Die Weinprobe - Anlässe, Merkmale und Durchführung

Eine Weinprobe dient zur Beurteilung der Weinqualität. Sie läuft in bestimmten Schritten ab.

Von Jens Hirseland

Durch eine Weinprobe lässt sich die Qualität von Weinen beurteilen. Man veranstaltet sie für

  • Weinexperten wie Weinkritiker
  • Weinliebhaber und
  • Verbraucher.

Sie wird auch als Degustation oder Weinverkostung bezeichnet.

Anlass einer Weinprobe

Weinproben finden in jedem Stadium der Weinzubereitung statt. Das heißt, dass sie sowohl während der Vergärung des Mostes als auch danach durchgeführt werden. Für die Beurteilung der Entwicklungsprozesse des Gebindes ist der Kellermeister zuständig, der Fassweinproben entnimmt.

Um die Entwicklung eines jungen Weines zu steuern, führt man einerseits Laboruntersuchungen und andererseits sensorische Verkostungen durch. Kommt es zur Vermarktung eines Fassweins, findet eine Weinprobe auch das Interesse von Käufern.

Weinprüfung und Verkostung

Bevor sich ein Wein jedoch als Qualitätswein vermarkten lässt, erfolgt zunächst eine amtliche Prüfung, bei der eine amtliche Prüfungsnummer vergeben wird. Dazu gehört auch eine Blindverkostung durch Weinexperten.

Kauft man einen Wein direkt beim Erzeuger, lassen sich sämtliche Weine normalerweise vorher probieren. So verfügen zahlreiche Betriebe über ein Probierzimmer mit einer Kühlgondel. Diese enthält sämtliche Weine, die auf der Preisliste stehen. Auf diese Weise hat der Kunde eine kostenfreie Möglichkeit, den passenden Wein zu finden.

Daneben gibt es auch bezahlte Weinproben, bei denen von den Teilnehmern nicht erwartet wird, dass sie einen Wein kaufen. Dennoch handelt es sich um eine Maßnahme zur Verkaufsförderung. Dabei wird für jede angebrochene Weinflasche eine Rechnung ausgestellt.

Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass sich mehrere Teilnehmer eine Flasche teilen. Maximal kommen 11 bis 18 Teilnehmer pro Flasche infrage. Mitunter lässt sich die Weinprobe mit einer Betriebsführung oder Kellerprobe kombinieren. Bei einer guten Weinprobe werden nicht mehr als sechs bis acht verschiedene Weine angeboten, denn sonst besteht die Gefahr, dass man die Geruchs- und Geschmacksnerven überfordert.

Verschiedene Arten von Weinproben

Weinexperten unterscheiden zwischen mehreren Arten von Weinproben.

So gibt es

  • die Regionsprobe, bei der man Weine aus einer bestimmten Region, aber von verschiedenen Winzern, kostet,
  • die Sortenprobe, bei der unterschiedliche Rebsorten verkostet werden,
  • die Rebsortenprobe mit Rebsorten aus verschiedenen Anbaugebieten,
  • die Jahrgangsprobe, bei der verschiedene Jahrgänge des gleichen Winzers ausprobiert werden, sowie
  • die Gläserprobe. Bei dieser kostet man den Wein aus verschiedenen Gläsern.

Darüber hinaus werden auch Weinseminare durchgeführt. Dabei führen Experten die Weinliebhaber in die Welt der Weinkultur ein. Eine weitere Form von Weinproben sind offizielle Anlässe wie internationale Wettbewerbe, bei denen die Vergabe von Preisen erfolgt.

Ablauf einer Weinprobe

Mit dem bloßen Kosten eines Weins ist es bei einer Weinprobe nicht getan. So umfasst die Verkostung mehrere Phasen. Dazu gehören

  • die Beurteilung der Farbe, auch "Das Auge" genannt,
  • die Beurteilung des Geruchs ("Die Nase")
  • die Beurteilung des Geschmacks ("Die Zunge") sowie
  • die Beurteilung des Abgangs,

den man auch als Nachhall oder Finale bezeichnet.

