Homosexualität in der Antike und die Geschichte der homosexuellen Befreiung in Deutschland

Gleichgeschlechtliche Liebe lässt sich bis in die Antike zurückverfolgen. So gibt es zahlreiche Belege für Homosexualität im alten Griechenland.

Von Jens Hirseland

Homosexualität war bereits in der Antike bekannt. So wurde sie von den alten Griechen sogar als etwas ganz Natürliches angesehen. Sexuelle Beziehungen unter Männern waren häufig ein Thema in Gedichten. Darüber hinaus gibt es Funde von antiken Vasen, auf denen Bilder von gleichgeschlechtlichen Liebesakten abgebildet sind.

Die Päderastie in der Antike

Historiker nehmen an, dass Homosexualität von der griechischen Gesellschaft akzeptiert und sogar gefördert wurde.

Allerdings gab es zwischen den gleichgeschlechtlichen männlichen Partnern meist einen sehr großen Altersunterschied.

Diese spezielle Form der Homosexualität bezeichnete man als Päderastie, was "Knabenliebe" bedeutet. Obwohl es sich dabei um Beziehungen zwischen erwachsenen Männern und minderjährigen Jungen, die auch Lustknaben genannt wurden, handelte, akzeptierte die Gesellschaft die Päderastie und bestrafte sie nicht.

Die ersten Zeugnisse der Päderastie lassen sich bis ins 6. Jahrhundert v. Chr. zurückverfolgen. Auch den griechischen Göttern wie Zeus oder Apollo, stellte man junge Schützlinge an die Seite. Homosexuelle Beziehungen zu gleichaltrigen Männern galten dagegen nicht als wünschenswert, man tolerierte sie aber.

Eine Form der Erziehung

Für einen Jungen bedeutete es im alten Griechenland eine große Ehre, wenn ihn ein älterer Mann begehrte. So glaubte man seinerzeit, dass die Weisheit und die Seele des Älteren sich durch die sexuellen Handlungen auf den Jüngeren übertrugen.

Obwohl die Päderastie zum täglichen Leben gehörte, gab es auch Grenzen. Sie nur aus reiner Lust zu praktizieren war ebenso verpönt wie der Verkauf des Körpers.

Die Päderastie beschränkte sich nämlich nicht nur auf die sexuelle Beziehung, sondern hatte auch einen pädagogischen Anspruch. Dabei sollte der ältere Beziehungspartner, den man Erastes nannte, dem jüngeren Partner, der als Eromenos bezeichnet wurde, gesellschaftliche Ideale vermitteln und ihn in männlicher Sittlichkeit und Tugend erziehen, damit er Bildung und Weisheit erlangte.

Da die Lustknaben meist mit Geschenken umworben wurden, blieb die Päderastie vor allem der reichen Adelsschicht vorbehalten, obwohl sie prinzipiell allen griechischen Bürgern außer Sklaven offen stand.

Päderastie in Rom

Im alten Rom war die Päderastie jedoch weniger angesehen. So stellte sie Kaiser Augustus (63 v. Chr. bis 14 n. Chr.) sogar unter Todesstrafe.

Weniger bekannt ist über gleichgeschlechtliche Beziehungen zwischen Frauen. Während aus Sparta zumindest erotische Beziehungen zwischen älteren und jüngeren Frauen bekannt sind, wurde diese Thematik in Athen eher ignoriert.

Die Geschichte der homosexuellen Befreiung in Deutschland

Jahrhundertelang wurden Homosexuelle in Deutschland und anderen europäischen Ländern verfolgt. Zu den ersten Diskriminierungen kam es bereits in der Anfangszeit des Christentums.

Im Mittelalter bezichtigte man Männer, die gleichgeschlechtliche Beziehungen führten, der Sodomie, der widernatürlichen Unzucht oder der Knabenschänderei, wobei es auch zu zahlreichen grausamen Hinrichtungen kam. So wurden Homosexuelle oftmals auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Im Deutschen Kaiserreich waren solche Brutalitäten zwar nicht mehr zu befürchten, aufgrund der vorherrschenden Moralvorstellungen wurden gleichgeschlechtliche Beziehungen jedoch sowohl politisch als auch gesellschaftlich geächtet.

Im Jahr 1871 stellte man sexuelle Handlungen zwischen Männern im gesamten Kaiserreich mit dem Paragraphen 175 unter Gefängnisstrafe. Des Weiteren konnten unter Umständen auch bürgerliche Ehrenrechte wie das Wahlrecht aberkannt werden.

Gründung der ersten deutschen Homosexuellenbewegung

Diesmal wehrten sich die Betroffenen jedoch gegen die Diskriminierung. So gründeten der Arzt und Sexualforscher Magnus Hirschfeld (1868-1935) und der Autor Franz Joseph von Bülow (1861-1915) im Jahr 1897 die erste deutsche Homosexuellenbewegung.

Diese machte es sich zum Ziel, eine Liberalisierung und Straffreiheit der Homosexualität zu erreichen. Hirschfeld vertrat die Ansicht, dass Homosexualität eine angeborene sexuelle Neigung und keine Krankheit sei.

Verschärfung der Gefängnisstrafe

Im Jahr 1929 kam es schließlich zur Abschaffung des Paragraphen 175. Dieser Erfolg wurde jedoch durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten im Januar 1933 wieder zunichte gemacht. Stattdessen sahen sich die Homosexuellen wieder starker Verfolgung ausgesetzt.

So wurde der Paragraph 175 im Jahr 1935 deutlich verschärft, sodass nun jegliche homosexuellen Handlungen mit mehreren Jahren Gefängnis bestraft wurden. Auf Anordnung von Reichsführer-SS Heinrich Himmler (1900-1945) verschleppte man 1940 sämtliche verurteilten Homosexuellen in Konzentrationslager.

Der Stonewall-Aufstand

Auch nach dem Ende der Naziherrschaft fristeten Schwule und Lesben ein Schattendasein in der Gesellschaft. Der Stonewall-Aufstand im Jahr 1969 in New York führte jedoch zur Bildung einer weltweiten Schwulen- und Lesbenbewegung, die sich in den westlichen Ländern gegen die gesellschaftliche Diskriminierung erfolgreich zur Wehr setzte.

Noch im selben Jahr lockerte man in Deutschland den Paragraphen 175. 1994 wurde er schließlich endgültig gestrichen. Da nun der Kontakt zwischen homosexuellen Erwachsenen straffrei war, konnten Schwule und Lesben leichter miteinander in Kontakt treten und endlich ein freies Leben führen.

Heute ist es für Homosexuelle in Deutschland auch möglich, ihre Lebenspartnerschaften offiziell eintragen zu lassen.