Hörprobleme bei Kindern - Ursachen, Folgen und Hinweise zur frühzeitigen Erkennung

Hörstörungen können bereits in der Kindheit auftreten. Daher ist es wichtig, sie frühzeitig zu erkennen.

Von Jens Hirseland

In den meisten Fällen werden Hörstörungen im Laufe des Lebens erworben. Bei manchen Kindern sind Schwerhörigkeit oder sogar Gehörlosigkeit jedoch bereits angeboren. Wichtig ist, die Hörprobleme eines Kindes so früh wie möglich zu erkennen, da sonst die Gefahr besteht, dass sie dessen gesamte Entwicklung negativ beeinträchtigen.

Hörstörungen bei Kindern

Angeborene Hörstörungen bei Kindern sind meist genetisch bedingt. Als mögliche Ursachen für eine frühkindliche Schwerhörigkeit kommen Komplikationen bei der Geburt oder Krankheiten während der Schwangerschaft wie

infrage. Erworbene Hörprobleme entstehen bei kleinen Kindern auch häufig durch Mittelohrentzündungen oder Kinderkrankheiten wie

So haben einige dieser Krankheiten mitunter eine Labyrinthitis mit Taubheit zur Folge. Bei angeborenen Hörstörungen liegt meist ein Defekt im Innenohr vor, was oft erblich bedingt ist oder auch nach Infektionen auftreten kann.

Spricht das Kind während der Erkrankung bereits, können die Hörprobleme manchmal jahrelang unentdeckt bleiben. Früherkennung der Hörstörung ist in diesen Fällen das Allerwichtigste, um geeignete Therapien einleiten zu können und dem Kind eine normale Entwicklung zu ermöglichen.

Doch auch Lärm im Alltag kann das Hörvermögen merklich mindern...

Schädlicher Lärm

Die Hörschäden stellen sich meistend schleichend ein und bleiben für lange Zeit unbemerkt. Erst wenn später im Leben irreparable Schäden da sind, fällt das geschwächte Gehör auf.

Die Ursachen können im Haushalt zu finden sein, sind aber auch sehr oft vermeintlich harmloses Spielzeug. Kinder lieben alles, was Krach macht -

  • Trillerpfeifen
  • Trompeten und
  • andere Spielzeuginstrumente,

aber auch Kinderpistolen stehen auf der Beliebtheitsskala ganz oben, sind aber mit Vorsicht zu genießen. Auch an Karneval und Silvester sollten Kinder vor lauten Knall- und Pfeifgeräuschen geschützt werden.

Studie: Dröhnung durch Straßenlärm und Musik belastet das Gehör

Schon im Kindesalter wird das Gehör durch den Alltagslärm stark belastet und oftmals schon früh geschädigt. Eine Studie durch das Umweltbundesamt (UBA) untersuchte in diesem Zusammenhang die Hörfähigkeit von 1084 Kindern im Alter von acht bis vierzehn Jahren.

Schon jedes achte Kind leidet den Ergebnissen zu Folge an einer Minderung der Hörfähigkeit, was sich sehr oft auf die Belastungen durch Straßenlärm aufzeigt. So zeigte sich, dass rund 13 Prozent der 8- bis 14-Jährigen bei hohen und mittleren Tönen im Frequenzbereich eins bis sechs Kilohertz (kHz) eine deutliche Hörminderung auf mindestens einem Ohr aufweisen.

An stark befahrenen Straßen wohnte jedes sechste Kind, das an der Untersuchung teilnahm, wobei rund ein Drittel der Kinder ihr Zimmer zur Straßenseite hatte.

Die Kinder selbst fühlen sich durch den Straßenlärm belastet: Jedes sechste tagsüber und jedes zwölfte auch in der Nacht. Zudem sind besonders Kinder aus sozialschwachen Familien diesen Lärmbelastungen ausgesetzt.

Des Weiteren stellte sich heraus, dass rund elf Prozent der Kinder vorübergehende Ohrgeräusche von zu lauter Musik haben. Das verwundert nicht, wenn man in Betracht zieht, dass sieben von zehn Kindern zwischen elf und 14 Jahren Musik über Kopfhörer hören. Schätzungsweise ein Viertel hören die Musik ihres MP3-Players eindeutig zu laut, so die UBA.

