Die Bypass-Operation zur Überbrückung einer Stenose und Vermeidung eines Herzinfarkts

Circa 300.000 Menschen erleiden in Deutschland jährlich einen Herzinfarkt. Er ist einer der Hauptgründe für eine Bypass-Operation. Bei diesem Eingriff tauscht man Herzkranzgefäße, die zu eng oder verstopft sind, aus. Es erfolgt somit eine Umleitung, die zur Verbesserung der Herzdurchblutung führt. Lesen Sie alles Wissenswerte über die Bypass-Operation.

Von Elke Imle

"Bypass" kommt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie "Umleitung". Die Umleitung besteht darin, dass zu enge oder verstopfte Herzkranzgefäße ausgetauscht werden. Durch die Umleitung wird die Herzdurchblutung verbessert.

Der Herzmuskel wird wieder besser mit Sauerstoff versorgt. Man spricht von einem Koronararterienbypass, auch aortokoronarem Bypass (ACB): er führt von der Hauptschlagader zu einem Herzkranzgefäß, also von der Aorta zu einer Koronararterie. Verstopfte oder verengte Gefäßabschnitte können so umgangen werden.

Indikation

Ob eine Bypass-Operation sinnvoll ist oder ob eine andere Behandlungsmethode wie PTCA oder eine Therapie mit Medikamenten zur Anwendung kommt, ist von der Anzahl der veränderten Herzkranzgefäße und der Position der Stenose abhängig. Auch andere Erkrankungen können eine Rolle spielen. Zumeist wird eine Bypass-Operation vorgenommen, wenn es zu einer linken Hauptstammstenose oder zu Veränderungen an sämtlichen drei Herzkranzgefäßen kommt und eine medikamentöse Behandlung keinen Erfolg bringt. Weitere Indikationen:

  • die Weitung/Wiedereröffnung eines Herzkranzgefäßes während einer Herzkatheteruntersuchung war nicht erfolgreich
  • es liegen mehrere Verengungen über längere Abschnitte vor; der Patient hat Diabetes
  • es sind mehrere Herzkranzgefäße betroffen; die Pumpfunktion der linken Herzkammer ist aufgrund von Sauerstoff- und Nährstoffmangel eingeschränkt

Anwendungsverfahren

Für die Überbrückung der verstopften Gefäße am Herzen werden kleine Venenstücke aus dem Ober- oder Unterschenkel entnommen und am Herzen eingesetzt. In diesem Fall spricht man von einem aortokoronaren Venen-Bypass.

Das Blut fließt von nun an durch diese eingesetzten Stücke, sodass die verstopften Venen entlastet werden. Sehr schnell nach der Bypass-Operation werden die neu eingesetzten Stücke zu einer Arterie umgebildet.

Eine Alternative ist die Umleitung der Brustwandarterie, was man als Arteria-mammaria-interna-Bypass bezeichnet. Später kommt es zu einer Umbildung der Wände des Venengewebes, wodurch es zu einer richtigen Arterie wird. Bypass-Operationen kommen aber auch in der Gefäßchirurgie zur Anwendung, um zum Beispiel die periphere arterielle Verschlusskrankheit zu behandeln.

Ablauf einer Bypass-Operation

Mehrere Chirurgenhände bei der Operation an einem Herzen
Mehrere Chirurgenhände bei der Operation an einem Herzen

Bei den jährlich circa 50.000 stattfindenden Bypass-Operationen in Deutschland werden die meisten Menschen am offenen Herzen operiert. Vor der Bypass-Operation erhält der Patient eine Vollnarkose.

In vielen Fällen wird dessen Körper ein wenig heruntergekühlt, um den Stoffwechsel zu verlangsamen, sodass weniger Sauerstoff benötigt wird. Durchschnittlich dauert eine solche Operation fünf Stunden.

Der Chirurg öffnet das Brustbein der Länge nach, um einen freien Zugang zum Herzen zu haben. Nach Eröffnung der Herzbeutel schließt man eine Herz-Lungen-Maschine an die großen Gefäße an. Sie übernimmt die Aufgaben der beiden Organe, die während der Operation stillgelegt sein müssen.

Zu diesem Zweck verwendet man eine spezielle Elektrolytlösung. Das Risiko für mögliche Schäden am Herzen wird durch den heruntergefahrenen Stoffwechsel reduziert.

Nachdem der Chirurg die Venenstücke aus den Beinen in das Gefäßsystem des Herzens eingepflanzt hat, werden alle Herzkranzgefäße mit einer Kühllösung durchspült. Dadurch wird kontrolliert, wie sehr sie noch verstopft sind.

Für den Bypass können Arterien oder auch Venen eingesetzt werden; bevorzugt werden Arterien, da diese nicht so schnell von neuen Verengungen/Verschlüssen betroffen werden. Die linke Brustwandarterie wird am häufigsten verwendet.

