Lipödem - Ursachen, Symptome und Behandlung des Reiterhosensyndroms

Das Lipödem ist eine chronische Erkrankung, die auch als Reiterhosensyndrom bekannt ist und fast ausschließlich Frauen betrifft. Es handelt sich um eine Fettverteilungsstörung, bei der sich Fett an den Armen und Beinen ablagert und diese Körperstellen sehr prall und dick erscheinen lassen. Neben Druckschmerzen leiden Betroffene - ähnlich wie bei Fettleibigkeit - vor allem auch psychisch unter den Symptomen des Lipödems. Die Erkrankung ist vermutlich erblich bedingt und kann nicht geheilt werden. Allerdings stehen zur Behandlung der Symptome verschiedene Therapien zur Verfügung, allen voran die Liposuktion (Fettabsaugung). Lesen Sie alles Wissenswerte zum Lipödem in diesem Artikel.

Von Jens Hirseland

Als Lipödem wird eine voranschreitende Fettverteilungsstörung bezeichnet. Sie zeigt sich an den Armen und Beinen und trägt auch die Bezeichnungen Reiterhosensyndrom, Säulenbein oder Reiterhosenfettsucht. Die Bezeichnung Lipödem entstammt den Altgriechischen und bedeutet "Fettschwellung".

Allein in Deutschland leiden schätzungsweise zwischen 500.000 und einer Million Bundesbürger unter dem Lipödem. Klinische Langzeitstudien zu der Fettverteilungsstörung existieren allerdings bisher nicht.

Merkmale des Lipödems

Das Lipödem wird zu den chronischen Krankheiten gerechnet, die im weiteren Verlauf voranschreiten. Fast immer ist das weibliche Geschlecht von der Fettverteilungsstörung betroffen.

Ein typisches Merkmal des Reiterhosensyndroms ist, dass die Mitte des Körpers nur selten in Mitleidenschaft gezogen wird. Stattdessen wird im Anfangsstadium Fett an den Oberarmen und Oberschenkeln angelagert. Im weiteren Verlauf reichert sich das Fett auch an den Unterarmen und Unterschenkeln sowie am Nacken an. Wegen der Einlagerungen verspüren die Patienten ein pralles Gefühl an den Gliedmaßen. Außerdem leiden sie unter Druckempfindlichkeit und Schmerzen.

Ursachen des Lipödems

Bei einem Lipödem vermehrt sich das Unterhautfettgewebe an bestimmten Stellen des Körpers. Im Verlauf der Fettverteilungsstörung vermehren sich die Fettzellen und werden zunehmend größer. Darüber hinaus lagert sich Wasser in unterschiedlichen Mengen ein. Im Laufe der Zeit nehmen die betroffenen Stellen immer mehr an Umfang zu.

Wodurch es zu diesem Effekt kommt, ließ sich bislang nicht klären. Fast immer tritt das Reiterhosensyndrom bei Frauen auf. Dabei zeigt es sich nach der Pubertät, im Anschluss an eine Schwangerschaft oder nach den Wechseljahren. Mediziner vermuten daher hormonelle Ursachen. Aber auch genetische Auslöser kommen in Betracht.

Bei Männern zeigen sich Lipödeme so gut wie nie. Bei den wenigen Einzelfällen gelten Leberleiden oder Hormonersatzbehandlungen als Grund für das Reiterhosensyndrom. Insgesamt liegen jedoch zu wenige Studien vor, um präzise Aussagen treffen zu können.

Ein weiteres Problem das Lipödems ist, dass es aufgrund mangelnder Forschungsresultate nicht selten zu ärztlichen Fehldiagnosen kommt. Daher gehen Experten von einer beträchtlichen Dunkelziffer aus.

Was löst das Lipödem aus?

Als gesicherte Erkenntnis gilt immerhin, dass das Lipödem nicht durch eine fettreiche Ernährungsweise hervorgerufen wird. Das Reduzieren von Kalorien kann das Voranschreiten der Störung jedoch bremsen.

Ein Hinweis auf genetische Ursachen ist das gehäufte Auftreten von Lipödemen in der Familie. So werden die Fettzellen von den Genen dazu gebracht, sich an verschiedenen Körperregionen anzusiedeln, wobei sie verglichen mit den normalen Fettzellen deutlich zunehmen. Ebenso weisen die Gefäße mehr Durchlässigkeit auf. Deswegen kann sich an Armen und Beinen mehr Wasser einlagern. Ferner treten Einblutungen in die Zellzwischenräume auf. Weil sich der Druck innerhalb des Gewebes steigert, führt dies zu Entzündungen und Schmerzen.

Symptome des Lipödems

Zu den Hauptsymptomen des Reiterhosensyndroms zählt ein Lymphstau aufgrund einer Überforderung des Lymphsystems. Bemerkbar macht sich der Lymphstau vor allem durch das Anschwellen der Beine. Dabei leiden die betroffenen Personen oft unter erheblichen Druckschmerzen. Außerdem zeigen sich auf der Haut häufig blaue Flecken.