Utensilien

Zu den wichtigsten Utensilien einer Weinprobe gehören natürlich die Weingläser. Eine Grundvoraussetzung ist, dass die Weingläser sauber sind und keinerlei Rückstände enthalten, da diese den Geschmack beeinträchtigen könnten. Die Gläser sollten nach oben hin kelchförmig geschlossen sein und über einen langen und griffigen Stiel verfügen.

Speziell für Weinproben gibt es auch genormte Wein-Degustationsgläser, die Ähnlichkeit mit kleinen Weißweingläsern haben. Durch ihre besondere Konstruktion kann sich der Geruch des Weins weitgehend ungestört entfalten. Für den privaten Gebrauch lassen sich auch Gläser aus dünnem klarem Glas mit einem Fassungsvermögen von 20 Zentilitern verwenden.

Als eher ungeeignet für eine Weinprobe gelten dagegen Römerkelche, da wegen ihrer Dickwandigkeit Farbe und Reinheit des Weins nur schwer beurteilt werden können.

Weitere Utensilien bei einer guten Weinprobe sind

Außerdem ist es hilfreich, sich Notizen über die gekosteten Weine wie Herkunft, Jahrgang und Rebsorte zu notieren. Zu diesem Zweck gibt es vorgefertigte Degustationsblätter.

Funktion der Blindprobe

Unter der so genannten Blindprobe oder Blindverkostung versteht man das Kosten von Weinen, deren Herkunft dem Prüfer unbekannt ist. Auf diese Weise lässt sich eine eventuelle vorherige Beeinflussung durch bestimmte Namen oder Jahrgänge vermeiden.

Das Etikett bleibt dem Teilnehmer verborgen, sodass er ausschließlich das Produkt im Weinglas beurteilt. Wird eine Blindprobe willkürlich zusammengestellt, fällt es selbst Weinexperten oft schwer, die verschiedenen Weine sowie ihre Jahrgänge zu identifizieren. Dies liegt an der großen Anzahl an unterschiedlichen Weinen sowie deren verschiedenen Entwicklungsstadien und Lagerbedingungen.

Essen während der Blindprobe

Im Rahmen einer Weinprobe oder Blindprobe spielt auch das Essen eine bedeutende Rolle. Nicht selten ist dabei der Zeitpunkt, an dem das Essen eingenommen werden soll, umstritten.

  • Während einige Teilnehmer das Essen schon vor der Verkostung benötigen, um ihre sensorischen Fähigkeiten während des Probierens möglichst lange zu erhalten,
  • wünschen andere dagegen das Essen erst nach der Probe, weil sie befürchten, dass die Speisen sich negativ auf ihre sensorische Aufnahmefähigkeit auswirken.

Manche Teilnehmer bevorzugen es, während der Weinprobe etwas Käse oder Wurst zu sich zu nehmen. Von anderen Weinliebhabern wird dies jedoch als geschmacksverfälschend strikt abgelehnt.

Beurteilung der Farbe ("Das Auge")

Eine klassische Weinprobe erfolgt in verschiedenen Phasen, in denen bestimmte Kriterien beurteilt werden. So ist es keineswegs ausreichend, den Wein einfach nur zu trinken. Auch seine Farbe gilt es zu beurteilen. Diesen Vorgang bezeichnen Weinkenner als Das Auge.

Beurteilung der Farbe

Um die Farbe des Weines zu beurteilen, schwenkt man die Weinprobe in einem Glas. Dadurch kommt es zur Bildung von so genannten Tränen. Das heißt, dass der Wein in dicken Tropfen an der Wand des Weinglases herunterläuft.

  • Ein Wein gilt als umso gehaltvoller, je mehr Tropfen an dem Glas herunterlaufen.

