunsystem, da dieses ebenfalls noch unreif ist. Infolgedessen besteht bei Frühgeborenen eine erhöhte Infektanfälligkeit. Außerdem tut sich das Immunsystem schwer, die Infekte zu überwinden. Zur Vermeidung von Folgeschäden muss bei einem Infekt rasch eine entsprechende Behandlung durchgeführt werden.

ADHS und Behinderungen

Frühgeborene Kinder leiden häufiger unter ADS bzw. ADHS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom bzw. Aufmerksamkeitsdefizithyperaktivitätssyndrom) als Kinder, die zum normalen Geburtstermin auf die Welt kamen.

Auch körperliche Behinderungen können die Spätfolgen einer Frühgeburt sein. Die Kinder können teilweise das Laufen und Sitzen nicht lernen oder entwickeln Spastiken. Auch Autismus oder die Lese-/Rechtschreibschwäche tritt bei Frühchen häufiger auf.

Frauen, die als Frühchen geboren wurden, erleiden später statistisch gesehen selbst häufiger eine Frühgeburt.

Augen- und Hirnschädigungen

In schweren Fällen bei besonders kleinen Frühchen können Schädigungen der Augen auftreten. Die Kinder haben eine verminderte Sehkraft oder sind durch die vielen intensivmedizinischen Behandlungen sogar blind.

Auch geistige Beeinträchtigungen oder Hirnschädigungen, die epileptische Anfälle verursachen, können die Spätfolgen einer Frühgeburt sein. Oft können die Kinder aufgrund der geistigen Beeinträchtigungen keine normale Schule besuchen - sie werden in Förderschulen entsprechend ihrem Gesundheitszustand gezielt gefördert.

Lernstörungen

Frühgeborene können vergleichsweise häufiger Schulprobleme aufweisen. Zu diesen zälhen etwa Rechenschwächen oder Lese- und Rechtschreibschwächen. Statistisch haben die Kinder einen leicht niedrigeren Intelligenzquotienten. Dabei sind Jungen deutlich häufiger betroffen.

Asthma und Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Asthma kann in späteren Jahren ebenfalls die Folge einer Frühgeburt sein. Viele Kinder haben auch Verdauungsbeschwerden und Nahrungsmittelunverträglichkeiten.

Weitere mögliche Folgen

Zu den möglichen Folgen einer Frühgeburt zählen des Weiteren: