Urographie - Funktion, Anwendungsgebiete und Ablauf

Als Urographie bezeichnet man eine Röntgenuntersuchung des Harnsystems. Mit dieser können die Blase, die Harnleiter sowie die Nieren und das Nierenbecken erkennbar gemacht werden. Dabei kommt ein Kontrastmittel zur Anwendung. Die fertige Aufnahme wird als Urogramm bezeichnet. Informieren Sie sich über Funktion, Anwendungsgebiete und Ablauf einer Urographie.

Von Jens Hirseland

Urographie - Ziel und Zweck

Ziel und Zweck einer Urographie oder auch Ausscheidungs-Urographie ist die Untersuchung des Harnsystems bzw. der ableitenden Harnwege. Dazu gehören:

Man spricht mitunter auch von einer retrograden Ureteropyelographie. Zweck einer retrograden Ureteropyelographie ist eine Röntgenuntersuchung des Harnleiters und des Nierenbeckens, um bestimmte Erkrankungen oder Veränderungen des Nierenbeckens und des Harnleiters diagnostizieren zu können.

Der Begriff "Ureteropyelographie" stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie "Harnleiter" (ureter) und "Becken" (pyelo). Dabei greift man auf ein Kontrastmittel zurück, um diese Körperstrukturen bildlich darzustellen.

Im Nierenbecken (Pelvis renalis) sammelt sich der von den Nieren kommende Urin an. Von dort aus gelangt er weiter zum Harnleiter (Ureter), der wiederum in die Harnblase mündet. Da in diesem Bereich unterschiedliche Erkrankungen auftreten können, wird er oftmals mithilfe von Röntgenaufnahmen untersucht.

Erkennbar gemacht werden die betreffenden Organe mit einem Röntgen-Kontrastmittel, das in eine periphere Vene injiziert wird. Dieses Kontrastmittel absorbiert die Röntgenstrahlung, sodass die Nieren und die Harnwege weiß auf dem Bildschirm erscheinen. Dadurch ist es dem untersuchenden Arzt möglich, einen Kontrast zu erkennen.

Pyelografie

Sind lediglich die Nieren Bestandteil der Untersuchung, wird diese als Pyelografie bezeichnet.

Miktions-Zysto-Urographie

Eine spezielle Form der Urographie stellt die Miktions-Zysto-Urographie dar. Dabei beurteilt man vaginale Senkungsoperationen. Es erfolgt eine Analyse, ob eine vollständige Ausheilung gegeben ist; zusätzlich überprüft man die Kontinenz.

Kontrastmittel bei der Urographie

Dabei dienen Medikamente, die Jod enthalten, als Kontrastmittel. Dieses wird entweder als Infusions-Urographie gemeinsam mit 100 Millilitern NaCI verabreicht oder über eine Armvene injiziert. Anschließend wird das Kontrastmittel über die Nieren wieder ausgeschieden.

Zum oberen Harntrakt gehören Nieren und Harnleiter, während man Harnröhre und Harnblase zum unteren Harntrakt zählt. Durch eine normale Röntgenuntersuchung lassen sich diese Organe nicht sichtbar machen; daher ist ein Kontrastmittel von Nöten.

Retrograde Urografie

Im Rahmen der retrograden Urografie verabreicht man das Kontrastmittel über einen Schlauch in die Harnröhre, von wo es sich dann im restlichen Harnsystem ausbreitet. Zur Anwendung kommt ein Zytoskop.

Ausscheidungsurografie

Bei der Ausscheidungsurografie wird das Kontrastmittel direkt in die Vene gespritzt. Man bezeichnet diese Methode daher auch als intravenöse Urografie. Von der Niere wird das Kontrastmittel aus dem Blut gefiltert und dann über die Harnwege ausgeschieden.

Anwendungsgebiete der Urographie

Verwendet wird die Ausscheidungs-Urographie für die Diagnose von Erkrankungen der Harnwege. Dazu gehören unter anderem:

Das Verfahren gehörte in früheren Jahren zu den am häufigsten in der Urologie verwendeten Methoden. Heute hingegen gelangt immer mehr die, für den Patienten verträglichere, Sonographie zum Einsatz.

