Hochbegabung - Definition, Ursachen sowie Vor- und Nachteile

Hochbegabung wird oft missverstanden. Zwar ist es in der Tat so, dass Hochbegabte einen überdurchschnittlichen IQ aufweisen und sich beispielsweise als Kind in der Schule aufgrund ihrer kognitiven Fähigkeiten weniger anstrengen müssen - doch es ist nicht alles Gold, was glänzt. Eine frühzeitige Förderung ist wichtig, um Schwierigkeiten in vielen Bereichen, in denen durchschnittlich Begabte keinerlei Probleme haben, erfolgreich meistern zu können. Informieren Sie sich über Hochbegabung und das Leben damit mit all seinen Vor- und Nachteilen.

Christian Steinfort
Von Christian Steinfort

Hochbegabung - eine Definition

Von Hochbegabung ist die Rede, wenn die intellekte Begabung eines Menschen weit über dem Durchschnittswert liegt. Als hochbegabt gilt ein Mensch, der bei einem Standard-Intelligenztest ein Ergebnis erreicht, welches sich mindestens zwei Stufen über dem mittleren Wert der Einstichprobe befindet. Allerdings gibt es unterschiedliche Intelligenztests, sodass es durchaus sein kann, dass ein Mensch bei einem Test als Hochbegabter abschneidet, bei einem anderen wiederum nicht.

Hierzulande liegt der Grenzwert, ab der man von Hochbegabung spricht, im Allgemeinen bei einem IQ von 130. Lediglich 2,5 Prozent der Bevölkerung verfügen über einen solch hohen Wert. Es gilt, dass solche Intelligenzwerte lediglich innerhalb einer Generation desselben Landes miteinander verglichen werden können.

In Zusammenhang mit IQ-Werten, genauer gesagt ab einem Wert von 145, ist oftmals die Rede von der so genannten Höchstbegabung. Hierbei sollte man beachten, dass diesem Begriff keinerlei wissenschaftlich einheitliche Definition zugrunde liegt.

Man bezweifelt, dass die Messung solch hoher Werte sicher durchführbar ist. Abzugrenzen ist die Hochbegabung von der Hochleistung - hierbei handelt es sich um hohe Leistungen auf einem bestimmten Gebiet. Weisen Kinder solche Fähigkeiten auf, bezeichnet man sie häufig als Wunderkinder.

Ursachen

Die Ursachen der Hochbegabung können in unterschiedlichen Bereichen gesucht werden. Man geht davon aus, dass eine Kombination mehrerer Faktoren zu deren Auftreten führen können. Zu diesen zählen genetische Faktoren, sowie das soziale Umfeld.

In Sachen Genetik ist hervorzuheben, dass diese eine größere Rolle spielt, je besser die Bedingungen, unter denen der oder die Betroffene lebt, sind. Man vermutet beispielsweise auch einen Zusammenhang für das Wachstumshormon IGF-1: so wurde nachgewiesen, dass Kinder mit älteren Müttern eine Tendenz zu einer höheren Intelligenz aufweisen; bei diesen Kindern ist ein erhöhter IGF-1-Spiegel zu erkennen.

Generell lässt sich die Hochbegabung jedoch nicht auf ein Gen zurückführen; viele Gene sind vermutlich von Bedeutung. Insgesamt sind in der Forschung 47 Genabschnitte bekannt, welche im Zusammenhang mit ausgeprägten kognitiven Fähigkeiten stehen; allerdings beeinflussen die sechs bedeutendsten von ihnen die Intelligenz insgesamt in einem Ausmaß, das etwas über einem Prozent liegt.

Was man mit Sicherheit sagen kann, ist dass die Auswirkung der Gene auf die Intelligenz im Laufe des Alters zunimmt. Zudem besteht ein geschlechtlicher Zusammenhang: unter den Männern gibt es mehr Hochbegabte, gleichzeitig aber auch mehr weniger Begabte.

