Probleme, denen sich Männer bei der Vereinbarkeit von Karriere und Kind stellen müssen

Beim Wiedereinstieg in das Berufsleben nach der Geburt des Kindes kommt es zu vielen Fragen und Zweifeln. Darunter finden sich auch einige Probleme, denen sich Männer bei der Vereinbarkeit von Karriere und Kind stellen müssen. Aufgrund der gegebenen gesellschaftlichen Erwartung trifft das männliche Geschlecht häufig auf Unverständnis, wenn sie der Familie wegen beruliche Abstriche machen wollen. Lesen Sie über mögliche Probleme, denen sich Männer bei der Vereinbarkeit von Karriere und Kind stellen müssen.

Gracia Sacher
Von Gracia Sacher

Männer und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird meist als Thema wahrgenommen, das vorrangig Frauen betrifft. Zunehmend wollen jedoch auch Väter eine wichtige Rolle im Leben ihrer Kinder spielen und sich nicht auf die Rolle des Ernährers beschränken oder beschränken lassen. Bei ihren Versuchen, sowohl ihrer Rolle als Vater als auch den beruflichen Anforderungen gerecht zu werden, treffen sie auf praktische, vor allem aber auch auf Akzeptanzprobleme.

Der Mann als Hauptverdiener? - Neue Rollenbilder und Rollenerwartungen

Bis weit über die 1950er Jahre hinaus war Männern klar, was in der Familie ihre Aufgabe ist: den Lebensunterhalt zu verdienen und auf diese Weise für Frau und Kinder zu sorgen. Als Väter traten sie allenfalls in Erscheinung, wenn es um das Bestrafen ging, während die tägliche Familienarbeit fast in Gänze Sache der nicht erwerbstätigen Hausfrau und Mutter war.

Noch heute hat sich dieses Familienmodell insoweit erhalten, dass meist der Mann der Hauptverdiener in der Familie ist, während die Frau in Teilzeit oder geringfügig beschäftigt ist. Männer neigen nach wie vor dazu, sich sehr stark über ihren Beruf, ihre dort erbrachte Leistung und ihre Karriere zu definieren.

Neue Männlichkeit

Im Zuge der weiblichen Emanzipationsbestrebungen hat sich jedoch auch das Rollenbild von Männern verändert. Innerhalb der Familie übernehmen Männer neue Aufgaben, die insbesondere auch eine Form der Vaterschaft einschließt.

Ein guter Vater zu sein bedeutet heute nicht mehr nur, die wirtschaftlichen Grundlagen für die Familie zu erwirtschaften, sondern:

  • eine aktive Rolle bei der Erziehung der Kinder zu übernehmen
  • ihnen mit Fürsorge zu begegnen
  • an ihrem Leben teilzuhaben
  • für sie ansprechbar zu sein

An der Umsetzung hapert es oftmals noch

Allerdings zeigt sich auch, dass viele Väter zwar den Wunsch aussprechen, die "typisch weibliche" Rolle zu übernehmen. Doch bei diesem Vorhaben bleibt es auch in vielen Fällen. So gibt es unterm Strich eher weniger Männer, die ihre Entscheidung, sich mehr in der Familie als im Beruf zu engangeiren, auch wirklich in die Tat umsetzen.

Heutige Väter sollen am Familienleben aktiv teilhaben und in der Kindererziehung mitwirken
Heutige Väter sollen am Familienleben aktiv teilhaben und in der Kindererziehung mitwirken

Vorzüge von familienarbeitenden Männern für Kinder sowie Unternehmen

Männer, die sich der Familie widmen, können besonders für ihre Söhne eine wichtige Vorbildfunktion einnehmen. Doch natürlich auch generell ist es für Kinder wichtig zu lernen, dass die Arbeit im Haushalt wesentlich und sinnvoll ist. Insgesamt stellt dies einen wichtigen Faktor auch für die Zukunft dar; so kann Kindern ein verantwortungsbewussteres Verhalten nahegelegt werden.

Und ebenso können Unternehmen von der Familienarbeit der Väter profitieren. Es gibt mehr Parallelen, als man zunächst meinen mag. Tatsächlich geht es aber auch in der Hausarbeit um

  • Besprechungen
  • Regelungen
  • Planung und Organisation
  • Umstellungen
  • Zuhören
  • Konfliktlösung

Es gibt somit einige Schlüsselkompetenzen, die man dadurch erwerben kann. Solche Kompetenzen erwirbt man so in keiner Aus- oder Weiterbildung.

