Kinderlähmung - Ursachen, Symptome und Behandlung

Kinderlähmung wird durch Viren verursacht. In einigen Fällen hinterlässt die Kinderkrankheit schwere körperliche Schäden. Die Kinderlähmung, häufig auch Polio genannt, äußert sich durch verschiedenartige Symptome. Die Diagnosestellung ist oftmals nicht sofort eindeutig.

Maria Perez
Von Maria Perez

Krankheitsbild

Bei der Kinderlähmung (Poliomyelitis, Kurzform Polio) handelt es sich um eine übertragbare Krankheit, die die Zerstörung von Nervenzellen und Muskellähmungen zur Folge hat. Verursacht wird die Kinderlähmung durch eine Virusinfektion. In Europa, Amerika und Australien kommt Polio heute nicht mehr vor; das Auftreten in Afrika und Asien ist seltener geworden.

Die meisten Infektionen mit dem Poliovirus verlaufen symptomfrei; kommt es zu Lähmungen, bilden sich diese in der Mehrzahl der Fälle innerhalb von Wochen bis Monaten zurück. Jedoch bleiben bei etwa zwei Drittel der Patienten neurologische Schäden zurück.

Das Virus vermehrt sich im Rachen bis zu 3 Wochen; im Stuhl kann es bis zu 2 Monate ausgeschieden werden. In dieser Zeitspanne sind die infizierten Patienten ansteckend.

Ursachen

Die Kinderlähmung ist eine virale Erkrankung, die heutzutage, dank der Schutzimpfung, kaum noch vorkommt. Die Erreger der Kinderlähmung sind Polio-Viren (Typ 1-3), die zur Gruppe der Enteroviren gehören. Vor allem Typ I der Polio-Viren ist lähmungserzeugend.

Die Ansteckung erfolgt äußerst selten im Rahmen der Tröpfcheninfektion durch Husten, Niesen und Sprechen; meistens infiziert man sich über mit Fäkalien infizierte Lebensmittel oder Getränke. Nur wenige Tage bis hin zu einem Monat nach der Ansteckung machen sich die ersten Symptome bemerkbar.

Vor allem Stuhl, Speichel, Rachen- und Nasensekret sind ansteckend. Anders als der Name Kinderlähmung es vielleicht erahnen lässt, können auch Erwachsene an Poliomyelitis erkranken.

Verlauf

Lediglich ein Prozent aller Polio-Patienten kommt in die Krankheitsphase, in der sich die Lähmungen bilden. Von diesen Patienten stirbt jedoch teilweise jeder fünfte, da auch die Atmung gelähmt wird.

Folgen

Völlig gesund werden die Patienten oftmals nicht mehr; es bleiben lebenslang Lähmungen zurück. Egal, wie schwer die Patienten die Kinderlähmung hatten, können sie noch Jahrzehnte nach der Erkrankung das so genannte Post-Polio-Syndrom entwickeln.

Darunter versteht man einen schweren Erschöpfungszustand, der auch mit Schmerzen verbunden sein kann. Diese Folgeerkrankung der Kinderlähmung ist nur aufgrund der Symptome zu diagnostizieren. Nachweisen kann man sie nicht.

Symptome

Die Kinderlähmung verursacht Symptome wie

Die Betroffenen haben kaum Appetit und nehmen an Gewicht ab. Auf dieses so genannte Prodromalstadium folgt eine symptomfreie Phase ohne Fieber und sonstige Beschwerden von ein bis zwei Tagen.

Nur bei 5-10% der symptomatischen Patienten beginnt nun die eigentliche Erkrankung, das so genannte meningitische Stadium. Hier kommt es zu einem erneuten Fieberanstieg, der meist etwas höher ist, als im ersten Stadium.

Teilweise bilden sich dann die für die Krankheit typischen Lähmungen, die verbunden sind mit Schmerzen im Rücken und in den Muskeln. Auch eine Hirnhaut- sowie Herzmuskelentzündung kann auftreten.

Typisch ist die so genannte "Morgenlähmung". Die Symptome treten dann ohne Vorzeichen plötzlich über Nacht auf. Es kommt zu schlaffen Lähmungen vor allem an den Beinen. Es können jedoch auch andere Muskeln, zum Beispiel das Zwerchfell betroffen sein.

Formen

Die Krankheit kann unterschiedlich schwer verlaufen. Einige Patienten bemerken lediglich die Symptome des Krankheitsbeginnes und bleiben von den Lähmungen sowie den anderen schweren Begleiterkrankungen verschont.

Bei der so genannten nicht-paralytischen Polio bilden sich dann maximal nach einer Woche weitere Symptome wie Rücken- und Muskelschmerzen sowie eine Gehirnentzündung, verbunden mit der typischen Nackensteifigkeit. Auch hier treten noch keine Lähmungen auf.

