Das Fruchtwasser - Versorgt das ungeborene Kind mit wichtigen Nährstoffen

Als Fruchtwasser bezeichnet man die Flüssigkeit, die den Embryo oder Fötus in der Fruchtblase umgibt. Das Fruchtwasser dient zum Schutz des Neugeborenen und ermöglicht ihm Bewegungen.

Von Jens Hirseland

Das Fruchtwasser (Amnionflüssigkeit) ist eine wässrige, klare Körperflüssigkeit, die von der Fruchtblase (Amnionhöhle) gebildet wird. In dieser Flüssigkeit schwimmt ein Embryo bzw. Fötus schwerelos umher.

Durch das Fruchtwasser werden dem Kind Bewegungen ermöglicht. Außerdem schützt es vor Temperaturschwankungen und Stößen. Eine weitere Funktion ist die Versorgung des Kindes mit Nährstoffen.

Bildung von Fruchtblase und Chorionhöhle

Während der Frühentwicklung des Embryos bilden sich gleichzeitig die Fruchtblase und die Chorionhöhle. Ab dem 3. Schwangerschaftsmonat verschmelzen Fruchtblase und Chorion miteinander, wobei die Chorionhöhle zugunsten der Fruchtblase obliteriert.

Diese umgibt das Kind bis zur Geburt. Durch das einschichtige, fruchtseitige Epithel der Fruchtblase wird das Fruchtwasser abgesondert.

Zusammensetzung und Funktion des Fruchtwassers

Ebenso wie die Fruchtblase, gehört auch das Fruchtwasser zum eigenen Gewebe des Kindes und nicht zum Gewebe der Mutter. Es setzt sich aber sowohl aus kindlichen als auch mütterlichen Anteilen zusammen.

Zu den Bestandteilen der Amnionflüssigkeit gehören:

Die Menge des Fruchtwassers nimmt im Verlauf der Schwangerschaft zu. Während es in der 10. Schwangerschaftswoche 30 Milliliter sind, beträgt die Menge in der 20. Schwangerschaftswoche bereits 400 Milliliter. Bis zur 36. Schwangerschaftswoche werden zwischen 1.000 und 2.000 Milliliter Fruchtwasser erreicht.

Das Kind in der 20. SSW
Das Kind in der 20. SSW

Da das Kind ab dem 5. Schwangerschaftsmonat eine Menge von etwa 400 Millilitern Fruchtwasser pro Tag zu sich nimmt, ist es notwendig, den Verlust zu ersetzen. In der Regel halten sich Bildung und Resorption der Flüssigkeit im Gleichgewicht.

Die aufgenommene Flüssigkeitsmenge wird vom Darm des Kindes resorbiert. Danach gelangt sie über die Plazenta in den Blutkreislauf der Mutter.

Funktionieren bereits die Nieren des Kindes, kann die Ausscheidung des Fruchtwassers auch über die Harnwege erfolgen. Auf diese Weise findet etwa alle drei Stunden eine Erneuerung des Fruchtwassers statt.

Fruchtwasseruntersuchung

Mithilfe des Fruchtwassers kann auch der Gesundheitszustand des ungeborenen Kindes festgestellt werden. Dazu wird eine Amniozentese (Fruchtwasseruntersuchung) durchgeführt. Dies geschieht vor allem bei Frauen, bei denen ein erhöhtes Schwangerschaftsrisiko besteht.

Bei einer Amniozentese wird über die Bauchdecke der Mutter eine Fruchtwasserprobe entnommen und analysiert. Auf diese Weise können mögliche Krankheiten und Fehlbildungen frühzeitig festgestellt werden.

Komplikationen und Erkrankungen

Während der komplizierten Austauschvorgänge, durch die die erforderliche Menge an Fruchtwasser aufrechterhalten wird, kann es zu einem Oligohydramnion oder einem Polyhydramnion kommen. Auch die Farbe kann sich mitunter verändern.

Farbveränderungen

Welche Farbe das Fruchtwasser aufweist, ist abhängig von der Schwangerschaftswoche. Zu Beginn ist diese klar oder leicht milchig, wohingegen sie bei der Geburt in einen gelb-trüben Ton wechselt, da es zur Färbung durch die Käseschmiere kommt.

Liegen krankhafte Veränderungen vor, so können diese mitunter auch durch Farbveränderungen des Fruchtwassers aufgezeigt werden.

  • Stimmen die Blutgruppen von Mutter und Kind nicht überein, kann sich das Fruchtwasser gelblich verfärben.
  • Zu einer grünlichen Verfärbung kommt es, wenn der Geburtstermin überschritten wurde und das Baby seinen ersten Stuhl in der Gebärmutter abgesetzt hat, jedoch auch, wenn das Kind größerem Stress ausgesetzt ist.
  • Fleischfarbendes Fruchtwasser kann auf den Tod des Babys hindeuten.

Oligohydramnion

Als Oligohydramnion bezeichnet man einen Mangel an Fruchtwasser. Die Flüssigkeitsmenge beträgt dann weniger als 500 Milliliter.

Ursachen

Mögliche Ursachen für einen Fruchtwassermangel können sein:

  • eine Plazentainsuffizienz (Schwäche des Mutterkuchens)
  • Fehlbildungen des Kindes
  • eine Terminüberschreitung

Behandlung

Mithilfe einer Amnioinfusion ist es möglich, fehlende Mengen an Fruchtwasser wieder aufzufüllen. Drohen dem Kind durch den Mangel jedoch Schäden, kann es erforderlich sein, eine vorzeitige Geburt einzuleiten.

Polyhydramnion

Bei einem Polyhydramnion kommt es zu einer pathologischen Vermehrung des Fruchtwassers. Dieses Problem tritt bei etwa ein bis drei Prozent aller Schwangerschaften auf.

Ursachen und Behandlung

Mögliche Ursachen können Diabetes mellitus bei der Mutter oder Fehlbildungen des Kindes sein. Für den Fall, dass sich ein Polyhydramnion nicht von selbst zurückbildet, kann eine Fruchtwasserentlastungspunktion vorgenommen werden, bei der die Fruchtblase mit einer Hohlnadel punktiert wird, um die überschüssige Flüssigkeit abzulassen.

Fruchtwasserembolie

Als Fruchtwasserembolie bezeichnet man eine Sonderform der Embolie. Hierbei dringt Fruchtwasser samt fester Anteile in die Gebärmutter ein. Man nennt die Fruchtwasserembolie auch

  • Geburtshilfliches Schock-Syndrom
  • Amnioninfusionssyndrom
  • Anaphylaktisches Schwangerschaftssyndrom oder
  • Steiner-Lushbaugh-Syndrom.

Es kommt zur Beeinträchtigung des Gerinnungssystems sowie zur Verlegung von Kapillaren oder Lungenarteriolen. Oft endet diese seltene Erkrankung tödlich; wenn nicht, tragen Mutter und Kind in vielen Fällen Hirnschäden davon.

Die Erkrankung ist unvorhersehbar, schlecht zu diagnostizieren und zu behandeln. Als mögliche Risikofaktoren gelten

  • eine Uterusruptur
  • eine manuelle Plazentalösung
  • Geburtsverletzungen
  • eine vaginal-operative Entbindung oder
  • eine Überdosierung von Wehenmitteln.