Konfliktfeld Beruf und Familie für Väter

Um diese Aufgaben zu erfüllen, stellt sich auch für Väter mehr und mehr die Frage nach der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Dabei stoßen sie zum Teil auf dieselben praktischen Probleme wie Frauen:

  • Kinderbetreuungseinrichtungen sind nur begrenzt verfügbar, ihre Öffnungszeiten kollidieren bisweilen mit den Arbeitszeiten.

  • Wer zugunsten der Familie seine Arbeitszeit einschränken möchte, muss mit Einbußen beim Einkommen und später bei der Rente rechnen.

  • Zudem wirken sich Familienpausen nicht eben günstig auf die Chancen aus, beruflich voranzukommen und Karriere zu machen.

Männer jedoch befinden sich in einer besonderen Konfliktsituation: Schränken Frauen ihre Berufstätigkeit zugunsten der Familie ein, tun sie das, was von ihnen erwartet wird, und können deshalb in der Regel auf Verständnis hoffen. Männer hingegen stoßen mit demselben Ansinnen noch sehr häufig auf Unverständnis oder gar Ablehnung, denn die gesellschaftliche Erwartung ist eine andere:

Für Männer sollte dieser gesellschaftlichen Erwartung gemäß der Beruf an erster Stelle stehen - ein Engagement für die Familie ist zwar wünschenswert, jedoch nur solange es die Berufstätigkeit nicht beeinträchtigt. Wer als Mann von dieser Erwartungshaltung abweicht, steht unter Rechtfertigungsdruck.

Hindernisse und Lösungsmöglichkeiten auf der gesellschaftlichen Ebene

Grundsätzlich stehen Männern dieselben Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie offen wie Frauen:

  • Elternzeit
  • Teilzeitarbeit und
  • Arbeitszeitkonten

sind keineswegs nur für Mütter gemacht. Das Problem liegt für Männer weniger in der Existenz solcher Möglichkeiten als vielmehr in der Akzeptanz ihrer Inanspruchnahme.

Maßnahmen der Politik

Die Neuregelung des Elterngeldes im Jahr 2007 war für die Beteiligung von Männern an der Familienarbeit ein entscheidender Schritt nach vorn. Laut dieser Regelung kann für 14 anstelle der regulären zwölf 12 Monate Elterngeld bezogen werden, wenn beide Eltern dieses in Anspruch nehmen. Eine erziehungsbedingte Auszeit für Väter hat durch diese Regelung an Akzeptanz gewonnen, gleichzeitig genießen viele Väter die Zeit, die sie mit ihrem Kind verbringen, und bekommen Lust, sich auch weiterhin intensiv an dessen Erziehung und Betreuung zu beteiligen.

Vätermonate

Zu verbessern wäre allerdings der Informationsfluss, denn bedauerlicherweise wird im Zusammenhang mit dem Elterngeld häufig von den "zwei Vätermonaten" gesprochen, als wäre ausschließlich die Aufteilung in zwölf plus zwei Monate denkbar. Tatsächlich können es ebenso sieben plus sieben oder gar zwei plus zwölf Monate sein, die Rede von den "zwei Vätermonaten" kommt also einer Fehlinformation gleich.

Ehegattensplitting birgt Probleme

Im Steuerrecht begünstigt das Ehegattensplitting Paare mit großen Einkommensunterschieden. Dadurch wird ein finanzieller Anreiz geschaffen, am traditionellen Modell mit einem Allein- oder Hauptverdiener festzuhalten. Eine Abschaffung des Ehegattensplittings könnte somit eine partnerschaftliche Verteilung der Aufgaben innerhalb der Familie fördern.

Die Kinderbetreuung verbessern

Eltern, Väter ebenso wie Mütter, können ihrer Arbeit nur dann nachgehen, wenn für die Betreuung der Kinder gesorgt ist. Dabei geht es nicht nur um die Verfügbarkeit, sondern auch um die Qualität und die Kosten der Kinderbetreuung.

