Hirnaneurysma - Ursachen, Symptome und Therapie

Tritt ein Aneurysma im Gehirn auf, spricht man von einem Hirnaneurysma oder auch zerebralen Aneurysma. Durch die Aussackung eines Blutgefäßes im Gehirn besteht das Risiko für einen Riss des Hirngefäßes und einer daraus folgenden Hirnblutung. Ein Hirnaneurysma wird oftmals erst spät diagnostiziert, da es lange Zeit keine Symptome verursacht. Erfahren Sie hier mehr darüber, wie sich ein Hirnaneurysma bemerkbar macht und welche Behandlungsmethoden zum Einsatz kommen.

Von Jens Hirseland
Klassifikation nach ICD-10: I67 Q28
ICD-10 ist ein weltweit verwendetes Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. Der sogenannte ICD-Code ist zum Beispiel auf einem ärztlichen Attest zu finden.

Von einem Hirnaneurysma oder zerebralen Aneurysma ist die Rede, wenn das Aussacken eines Blutgefäßes vorliegt, von dem Bereiche des Gehirns mit Blut versorgt werden.

In den meisten Fällen ist ein Gehirnaneurysma bereits angeboren. Oftmals wird es gar nicht bemerkt, bis es schließlich zu Druck auf das angrenzende Gewebe kommt. Im schlimmsten Fall reißt das Aneurysma ein und ruft eine lebensbedrohliche Hirnblutung und demzufolge einen Schlaganfall hervor. Rund 10 bis 15 Prozent aller Schlaganfälle entstehen durch Hirnblutungen.

Häufigkeit

Studien über die Häufigkeit von Hirnaneurysmen fallen eher ungenau aus. Grund dafür ist, dass ein Hirnaneurysma meist über einen längeren Zeitraum unentdeckt bleibt. Nicht selten wird es auch überhaupt nicht festgestellt. Des Weiteren bestehen Einflüsse auf die Entwicklung des Aneurysmas wie genetische Faktoren, das Lebensalter, zu hoher Blutdruck oder der Genuss von Nikotin.

Während Studien an Patienten, bei denen aus verschiedenen Gründen Gefäßdarstellungen erfolgten, einen Hirnaneurysma-Anteil von ein bis zwei Prozent zeigten, ergaben Studien an Leichen, die von der Pathologie untersucht wurden, einen wesentlich höheren Anteil von sieben bis zehn Prozent.

Ursachen

Nicht immer ist die Ursache für ein Hirnaneurysma feststellbar. Es wird angenommen, dass eine genetische Veranlagung von Bedeutung ist, da die Hirnaneurysmen oft innerhalb von Familien gehäuft vorkommen.

Zu den bekanntesten Risikofaktoren von Hirnaneurysmen zählt der Bluthochdruck. Dabei entsteht bei jedem Herzschlag Druck durch das Blut auf die Gefäßwände, was wiederum schwache Stellen innerhalb der Wände zur Folge haben kann. Geben diese Schwachstellen nach, kommt es zu einem Aneurysma. Auf indirekte Weise kann so auch das Rauchen die Bildung eines Hirnaneurysmas fördern, weil es den Blutdruck in die Höhe steigen lässt.

Ebenfalls zu den häufigsten Gefahrenquellen für Hirnaneurysmen gehört die Arteriosklerose (Arterienverkalkung). Durch das Ablagern von Kalk an den Wänden der Blutgefäße büßen diese an Elastizität ein. Das bedeutet, dass der Druck, der bei jedem Herzschlag entsteht, unzureichender von den Gefäßen abgefedert wird.

Darüber hinaus kommen noch einige seltene Ursachen für ein Gehirnaneurysma in Betracht. Dabei handelt es sich um Erbkrankheiten wie das Ehlers-Danlos-Syndrom sowie das Marfan-Syndrom.

Symptome

In vielen Fällen zeigen sich bei einem Hirnaneurysma gar keine Symptome. Aus diesem Grund findet ihre Entdeckung meist eher zufällig im Rahmen von Untersuchungen wie einer Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) des Kopfes statt.

Beeinträchtigung der Nerven

Je nachdem, an welcher Stelle des Gehirns sich das Aneurysma befindet und welches Ausmaß es erreicht, kann es jedoch Beschwerden hervorrufen. Dabei drohen Beeinträchtigungen der Gehirnnerven wie des Nervus oculomotorius, zu dessen Aufgaben die Bewegungen der Augen gehören. Wird er durch das Hirnaneurysma geschädigt, besteht die Gefahr von

  • Bewegungsstörungen an den Augen,
  • das Sehen von Doppelbildern oder
  • Lähmungen der Augenmuskeln.

Hirnblutung

Intensive Symptome ergeben sich aus einer Ruptur (Riss) des Hirnaneurysmas. So kommt es dadurch häufig zu einer Subarachnoidalblutung, also einer Blutung in den Bereich zwischen Hirnhaut und Gehirn, auch Arachnoidea (Spinnenhaut) genannt. Weil das Blut wegen der harten Schädeldecke nicht abfließen kann, bildet sich schnell Druck auf das Gehirn. Durch den Hirndruck zeigen sich Symptome wie:

Im weiteren Verlauf droht der Patient ins Koma zu fallen.

Diagnose

In den meisten Fällen wird ein Hirnaneurysma nur durch Zufall im Rahmen von ärztlichen Untersuchungen entdeckt, sofern die betroffene Person nicht unter Beschwerden leidet. Platzt das Aneurysma, kommt es zwar zu intensiven Symptomen, allerdings besteht zunächst häufig der Verdacht auf ein neurologisches Leiden.