Anschließend blickt der Prüfer tief in das Weinglas, um den Farbton und die Farbintensität des Weines zu beurteilen. Um die Farbe am besten interpretieren zu können, empfiehlt es sich, ihn vor einem weißen Hintergrund zu betrachten.

Rotweine haben die Eigenschaft, ihre Farbe zu variieren. So kommt es zu Farbtönen wie

  • rotbraun
  • rubinrot oder
  • schwarzrot mit Violetttönen.

Je älter ein Rotwein ist, desto mehr nimmt er an Helligkeit zu. Das liegt daran, dass sich im Laufe der Zeit die Farbstoffe am Flaschenboden ablagern.

Für Farbton und Farbintensität gilt dies gleichermaßen. Sehr dunkle Weine weisen darauf hin, dass sie aus einem heißen Anbaugebiet stammen. Im Unterschied zu Rotweinen sind Weißweine umso älter, je dunkler sie sind.

Beurteilungskriterien und Charakterisierungen

Wie schon erwähnt, zählen Farbton und Farbintensität zu den wichtigsten Kriterien bei der Beurteilung der Farbe. Die Farbtöne können

  • goldgelb, tiefgolden, strohgelb oder gelbgrün bei Weißweinen oder
  • rubinrot, kirschrot, violett, rotbraun, granatrot, purpurn oder himbeerfarben bei Rotweinen

sein. Die Farbintensität reicht von

  • hell
  • hell strahlend
  • klar und fein bis hin zu
  • intensiv und tief.

Weitere Beurteilungskriterien sind die

  • Schattierungen
  • Nuancen
  • Klarheit
  • Trübung
  • Sattheit oder Blässe der Farbe sowie
  • ihre Leuchtkraft,

die entweder strahlend oder stumpf sein kann.

Beurteilung des Geruchs ("Die Nase")

Nach der visuellen Beurteilung des Weins wird der Geruchssinn eingesetzt, was man auch als Die Nase bezeichnet. Das bedeutet, dass der Prüfer seine Nase tief ins Glas hält und den Duft des Weins einzieht.

Einen Wein nach seinem Duft zu beurteilen, ist allerdings nicht ganz einfach.

  • Als hilfreich gilt es, wenn ein Weißwein eine Temperatur von 10 bis 12 Grad Celsius aufweist.
  • Rotwein sollte eine Temperatur zwischen 14 und 16 Grad Celsius haben.

Steigt die Temperatur jedoch durch die Handwärme oder die Raumtemperatur, wird der Alkohol mehr verdunstet, was wiederum die Beeinträchtigung des Geruchs zur Folge hat. Da die Riechschleimhaut allmählich ermüdet, lässt der Geruchseindruck mit der Zeit nach.

Durchführung

Als erstes schwenkt der Prüfer das Weinglas. Auf diese Weise lassen sich tiefere Aromen an die Oberfläche bringen und intensivieren. Danach sollte dem Wein ein wenig Zeit zur Erholung gegeben werden. Anschließend riecht man noch einmal an ihm.

Während einige Weine genauso riechen wie zu Beginn der Probe, kommt es bei anderen durch die Zufuhr von Luft zu veränderten Geruchseindrücken. Ein noch intensiveres Riechen ist durch das Aufnehmen des Geruchs am unteren Rand sowie am oberen Rand des Weins möglich. So kann es durch Unterschiede in der Schwere der duftgebenden Moleküle mitunter zu erheblichen Veränderungen des Geruchs kommen.

Beurteilungskriterien und Charakterisierungen

Um den Geruch des Weines beschreiben zu können, werden vertraute Gerüche und Metaphern verwendet. Weinkenner teilen die Aromen in sieben Familien ein, um sie zu charakterisieren. So steht

Als

Nimmt man den Geruch von Säure oder Kork wahr, ist dies ein Anzeichen für eine schlechte Qualität des Weines.