Derzeit werden insbesondere Krippenplätze für Kinder unter drei Jahren geschaffen, allerdings ist auch die Betreuung von älteren Kindern nicht optimal geregelt. Kindergärten befinden sich in ihrer großen Mehrzahl in der Trägerschaft der beiden christlichen Kirchen, was für Anders- oder Nichtgläubige durchaus ein Hinderungsgrund sein kann, ihre Kinder dort unterzubringen.

Auch wenn die Kindergärten meist auf eine Ganztagsbetreuung ausgelegt sind, sind auch ihre Öffnungszeiten vielerorts noch verbesserungsfähig.

Noch einmal deutlich problematischer ist die Betreuung von Schulkindern, wenn diese in eine Halbtagsschule gehen. Ein Schulschluss am Mittag ohne anschließende Betreuungsangebote, etwa im Hort, erlaubt zumindest einem Elternteil bestenfalls eine Teilzeitbeschäftigung.

Ein Ausbau der Ganztagesangebote wäre hier in vielen Fällen hilfreich.

Lösungsansätze innerhalb der Betriebe

Eine entscheidende Rolle bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie spielen auch die Betriebe. Diese können mit

  • einem Betriebskindergarten
  • einer betriebseigenen Ferienbetreuung oder
  • Belegplätzen in benachbarten Kinderbetreuungseinrichtungen

auch zur Organisation der Kinderbetreuung beitragen; vorrangig jedoch geht es in den Betrieben um die Gestaltung der Arbeitszeiten. Teilzeitarbeit ist für Männer in der Regel nur wenig attraktiv, da sie befürchten, dass diese sich nicht mit verantwortungsvollen oder Führungsaufgaben vereinbaren lässt und so die Karriere bremst. Obwohl es einige beachtenswerte Beispiele von Job-Sharing in Führungspositionen gibt, ist diese Befürchtung meist auch zutreffend.

Vollzeitnahe Teilzeit

Eine Ausnahme bildet hierbei die so genannte vollzeitnahe Teilzeit mit einem individuell aushandelbaren Beschäftigungsumfang, der meist bei etwa 90 Prozent liegt. Ein solches Beschäftigungsverhältnis hat kaum Auswirkungen auf Einkommen, Tätigkeitsfeld und berufliche Perspektiven und bietet Vätern dennoch die Möglichkeit, zumindest an einem bestimmten Tag oder Nachmittag der Woche die Kinderbetreuung zu übernehmen.

Arbeitszeitkonten und Home-Office

Eine andere für Männer attraktive Möglichkeit stellen Arbeitszeitkonten dar, die es ermöglichen, flexibel auf Terminanforderungen innerhalb der Familie zu reagieren und dadurch versäumte Arbeitszeit zu einem anderen Zeitpunkt nachzuarbeiten. Auch ein Home-Office bietet Familienvätern mehr Möglichkeiten, für die Familie da zu sein.

Die Akzeptanz fördern

Da viele Väter befürchten, dass eine Reduktion oder auch nur eine Flexibilisierung ihrer Arbeitszeit vom Arbeitgeber als mangelndes Engagement ausgelegt wird, sollte die Unternehmenskommunikation darauf abzielen, Vätern die Scheu vor der Nutzung eines solchen Angebots zu nehmen.

Unternehmen können dabei herausstellen, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie als Unternehmensziel dazu dient, die Mitarbeiterbindung und -zufriedenheit zu stärken und das Unternehmen als Arbeitgeber attraktiver zu machen.

Auch mit der durchschnittlich höheren Motivation und Produktivität von Teilzeit-Beschäftigten können Unternehmen argumentieren und zudem die Soft-Skills wie Zeitmanagement und Durchsetzungsvermögen hervorheben, die mit der Familienarbeit erworben werden.

Die Thematisierung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sollte bereits im Einstellungsgespräch beginnen und danach kontinuierlich fortgeführt werden. Geeignet sind

  • Workshops
  • Vorträge und
  • Diskussionsveranstaltungen;
  • auch die Mitarbeiterzeitung kann ein guter Kommunikationsweg sein.

Männer sollten dabei explizit mit angesprochen werden, damit sie nicht glauben, das Thema sei nur für Mütter relevant.

Hindernisse und Lösungsmöglichkeiten auf der individuellen und partnerschaftlichen Ebene

Das verstärkte Engagement von Männern in der Kinderbetreuung kann zu Problemen im Selbstbild sowie in der Partnerschaft führen. Klare Zielvorstellungen und Absprachen helfen, das Leben zwischen Beruf und Familie besser zu organisieren und gemeinsam positiv zu gestalten.

