Wassergeburt - Wo liegen die Vorteile, wie läuft sie ab und gibt es Risiken?

Eine Entbindung muss nicht ein schmerzhaftes Ereignis mit Schrecken sein, immer mehr Frauen wollen ihre Geburt individuell gestalten. In einer stress- und angstfreien Atmosphäre, damit die Entbindung zu einem schönen Erlebnis werden kann. Eine solche alternative Möglichkeit bietet die Wassergeburt. Eine Wassergeburt ist eine sanfte Geburtsmethode, von der nicht nur die Mutter, sondern auch das Neugeborene profitieren. Nicht jede Schwangere kann ihr Baby jedoch im Wasser zur Welt bringen, denn sie birgt auch Risiken. Lesen Sie alles Wissenswerte über die Wassergeburt.

Von Claudia Rappold

Was ist eine Wassergeburt?

Bei einer Wassergeburt sitzt oder liegt die werdende Mutter in einer großen Gebärwanne, in der sich angenehm warmes Wasser befindet. Das Baby wird direkt in das Wasser hineingeboren und von der Mutter oder der Hebamme aus dem Wasser gehoben.

Wo kann eine Wassergeburt durchgeführt werden?

Viele Frauen entscheiden sich heutzutage ganz bewusst für eine Wassergeburt, die inzwischen auch in fast jeder Frauenklinik und jedem Geburtshaus möglich ist. Auch im Rahmen einer Hausgeburt oder auch einer ambulanten Geburt lässt sich eine Wassergeburt realisieren.

Gebärbadewanne

Eine Wassergeburt findet in einer eigens dafür vorgesehenen Gebärbadewanne statt. Der entsprechende Kreißsaal ist dafür ausgerüstet und weist beispielsweise einen rutschfesten Boden auf und verfügt über Haltevorrichtungen am Wannenrand.

Das Wasser hat eine Temperatur von ungefähr 34-36°C. Der Gebärenden reicht das Wasser in Sitzposition ungefähr bis zum Nabel.

Die Wanne ist so groß, dass sie die Möglichkeiten zu unterschiedlichen Positionen bietet. So kann die Gebärende die Haltung einnehmen die ihr gut tut. Arzt, Hebamme und Partner begleiten die Gebärende vom Wannenrand aus. Sie sind aber trotzdem ganz nah bei ihr.

Was muss oder kann man bei einer Wassergeburt anziehen?

Viele Frauen steigen völlig nackt in die Wanne. Wem dies unangenehm ist, wählt ein weites Shirt oder etwa ein Bikinitop oder Bustier, um die Brüste zu bedecken.

Schmerzmittel - Warum darf bei der Wassergeburt keine PDA gesetzt werden?

Unter Wasser kann eine Perdiduralanästhesie nicht gesetzt werden. Sie stellt ein zu hohes Risiko für Mutter und Kind dar. Die Schwangere könnte sich durch die Verabreichung dieses Schmerzmittels nicht mehr bewegen.

Wo liegen die Vorteile einer Wassergeburt?

Wassergeburten haben zahlreiche Vorteile.

Wehentester und Tauchreflex

Das warme Wasser ist ein guter Wehentester, bleiben die Wehen trotz der Wärme bestehen, handelt es sich um echte Wehen. Das Wasser ist für das Baby ein vertrautes Element: Wenn es im Wasser taucht, wird es über die Nabelschnur weiterhin mit Sauerstoff versorgt.

Durch den Tauchreflex nimmt es seinen ersten Atemzug erst dann, wenn es nicht mehr unter Wasser ist. Für das Baby ist es so ein idealer Übergang vom warmen Fruchtwasser zu der kalten Außenluft.

Entspannung

Im Wasser ist die Gebärende beweglicher und kann schmerzärmere Positionen einnehmen. Das warme Wasser entspannt und erleichtert der werdenden Mutter das Loslassen.

Die Geburtswege entspannen sich durch die Wärme des Wassers, alles wird weicher und elastischer und erleichtert damit den Geburtsvorgang. Die Gebärende muss nicht so viel Kraft aufwenden.

In den Wehenpausen kann sich die Gebärende in dem Wasser optimal erholen und entspannen. Die Geburtsschmerzen werden im Wasser als erträglicher empfunden, ebenso sollen bei Wassergeburten weniger Dammverletzungen auftreten.

Schmerzlindernd und schonend

Mutter und Kind können sich in dem angenehm warmen Wasser von der Geburt erholen und sich kennen lernen. Damit erleichtert das Wasser die Entbindung in allen Phasen.

So kommt es bei Wassergeburten nur selten vor, dass Schmerzmittel verabreicht werden müssen. Auch soll die Geburtsdauer im Wasser kürzer sein und somit ist der Geburtsstress für das Baby verringert.

Ablauf der Wassergeburt

Die meisten Menschen fühlen sich im Element Wasser wohl. Deshalb kann das Wasser den gesamten Geburtsablauf begünstigen. In der Gebärbadewanne können alle Phasen der Geburt stattfinden.

