Neuroleptika - Wie wirken sie und welche Risiken gibt es?

Als Neuroleptika bezeichnet man Medikamente zur Behandlung von bestimmten psychischen Erkrankungen. Zum Einsatz kommen sie vor allem zur Therapie von Schizophrenien, Manien und Psychosen. Neuroleptika haben einen beruhigenden und dämpfenden Einfluss auf das Nervensystem. Informieren Sie sich über die Wirkungsweise von Neuroleptika und lesen Sie, welche Risiken mit der Einnahme einhergehen.

Von Jens Hirseland

Neuroleptika - Funktion und Anwendungsgebiete

Zweck von Neuroleptika, die man auch als Antipsychotika bezeichnet, ist die Behandlung von verschiedenen psychischen Erkrankungen durch den Einsatz von psychotropen Substanzen.

Diese haben eine:

  1. psychomotorische Wirkung
  2. antipsychotische Wirkung
  3. sedierende Wirkung

Das bedeutet, dass sie einen dämpfenden und beruhigenden Einfluss auf das Nervensystem haben. So können Neuroleptika auch als Nervendämpfungsmittel bezeichnet werden.

  • Mit Hilfe von Neuroleptika lassen sich Wahnvorstellungen und Halluzinationen, unabhängig von ihrer Ursache, wirksam beeinflussen.
  • Darüber hinaus werden emotionale Erregungen gedämpft sowie
  • Ausdrucksmotorik, Antrieb und Spontanbewegungen vermindert.

Die intellektuellen Fähigkeiten des Patienten bleiben dabei aber erhalten.

Zur Anwendung kommen Neuroleptika vor allem bei:

Aufgrund ihrer beruhigenden Wirkung werden sie teilweise auch bei verschiedenen Formen von Demenz eingesetzt.

Seit 1955 wird diese Art von Medikamenten als Neuroleptika bezeichnet. In den letzten Jahren ist auch die Bezeichnung Antipsychotika gebräuchlich.

Typische und atypische Neuroleptika

Man ersetzt die Bezeichnung "Neuroleptika" mehr und mehr durch "Antipsychotika". Man grenzt sich zunehmend von der klassischen Einteilung in typische sowie atypische ab.

Der Wirkmechanismus bei typischen Antipsychotika liegt am Dopaminantagonismus am D2-Rezeptor. Schon in geringer Dosis wirken sie antipsychotisch.

Mittel mit einer geringeren Wirkung am D2-Rezeptor sind atypische Antipsychotika. Die WIrkun gwird auch an anderen Rezeptoren entfaltet. In einigen Fällen können sie eine bessere Wirkung erzielen als typische Antipsychotika.

Wirkungsweise von Neuroleptika

Neuroleptika wirken durch eine Blockierung der Dopamin-D2-Rezeptoren im Gehirn, wodurch es zu einer positiven Beeinflussung von Erregungs- und Angstzuständen kommt. Auch psychotische Symptome wie Wahnvorstellungen oder Halluzinationen können wirkungsvoll gebessert werden.

Dopamin ist ein Nervenbotenstoff, der für den Hirnstoffwechsel zuständig ist. Darüber hinaus ist Dopamin von entscheidender Bedeutung für die Wahrnehmung, die Konzentration und die Bewegung sowie die Wachheit des Menschen.

Kommt es zur Blockade der D2-Rezeptoren im limbischen System, entsteht ein antipsychotischer Effekt, wodurch Erregung und Angst positiv beeinflusst werden. Durch die Wirkung der Neuroleptika lassen sich zudem psychotische Symptome wie Halluzinationen oder Wahnvorstellungen bessern.

Die Neuroleptika haben jedoch den Nachteil, dass sie nicht spezifisch wirken, sodass es zu einigen unerwünschten Nebenwirkungen kommen kann. Modernere Neuroleptika rufen jedoch weniger Nebenwirkungen hervor als klassische.

Welche Dosis verabreicht wird, ist von den jeweiligen Symptomen des Betroffenen abhängig.

Auswirkung von Neuroleptika auf Dopamin

Zu den wichtigsten Botenstoffen zählt Dopamin, da es für den Hirnstoffwechsel von zentraler Bedeutung ist. So wirkt sich der Neurotransmitter auf

  • Konzentration
  • Bewegung
  • Wahrnehmung und
  • Wachheit

aus. Im Falle einer Psychose werden Bindungsstellen für Dopamin blockiert, was die überschießende Nerventätigkeit, die der Botenstoff auslöst, dämpft. Die Wirkung der Neuroleptika ist auf die Symptome begrenzt.

So können sie eine psychische Krankheit nicht heilen - doch zumindest schwerwiegende Symptome wie Wahnvorstellungen lassen sich mit ihrer Hilfe zumeist beseitigen. Dies gibt dem Patienten die Möglichkeit, sich seiner Erkrankung bewusst zu werden.