Beurteilung des Geschmacks ("Die Zunge")

Unter der Phase "Die Zunge" versteht man bei einer Weinprobe das Kosten des Weins. So vermittelt die Zunge zahlreiche Geschmackseindrücke.

Durchführung

Zur Beurteilung des Weingeschmacks schlürft der Prüfer zunächst etwas von der Probe, bewegt den Wein langsam im Mund hin und her und lässt ihn dort für eine Weile. Durch die Zungenbewegungen ist es möglich, das Geschmackserlebnis zu intensivieren. Weinexperten sprechen dabei auch vom Durchkauen des Weins.

Eine wichtige Rolle bei der Geschmacksbeurteilung spielt der Süß-Säure-Eindruck. Durch diese beiden Komponenten wird der Weingeschmack erheblich geprägt. Allmählich kommen dann auch die Geschmacksaromen zur Geltung.

Experten empfehlen, während der Verkostung etwas Fetthaltiges wie Käse oder Brot zu sich zu nehmen. Durch das Fett können sich bestimmte Aromastoffe zusätzlich lösen. Außerdem vermindert es die Oberflächenspannung des Weins, wodurch sich der Kontakt zu den Geschmackspapillen erhöht. Professionelle Weinkoster spucken den Wein in ein dazu bestimmtes Gefäß wieder aus, damit sie nüchtern für die weiteren Weinproben bleiben.

Beurteilungskriterien und Charakterisierungen

Ähnlich wie bei der Duftbeurteilung teilt man auch zur Charakterisierung der Geschmacksbeurteilung die Aromen in sieben Aromafamilien ein. So steht

  • Süße für süßlich, ausgewogen, herb, unaufdringlich, teigig und ölig
  • Säure für nichtssagend, würzig, pikant, fein, flach oder unangenehm scharf
  • Körper für ausgewogen, körperreich, leicht, ölig, fleischig, nussig, stichig, seidig und wuchtig sowie
  • Balance für vollkommen, ausgeglichen oder unausgeglichen.

Unter adstringierend versteht man eine raue Empfindung auf der Zunge, die ein typisches Merkmal von tanninhaltigen Weinen ist. Weitere Beurteilungskriterien sind Salzgeschmack und Bitterkeit.

Beurteilung des Abgangs

Als Abgang oder Finale wird die Nachhaltigkeit des Weingeschmacks, der nach dem Schlucken am Gaumen entsteht, bezeichnet. So liefert der Nachgeschmack einen deutlichen Hinweis auf die Weinqualität. Je länger der Nachgeschmack anhält, als desto größer gilt die Qualität des Weines. Weinkenner verwenden allerdings anstelle der Bezeichnung Abgang lieber die Begriffe Finale oder Nachhall.

Durchführung und Beurteilungskriterien

Bei einer Weinprobe sollten große Weine auch wirklich getrunken und nicht ausgespuckt werden. Auf diese Weise lässt sich der nachhaltige Eindruck beurteilen, der entsteht, wenn der Wein den Mund verlässt.

  • Klingt der Nachgeschmack schnell wieder ab, wird dies als kurzer Abgang bezeichnet.
  • Dagegen handelt es sich bei einem anhaltenden Nachgeschmack um einen langen Abgang.

Beurteilungskriterien beim Abgang bilden die Geschmackslänge oder Geschmackspersistenz. Als Zeichen für eine gute Weinqualität gilt ein angenehmer und nicht bitterer, lang anhaltender Abgang.

Fazit

Da Geschmäcker bekanntlich sehr verschieden sind, hängt die Beurteilung eines Weines letztlich vom individuellen Geschmack ab. So mögen die einen lieber Weißwein, während die anderen dagegen Rotwein bevorzugen.

Wird ein bestimmter Wein von einem Experten negativ beurteilt, bedeutet dies keinesfalls, dass er einem selbst nicht schmecken muss. Daher ist eine Weinprobe eher eine gute Gelegenheit, den eigenen Geschmack zu bestimmen und einen individuell passenden Wein zu finden.