Alpha-1-Antitrypsinmangel (Laurell-Eriksson-Syndrom)

Als Alpha-1-Antitrypsinmangel oder Laurell-Eriksson-Syndrom wird eine erbliche Stoffwechselkrankheit bezeichnet. Die Betroffenen leiden dabei unter einem Lungenemphysem oder Leberzirrhose.

Von Jens Hirseland
Klassifikation nach ICD-10: E88
ICD-10 ist ein weltweit verwendetes Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. Der sogenannte ICD-Code ist zum Beispiel auf einem ärztlichen Attest zu finden.

Alpha-1-Antitrypsinmangel (AATM) wird auch als Laurell-Eriksson-Syndrom bezeichnet und ist eine seltene Stoffwechselstörung. Aufgrund einer angeborenen Veränderung wird ein bestimmter Eiweißstoff nur unzureichend gebildet. Die Krankheit kann sowohl im Kindesalter in der Leber als auch im fortgeschrittenen Alter in der Lunge ausbrechen.

Entstehung und Verlauf

Bei Alpha-1-Antitrypsin (AAT) handelt es sich um ein Protein (Eiweißstoff), welches der menschliche Organismus im Normalfall selbst herstellt. Alpha-1-Antitrypsin gilt als physiologischer Gegenspieler des Proteins Elastase, das für den Abbau von bestimmten Gewebsstrukturen zuständig ist und mit dem AAT im Gleichgewicht steht.

Kommt es jedoch aufgrund einer angeborenen Veränderung dazu, dass das hergestellte Alpha-1-Antitrypsin schlecht funktioniert oder nur in unzureichender Menge produziert wird, handelt es sich um Alpha-1-Antitrypsinmangel. Ursächlich für die Stoffwechselstörung sind unterschiedliche genetische Konstellationen.

Zu Alpha-1-Antitrypsinmangel kommt es nur sehr selten. In vielen Fällen zeigen sich bei den Betroffenen auch gar keine Symptome.

Tritt die Krankheit jedoch schon im Kindesalter auf, leidet vor allem die Leber darunter. Zeigt sich die Stoffwechselstörung dagegen erst im Erwachsenenalter, wird die Lunge in Mitleidenschaft gezogen. Andere Organe werden durch AATM nur sehr selten geschädigt.

Die Leber betreffend

Zu Leberschäden kommt es, da sich krankhaft veränderte Alpha-1-Antitrypsinmoleküle ansammeln. Diese verbinden sich untereinander zu Polymeren, was schon bei Babys mitunter eine Entzündung der Leber und im weiteren Verlauf eine Leberzirrhose zur Folge haben kann.

Ohne entsprechende Behandlung kann dieser Krankheitsverlauf tödlich enden. Auch bei Kindern und Jugendlichen besteht die Gefahr, dass sich eine gefährliche Leberzirrhose entwickelt. Bei manchen Betroffenen heilt die Leberkrankheit jedoch ohne Folgen wieder ab.

Die Lunge betreffend

Lungenerkrankungen treten im Falle eines Alpha-1-Antitrpysinmangels meist ab dem 30. Lebensjahr auf. Ursache dafür ist ein vermehrter Abbau von Lungengewebe durch die Elastase. Diese lässt sich durch den Alpha-1-Antitrypsinmangel nicht in ihrer Wirkung hemmen, wodurch es im Laufe der Zeit zu einer Überblähung der Lunge kommt, was man als Lungenemphysem bezeichnet.

Das Krankheitsbild entspricht einer COPD (Chronisch Obstruktive Lungenerkrankung). Doch nicht bei jedem Menschen, der unter Alpha-1-Antitrypsinmangel leidet, tritt zwangsläufig COPD auf. Durch Rauchen wird das Risiko zu erkranken, jedoch deutlich gesteigert.

Weitere mögliche Erkrankungen

Es gibt noch eine ganze Reihe anderer Erkrankungen, die mit einem Alpha-1-Antitrpysinmangel einhergehen können. Zu diesen zählen mitunter

Diagnose und Behandlung

Um einen Alpha-1-Antitrpysinmangel zu diagnostizieren, ist es erforderlich den AAT-Spiegel im Blut zu bestimmen. Bestätigt sich der Verdacht, führt man weitere Untersuchungen durch, um abzuklären, welcher Gendefekt für die Erkrankung ursächlich ist.

Für die Behandlung von Alpha-1-Antitrypsinmangel gibt es drei Möglichkeiten.

Raucherentwöhnung

Bei Patienten mit Lungenproblemen steht vor allem die Raucherentwöhnung im Vordergrund, denn durch einen Verzicht auf Nikotin kann die Lebenserwartung des Betroffenen deutlich gesteigert werden. Zu diesem Zweck führt man verschiedene Maßnahmen wie zum Beispiel eine Nikotinersatztherapie oder eine Verhaltenstherapie durch.

Auch bronchienerweiternde Medikamente oder Kortison können zum Einsatz gelangen. Als vorbeugende Maßnahme werden zudem Impfungen gegen Grippe und Pneumokokken empfohlen.

AAT-Ersatztherapie

Die zweite Möglichkeit ist die neuartige AAT-Ersatztherapie. Dabei erhält der Patient einmal in der Woche künstlich hergestelltes Alpha-1-Antitrypsin, das man ihm mit einer Infusion verabreicht. Es besteht jedoch das Risiko von Nebenwirkungen wie vorübergehendem Fieber oder teilweise schweren allergischen Reaktionen.

Organtransplantation

Dritte und letzte Möglichkeit ist eine Organtransplantation. Diese kann erforderlich sein, wenn Leber oder Lunge irreparabel geschädigt wurden.

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