Hippel-Lindau-Syndrom (VHL) - Ursachen, Symptome und Behandlung

Unter dem von Hippel-Lindau-Syndrom versteht man eine selten vorkommende Tumorerkrankung. Diese Krankheit kann die unterschiedlichsten Organe befallen.

Von Jens Hirseland

Krankheitsbild

In der Medizin wird das von Hippel-Lindau-Syndrom (VHL) auch als Morbus Hippel-Lindau, von-Hippelsche Krankheit oder Retino-cerebelläre Angiomatose bezeichnet. Dabei kommt es zur Bildung von gutartigen Gewebeveränderungen (Angiomen) an der Netzhaut des Auges sowie am Kleinhirn. Mitunter können auch das Rückenmark und der Hirnstamm in Mitleidenschaft gezogen werden.

Benannt wurde das von Hippel-Lindau-Syndrom nach dem deutschen Mediziner Eugen von Hippel (1867-1939) sowie dem schwedischen Pathologen Arvid Lindau (1892-1958). Während Hippel im Jahre 1904 zum ersten Mal Angiome des Auges beschrieb, wurden Angiome im Rückenmark erstmals 1926 von Arvid Lindau entdeckt. Die Tumorerkrankung tritt nur sehr selten auf und betrifft Männer und Frauen gleichermaßen.

Ursachen

Das Hippel-Lindau-Syndrom wird vererbt. Bei den Betroffenen kommt es zu einer Mutation im VHL-Gen auf Chromosom 3.

Diese Mutation hat zur Folge, dass die Neubildung von Blutgefäßen falsch reguliert wird. Wie schwer die Erkrankung ausfällt und welche Organe betroffen sind, ist sogar innerhalb einer Familie sehr unterschiedlich.

Rechnerisch geht die Veranlagung für das VHL-Syndrom zu 50 Prozent auf die Kinder über. Besteht bei einem Kind jedoch keine Mutation, erkrankt es nicht an dem Syndrom und vererbt es auch nicht weiter.

Krankheitsbild und Symptome

Das Hippel-Lindau-Syndrom bricht in der Regel zwischen dem 20. und dem 40. Lebensjahr aus. Welche Symptome durch die Krankheit auftreten, hängt von dem Ausmaß und der Lage der Tumore ab.

Häufig kommt es zur Bildung von Angiomen in der Netzhaut (Retina). Sie können aber ebenso in Teilen des zentralen Nervensystems wie dem Rückenmark oder dem Kleinhirn (Cerebellum) auftreten.

Zahlreiche VHL-Patienten leiden zudem unter Fehlbildungen von inneren Organen. So kann es zu Zysten oder Tumoren in der Bauchspeicheldrüse, den Nieren oder der Leber kommen. Mitunter werden auch die Geschlechtsorgane oder das Innenohr in Mitleidenschaft gezogen.

Häufige Symptome beim von Hippel-Lindau-Syndrom sind

Bei einem Netzhauttumor besteht die Gefahr, dass sich die Netzhaut ablöst, was zu Sehbeeinträchtigungen und sogar Blindheit führen kann. In vielen Fällen treten die Beschwerden erst im fortgeschrittenen Stadium auf.

Diagnose

Ob eine Veranlagung für ein Hippel-Lindau-Syndrom besteht, lässt sich mithilfe einer genetischen Untersuchung feststellen. Bestätigt sich der Verdacht, kontrolliert man die Krankheit mit einem speziellen Vorsorgeprogramm.

Durch regelmäßige Untersuchungen ist es möglich, Tumore bereits in einem frühen Stadium zu entdecken, noch bevor sie Beschwerden verursachen. Eine Kontrolluntersuchung sollte einmal im Jahr stattfinden.

Behandlung

Eine Kausalbehandlung gegen das von Hippel-Lindau-Syndrom gibt es bislang noch nicht. Entstehen aufgrund der Tumore Beschwerden, entfernt man sie durch eine Operation. Als alternative Behandlung kommen auch Bestrahlungen mit Linearbeschleunigern oder Gamma-Knife infrage.

Zu den unterschiedlichen Therapiemaßnahmen zählen (des Weiteren)

  • die Laserkoagulation: Diese Behandlung kommt bei kleineren Angiomen zur Anwendung, welche durch Argon-, Dioden-, Farbstoff- und Kryptonlaser gezielt zerstört werden können. Gesundes Gewebe wird dadurch nicht beeinträchtigt. Die besten Ergebnisse erzielt man bei Größen bis 1,5 mm.

  • die Kyrotherapie: Bei dieser Methode werden die Angiome vereist; die Temperaturen liegen dabei bei -60 °C bis -80 °C. Die besten Ergebnisse erzielt man bei Größen von weniger als 3,75 mm.

  • die transpupilläre Thermotherapie: Bei dieser Methode wird ein Infrarot-Diodenlaser angewandt, der zu einer lokalen Erwärmung des Angioms führt.

  • die photodynamische Therapie: Diese Methode wird derzeit noch untersucht. Effektiv soll sie vermutlich bei größeren Angiomen sein.

  • die Protonentherapie: Befinden sich die Angiome in der Nähe von empfindlichen Gewebebereichen, kommt diese Methode zur Anwendung. Sie schont gesundes Gewebe und zerstört krankes sehr präzise. Zur Anwendung kommen Protonen, welche einige Zentimter in das Gewebe eintdringen.

  • die Brachytherapie: Hierbei handelt es sich um eine besondere Form der Radiotherapie, bei der die Angiome aus kurzer Entfernung bestrahlt werden. Die anschließenden Narben fallen jedoch oftmals größer als der Tumor aus. Diese Therapie kommt bei Angiomen von einer Größe von etwa 4 mm zum Einsatz.

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