Überwachung des Kindes

Auch die Herztöne des Kindes werden ständig überwacht. Über wasserdichte Schallköpfe erfolgt die Übertragung aus Sicherheitsgründen über Funk und nicht über Kabel.

Entspannende Atmosphäre

Während der Geburt ist der Raum in der Regel abgedunkelt und auf Wunsch kann auch eine Hintergrundmusik laufen. Manchmal werden ätherische Öle verdampft, in einer Duftlampe.

Geburtsablauf

Wenn es am Ende der Austreibungsphase zu einem Nachlassen der Wehentätigkeit kommt, wird die Gebärende aufgefordert sich aufzustellen. Sie kann sich an einem Seil festhalten und die kältere Außenluft regt die Wehentätigkeit wieder an.

Dammschnitte können gemacht werden, sind aber eher selten nötig.

  1. Der Kopf des Kindes wird mit den Presswehen ins Wasser geboren. Durch den Tauchreflex macht das Kind seinen ersten Atemzug erst über Wasser.

    Über die Nabelschnur wird es noch mit Sauerstoff versorgt.

  2. Ist das Baby ganz geboren, wird es von der Hebamme oder der Mutter selbst binnen weniger Sekunden auf den Bauch der Mutter gelegt. Nun können sich beide erholen und kennen lernen. Blick- und Hautkontakt sowie eine liebevolle Ansprache sind jetzt das Wichtigste.

  3. Die Nabelschnur kann vom Vater durchtrennt werden. Das Kind kann auch jetzt schon zum Stillen angelegt werden.

  4. Auch die Geburt des Mutterkuchens kann noch im Wasser erfolgen.

Für wen ist eine Wassergeburt (nicht) geeignet? - Unauffällige Schwangerschaft als Voraussetzung

Ein Baby kann nur dann per Wassergeburt entbunden werden, wenn in der Schwangerschaft keine Komplikationen auftraten. Es muss sich also praktisch um eine unauffällige "Bilderbuchschwangerschaft" gehandelt haben.

Auch der Geburtsbeginn muss unauffällig sein.

Geht zum Beispiel grünes Fruchtwasser ab, so ist eine Geburt in der Gebärwanne nicht möglich, da Komplikationen bei Mutter und/oder Kind auftreten könnten.

Risikoschwangerschaft

Zusätzlich darf die werdende Mutter keine Risikoschwangere sein, das heißt zum Beispiel, sie darf keine Mehrlinge erwarten und das Baby muss mit dem Köpfchen nach unten im Geburtskanal liegen.

Vorzeitige Wehen und überdurchschnittliche Kindsgröße

Setzen bei einer Frau die Wehen zu früh ein, so verhindert dies eine Wassergeburt. Auch wenn das Baby laut den Berechnungen des Frauenarztes und der Hebamme überdurchschnittlich groß ist, kann es nicht im Rahmen einer Wassergeburt zur Welt kommen.

Ansteckende Erkrankungen

Besteht der Verdacht, dass das Baby im Mutterleib nicht richtig versorgt wurde, so ist dies ebenfalls ein Hinderungsgrund. Ansteckende Krankheiten der werdenden Mutter schließen eine Wassergeburt ebenfalls aus. Dazu zählen Krankheiten wie Hepatitis oder HIV.

Auch einige Organerkrankungen können eine Wassergeburt verhindern.

Fettleibigkeit der Mutter

Werdende Mütter, die unter Adipositas (Fettsucht) leiden, können nur selten ihr Baby im Wasser entbinden. Es handelt sich hier um eine individuelle Ermessensentscheidung der Geburtshelfer.

Nach verabreichter PDA

Frauen, die unbedingt eine Periduralanästhesie (PDA) zur Geburt brauchen oder wünschen, können ihr Baby nicht im Wasser entbinden. Die Einstichstelle könnte sich hier infizieren, weshalb eine derartige Schmerzlinderung eine Wassergeburt verhindert. Eine Schmerzlinderung durch Naturheilmittel wie zum Beispiel Globuli ist jedoch auch während einer Wassergeburt möglich.

Nachteile und mögliche Risiken einer Wassergeburt

Trotz der vielen Vorteile gibt es aber auch einige Nachteile und Risiken bei einer Wassergeburt. Ein Baby kann nur dann per Wassergeburt zur Welt kommen, wenn einige Voraussetzungen wie zum Beispiel ein normaler Schwangerschaftsverlauf gegeben sind. Dadurch treten bei einer Wassergeburt nur selten Komplikationen auf.

Infektionsgefahr und Blutverlust

So besteht etwa durch das Wasser eine erhöhte Infektionsgefahr. Verliert die Gebärende Blut, kann durch die Vermischung mit dem Wasser von den Hebammen nicht richtig abgeschätzt werden, wie viel Blut die Mutter verloren hat.