Eine retrograde Ureteropyelographie dient dazu, bestimmte Veränderungen im Nierenbecken- und Harnleiterbereich festzustellen. Mögliche Indikationen für eine Röntgenuntersuchung sind:

  • Harnleiterverengungen
  • Harnsteine
  • Einrisse
  • Tumore

So ermöglicht das Verfahren, die genaue Position des Befundes zu ermitteln.

Weitere Anwendungsgebiete sind:

  • krampfartige Flankenschmerzen
  • schmerzhafte, anhaltende Nierenkoliken
  • Verdacht auf Eiteransammlungen im Nierenbecken, die durch Harnwegsinfektionen oder Verstopfungen verursacht werden
  • Verdacht auf Harnleiter- oder Nierenanomalien
  • Blut im Urin
  • Operationen
  • Verletzungen
  • auffällige Nierenwerte

Durch den Einsatz einer retrograden Ureteropyelographie lassen sich unterschiedliche Erkrankungen diagnostizieren, wie:

  • Nierensteine
  • Harnleitersteine
  • Verengungen des Harnleiters
  • Veränderungen oder Risse im Nierenbecken
  • gutartige oder bösartige Tumore

Obwohl es zahlreiche Indikationen für eine retrograde Ureteropyelographie gibt, kommt sie sie eher selten zum Einsatz. Sie wird vor allem dann durchgeführt, wenn die Gabe eines Kontrastmittels über die Venen aufgrund einer Allergie nicht möglich ist. Mitunter kann aber auch die Nierenfunktion so schlecht sein, dass das Mittel nicht in ausreichender Menge in den Harntrakt gelangt.

Durchführung: Ablauf einer Urographie

Im Vorfeld einer retrograden Ureteropyelographie muss beachtet werden, dass die zu untersuchende Person Medikamente gegen Blähungen erhält, da ansonsten, durch die Luft im Darm, die Aufnahmen beeinträchtigt werden könnten. Vor der Röntgenuntersuchung erhält der Patient meist ein Schmerz- oder Beruhigungsmittel.

Nur in seltenen Fällen ist eine lokale Betäubung nötig. Während der Untersuchung nimmt der Patient auf einem speziellen Stuhl Platz, auf dem sich die Beine abspreizen lassen.

Durchführung der retrograden Urographie

Im Rahmen einer retrograden Urografie wird der Harnleiter mit einem Kontrastmittel aufgefüllt und anschließend auf einem Röntgenbild sichtbar gemacht. Dabei wird zunächst eine Leeraufnahme ohne Kontrastmittel angefertigt, bevor weitere Bilder mit Kontrastmittel folgen. Nach Ablauf des Kontrastmittels wird noch ein zusätzliches Röntgenbild erstellt.

Bei der retrograden Ureteropyelographie stellt ist eine Blasenspiegelung mit einem Zystoskop, welches in die Harnröhre eingeschoben wird, den ersten Schritt dar. Anschließend bringt der Arzt über das Zystoskop einen Katheter ein, den er bis zum Harnleiter vorschiebt. An dieser Stelle verabreicht er auch das Kontrastmittel.

Nächster Schritt ist das Anfertigen der Röntgenaufnahmen von Nierenbecken und Harnleiter. Zum Schluss entfernt man den Katheter und das Zystoskop wieder.

Zu Beginn der retrograden Ureteropyelographie legt sich die zu untersuchende Person in Steinschnittlage auf den Untersuchungstisch. Die Beine werden wie bei einer gynäkologischen Untersuchung angewinkelt und gespreizt. Eine Narkose ist in der Regel nicht erforderlich, aber der Patient erhält ein Beruhigungs- oder Schmerzmittel.

Nachdem die äußeren Geschlechtsorgane abgewaschen und steril abgedeckt wurden, wird ein betäubendes Gleitmittel in die Harnröhre eingelassen. Danach folgt ein Zystoskop, ein Gerät zur Blasenspiegelung, mit dem die Harnröhre, die Harnblase sowie die Mündungen des Harnleiters untersucht werden.

Das Zystoskop führt dann über einen Arbeitskanal einen Schlauch, der über eine abgerundete Spitze verfügt, in den Harnleiter ein. Über den Schlauch erfolgt die Füllung von Harnleiter und Nierenbecken mit dem Kontrastmittel. Nachdem sich das Kontrastmittel verteilt hat, erfolgt die Aufnahme der Röntgenbilder.