Mögliche Rollenkonflikte

Stecken Männer zugunsten der Kinder beruflich zurück, geraten sie nicht nur in Konflikt mit den gesellschaftlichen Erwartungen und eventuell mit den Anforderungen des Arbeitgebers - möglicherweise beeinträchtigt die Familienarbeit auch das Selbstbild. Insbesondere Männer, die sich vor der Geburt ihres Kindes sehr stark über ihren Beruf definiert haben und diesbezüglich hohe Anforderungen an sich selbst stellen, haben oft Schwierigkeiten, wenn es in diesem sinnstiftenden Bereich des Lebens zu Einschränkungen kommt und der Beruf so nicht mehr als Quelle für das eigene Selbstbewusstsein zur Verfügung steht.

Positiv nutzen lässt sich diese Erfahrung, wenn sie zum Anlass genommen wird, das bisherige Selbstbild und Werteverständnis zu hinterfragen. Wer sich ernsthaft fragt, was in seinem Leben wirklich wichtig sein soll und darauf eine Antwort findet, von der er überzeugt ist, geht gestärkt aus der Krise hervor und entdeckt unter Umständen neue sinnstiftende Elemente in seinem Leben.

Besonders Männer in Führungsposition sind in ihrem Konkurrenzdenken häufig so tief verstrickt, dass der berufliche Leistung der höchste Wert zugschrieben wird.

Dass eine private Beziehung einen starken Einfluss auf die berufliche Leistung haben kann, wird oftmals unterschätzt, sodass es zu starken Leistungseinschränkungen kommen kann.

Das männliche Geschlecht, das nach den traditionellen Rollenbildern lebt, tut auch die kleinste Hausarbeit mit starken negativen Gefühlen. Der innere Widerstand, etwas in diesem Bereich zu tun, kann enorm groß sein. Nicht selten kommt es zum gänzlichen Zurückziehen aus der Hausarbeit, wenn Kinder dazukommen und die Frau im Mutterschaftsurlaub ist und somit den ganzen Tag zuhause ist.

Mögliche Konflikte in der Partnerschaft

Auch wenn eine partnerschaftlich geteilte Familienarbeit das Ziel ist, wird es sich in der Praxis kaum bewerkstelligen lassen, Kinderbetreuung und berufliche Tätigkeit vollkommen ausgewogen auf beide Partner zu verteilen. Häufig kommt es deshalb trotz anders lautender Wünsche nach der Geburt eines Kindes zu einer so genannten Retraditionalisierung des Rollenverhaltens innerhalb der Partnerschaft.

Kommt dadurch Unzufriedenheit auf, sollten zwischen beiden Partnern Kompromisse ausgehandelt werden. Denkbar wäre beispielsweise, dass zunächst einer der Partner sich vorrangig um die Familie kümmert, nach einigen Jahren aber seine Karriere wieder fortführt und dem anderen Partner den größeren Teil der Familienarbeit überlässt.

Die Familienarbeit zwischen zwei Partnern aufzuteilen, erfordert viel Organisation und klare Absprachen. Verlässlichkeit ist dabei von entscheidender Bedeutung, damit sich keiner der beiden Partner mit der Verantwortung für die Familie allein gelassen fühlt.

Hilfe organisieren

Wenn beide Partner sowohl Verantwortung für die Familie übernehmen als auch ihre beruflichen Ziele verfolgen möchten, sollten sie sich bei der Bewältigung dieser Aufgabe Hilfe suchen. In vielen Familien übernehmen die Großeltern einen Teil der Betreuung, zum Beispiel für den Zeitraum zwischen Schließung des Kindergartens und Arbeitsende der Eltern.

Auch andere Familienmitglieder können die Kinderbetreuung zeitweilig übernehmen, wobei ein verlässliches und regelmäßiges Engagement sicher am hilfreichsten ist. Außerhalb der Familie können

  • ein Kindermädchen,
  • eine Tagesmutter oder
  • ein Au-Pair

einen Teil der Kinderbetreuung übernehmen. Eine Putzfrau nimmt der Familie Teile der Hausarbeit ab und ermöglicht es so, die arbeitsfreie Zeit auch tatsächlich den Kindern zu widmen.