Probleme bei Komplikationen

Kommt es zu Komplikationen, kann nicht sofort gehandelt werden, weil die Gebärende erst einmal aus dem Wasser muss. Aufgrund der Position der Gebärenden ist ein Dammschutz nicht möglich. Eine Periduralanästhesie kann nicht durchgeführt werden.

Einatmen von Wasser

Das Risiko einer Wassergeburt besteht darin, dass das neugeborene Baby Wasser einatmet, das dann in die Lunge fließt.

Normalerweise haben Babys einen speziellen Tauchreflex, der ein Atmen unter Wasser verhindert. Das Neugeborene atmet somit in der Regel erst, wenn es zum ersten Mal aus dem Wasser gehoben wird.

Leidet ein Baby jedoch während der Geburt unter Sauerstoffmangel oder hat andere Beschwerden, so kann es in seltenen Fällen passieren, dass Wasser aus der Gebärwanne in die kleinen Lungen des Babys fließt. Dies kommt jedoch nur sehr selten vor.

Kreislaufbeschwerden

Einige werdende Mütter haben während der Geburt einen schwachen Kreislauf. Es kann in diesen Fällen passieren, dass die Frau in der Gebärwanne ohnmächtig wird.

Die Geburtshelfer müssen der Frau in diesem Fall meist aus der Wanne helfen, so dass die Mutter wieder zu sich kommt.

Hemmung der Wehen und verstärkte Wirkung von Medikamenten

Das warme Wasser kann die Intensität der Wehen hemmen. Durch Umhergehen in der Badewanne können die Wehen jedoch oft wieder gesteigert werden. Ist dies nicht der Fall, so muss die Frau oftmals die Gebärwanne verlassen.

Müssen der werdenden Mutter im Geburtsverlauf Medikamente verabreicht werden, so kann die Wirkung deutlich stärker ausfallen, wenn sich die Frau im warmen Wasser befindet. Daher werden bei einer Wassergeburt in der Regel keine hochwirksamen Medikamente verabreicht.

Entstehung einer Stresssituation

Bei nur sehr wenigen Wassergeburten besteht das Risiko, dass das ungeborene Baby im Geburtskanal in eine Stresssituation gerät. Dies merkt man daran, dass es grünen Stuhl ausscheidet und das Fruchtwasser sich grün verfärbt.

Jede Geburt verläuft individuell

Eine hundertprozentige Garantie für eine komplikations- und risikolose Geburt gibt es nicht. Jede Frau sollte für sich selbst abwägen, welche Geburtsform sie am liebsten möchte.

Geschichte - Von der ersten Wassergeburt in Europa und weiteren Entwicklungen

Schon seit hunderten von Jahren gibt es die Wassergeburt. Lange Zeit über wurde sie jedoch von der modernen Medizin verdrängt.

Früher war eine Wassergeburt bei einigen Naturvölkern völlig normal. Auch im alten Ägypten waren Wassergeburten an der Tagesordnung. Die Frauen gingen zur Geburt in einen See und haben dort ihr Baby entbunden.

Schon die Naturvölker haben damals erkannt, dass die Frau im Wasser deutlich entspannter ist und die Geburt dadurch besser vorangeht.

Die erste Wassergeburt in Europa

Die erste Wassergeburt in Europa fand im Jahr 1803 in Frankreich statt. Davor sollen zum Beispiel auch die Hawaiianerinnen ihre Babys im Wasser geboren haben.

Lange Zeit erfolgten dann die Geburten jedoch nicht mehr im Wasser. Mit der modernen Medizin wurde es eine Zeit lang ruhiger um die Wassergeburt. Die Geburten sollten überwiegend mit Hilfe der modernen Technik ablaufen.

Weitere Entwicklungen

Erst ab dem Jahr 1970 hatten die Frauen erneut die Möglichkeit, im Wasser zu entbinden. Die Badewanne sah damals jedoch noch völlig anders aus als heutzutage. Die Frauen konnten sich statt in einer großen Badewanne (wie heute) nur in einem Planschbecken mit warmem Wasser entspannen.

Entwicklung der Gebärbadewanne

Nach und nach wurde die Wassergeburt jedoch wieder beliebter und es wurden spezielle Badewannen für Wassergeburten entwickelt. Die großen Wannen ermöglichen ein leichtes Einsteigen, indem eine Tür geöffnet werden kann. Man fand schließlich auch heraus, dass eine Geburt im Wasser nicht nur Vorteile für den Geburtsverlauf und die Mutter, sondern auch Vorteile für das Baby aufweist.

Es gleitet praktisch vom Wasser (Fruchtwasser) im Bauch der Mutter in das Wasser in der Badewanne. Der Übergang ist hier für das Baby deutlich sanfter als bei einer normalen Entbindung.

Inzwischen gibt es in jeder größeren Geburtsklinik zumindest einen Kreißsaal mit einer Badewanne. Die Frauen können sich hier entweder nur zur Entspannung hineinlegen oder auch die komplette Geburt im warmen Wasser verbringen.