Dies geschieht etwa fünf bis fünfzehn Minuten nach Injizierung des Mittels. Nun kann der untersuchende Arzt die Harnwege, die mit dem Kontrastmittel gefüllt wurden, gut erkennen und analysieren. Für den Fall, dass das Nierenbecken durch einen Nierenstein verstopft wird, kann dieses durch einen Harnleiterkatheter entlastet werden, was zur Schmerzfreiheit des Patienten führt.

Früh- oder Spätaufnahmen bei der Urografie

Um die Ausscheidung des Kontrastmittels nachvollziehen zu können, werden in einigen Fällen auch Frühaufnahmen gemacht, die etwa zwei oder drei Minuten nach der Injizierung erfolgen. Auch Spätaufnahmen, die erst 24 Stunden danach angefertigt werden, sind möglich. Sie erfolgen vor allem dann, wenn es zu einer verzögerten Ausscheidung des Kontrastmittels oder zu Abflusshindernissen kommt.

Durchführung der Ausscheidungs-Urographie

Bevor eine Ausscheidungs-Urographie durchgeführt wird, muss der Patient unter Umständen ein Abführmittel zu sich nehmen, damit auf diese Weise unterbunden wird, dass die Sicht auf das Harnsystem durch geblähte Darmschlingen behindert wird. Darüber hinaus darf der Betroffene drei Stunden vor Beginn der Untersuchung nichts trinken oder essen.

Zu Beginn der Ausscheidungs-Urographie wird ein nierengängiges Röntgen-Kontrastmittel, welches Jod enthält, in eine Vene des Unterarms gespritzt. In manchen Fällen wird das Kontrastmittel auch über eine Infusion verabreicht, was Infusions-Urographie genannt wird.

Über den Blutweg gelangt das Kontrastmittel zuerst in die Nieren. Von dort aus erreicht es schließlich die ableitenden Harnwege.

Mögliche Befunde einer Urografie

Nach einer Urografie können unterschiedliche Befunde vorliegen. So sind etwa Verkalkungen zu erkennen, was beispielsweise auf Nierensteine hindeutet.

Häufig fallen Veränderungen in Position, Form und Größe der Nieren, des Nierenbeckens und der Harnleiter auf. Selten lässt sich auch ein Tumor diagnostizieren - dieser zeigt sich als verschobene Struktur, Ausbuchtung oder vergrößerte Niere.

Weitaus häufiger sind Diagnosen von Zysten; hier ist eine Unterscheidung von Tumoren manchmal schwierig. Ein CT oder Ultraschall kann Klarheit bringen.

Kontraindikationen der Urografie

Besteht eine erhöhte Blutungsneigung oder eine Schwangerschaft, sollte die retrograde Ureteropyelographie nicht durchgeführt werden. In einigen Fällen bevorzugt man eher eine Ultraschalluntersuchung; hierzu zählen

  • ein multiples Myelom
  • Lungenerkrankungen
  • Herzerkrankungen oder
  • eine Niereninsuffizienz.

Mögliche Komplikationen und Risiken der Urographie

In manchen Fällen kann es bei der Ausscheidungs-Urographie auch zu Komplikationen kommen, da unter Umständen Patienten allergisch auf das jodhaltige Kontrastmittel reagieren. Auch bei Menschen, die an einer Schilddrüsenüberfunktion leiden, kann es durch das verabreichte Jod zu Komplikationen kommen. Ebenfalls gefährdet sind Schwangere sowie Menschen, die an Herzmuskelschwäche oder Niereninsuffizienz leiden.

Zu den Risiken einer retrograden Ureteropyelographie gehören vor allem mechanische Verletzungen des Harntrakts. So besteht das Risiko, dass die Wände der Harnorgane von den Instrumenten in Mitleidenschaft gezogen werden.

Außerdem können Blutungen auftreten. Weiterhin möglich sind Blutungen und Harnwegsentzündungen. Da das Kontrastmittel nur in den Harntrakt eingeführt wird, sind allergische Reaktionen kaum zu befürchten.

Was sollte man nach der Urografie beachten?

Um den Nieren zu helfen, das Kontrastmittel auszuscheiden, sollte man nach der Untersuchung möglichst viel Tee oder Wasser trinken. Manchmal wird auch ein Antibiotikum verschrieben, um eine Verbreitung von möglicherweise durch das Zytoskop eingebrachten Bakterien zu vermeiden.