Verhaltenstherapie - Anwendung, Ablauf und Behandlung

Unter einer Verhaltenstherapie versteht man verschiedene Methoden der Psychotherapie, die bei zahlreichen psychischen Störungen und Problemen helfen können. Damit sollen bestimmte Verhaltensweisen, Denkgewohnheiten und Einstellungen des Patienten verändert werden. Dabei wird zunächst eine Verhaltensanalyse erstellt. Informieren Sie sich über Anwendung, Methoden und Durchführung einer Verhaltenstherapie.

Von Jens Hirseland

Nutzen - Ziel und Zweck einer Verhaltenstherapie

Bei der Verhaltenstherapie handelt es sich um ein Gebiet aus der Psychotherapie, bei dem unterschiedliche Methoden angewandt werden können.

Ziel und Zweck einer Verhaltenstherapie (VT) ist die Veränderung von bestimmten Denkgewohnheiten, Einstellungen und dysfunktionalen Verhaltenweisen. Dazu gehören:

Schüchterner Mann
Eine Änderung der Denkgewohnheiten ist die Grundlage der Therapieform

Grundlage der Verhaltenstherapie sind empirische Forschungsergebnisse:

  • der Lernforschung
  • der klinischen Psychologie
  • der Sozialpsychologie
  • der Psychophysiologie

Bei einer Verhaltenstherapie steht vor allem die Hilfe zur Selbsthilfe im Fokus. Die Anwendung verschiedener Methoden soll es dem Patienten leichter machen, mit seinen psychischen Problemen zurechtzukommen. Das Leiden des Patienten soll vermindert und seine Handlungsfähigkeit erweitert werden. Dazu werden auch seine Fähigkeiten gefördert.

Dabei muss sich eine Verhaltentherapie jedoch stets an ethische und sozialpsychologische Prinzipien halten.

Anwendungsgebiete - Wann wird eine Verhaltenstherapie angewandt?

Zur Anwendung kommen kann eine Verhaltenstherapie bei:

Auch zur Raucherentwöhnung ist eine Verhaltenstherapie sehr geeignet.

Eine Verhaltenstherapie kann sowohl als Einzeltherapie als auch als Gruppentherapie, Familientherapie oder Paartherapie erfolgen. Die Formen der Therapie sind sehr vielfältig und sollten stets von einem erfahrenen Therapeuten vorgenommen werden.

Kosten der Verhaltenstherapie

Die Kosten für eine Verhaltenstherapie werden im Normalfall von den gesetzlichen Krankenkassen nach einem Antrag des Patienten übernommen.

Methoden einer Verhaltenstherapie

Psychologin mit jungen Mann bei Therapie
Viele verschiedene Methoden können je nach Art der Krankheit bei der Verhaltenstherapie angewendet werden

Für die Durchführung einer Verhaltenstherapie gibt es zahlreiche Methoden. Welche zur Anwendung kommt, hängt von der Art der Verhaltensstörungen ab.

Systematische Desensibilisierung in sensu

Dabei erfolgt eine Behandlung von Ängsten und Phobien, bei der der Patient in seiner Phantasie verschiedene Situationen durchläuft, die ihm mehr oder weniger Angst machen. Außerdem werden Entspannungsverfahren angewandt.

Systematische Desensibilisierung in vivo

Auch hierbei werden die Ängste und Phobien des Patienten behandelt. Dieser erlebt nun seine Ängste Schritt für Schritt in der Realität.

Reizüberflutung / Implosionstherapie

Bei der Implosionstherapie wird der Patient mit seinen Ängsten konfrontiert. Dazu wird er zunächst vom Therapeuten gründlich vorbereitet, der ihn dann direkt seinen Ängsten aussetzt, um ihm zu beweisen, dass dies keine Katastrophe für ihn zur Folge hat.

Modelllernprogramme

Dabei erfolgt zum Beispiel ein Selbstsicherheitstraining in einer Gruppe. Zur Anwendung kommen solche Modelle bei:

Operante Verstärkungsprogramme

Durch operante Verstärkungsprogramme wird ein erwünschtes, positives Verhalten des Patienten belohnt.

Kognitive Verhaltenstherapie

Bei einer kognitiven Verhaltenstherapie sollen negative Überzeugungen und Denkweisen durch positive und realistische Denkweisen ersetzt werden.

Entspannungstechniken

Entspannungstechniken sind Übungen zur körperlichen und geistigen Entspannung. Dazu gehören unter anderem:

Biofeedback - Biologische Rückkopplung

Bei einem so genannten Biofeedback werden unbewusste Reaktionen des Körpers wie Schweißausbrüche, Muskelspannung oder Blutdruck bewusst unter Kontrolle gebracht.

Phasen und Ablauf der Verhaltenstherapie

Der Ablauf der Verhaltenstherapie erfolgt in mehreren Phasen.

Verhaltensanalyse und Neustrukturierung

Zu Beginn einer Verhaltenstherapie erfolgt zunächst eine Verhaltensanalyse des Patienten, bei der die Probleme des Betroffenen gründlich untersucht werden.

Erste Phase: Ursachen ergründen

Zu Beginn einer Psychotherapie versucht der Therapeut durch Gespräche mit dem Patienten die Ursachen für dessen Depressionen herauszufinden.

In den meisten Fällen wird die psychische Störung durch

  • eine belastende Lebenssituation
  • traumatische Erlebnisse oder
  • bestimmte Eigenschaften der Persönlichkeit

ausgelöst. Darüber hinaus klärt der Therapeut ab, welche Faktoren sich negativ auf die Stimmung des Patienten auswirken und in welchen Situationen sich dessen Stimmung wieder bessert. Um dies herauszufinden, fertigen viele Patienten ein so genanntes Depressionstagebuch an. Darin tragen sie ihren Tagesablauf sowie ihre Stimmungen ein.

