Der Nabelschnurvorfall beim vorzeitigen Blasensprung

Als Nabelschnurvorfall bezeichnet man eine seltene Komplikation kurz vor der Geburt. Dabei legt sich die Nabelschnur nach einem vorzeitigen Blasensprung zwischen das Kind und den Geburtskanal.

Von Jens Hirseland
Klassifikation nach ICD-10: O69.0
ICD-10 ist ein weltweit verwendetes Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. Der sogenannte ICD-Code ist zum Beispiel auf einem ärztlichen Attest zu finden.

Von einem Nabelschnurvorfall spricht man, wenn sich die Nabelschnur (Funiculus umbilicalis), die Mutter und Kind miteinander verbindet, nach einem verfrühten Blasensprung zwischen das Kind und den Geburtskanal schiebt. Dies führt dazu, dass sich das ungeborene Kind nicht mehr mit genügend Sauerstoff versorgen lässt, was gefährliche Folgen haben kann.

Ursachen

Zu einem Nabelschnurvorfall kommt es nur sehr selten. So tritt er in Deutschland lediglich bei 0,3 Prozent aller Geburten auf. Man vermutet, dass die Ursache für diese Komplikation in der mangelhaften Abdichtung des Geburtskanals liegt.

Als prädisponierend gelten:

Mehrlingsgeburt und falsche Geburtslage

Besonders groß ist das Risiko bei eineiigen Zwillingen sowie bei Frauen, die bereits mehrere Geburten hinter sich haben.

Am häufigsten tritt diese Komplikation bei Mehrlingsgeburten sowie bei Schräg-, Quer- oder Fußlagen auf. Für den Fall, dass die Nabelschnur vor dem vorausgehenden Teil des Kindes liegen bleibt, ist von einem Vorliegen der Nabelschnur die Rede.

Risiken

Ein Nabelschnurvorfall stellt für das ungeborene Kind ein erhebliches Risiko dar. So kann das Kind durch den dabei entstehenden Druck nicht mehr in ausreichendem Maße mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden. Durch den Sauerstoffmangel besteht wiederum die Gefahr, dass es zu einer Behinderung kommt.

Im schlimmsten Fall droht sogar der Tod des Kindes.

Diagnose

In den meisten Fällen lässt sich ein Nabelschnurvorfall durch eine Kardiotokographie feststellen. Dabei werden während der Wehen die Herztöne des Kindes abgehört. Handelt es sich um einen Vorfall der Nabelschnur, macht sich dies durch einen langsameren Herzschlag bemerkbar.

Absichern lässt sich die Diagnose durch eine vaginale Tastuntersuchung. So kann der Arzt die Nabelschnur noch vor dem kindlichen Teil ertasten. Gibt es dann immer noch Zweifel, lässt sich eine Amnioskopie (Fruchtwasserspiegelung) durchführen.

Therapie

Notkaiserschnitt

Liegt ein Nabelschnurvorfall vor, ist es wichtig, dass Kind durch einen Kaiserschnitt so schnell wie möglich auf die Welt zu bringen, damit es nicht zu Schaden kommt. Sind bereits Schäden aufgetreten, gilt es, diese in Grenzen zu halten. Mitunter ist sogar eine Wiederbelebung des Babys im Muttermund erforderlich.

Um bis zum Kaiserschnitt für Entlastung so sorgen, lagert man das Becken der Mutter hoch und schiebt den Kopf des Babys wieder in die Gebärmutter.

Liegender Transport ins Krankenhaus

Damit nicht ein Mangel an Sauerstoff eintritt, empfehlen Mediziner schwangeren Frauen im Falle eines vorzeitigen Blasensprungs einen Krankentransport in liegender Position. Durch diese Lage wird vermieden, dass das Kind auf die Nabelschnur drückt.

In der Regel verzichtet man bei einem Nabelschnurvorfall auf den Versuch einer spontanen Geburt, um die Situation nicht weiter zu verschlimmern. Handelt es sich um ein Vorliegen der Nabelschnur, ist es möglich, sie durch Hochlagern des Beckens wieder in ihre normale Position zu bringen. Eine vaginale Geburt ist dann durchaus möglich.