Die Ursachen sind sowohl  in der Genetik als auch im Umfeld zu finden
Die Ursachen sind sowohl in der Genetik als auch im Umfeld zu finden

Das soziale Umfeld gilt als zweiter entscheidender Einflussfaktor, wenn es um die Frage nach den Ursachen für Hochbegabung geht. Dazu zählt besondres der sozioökonomische Status: Kinder, die aus einem wohlhabenden Haus stammen, weisen durchschnittlich einen höheren IQ auf.

In den unteren Sozialschichten können die Lebensumstände dazu führen, dass Kinder das Potential ihres Intellekts nicht erreichen. Zu solchen Belastungen zählen beispielsweise finanzielle Probleme bzw. Armut oder auch schlechte Wohnbedingungen. Armut allein führt jedoch laut Studien nicht dazu, dass der IQ sinkt; es gibt einige Risikofaktoren, die gleichzeitig vorliegen müssen und oft auch in Verbindung mit weiteren Risikofaktoren stehen - je mehr es gibt, desto größer ist die Gefahr des sinkenden Intellekts.

Weitere Faktoren, die bei der Entstehung von Hochbegabung eine Rolle spielen können, sind

  • das Sprachumfeld - je mehr mit einem Kind geredet wird, desto besser kann es sich intellektuell entwickeln
  • Stillen des Kindes (sofern der Säugling eine bestimmte Form des Gens FADS2 aufweisen kann)
  • das Erziehungsverhalten der Eltern (wenn sie Wert auf intellektuelle Leistungen legen und zudem besonders warmherzig sind)
  • eine ausgewogene Ernährung (schon während der Schwangerschaft)

Vor- und Nachteile

Fluch oder Segen? Die Hochbegabung hat ihre guten sowie ihre Schattenseiten.

Generell gilt, dass Hochbegabte als Kinder dieselben Schritte der Entwicklung durchlaufen und zudem die gleichen sozialen sowie emotionalen Bedürfnisse entwickeln, wie andere Menschen auch. Die Entwicklungsschritte werden jedoch in einigen Bereichen schneller erreicht, was teilweise zu Schwierigkeiten mit dem sozialen Umfeld führen kann. Durschnittlich jedoch haben Hochbegabte weniger soziale Probleme.

Positive Aspekte der Hochbegabung

Wird das Potential hochbegabter Kinder durch eine spezielle Förderung ausgeschöpft, können Kinder und Familien die Hochbegabung als Segen betrachten. Nur auf diesem Weg haben die Betroffenen die Chance, sich entsprechend ihrer Begabung zu entfalten, glücklich zu sein und Selbstbewusstsein zu entwickeln.

Gut geförderte Kinder mit Hochbegabung haben die besten Chancen auf einen sehr guten Schulabschluss, auf eine erfolgreiche Hochschulausbildung und letztlich auf eine große Karriere in ihrem Traumjob. Die Vorteile, die die Hochbegabung mit sich bringt, können die Zukunft der Kinder positiv beeinflussen.

Richtig geförderte Hochbegabte haben Spaß am Lernen und auch an Freizeitaktivitäten
Richtig geförderte Hochbegabte haben Spaß am Lernen und auch an Freizeitaktivitäten

Die Hochbegabung kann sich teils auch positiv auf die Gesundheit auswirken. Man konnte feststellen, dass hochbegabte Kinder eine auf eine aktivere Freizeitgestaltung Wert legen, da sie sich entsprechend intensiver mit möglichen intellektuellen Anregungen beschäftigen und sich dafür interessieren. Somit wird etwa auch weniger Zeit vor dem Fernseher verbracht, auch wenn dies nicht heißen muss, dass hochbegabte Kinder mehr Sport treiben.

Sie entwickeln jedoch Hobbys und Interessen, die allgemein als positiver bewertet werden, als beispielsweise das Spielen von Computerspielen. So zeigen sie etwa oftmals großes Interesse an Büchern. Allerdings spielt hierbei immer auch der Erziehungsstil der Eltern eine Rolle.