Nächste Phase: Angenehme Tätigkeiten ausüben

In der nächsten Behandlungsphase soll der Patient zu positiven Tätigkeiten angeregt werden, denn oft stehen die Gedanken und Gefühle des Patienten stark im Zusammenhang mit den Dingen, die er gerade unternimmt. Durch das Ausüben von Tätigkeiten, die der Betroffene als angenehm empfindet, lässt sich dessen Wohlbefinden mit der Zeit erheblich verbessern.

Alle möglichen Problembereiche berücksichtigen

Zum Gelingen einer Verhaltenstherapie trägt jedoch auch die Berücksichtung von anderen Problembereichen bei. Diese haben mitunter einen Zusammenhang mit der Depression. Dabei kann es sich um

handeln. Um diese Probleme positiv zu beeinflussen, werden Übungen zum Entspannen, zum Bewältigen von Stress oder für ein stärkeres Selbstbewusstsein durchgeführt.

Rückfälle vermeiden

In der letzten Phase der kognitiven Verhaltenstherapie gilt es, zukünftige Rückfälle zu vermeiden. Zu diesem Zweck weist der Therapeut den Patienten auf Anzeichen für einen bevorstehenden Rückfall hin und macht ihn mit bestimmten Verhaltensregeln vertraut, mit denen er einen solchen Rückfall verhindern kann.

Änderung des Denkmusters und Verhaltens

Zu den wichtigsten Behandlungsformen bei einer Depression zählt die kognitive Verhaltenstherapie. Deren Ziel ist es, negatives Denken und Verhalten des Patienten nachhaltig zu verändern. Dazu gehört auch, Dinge, die man bisher negativ ansah, in Zukunft positiver zu betrachten.

Das SORKC-Modell

Eine kognitive Verhaltenstherapie besteht zumeist aus mehreren Phasen. Generell bedient man sich dabei dem so genannten operanten Konditionieren, was bedeutet, dass ein Mensch auf einen Reiz (Stimulus/S) speziell reagiert (Reaction/R) und dies eine Konsequenz (Consequence/C) mit sich bringt.

Erweitert wurde diese Grundannahme durch den Psychologen Frederick Kanfer; dieser brachte den Organismus (O) mit ein, der sich auf die biologischen Ausgangsbedingungen des Menschen bezieht, sowie die Kontingenz (K), die die Regelmäßigkeit der besagten Konsequenz beschreibt. Daraus hat sich das SORKC-Modell ergeben. Es geht nun darum, ein Verhalten, das aus dem mehrmaligen Durchlauf der oben genannten Kette entsteht, durch ein neues Verhalten zu ersetzen.

Das Führen eines Stimmungstagebuches und einer Aktivitätenliste

Das Anlegen eines so genannten Stimmungstagesbuches und einer Aktivitätenliste zählen zu den wichtigsten Vorgehensweisen bei einer Verhaltenstherapie. So ist es für den Therapeuten überaus wichtig, die Stimmung des Patienten langfristig und systematisch beobachten zu können.

Dazu trägt der Patient täglich und in der Regel Stunde für Stunde die Stimmungen in das Tagebuch ein, die er beim Ausüben von verschiedenen Tätigkeiten empfindet. Auf diese Weise lässt sich herausfinden, welche Tätigkeiten sich positiv oder negativ auf die Stimmung des Patienten auswirken.

Oftmals wird das Befinden mithilfe von Plus- und Minus-Zeichen (von extem gut bis extrem schlecht) beschrieben und besondere Vorkommnisse, etwa eine starke Gefühlslage bei einer bestimmten Aktivität, lassen sich gesondert notieren. Hierzu zählen sowohl Glücksmomente sowie erfolgreich gemeisterte Aufgaben, als auch verschiedene Schwierigkeiten, mit denen der Patient klarkommen musste. Das Tagebuch hilft dabei, den Verlauf der Therapie zu analysieren und ebenso ist es eine wertvolle Stütze zur Planung des Alltags.

Die Aktivitätenliste

Das Gleiche gilt für eine Aktivitätenliste. Mithilfe dieser Liste kann der Patient sämtliche Erlebnisse und Tätigkeiten herausfinden, die einen positiven oder stimmungsaufhellenden Effekt auf ihn haben. Dazu werden bestimmte Felder auf der Liste angekreuzt.

Aber auch eigene Ideen lassen sich notieren. Damit dem Betroffenen die Tages- und Wochenplanung leichter fällt, sind oftmals verschiedene Aktivitätenvorschläge vorgegeben. Dabei kann es sich um ganz banale Alltagssituationen und -dinge halten, aber auch um schöne Ausflugsideen. Mögliche Beispiele sind

zu nennen - also auch die kleinsten, unscheinbarsten Dinge im Tagesablauf eines Menschen.

Voraussetzung einer Verhaltenstherapie

Wichtigste Voraussetzungen einer Verhaltentherapie sind:

  • eine genaue Zieldefinition von Patient und Therapeuten
  • eine aktive Mitarbeit des Patienten
  • die Übertragbarkeit der erarbeiteten Fähigkeiten in den Alltag
  • die Verständlichkeit der Therapie für den Patienten
  • Bedingungsorientierung
  • Partnerschaftlichkeit zwischen Therapeuten und Patienten
  • minimale Hilfestellung durch den Therapeuten sowie Hilfe zur Selbsthilfe
  • die Orientierung an der modernen Psychologie

In der letzten Phase der Therapie erhält der Patient Fähigkeiten, durch die er nach Ende der Verhaltenstherapie in der Lage ist, Rückschläge zu verkraften und die Ergebnisse der Therapie zu festigen.