Tanztherapie - Funktion, Anwendungsgebiete und Ablauf

Die Tanztherapie gehört zu den künstlerischen Therapien. Tanz und Bewegung werden hierbei psychotherapeutisch genutzt. Auf diese Weise sollen physische, emotionale und kognitive Prozesse integriert; zudem soll der/die Betroffene in seiner/ihrer Persönlichketi gestärkt werden. Die Psychotherapie stellt dabei einen wichtigen Behandlungsbereich dar. Lesen Sie alles Wissenswerte über die Tanztherapie.

Gracia Sacher
Von Gracia Sacher

Tanztherapie - Merkmale und Funktion

Bei der Tanztherapie handelt es sich um eine psychotherapeutische Behandlung, die in den Bereich der künstlerischen Therapien anzusiedeln ist. Typisches Merkmal ist der frei improvisierte Tanz, mit dem Gefühle sowie Beziehungen

  • ausgedrückt
  • verstanden und
  • verarbeitet

werden sollen. Humanistische Psychologie und Tiefenpsychologie werden hierbei berücksichtigt. Durch diese Therapieform sollen Selbst- und Körperwahrnehmung gesteigert werden. Zudem lassen sich sich der authentische Ausdruck fördern und das Bewegungsrepertoire erweitern.

Geschichte der Tanztherapie

Ihre Wurzeln hat die Tanztherapie im Deutschland der 20er Jahre. Wichtige Impulse für diese Therapieform gingen von Schülerinnen des ungarischen Tänzers und Choreografen Rudolf von Laban (1879-1958) aus. Zu diesen gehörte vor allem Mary Wigman (1886-1973) mit ihrem Buch "Die Sprache des Tanzes".

Darin beschrieb die deutsche Tänzerin den Ausdruckstanz. Andere Schülerinnen wie Liljan Espenak, Franziska Boas, Mary Whitehouse und Irmgard Batenieff, die in die USA emigrierten und dort mit behinderten und psychisch kranken Menschen arbeiteten, trugen ebenso maßgeblich zur Entwicklung der Tanztherapie bei.

Dabei entdeckten sie neue Therapiemöglichkeiten durch Tanzen. Zusammen mit den Bühnentänzerinnen Marian Chase und Trudi Schoop, die ebenfalls tanztherapeutische Ansätze bei schwer psychisch kranken Menschen entwickelten, gelten Franziska Boas, Mary Whitehouse und Liljan Espenak als Mütter der Tanztherapie.

Tanztherapie Ausbildung

Im Laufe der Zeit entwickelte sich die Tanztherapie weiter, sodass es in der Gegenwart zahlreiche unterschiedliche Konzepte gibt. In Deutschland entstand 1995 der Berufsverband der Tanztherapeuten. Dieser setzt die Standards für die vierjährige Ausbildung zum Tanztherapeuten fest.

Allerdings ist der Begriff "Tanztherapie" nicht als Berufsbezeichnung geschützt, wodurch auch unzureichende Fortbildungen angeboten werden können. Zu den unterschiedlichen Ausbildungsinhalten zählen beispielsweise

  • Praxis der Kunsttherapie und Kunstpädagogik
  • tanztherapeutische Prozesse
  • Kommunikation und Gesprächsführung
  • Arbeit mit bestimmten Zielgruppen wie Senioren, Traumapatienten, Kindern
  • Psychopathologie
  • Selbsterfahrung

Bislang zählt die Tanztherapie in Deutschland nicht zu den anerkannten Psychotherapie-Verfahren. Daher müssen die Kosten für die Behandlung vom Patienten selbst übernommen werden.

Wirkungsprinzip der Tanztherapie

Im Rahmen der Tanztherapie werden Tanz und Bewegung psychotherapeutisch genutzt, um emotionale, kognitive und physische Prozesse zu integrieren und die Persönlichkeit des Menschen zu erweitern. Dabei lassen die Therapeuten psychotherapeutische Erkenntnisse in ihre Arbeit einfließen.