In seltenen Fällen entscheidet man sich für eine Armarterie - die Gefäßstücke an der Aorta sowie am Herzkranzgefäß jenseits der Verengung müssen dabei angenäht werden.

Bei einer Umleitung der Brustwandarterie bleibt der Ansatz des Gefäßes bestehen. Dabei näht man das Ende der Arterie auf das Herzkranzgefäß an. Auch danach erfolgt eine Spülung der Herzkranzgefäße mit einer speziellen Kühllösung.

Nach diesem Vorgang wird das Blut wieder durch das Herz geleitet und die Herz-Lungen-Maschine abgeschlossen. Das Herz wärmt sich durch den Blutfluss auf und fängt meist von selbst an, wieder zu schlagen, wenn es seine normale Temperatur erreicht hat.

Sollte es dies nicht automatisch tun, wird ein kleiner Stromschlag gesetzt. Der Chirurg überprüft, ob alle Nähte fest sind und beendet die Operation, in dem er den Brustkorb wieder zusammen näht.

Zuvor legt er jedoch noch ein paar Saugdrainagen in den Brustkorb. Diese sorgen dafür, dass Blut sowie Wundsekrete in den ersten Tagen nach dem Eingriff abgeleitet werden können.

Operationsverfahren ohne Herz-Lungen-Maschine

In manchen Fällen ist es dank weiter entwickelter Technik möglich, die Operation ohne den Einsatz der Herz-Lungen-Maschine durchzuführen. Dabei kommen

  • die Schlüssellochchirurgie (MIDCAB-Verfahren )
  • das Hybrid-Verfahren sowie
  • die Off-Pump-Technik

zum Einsatz. Beim MIDCAB-Verfahren (Mininmal Invasive Direct Coronary Artery Bypass) liegt der Vorteil in einer deutlich kleineren Wunde, die die wiederum den Genesungsprozess deutlich verkürzt. Der Schnitt erfolgt seitlich am Brustkorb; der Chirurg legt die Brustwandarterie frei und näht sie auf die linke Herzkranzarterie.

Kombiniert wird die Schlüssellochchirurgie manchmal mit dem Hybrid-Verfahren: hier versorgt man die linke Herzkranzarterie mit einem Bypass und dehnt weitere Verengungen auf. Bei der Off-Pump-Technik wird am schlagenden Herzen operiert; dieses wird mit einer Saugglocke fixiert.

Überwachung

Nach der Operation muss der Patient auf der Intensivstation beobachtet werden. Gemessen und ausgewertet werden Atmung, Herz und Kreislauf.

Komplikationen

Sowohl während als auch nach der Operation kann es wie bei jedem anderen chirurgischen Eingriff zu Komplikationen kommen. Vor allem, wenn es sich um eine Notoperation handelt, steigt ein solches Risiko, ebenso bei einer schwachen Herzleistung.

Verschiedene Krankheiten, vor allem solche der Lunge oder Niere, sowie auch verschiedene Stoffwechselerkrankungen zählen zu den Risikofaktoren. Und schließlich gehört auch ein hohes Lebensalter dazu. Folgende Komplikationen sind möglich:

Nach der OP sind

möglich.

Nachsorge

In der Zeit nach der Operation hilft es vielen Patienten, wenn sie über das Erlebte sprechen können, denn manchmal kann es mitunter zu depressiven Verstimmungen kommen. Angehörige sollten daher für die Betroffenen da sein.

Was die Schmerzen angeht, so sollten diese nach etwa fünf Wochen vorübergegangen sein. Jedoch kann es zu Taubheits- und Druckgefühlen kommen, die mitunter auch vier Monate lang anhalten können. Dies ist völlig normal und sollte Patienten nicht dazu veranlassen, sich extrem zu schonen.

Nach der Bypass-Operation muss der Patient täglich krankengymnastische Übungen machen, um die Muskulatur zu stärken. Bewegung ist zwar anstrengend, aber nötig, um den Blutkreislauf anzuregen. Nach der Genesungszeit von vier Monaten ist der Oberkörper wieder normal bewegungsfähig.

Wie erfolgreich die OP langfristig gesehen ist, hängt vor allen Dingen auch davon ab, inwieweit der Patient sich anschließend um eine gesunde Lebensweise bemüht. Zu dieser zählen

Auch regelmäßige Kontrolluntersuchungen gehören nach dem Eingriff dazu; der erste Check sollte nach etwa drei Monaten erfolgen. Anschließend werden meist halb- bis ganzjährig stattfindende Routinekontrollen mit Belastungs-EKG durchgeführt.

  • Veronika Sagmeister BASICS Kardiologie, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2016, ISBN 3437421891

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