Um Jugendliche auf die möglichen Schäden aufmerksam zu machen, haben Forscher einmal den Lärmpegel aus den MP3-Playern mit denen aus der bestehenden Arbeitsschutzverordnung verglichen. An der Studie nahmen über 2.000 Schüler in der Altersgruppe zwischen 13 und 19 Jahren teil. Bei der Befragung ging es einmal um die Lautstärke der Musik, aber auch um die Schulbildung und das soziale Umfeld.

Im Ergebnis waren 21 Prozent aller Jugendlichen gefährdet, wobei besonders die Jungen betroffen waren. Bei der Schulbildung waren meistens die Hauptschüler davon betroffen und auch sozial benachteiligte Jugendliche.

Studie: Immer mehr amerikanische Jugendliche leiden unter Hörstörungen

Wie eine andere Studie heraus fand, leiden auch in Amerika immer mehr Jugendliche im Alter von zwölf bis neunzehn Jahren unter Hörstörungen. Lag der Wert in den Jahren 1988 bis 1994 noch bei 14,9 Prozent, ist dieser im Studienzeitraum 2005 bis 2006 schon auf 19,5 angestiegen.

Innerhalb der letzten zwanzig Jahre ist die Anzahl an Jugendlichen mit zumindest leichten Hörproblemen um 30 Prozent angestiegen. Experten sehen mögliche Gründe dafür in einem wachsenden Lärmpegel oder möglichen früheren Infektionskrankheiten am Ohr.

Auffällig auch in dieser Studie war, dass vor allem Teenager aus ärmeren Verhältnissen sowie mehr Jungen als Mädchen davon betroffen sind. Um die genauen Gründe zu ermitteln, sind noch weitere Untersuchungen nötig.

Nicht nur das Gehör leidet

Das Ausmaß der körperlichen Belastung von Lärm ist übrigens messbar:

  • Ab Lautstärken von 30-50 Dezibel (dB) fällt es schwer, zu schlafen oder sich zu konzentrieren.
  • Bereits 85 dB können bei Dauerbelastung das Gehör schädigen
  • Ab 120 dB kann bereits ein einmaliger Impuls, wie ein Knall, schädlich für das Innenohr sein.

Folgen

Liegt eine Dauerbelastung vor, leiden nicht nur die Ohren, sondern der gesamte Organismus: Es kommt zu

sind weitere Folgen. Erhöhter Blutdruck und Hörminderungen sind auch die Folgen aus dem Dauerlärm des Straßenverkehrs.

Eine frühe Diagnose ist wichtig

Das Hörsystem entwickelt sich vor allem in den ersten drei Lebensjahren entscheidend. Daher müssen angeborene Hörstörungen möglichst rasch erkannt und behandelt werden, denn nach dieser wichtigen Phase tritt eine Verlangsamung des Hörenlernens ein, sodass sich bedeutende Entwicklungen womöglich nur noch zum Teil und sehr schwierig aufholen lassen.

Kann ein Kind nicht richtig hören oder leidet sogar unter Taubheit, ist es auch nicht imstande, das Sprechen zu erlernen. In früheren Zeiten sprach man dann von Taubstummheit. Heutzutage ist es jedoch mithilfe von Hörgeräten möglich, dass auch schwerhörige Kinder sprechen lernen, wenn sie rechtzeitig ein solches Gerät erhalten.

Bei stark hörgeschädigten Kindern besteht die Möglichkeit, ein Cochleaimplantat einzusetzen. Dabei handelt es sich um eine Gehörprothese für Gehörlose, die noch über einen funktionierenden Hörnerv verfügen. Das Einsetzen eines Cochleaimplantats kann bereits ab dem ersten Lebensjahr erfolgen.

Hörprobleme erkennen

Wenn Kinder auf die elterlichen Aufforderungen nicht reagieren, ist nicht immer Trotz schuld. Manchmal hört das Kind einfach nicht. Deshalb sollten Eltern darauf achten, wann der Nachwuchs nicht hört und wie er sich verhält, wenn er zuhört.