Liegt eine sehr schwere Form der Poliomyelitis vor, so bilden sich wiederum ein oder zwei Tage später die Lähmungen, die nicht mehr geheilt werden können. Bei dieser Form spricht man von der klassischen Kinderlähmung.

Eine hohe Sterblichkeit weist die so genannte bulbopontine Form der Poliomyelitis auf. Hier sind vor allem der Hirnstamm und die Hirnnerven betroffen.

Lähmungen der Atemmuskulatur, Kreislaufstörungen und Hirnnervenausfälle können die Folge sein. Die Sterblichkeit aller Erkrankten bei denen Lähmungen auftreten, liegt bei 5-20%.

Nach ein bis zwei Wochen bilden sich die Symptome, auch die Lähmungen, normalerweise zurück. Diese Rückbildungsphase kann bis zu einem Jahr dauern. Es können jedoch auch Lähmungen und Durchblutungsstörungen zurückbleiben.

Nach 5 bis 40 Jahren bildet sich in einer Vielzahl der Fälle das so genannte Postpolio-Syndrom als Spätfolge aus. Es kommt zu

Diagnose

Die Krankheit kommt heutzutage nur noch selten vor. Leidet der Patient unter Lähmungen, kann die Krankheit oft aufgrund der typischen Symptome diagnostiziert werden.

Um seinen Diagnosenverdacht zu sichern, untersucht der Arzt verschiedene Körperflüssigkeiten wie Stuhl oder die Gehirnflüssigkeit. In diesen Körperflüssigkeiten kann das auslösende Virus unter dem Mikroskop nachgewiesen werden.

Zusätzlich erfolgt auch eine Blutabnahme. Auffällig ist hier, dass die Zuckerwerte im Normbereich sind, das Eiweiß jedoch erhöht. Da die Kinderlähmung nicht immer den typischen Krankheitsverlauf nimmt, sondern in den meisten Fällen mit eher harmlosen Symptomen wie Durchfall, Fieber und Kopfschmerzen einhergeht, hilft oftmals nur der Nachweis des Krankheitserregers, um eine sichere Diagnose stellen zu können.

Behandlung

Da die Kinderlähmung durch Viren verursacht wird, hilft hier kein Antibiotikum. Die Krankheit kann somit nur symptomatisch behandelt werden.

In jedem Fall müssen die Patienten von gesunden Menschen soweit wie möglich isoliert werden, damit diese sich an den Körperausscheidungen nicht anstecken können. Pflegende Personen tragen daher Handschuhe und Schutzkleidung, um sich nicht selbst zu infizieren.

Die Patienten müssen sich schonen und sollten Bettruhe einhalten. Gegen die Muskelschmerzen und evtl. auftretenden Lähmungen werden krankengymnastische Übungen verordnet.

Zusätzlich erhalten die Patienten Medikamente gegen die Schmerzen und die Entzündungen. Patienten mit Lähmungen müssen im Bett regelmäßig umgelagert werden, um sich nicht wund zu liegen.

Liegt eine schwere Form der Kinderlähmung vor, erfolgt eine Behandlung auf der Intensivstation eines Krankenhauses. Da nicht nur die Extremitäten von den Lähmungen betroffen sind, sondern auch die Atmungsorgane, erfolgt meist eine maschinelle Beatmung des Patienten, da er aufgrund der Lähmungen nicht mehr selbstständig atmen kann.

Auch wenn die Krankheit überstanden ist, müssen die Patienten noch weiter zur Krankengymnastik gehen, um die Folgeschäden so gering wie möglich zu halten. Teilweise benötigen die Patienten auch Hilfsmittel aus dem Orthopädiebereich wie zum Beispiel einen Rollator oder einen Rollstuhl.

Vorbeugung

Ein wirksamer Schutz vor der Kinderlähmung ist die Schutzimpfung. Diese wird routinemäßig allen Säuglingen verabreicht und sollte bis zum 18. Lebensjahr regelmäßig aufgefrischt werden Die Ständige Impfkommission empfiehlt auch für Erwachsene eine Auffrischung, wenn sie Auslandsreisen in gefährdete Gebiete planen oder im Gesundheitsbereich arbeiten.

Anfang der 60er Jahre wurde in Deutschland die Schluckimpfung gegen Polio eingeführt. Diese Impfung erfolgte mit abgeschwächten Erregern.

Diese Erreger konnten jedoch von geimpften Personen mit dem Stuhl wieder ausgeschieden werden, so dass für ungeimpfte Kontaktpersonen das Risiko einer Ansteckung bestand. Zudem kam es teils zu starken Nebenwirkungen (im schlimmsten Fall die Kinderlähmung selbst).

Aus diesem Grund wird seit 1998 mit einem Totimpfstoff geimpft, der nun auch nicht mehr geschluckt, sondern gespritzt wird. Dieser ist zudem auch wesentlich besser verträglich.

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