Da die Körperform zunehmend durch das Lipödem beeinträchtigt wird, leiden die Patienten nicht selten unter ausgeprägten psychischen Belastungen. Die Probleme verstärken sich meist noch, weil Diäten oder sportliche Aktivitäten nicht zur Besserung des Zustands beitragen.

Auch die Haut wird von dem Reiterhosensyndrom in Mitleidenschaft gezogen. Nach dem Auftreten der Fettwülste an den Gliedmaßen weiten sich diese auch auf Rücken und Nacken aus. Sogar Knie und Fußgelenke sind schließlich betroffen. Bei Bewegungen kommt es zum Scheuern der Wülste gegeneinander, was wiederum mechanische Schädigungen an der Haut hervorruft. Die Hautstellen, die aufeinander liegen, können sich entzünden. So entsteht ein feuchtes Hautmilieu, das ideal für die Ansiedelung von Bakterien ist, die wiederum Wundinfektionen hervorrufen.

Die Lebensqualität leidet

Die Lebensqualität der Betroffenen wird durch das Lipödem beträchtlich verringert. Zum Beispiel leiden die Patienten an den gleichen Krankheiten wie Menschen mit starkem Übergewicht. Weil sich die Fettverteilungsstörung vorwiegend an den Gliedmaßen zeigt, fallen das Laufen oder Armbewegungen überaus schwer. Auch Hitze macht den Betroffenen stark zu schaffen. Gerade im Sommer schwellen die Gliedmaßen bei Tage stark an und reagieren äußerst empfindlich auf Berührungen. Außerdem treten dumpfe, drückende Schmerzen auf.

Stadien des Lipödems

Wie lange ein Lipödem andauert und wie es verläuft, ist von Mensch zu Mensch derart unterschiedlich, dass Prognosen nur schwer möglich sind. Außerdem treten verschiedene Beschwerden auf. Die Medizin unterteilt das Reiterhosensyndrom in drei Stadien:

Stadium 1

Im ersten Stadium präsentiert sich die Oberfläche der Haut glatt. Das Fettgewebe verdickt sich gleichmäßig in der Unterhaut.

Stadium 2

Im zweiten Stadium zeigt sich die Hautoberfläche wellig und uneben. Das Fettgewebe unter der Haut ist verdickt und knotig.

Stadium 3

Vom dritten Stadium sprechen Mediziner, wenn an den Gliedmaßen eine Fettschurzbildung besteht. Es kommt zu einem deutlichen Kalibersprung.

Schweregrade

Weiterhin wird das Lipödem in verschiedene Schweregrade von Typ I bis Typ V eingeteilt.

Typ I

Bei Typ I vermehrt sich das Fettgewebe an Hüfte und Gesäß, was auch als Reiterhosenphänomen bezeichnet wird.

Typ II

Bei Typ II erstreckt sich das Lipödem bis zu den Knien. Außerdem entstehen auf der Innenseite der Knie Fettlappen.

Typ III

Von Typ III ist die Rede, wenn das Reiterhosensyndrom sich von den Hüften bis zu den Knöcheln erstreckt.

Typ IV

Bei Typ IV umfasst das Lipödem sämtliche Gliedmaßen außer Händen und Füßen.

Typ V

Im letzten Stadium entsteht ein Lymphödem mit verstärkter Einlagerung von Wasser an Hand- und Fußoberseite, Fingern und Fußzehen.

Diagnose des Lipödems

Die Diagnose eines Reiterhosensyndroms kann zu einem Problem werden. So denken die meisten Ärzte zuerst eher an eine gewöhnliche Fettsucht, weil sich die Symptome überaus ähnlich sind. Letztlich muss eine Differentialdiagnose stattfinden, um ein Lipödem sicher festzustellen, in deren Rahmen die anderen möglichen Erkrankungen wie zum Beispiel ein Lymphödem, Adipositas oder ein Lipom ausgeschlossen werden. Um die Aussichten für eine rasche Diagnosestellung zu erhöhen, empfiehlt es sich, bei Verdacht auf ein Lipödem einen Facharzt wie einen Hautarzt, Lymphologen oder Phlebologen (Venenfacharzt) aufzusuchen.

Der Experte befasst sich zunächst mit der Krankengeschichte des Patienten und möchte wissen, ob bereits ähnliche Fälle in der Familie auftraten. Außerdem erkundigt er sich nach der Art der Beschwerden, ob Hormonmedikamente eingenommen werden oder eine Hormonumstellung wie in den Wechseljahren vorliegt. Auch die Psyche des Patienten ist von Interesse.

Körperliche Untersuchung

Anschließend findet die körperliche Untersuchung statt, bei der der Facharzt auf mögliche Anzeichen eines Lipödems achtet. Dazu gehören ein Fettkragen über Hand- oder Fußknöcheln und Unterschiede zwischen den verdickten Gliedmaßen sowie den deutlich schmaleren Händen und Füßen. Außerdem wird auf Hautveränderungen wie leichte Schmerzempfindlichkeit und Verletzungsanfälligkeit geachtet. Des Weiteren erfolgt das Bestimmen von Körpergröße, Gewicht und Body-Mass-Index (BMI).