Eine genaue Darstellung des Hirnaneurysmas ist aber durch eine Magnetresonanztomographie oder Computertomographie möglich. Die Computertomographie gilt als Sofortmaßnahme, weil sie sich schneller vornehmen lässt. Dabei stellt der Arzt fest, ob ein Gefäßverschluss oder eine Einblutung vorliegt. Mithilfe einer Magnetresonanztomographie (Kernspintomographie) können die Gefäße jedoch besser dargestellt werden, was eine genauere Diagnose ermöglicht.

Therapie

Zur Behandlung eines Hirnaneurysmas stehen zwei operative Möglichkeiten zur Wahl: das Clipping und das Coiling.

Alternativ auch zudem die Möglichkeit, sich auf das Beobachten des Hirnaneurysmas durch bildgebende Methoden zu beschränken. Diese Methode gelangt vor allem bei kleineren Aneurysmen zum Einsatz, bei denen nur eine geringe Gefahr besteht, dass es zu einem Riss kommt.

Clipping

Beim Clipping öffnet ein Neurochirurg den Schädel des Patienten. Mithilfe eines Clips verschließt er das Hirnaneurysma von außen.

Die Clipping-Methode findet in erster Linie statt, wenn das Gehirnaneurysma eine Größe erreicht, die andere Behandlungsverfahren nicht mehr zulässt. Aber auch bereits eingetretene Blutungen nach dem Aufreißen der Aussackung sind ein Grund für das Clipping.

Clipping Ablauf

Beim Clipping nimmt der Chirurg zunächst einen Hautschnitt an der Haargrenze vor und legt einen Zugang zum Gehirn. Außerdem gilt es, den Sehnerv und wichtige Arterien zu finden, um eine Orientierung zu erhalten.

Hat sich das von der Aussackung betroffene Gefäß angefunden, setzt der Arzt einen Clip vor das Aneurysma. Durch diesen Vorgang lässt sich verhindern, dass das Blut das ausgesackte Gefäß durchströmt. Stattdessen sucht es sich einen Umgehungskreislauf. Durch die Gabe eines Farbstoffes stellt der Neurochirurg sicher, dass das Blut einen anderen Weg nimmt, sodass die Gehirnbereiche auch weiterhin genügend Blut erhalten.

Die Clipping-Operation nimmt zwischen drei und sechs Stunden in Anspruch, was vom Ausmaß des Hirnaneurysmas und dessen Zugang abhängt.

Nach der Operation

Im Anschluss an die Clipping-Operation wird der Patient auf der Intensivstation überwacht und mobilisiert. Am Folgetag findet zur Kontrolle eine Computertomographie statt. Eine Woche später wird eine Angiologie vorgenommen, um die Gefäße darzustellen.

Coiling

Eine noch verhältnismäßig neue Methode stellt das Coiling dar. Das Verfahren gelangt zur Anwendung, wenn noch keine Ruptur des Hirnaneurysmas vorliegt.

Coiling Ablauf

Besteht der Verdacht auf ein Hirnaneurysma, wird zuerst eine Gefäßdarstellung durchgeführt. Zu diesem Zweck schiebt der Arzt einen Katheter via Leistenarterie in Richtung gehirnversorgende Arterien. Darüber hinaus erfolgen die Injektion eines Kontrastmittels sowie eine Röntgenaufnahme. Durch die Anreicherung des Kontrastmittels erhält der Mediziner die Möglichkeit, die Aussackungen zu erkennen.

Beim Coling schiebt der Arzt anschließend sehr dünne Spiralen über den Katheter zum ausgesackten Gefäß und setzt sie dort ab. Durch die Spiralen lässt sich die Aussackungsstelle beinahe komplett ausfüllen. Das Blut, das an dieser Stelle vorbeifließt, stellt schon nach kurzer Zeit kleine Gerinnsel her, was Mediziner auch als Gefäßthrombosierung bezeichnen. Infolge der Blutgerinnsel kann die komplette ausgesackte Stelle ausgefüllt und damit abgedichtet werden.

Die Coling-Methode wird als überaus erfolgreich eingestuft. Zu einem Aufreißen des gecoilten Bereiches kommt es nur äußerst selten. Die Colingspiralen müssen jedoch für den Rest des Lebens im Gefäß verbleiben.

Allerdings besteht durch das Coiling auch das Risiko von Komplikationen. Dazu gehören das Ausschwemmen eines Blutgerinnsels, das einen Schlaganfall auslösen kann, sowie das Einreißen der dünnen Gefäßwand, was schwerwiegende Hirnblutungen nach sich zieht.

Nachbehandlung

Verläuft die Operation eines gerissenen Hirnaneurysmas erfolgreich, muss der Patient sich nach seiner Therapie im Krankenhaus für sechs bis acht Wochen in eine anschließende Nachbehandlung begeben, in deren Mittelpunkt ergotherapeutische und physiotherapeutische Maßnahmen stehen. Im Falle von Sprachproblemen wird ein Logopäde hinzugezogen. Des Weiteren ist eine regelmäßig stattfindende Nachsorge beim Neurologen oder Neurochirurgen erforderlich.

Als wichtig gilt zudem das Ausschalten von Risikofaktoren, die Instabilitäten hervorrufen könnten. Dazu gehört in erster Linie der Verzicht auf das Rauchen. Ebenso ist eine regelmäßige Kontrolle des Blutdrucks erforderlich.

Prognose

Die Prognose bei einem Hirnaneurysma hängt davon ab, ob die Aussackung frühzeitig entdeckt und entsprechend behandelt wird. In diesem Fall bestehen gute Heilungschancen.

Reißt das Aneurysma jedoch und führt zu einer Hirnblutung, richtet sich die Prognose nach deren Ausmaß.

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