Wenn das Kind beispielsweise eine lauschende Position einnimmt und ein Ohr besonders dem Erzähler zuwendet, dann kann das darauf hindeuten, dass das Kind ein Hörproblem hat. Manchmal erkennen es Eltern auch daran, dass das Kind auffallend laut spricht, ja fast schreit und immer wieder nachfragt.

Das liegt nicht immer am Lärmpegel im Kindergarten, manchmal steckt eine Schwerhörigkeit dahinter. Da gutes Hören wichtig für die Sprachentwicklung ist, sollten Eltern genau darauf achten, was ihr Sprössling versteht und wie er mit der Sprache umgeht.

Zur Früherkennung ist die Hilfe der Eltern also sehr wichtig. Diese sollten das Verhalten ihres Kindes gut beobachten und dessen Hörfähigkeiten hin und wieder testen.

  • Ein möglicher Anhaltspunkt für ein intaktes Hörvermögen ist, dass sich das Baby ab der 4. Lebenswoche bei plötzlich auftretenden lauten Geräuschen erschreckt oder sich beruhigt, wenn es Zuspruch von seinen Eltern erhält.
  • Nach drei oder vier Monaten sollte das Baby in der Lage sein, stimmlich zu lachen.
  • Ein weiterer Hinweis ist das Bewegen der Augen zu einer Schallquelle hin.
  • Etwa ab dem siebten oder achten Monat müsste das Kind Musik wahrnehmen und etwas vor sich hin brabbeln können.
  • Nach zehn bis zwölf Monaten ist ein Baby normalerweise in der Lage, auf normale Lautstärke aus einer Entfernung von einem Meter zu reagieren.
  • Bei gesundem Hörvermögen kann ein Kind bis zum zweiten Lebensjahr Anweisungen befolgen, wenn man sie ihm ins Ohr flüstert.
  • Außerdem bildet es erste kleine Sätze.

Kann ein Kind nichts hören, verstummt es jedoch. Besteht der Verdacht, dass das Kind unter einer Hörstörung leidet, sollte umgehend ein Kinderarzt oder Facharzt aufgesucht werden.

Hörtests bei Babys

Um Hörstörungen bei neugeborenen Kindern frühzeitig zu bemerken, gibt es seit dem Jahr 2009 eine spezielle Früherkennungsuntersuchung, die von gesetzlich Versicherten kostenlos wahrgenommen werden kann. Auf diese Weise lassen sich angeborene Hörstörungen schon kurz nach der Geburt erkennen und entsprechend behandeln. Das Hörvermögen eines Kindes muss jedoch immer wieder überprüft werden, da Hörstörungen auch erst im Laufe der Zeit oder infolge von Krankheiten auftreten können.

Statistik: Hörtest bei Babys sehr effektiv

Die Techniker Krankenkasse gab nach der Einführung des Hörtests eine Statistik heraus, die belegt, wie effektiv diese breit angelegte Untersuchung offensichtlich ist: Gegenüber dem Vergleichsjahr von 2007 bekamen deutlich mehr Kinder schon im Baby-Alter ein Hörgerät verordnet: während es vor Einführung des kostenlosen Hörtests noch vier von 10.000 versicherten Kindern waren, waren es nach der Einführung im Schnitt sieben von 10.000 Babys.

Die Krankenversicherung wertet dies als messbaren Erfolg und betont, dass eine rechtzeitige Diagnose von Hörschäden zahlreiche Vorteile für das betroffene Baby mit sich bringt. Umgekehrt kann eine unentdeckte Schädigung mannigfaltige Störungen der natürlichen Entwicklung bewirken.

Fazit

Die ersten Monate sind prägend für die weitere Entwicklung eines Babys. Eltern sollten also ganz genau darauf achten, ob das Baby auf bestimmte Geräusche achtet oder nicht. Reagiert es gar nicht, bedeutet das in der Regel Alarm Stufe rot.

Das Gehör verändert sich aber im Laufe der Zeit. Deswegen kann man nicht davon ausgehen, dass es als Kleinkind wirklich gut hört oder nicht.

Es ist wichtig, dass eine Behandlung bis zum sechsten Monat beginnt. Kinder können nur dann sprechen lernen, wenn sie die Wörter vorher hören. Tun sie dies nicht, hat das Kind später Entwicklungsschwierigkeiten.

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