Weitere Untersuchungen

Auf bildgebende Untersuchungen kann für die Diagnose des Reiterhosensyndroms weitgehend verzichtet werden. Manchmal findet jedoch eine Sonographie (Ultraschalluntersuchung) statt, um das Ausmaß des Lipödems zu beurteilen.

Als Spezialuntersuchungen kommen eine indirekte Lymphangiografie sowie eine Funktions-Lymphoszintigrafie infrage, um ein Lymphödem auszuschließen oder zu bestätigen. Vereinzelt kann auch eine Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) sinnvoll sein.

Behandlung des Lipödems

Das Reiterhosensyndrom lässt sich sowohl auf konservative als auch operative Weise behandeln.

Konservative Therapie

Das konservative Verfahren der Wahl ist die komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE). Dabei werden durch einen Therapeuten regelmäßig Lymphdrainagen durchgeführt. Außerdem muss der Patient spezielle Kompressionsstrümpfe anlegen. Durch dieses Vorgehen soll das Fettgewebe gewissermaßen "ausgepresst" werden. Die Prozedur gilt jedoch als sehr langwierig und muss zwei bis drei Mal pro Woche stattfinden, um Wirkung zeigen zu können.

Ein vollständiges Verschwinden des Lipödems lässt sich auf diese Weise allerdings nicht erreichen. So wächst das Ödem kontinuierlich nach, sodass eine Therapie für den Rest des Lebens nötig sein kann.

Durch Diäten lässt sich das Voranschreiten des Lipödems verlangsamen, sichtbare Erfolge zeigen sich allerdings nur selten. So ist das Abnehmen kaum möglich.

Liposuktion

Als beste Maßnahme zur Behandlung eines Reiterhosensyndroms gilt die Liposuktion (Fettabsaugung), die das Lipödem zum Abschwellen bringt. Dabei erfolgt das Absaugen der Fettzellen durch einen Wasserstrahl sowie mit stumpfen Kanülen.

Durch die Fettabsaugung lässt sich der Zustand des Patienten über Jahre hinweg bessern, was auch für die Schmerzen gilt. Konservative Methoden wie die Entstauungstherapie sind dann nicht mehr oder kaum noch nötig. Die Gliedmaßen erhalten wieder mehr Raum für gesundes Unterhautfettgewebe. Eine Neubildung des Lipödems an den behandelten Körperstellen ist nicht mehr möglich.

Durchführung der Liposuktion

Wichtig ist es, eine Liposuktion nur in einer Klinik vornehmen zu lassen, die sich auf diese Therapieform spezialisiert hat. Die Behandlung kann sowohl stationär als auch ambulant stattfinden.

Über eine Kanüle wird eine spezielle Spülflüssigkeit, die auch als Tumeszenz-Lösung bekannt ist, in das Lipödemgewebe eingeleitet. In der Lösung befindet sich neben Adrenalin und Kochsalz zudem ein örtlich wirkendes Betäubungsmittel. Gemeinsam mit dem Fett saugt der Operateur die Lösung aus dem Gewebe ab.

Wird die Liposuktion von einem Fachmann durchgeführt, schont sie das Gewebe und weist nur wenige Risiken auf. Nach dem Gelingen des Eingriffs erhalten die Patienten schnell wieder mehr Lebensqualität. So verändert sich nicht nur das Aussehen des Körpers zum Vorteil, auch die Schmerzen gehen deutlich zurück.

Ein Nachteil ist allerdings, dass die Kosten für die Fettabsaugung nicht von allen Krankenkassen übernommen werden. Außerdem kann sich nach einigen Jahren das Lipödem an anderen Körperstellen erneut bilden.

Nachbehandlung

Im Anschluss an die Liposuktion empfiehlt sich eine physikalische Therapie, um den Patienten wieder zu mobilisieren. Gleichzeitig wird Schwellungen entgegengewirkt, die sich oftmals nach dem Verfahren zeigen.

In schweren Fällen kann es erforderlich sein, mehrere Liposuktionen vorzunehmen, damit sich das Lipödem wieder zurückbildet.

Zu den möglichen Risiken des Eingriffs zählen Verletzungen des Lymphsystems sowie das Entstehen eines sekundären Lymphödems.

Prognose beim Lipödem

Eine vollständige Heilung des Lipödems ist bislang nicht möglich. Durch moderne Behandlungen lassen sich jedoch die Beschwerden der Erkrankung verringern. Außerdem kann eine sichtbare Abmilderung des Lipödems erreicht werden.

Vorbeugung eines Lipödems

Einem Reiterhosensyndrom lässt sich nicht vorbeugen, da die genauen Ursachen der Fettverteilungsstörung bislang noch unbekannt sind.