Unterschiedliche Anwendungsgebiete und Ablauf des Stangerbads

Als Stangerbad bezeichnet man ein hydroelektrisches Vollbad. Dabei wird zu therapeutischen Zwecken konstanter Gleichstrom in die Badewanne geleitet.

Von Jens Hirseland

Ziel und Zweck

Ziel und Zweck eines Stangerbads ist die Behandlung von bestimmten Krankheiten und Beschwerden durch die Anwendung von Gleichstrom. Auf diese Weise soll die Tätigkeit von Muskeln und Nerven stimuliert werden.

Für das Stangerbad, das ein hydroelektrisches Vollbad ist, wird eine spezielle Badewanne sowohl mit Wasser als auch mit Gleichstrom geflutet. Dazu befinden sich an den Seitenwänden der Wanne mehrere Elektroden, die sich unterschiedlich polen lassen. Diese Metallplatten dienen als Pluspol (Anode) und Minuspol (Kathode). Durch Schaltung der Pole ist es möglich den Patienten entweder quer oder längs mit Wechselströmen (faradisch) oder Gleichströmen (galvanisch) zu durchfluten.

Ausgeführt wird das medizinische Bad zumeist von Physiotherapeuten und medizinischen Bademeistern.

Mehrere Elektroden befinden sich an den Seitenwänder der Wanne
Mehrere Elektroden befinden sich an den Seitenwänder der Wanne

Entwicklung

Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts gab es die ersten Versuche Wasser und Elektrizität zu medizinischen Zwecken miteinander zu kombinieren. Später entdeckte der deutsche Gerbermeister Heinrich Stanger, der eine elektrische Gerberei unterhielt, dass sich der Zustand seines Gichtkranken Vaters Johann Stanger durch die Arbeit in den elektrisch betriebenen Gerbgruben besserte.

Davon inspiriert, unternahm Heinrich Stanger verschiedene Tests mit Gicht- und Rheumakranken. Wiederum kam es zu einer Besserung der Beschwerden. Stanger vermutete, dass die Gerbstoffe, die im Wasser gelöst worden waren, die Besserung verursachten. Der elektrische Strom sorgte dabei für den Transport der Stoffe in den Körper.

Heinrich Stanger beschloss dieses spezielle Bad in Wasser und Strom Stangerbad zu nennen.

Anwendungsgebiete

Im Laufe der Jahre wurde die Methode technisch verbessert, sodass das Stangerbad auch heute noch zur Behandlung von verschiedenen Krankheiten eingesetzt wird. Dabei werden oftmals Arzneizusätze wie gerbstoffhaltige Mischungen oder Salze hinzugefügt.

Das Stangerbad wirkt durchblutungssteigernd und regt den gesamten Stoffwechsel an. Zudem reguliert es den Spannungszustand des Muskels (Muskeltonus) und wirkt schmerzlindernd. Somit kann das Stangerbad sowohl bei gesteigertem Muskeltonus (wie z.B. bei Spastiken), als auch bei vermindertem Muskeltonus (wie z.B. bei schlaffen Lähmungen) angewendet werden.

Zu den Anwendungsgebieten des Stangerbads gehören Erkrankungen und Beschwerden wie:

Wer das Strangerbad nicht anwenden darf

Nicht durchgeführt werden darf ein Stangerbad hingegen bei:

Das Stangerbad wurde von den gesetzlichen Krankenkassen als Therapiemethode anerkannt und in den Heilmittelkatalog aufgenommen.

Ablauf eines Stangerbads

Durchgeführt werden Stangerbäder zumeist in speziellen physiotherapeutischen Praxen, Kliniken oder Kurzentren.

Für das Stangerbad begibt sich der Patient in eine spezielle Wanne aus Kunststoff, die mit verschiedenen Elektroden und Metallplatten ausgestattet ist. In die Wanne können bis zu 800 Liter Wasser gefüllt werden.

Die Wassertemperatur ist unterschiedlich und hängt von den Beschwerden des jeweiligen Patienten ab. In der Regel liegt sie bei ungefähr 34°C. Auch die Stärke des Stroms wird der Befindlichkeit der zu behandelnden Person angepasst. So darf der Strom keinerlei Schmerzen verursachen, sondern nur ein leichtes Kribbeln hervorrufen.

Meist enthält das Wasser salzhaltige oder gerbstoffhaltige Zusätze. Diese wirken hautreizend und machen die Haut so durchlässiger für den Strom. Auch ist es möglich dem Wasser bestimmte Arzneistoffe zuzusetzen. Diese werden durch den Strom besser über die Haut aufgenommen.

Das Baden im Strom ist absolut ungefährlich, da die Stromstärken nur bei 300-500 mA liegen. Beim Einstieg des Patienten in die Wanne wird der Strom langsam angehoben und bei Beendigung des Stangerbads wieder reduziert, damit es nicht zu einem Stromschlag kommt.

Die Dauer eines Stangerbads liegt bei ungefähr zwanzig Minuten.

Kostenaufwand

Trotz der Effektivität wird das Stangerbad heutzutage auf Grund der hohen Anschaffungs- und Betreibungskosten nicht mehr so häufig eingesetzt.

Mittlerweile findet das kostengünstigere Vierzellenbad häufiger Anwendung. Hier liegen Arme und Beine jeweils in eigenen kleinen Wannen. In jeder Wanne befinden sich zwei Elektroden die einzeln oder gemeinsam geschaltet werden können. So wird der Körper entweder längs von den Armen zu den Beinen, oder quer von einer zur anderen Seite mit Strom durchflutet. Die Wirkung ähnelt der des Stangerbades.