Zu den weiteren positiven Eigenschaften, die Hochbegabte aufweisen (können), zählen:

  • sie können neue Informationen schnell und gut verstehen
  • sie haben Interesse daran, Probleme zu lösen
  • sie verfügen über ein großes Organisationstalent
  • sie verfügen über einen großen Wortschatz
  • sie kennen sich in vielen Bereichen überdurchschnittlich gut aus
  • sie sind kreativ
  • sie suchen nach eigenen Wegen

Viele dieser positiven Eigenschaften können aber auch negative Konsequenzen mitbringen...

Negative Aspekte der Hochbegabung

Rund die Hälfte aller hochbegabten Kinder fallen im Kindergarten, in der Schule oder im Freundeskreis negativ auf. Meist liegt das daran, dass sie Bedürfnisse haben, die nicht erkannt, nicht verstanden oder nur unzureichend gefördert werden. In der Schule fühlen Hochbegabte sich unterfordert, versuchen sich als Klassenclown in den Mittelpunkt zu drängen, werden zum Außenseiter und finden keine Freunde, weil sie sich von ihren Mitschülern nicht verstanden fühlen oder ihnen in ihrer Entwicklung weit voraus sind.

Möglich ist außerdem:

  • sie sind ungeduldig, wenn es um den Umgang mit anderen Menschen geht
  • sie stellen Vieles in Frage (auch wenn dies in einem gewissen Umfang auch als positiv bewertet werden kann - im sozialen Umfeld ist es jedoch durchaus auch negativ behaftet)
  • sie interessieren sich nicht für Routineaufgaben
  • sie langweilen sich schnell
  • sie können dominant wirken
  • sie können Gruppenstrukturen durchbrechen
  • sie können von anderen falsch eingeschätzt werden

Förderungsmöglichkeiten

Weil hochbegabte Kinder sich schnell langweilen, müssen sie intensiv gefordert und gefördert werden. In der Schule kann eine vorübergehende Besserung erreicht werden, indem man die Kinder eine Klasse überspringen lässt.

Zu Hause sind die Eltern gefragt, was sehr stressig für sie werden kann. Viele Eltern fühlen sich überfordert, da sie ihren Kindern oft nicht das bieten können, was sie eigentlich brauchen: spezifische, individuelle Förderung.

Freizeitangebote am Nachmittag, die den Interessen des Kindes entsprechen, können hilfreich für das Kind und entlastend für die Eltern sein. Mit etwas Glück gibt es in Wohnortnähe extra Schulklassen für Hochbegabte. Hier erhalten die Kinder intensive individuelle Förderung in kleinen Gruppen. Die Pädagogen, die hier arbeiten, kennen die Bedürfnisse, Probleme und die Chancen hochbegabter Kinder genau.

Gibt es in der nähern Umgebung keine solcher Klassen, besteht die Möglichkeit der Internatsunterbringung. Auch hier sind die Kinder unter ihresgleichen und fühlen sich oft wohler als in Regelschulen. Informieren Sie sich hier genauer über die Möglichkeiten der Hochbegabtenförderung.

  • Jürgen vom Scheidt Das Drama der Hochbegabten: Zwischen Genie und Leistungsverweigerung, Piper, 2005, ISBN 3492244955
  • Thomas Trautmann Einführung in die Hochbegabtenpädagogik, Schneider Verlag Hohengehren, 2005, ISBN 3896769855
  • Herbert Horsch, Götz Müller und Hermann-Josef Spicher Hoch begabt - und trotzdem glücklich: Was Eltern, Kindergarten und Schule tun können, damit die klügsten Kinder nicht die Dummen sind, Oberstebrink/Eltern-Bibliothek, 2006, ISBN 3934333168
  • Barbara Reichle Hochbegabte Kinder: Erkennen, fördern, problematische Entwicklungen verhindern, Beltz, 2004, ISBN 3407253516
  • Aiga Stapf Hochbegabte Kinder: Persönlichkeit, Entwicklung, Förderung, Beck, 2003, ISBN 3406502520
  • Andrea Brackmann Jenseits der Norm - hochbegabt und hoch sensibel?, Klett-Cotta /J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachflg, 2007, ISBN 3608890149

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