Dravet-Syndrom - Seltene und schwere Epilepsieform im Kindesalter

Unter einem Dravet-Syndrom versteht man eine seltene, aber schwerwiegende maligne Form von Epilepsie. Das Syndrom tritt im Kindesalter auf und zeigt sich durch Krämpfe, die meist durch Fieber ausgelöst werden. Begleitend kann es zu autistischen Zügen, Aufmerksamkeitsstörungen, Wahrnehmungsstörungen oder auch Störungen des autonomen Nervensystems kommen. Informieren Sie sich hier ausführlich über das Dravet-Syndrom.

Von Jens Hirseland

Definition

Spricht man von einem Dravet-Syndrom, ist damit eine selten auftretende myoklonische Epilepsie gemeint, von der Kinder betroffen sind. Das Syndrom ist bösartig und gilt als schwerste Epilepsieform.

Zu einem Dravet-Syndrom kommt es bei normal entwickelten Kindern. Allerdings tritt das Syndrom doppelt so häufig bei Jungen wie bei Mädchen auf. Zum ersten Mal zeigen sich die epileptischen Anfälle zwischen dem dritten und dem neunten Lebensmonat des Kindes.

Am Anfang der Krankheit kommt es zu einem lang anhaltenden Krampf, der zumeist durch Fieber hervorgerufen wird. Dieser Krampf weist das Krankheitsbild eines Grand-mal-Anfalls auf.

Benannt wurde das Dravet-Syndrom nach der französischen Epileptologin und Psychologin Charlotte Dravet. Diese beschrieb die Epilepsieform erstmals im Jahr 1978 und grenzte sie von anderen Epilepsiesyndromen ab.

Auslöser und Symptome

Als Auslöser können allerdings auch Impfungen des Kindes infrage kommen; sie sind aber nicht die eigentliche Ursache des Dravet-Syndroms. Außerdem kann die Empfindlichkeit für einen Anfall durch bestimmte Faktoren erhöht werden. Dazu gehören zum Beispiel

Doch auch Anfälle ohne Auslöser sind möglich.

Zu den begleitenden Symptomen des Dravet-Syndroms zählen beispielsweise

  • autistische Züge
  • Aufmerksamkeitsstörungen
  • Gangunsicherheit
  • oppositionelles Verhalten
  • Gleichgewichtsprobleme
  • Hypotonie
  • orthopädische Probleme
  • Wahrnehmungsstörungen
  • chronische Infekte sowie
  • Störungen des autonomen Nervensystems.

Im weiteren Verlauf

In den folgenden Jahren nach dem ersten Anfall treten weitere Anfälle auf, die von der Art unterschiedlich sein können. Dabei handelt es sich meist um

  • halbseitig verlaufende generalisierte klonische und tonisch-klonische Anfälle
  • irreguläre Myoklonien
  • myoklonische Anfälle
  • Blickkrämpfe
  • schwach ausgeprägte Zuckungen
  • atypische Absencen sowie
  • Sturzanfälle und
  • fokale Anfälle.

Darüber hinaus kann eine Neigung zum Status epilepticus (lange anhaltender Anfall oder Anfallserie) bestehen.

Ursachen

Ursache für das Entstehen des Dravet-Syndroms ist eine Neu-Genmutation. So lässt sich bei vielen betroffenen Kindern eine Mutation im SCN1A-Gen nachweisen.

Bei solchen Genmutationen handelt es sich um zufällige Spontanmutationen. Für eine Diagnose des Syndroms ist jedoch nicht ein Gen-Test entscheidend, sondern das Krankheitsbild.

Folgeschäden

Durch das Dravet-Syndrom wird die übliche Entwicklung der betroffenen Kinder behindert. So besteht die Gefahr von schwerwiegenden Entwicklungsverzögerungen sowie motorischen Beeinträchtigungen und kognitiven Behinderungen. Darüber hinaus verspätet sich die Lautsprachentwicklung.

In den meisten Fällen wird von den betroffenen Kindern eine Demenz entwickelt. Im schlimmsten Fall kann es auch zu einem tödlichen Atemstillstand kommen.

Behandlung

Leider ist die Prognose beim Dravet-Syndrom meist ungünstig. Kommt es bereits im Säuglingsalter zu dieser Krankheit, liegt in der Regel eine Therapieresistenz vor.

In manchen Fällen können die verabreichten Medikamente die Intensität eines Anfalls oder seine Häufigkeit sogar verschlimmern. Dazu zählen beispielsweise Antiepileptika wie

  • Clobazam
  • Valproat
  • Brom
  • Stiripentol oder
  • Topiramat.

Bringen Medikamente keine Besserung, besteht zwar die Möglichkeit, dass die Epilepsie früher oder später von selbst aufhört, sie kann aber auch bis ins Erwachsenenalter anhalten.

Zu den kontraindizierten Antiepileptika, die einen Anfall verschlimmern könnten und daher nicht verabreicht werden dürfen, zählen

  • Carbamazepin
  • Vigabatrin
  • Lamotrigin und
  • Phenytoin.

Ketone Ernährungsweise

Mitunter kann jedoch die so genannte ketone Diät die Häufigkeit der Krampfanfälle verringern; dabei handelt es sich um eine spezielle Ernährungsweise, die vor allem auf eine ballaststoffarme Ernährung setzt. Da es hierbei jedoch auch zu Nebenwirkungen kommen kann, sollten Eltern sich genauestens informieren und beraten lassen, ob diese Diätform eine Möglichkeit darstellen könnte.

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