Acrotomophilie (Amelotatismus), Amputophilie und Apotemnophilie

Paraphilien können sich auf verschiedene Weise bemerkbar machen. So gibt es die Acrotomophilie, die Amputophilie und die Apotemnophilie.

Von Jens Hirseland

Acrotomophilie (Amelotatismus)

Die Acrotomophilie ist auch als Amelotatismus oder Amputationsfetischismus bekannt. Dabei handelt es sich um Deformationsfetischismus, da der Betroffene sich von Menschen, die unter Verstümmelungen oder Missbildungen leiden, sexuell angezogen fühlt. Auch Lähmungen oder Blindheit werden als sexuell attraktiv angesehen.

Allerdings gilt der Übergang zwischen einer ungewöhnlichen Vorliebe und einer Paraphilie als fließend. Problematisch wird es, wenn die Beziehung zu einem behinderten Menschen in Zwangshandlungen ausartet. In den meisten Fällen hat dann der Behinderte am meisten darunter zu leiden.

Von behinderten Menschen und der Gesellschaft wird die Acrotomophilie meist abgelehnt, sodass sich der Betroffene nur selten offen zu ihr bekennt. Entsprechende Partnerschaften einzugehen, ist für Amputationsfetischisten sehr schwierig.

Ursachen

Wodurch es zu einer Acrotomophilie kommt, ließ sich bislang nicht ergründen. Als mögliche Ursache vermuten Experten gravierende Erlebnisse in der Kindheit oder Jugend. Als sexueller Fetischismus wird der Amelomatismus nicht eingestuft, weil die Vorliebe der Betroffenen keinem leblosen Gegenstand gilt.

Behandlungsmöglichkeiten

In den USA gibt es mittlerweile einige Interessengruppen für Menschen, die unter Acrotomophilie leiden. Dort haben die betroffenen Personen die Möglichkeit, mit anderen Menschen über ihre Vorliebe zu reden. Auch das Eingehen von Partnerschaften ist möglich.

In Internetforen für Behinderte begegnet man Amputationsfetischisten allerdings überwiegend mit Ablehnung.

Eine psychotherapeutische Behandlung braucht in der Regel nicht zu erfolgen, da Amelomatismus nicht als Krankheit gilt. Mitunter wird sie jedoch aufgrund von Gerichtsurteilen nach einer sexuellen Nötigung aufgenommen.

Amputophilie

Eine Variante des Amelomatismus stellt die Amputophilie dar. So begehren die Betroffenen Menschen, denen Gliedmaßen fehlen oder die unter einer körperlichen Behinderung leiden. Von der Psychiatrie wird die Amputophilie nicht als Krankheit, sondern lediglich als ungewöhnliche sexuelle Art eingestuft.

Haben beide Partner Freude am Geschlechtsverkehr und führen sonst ein normales Leben, wird die Amputophilie nicht als Belastung angesehen. Doch auch zwanghafte Handlungen sind durchaus möglich. In den meisten Fällen halten die Betroffenen ihre sexuelle Vorliebe geheim und versuchen, ihr so weit wie möglich nachzugehen.

Ursachen

Die Ursache für Amputophilie konnte noch nicht herausgefunden werden. Bei den meisten Amputophilen handelt es sich um Männer. Viele Mediziner sehen mangelndes Selbstbewusstsein, problematische Erlebnisse in der Kindheit oder im Erwachsenenalter sowie ständige psychische Belastungen als Auslöser.

Eine medizinische Behandlung erfolgt, wenn der Betroffene es selbst wünscht oder diese von einem Gericht angeordnet wird.

Apotemnophilie

Von einer Apotemnophilie spricht man, wenn ein Mensch durch Amputationen sexuell erregt wird. Dabei gilt es, zwischen zwei unterschiedlichen Formen zu unterscheiden. So werden in der BDSM-Szene Körperteile lediglich bandagiert, wobei es sich um einen Mix aus Masochismus, Bondage und Sadismus handelt. Meist werden dabei der Penis oder die Brüste bandagiert.

Die zweite, weitaus extremere Form, beinhaltet das tatsächliche Amputieren von Körperteilen.

Merkmale

Erregt werden apotemnophile Menschen durch das Gefühl, bei einer Amputation schwach und unterlegen zu sein. In manchen Fällen ist dieses Empfinden so stark ausgeprägt, dass sich der Betroffene tatsächlich die Amputation eines ungeliebten Körperteils wünscht.

Für Apotemnophile ist es sehr schwer, ihren bizarren Wünschen nachzukommen, da es kaum Ärzte gibt, die ihnen aus sexuellen Gründen Gliedmaßen amputieren. Im seltenen Extremfall verstümmeln sich die Betroffenen sogar selbst während des Geschlechtsaktes. Dieses drastische Vorgehen kann auch den Tod des Opfers zur Folge haben.

Apotemnophilie keine Paraphilie?

Ob es sich bei der Apotemnophilie tatsächlich um eine Paraphilie handelt, ist unter Fachleuten heftig umstritten. So sehen viele Psychologen sie nicht als sexuelle Erkrankung an. Nicht selten greifen Mediziner anstelle der Apotemnophilie auf den Begriff Body Integrity Identity Disorder (BIID) zurück.

Über die Entstehung der Störung herrscht nach wie vor Unklarheit.

Behandlung

Zu einer psychotherapeutischen Behandlung kommt es nur dann, wenn die Apotemnophilie von den Betroffenen als unnormal eingeschätzt wird. Bei schweren Formen muss in jedem Fall eine Psychotherapie stattfinden. Allerdings werden die Erfolgschancen nur als gering eingeschätzt.