Liste: Arten von Neuroleptika

Unterteilt werden Neuroleptika in:

  1. nieder potente Neuroleptika
  2. hoch potente Neuroleptika
  3. Depot-Neuroleptika

Nieder potente Neuroleptika

Nieder potente Neuroleptika haben nur eine schwache antipsychotische Wirkung. Dafür sind sie stark sedierend. Eingesetzt werden sie bei:

Zu den gängigsten Präparaten gehören u.a.:

  • Atosil
  • Dipiperon
  • Truxal

Hoch potente Neuroleptika

Hoch potente Neuroleptika wirken stark antipsychotisch und nur wenig sedierend. Sie kommen vor allem zur Anwendung gegen:

  • chronische Schizophrenien
  • Wahnvorstellungen
  • Halluzinationen

Bevorzugte Medikamente sind:

  • Haldol
  • Glianimon
  • Orap

Depot-Neuroleptika

Depot-Neuroleptika dienen zur Rezidivprophylaxe bei schizo-affektiven und schizophrenen Psychosen.

Zum Einsatz kommen dabei Präparate wie:

  • Daptum
  • Flunaxol

Einteilung in schwache wirksame und stark wirksame Neuroleptika

In der Medizin teilt man Neuroleptika in schwach wirksame und stark wirksame Neuroleptika ein. Bei schwach wirksamen Neuroleptika handelt es sich um

  • Sulpirid
  • Chlorprothixen
  • Promazin und
  • Levomepromazin.

All diese Wirkstoffe haben gemeinsam, dass sie beruhigend wirken und den Schlaf fördern.

Anwendungsgebiete sind

  • Schlafstörungen
  • Angstzustände
  • Erregungszustände und
  • Manien.

Zu den stark wirksamen Neuroleptika werden

  • Fluphenazin
  • Fluspirilen
  • Haloperidol und
  • Benperidol

gerechnet. Verabreicht werden sie bei

  • Wahnvorstellungen
  • akuten Psychosen und
  • Schizophrenie.

Diese antipsychotischen Wirkstoffe hemmen den Antrieb des Patienten, machen ihn aber weniger müde.

Nebenwirkungen und Risiken von Neuroleptika

Neuroleptika können eine Vielzahl von Nebenwirkungen hervorrufen, die jedoch nicht zwangsläufig auftreten müssen.

Früh- und Spätdyskinesien

Zu diesen unerwünschten Nebeneffekten gehören zum Beispiel Frühdyskinesien. Dabei kommt es zu unwillkürlichen Bewegungen mit Blick-, Schlund- und Zungenkrämpfen. Auch Spätdyskinesien, die erst nach jahrelanger Behandlung auftreten sind möglich.

Vegetative Störungen durch Neuroleptika

Ebenfalls zu den Nebenwirkungen gehören vegetative Störungen wie:

Mögliche Langzeitschäden durch Neuroleptika

Ob und in welcher Form mit Langzeitfolgen durch Neuroleptika zu rechnen ist, entscheidet sich je nach Einzelfall und verwendetem Wirkstoff. Nach längerer Behandlung mit Neuroleptika kann es beispielsweise zu

  • Fehlhaltungen oder Fehlbewegungen
  • vermindertem sexuellen Interesse
  • Impotenz oder
  • dem Ausbleiben der Menstruation

kommen.

Mögliche Wechselwirkungen bei der Einnahme von Neuroleptika

Bei der Einnahme von Neuroleptika muss zudem bedacht werden, dass koffeinhaltige Getränke wie Kaffee oder Tee die Wirkung der Medikamente abschwächen können. Die gleichzeitige Einnahme von Beruhigungsmitteln oder Alkohol kann hingegen eine gefährliche Verstärkung der Wirkung zur Folge haben.

Hinweise zum Absetzen von Neuroleptika

Das Absetzen von Neuroleptika darf nicht von jetzt auf gleich geschehen. Es sollte eine langfristige medikamentöse Behandlung angestrebt werden, um Rückfälle zu vermeiden.

Dabei wird die Dosisreduktion stets in kleinen Schritten durchgeführt. Zwischenzeitlich sollte eine Zeitspanne von sechs bis zwölf Wochen liegen.

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  • Peter Lehmann Psychopharmaka absetzen: Erfolgreiches Absetzen von Neuroleptika, Antidepressiva, Phasenprophylaktika, Ritalin und Tranquilizern, Lehmann, Peter, 2013, ISBN 3925931279
  • Otto Dietmaier, Daniel Schüpbach Psychopharmaka in der Apotheke: Patienten erkennen, verstehen, beraten, Deutscher Apotheker Verlag, 2018, ISBN 3769265521
  • Peter Lehmann Der chemische Knebel: Warum Psychiater Neuroleptika verabreichen, Lehmann, Peter, 2015, ISBN 3925931317
  • Klaus Aktories, Ulrich Förstermann, Franz Bernhard Hofmann, Klaus Starke Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, Urban & Fischer Verlag, 2017, ISBN 3437425250
  • Jes Gerlach Schizophrenie: Dopaminrezeptoren und Neuroleptika, Springer Berlin Heidelberg, 1995, ISBN 3540592431

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