Ziele der Tanztherapie

Zu den Zielen der Tanztherapie gehört:

  • vorsprachliche Erlebnisse durch Körpersprache zu integrieren
  • Bewegungsausdruck und authentische Bewegung zu fördern
  • die Wahrnehmung des Körpers zu fördern
  • ein realistisches Körperbild zu entwickeln
  • die Eigenwahrnehmung zu verbessern
  • neue Möglichkeiten, Beziehungen zu gestalten, zu erwerben
  • emotionale Erlebnisse zu verarbeiten
  • psychischen Konflikten entgegenzuwirken

Anwendungsformen der Tanztherapie

Durchführen lässt sich die Tanztherapie sowohl als Einzeltherapie als auch als Gruppentherapie. Auch für Paar- oder Familientherapien gilt sie als geeignet.

Wissenschaftliche Studien belegen die Wirksamkeit der Tanztherapie. So kann sie die Lebensqualität des Patienten verbessern und dabei helfen, Stress zu bewältigen.

Einsatzgebiete der Tanztherapie

Die Tanztherapie kommt in unterschiedlichen Bereichen zur Anwendung. Dazu gehören zum Beispiel:

  • die Psychotherapie
  • die Psychiatrie
  • sonderpädagogische Einrichtungen
  • psychosomatische Einrichtungen
  • Einrichtungen für Suchtkranke
  • Tageskliniken
  • ambulante Praxen für Tanztherapien
  • Neurologie
  • Onkologie
  • Geriatrie
  • Palliativmedizin
  • die Rehabilitation

Ablauf: Methoden der Tanztherapie

Die Tanztherapie greift auf unterschiedliche methodische Elemente zurück. Dabei handelt es sich vor allem um:

  • die Tanztechnik
  • die Nachahmung
  • die Improvisation
  • die Gestaltung

Tanztherapie: Tanztechnik

Die Tanztechnik setzt auf einfache Bewegungen wie Gesten oder Drehungen, mit denen Hemmungen überwunden werden können. Welcher Tanzstil zur Anwendung kommt, hängt von der Stimmung und der Situation des Patienten ab.

Zu den unterschiedlichen Elementen, die dabei eine Rolle spielen, zählen etwa

  • Drehungen
  • Gesten
  • Bewegungsspiele
  • festgelegte Bewegungsmuster

Zu den Zielen zählen

  • das Erkennen der Bewegungen mit innerer Beteiligung
  • die bessere Wahrnehmung der eigenen körperlichen Empfindungen
  • die Erweiterung des Bewegungsrepertoires
  • das Erkennen der Verbindung von Stimmung und Bewegung

Tanztherapie: Nachahmung

Bei der Nachahmung soll der Patient bestimmte Bewegungen imitieren, um den Gefühlen anderer Personen näher zu kommen und sich besser auszudrücken. Hierbei ist es ebenso wichtig, dass man nicht nur den Körper, sondern auch die Psyche mit einbezieht.

Vor allem wenn der Therapeut merkt, dass ein durch den Patienten nicht ausdruckbares Gefühl besteht, kommt die Nachahmung zum Einsatz. Dabei erlernt der Betroffene Bewegungen, die ihm dabei helfen, seine Gefühlslage auszudrücken.

Tanztherapie: Improvisation

Im Rahmen der Improvisation muss der Patient seine Selbstkontrolle ausschalten, um sich Zugang zum Unbewussten zu schaffen. Auf diese Weise lassen sich verdrängte oder vergessene Emotionen oder Erlebnisse wieder zutage fördern.

Dies bedeutet, dass die Bewegungen aus verschiedenen Impulsen heraus entstehen; dabei gibt man sich ganz der Bewegung hin. Man kombiniert Körper, Rhythmus, Zeit und Co. auf beliebige Art und Weise.

Diese fehlenden Vorgaben sind besonders zu Beginn der Therapie für viele Menschen schwierig umzusetzen. Durch diese Unsicherheit wird oftmals erst klar, wie sehr man sich im Alltag selbst Grenzen und Beschränkungen setzt.

Tanztherapie: Gestaltung

Die Gestaltung stellt eine Mischung aus Tanztechnik und Improvisation dar und soll beide Extreme ausgleichen. Der Patient kann dabei Stimmungen und Gefühle durch beherrschte Bewegungen bei passender Musik ausdrücken. Gleichzeitig kontrolliert er stets, welche Gefühle er zeigen möchte.