Spondylolisthese (Wirbelgleiten) - Ursachen, Symptome und Behandlung

Unter einer Spondylolisthese versteht man eine Wirbelsäulenerkrankung. Sie wird auch als Wirbelgleiten bezeichnet.

Von Jens Hirseland
Klassifikation nach ICD-10: M43.1
ICD-10 ist ein weltweit verwendetes Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. Der sogenannte ICD-Code ist zum Beispiel auf einem ärztlichen Attest zu finden.

Bei einer Spondylolisthese, auch Spondylolisthesis oder Wirbelgleiten genannt, leidet die Wirbelsäule unter Instabilität. Das heißt, dass die Form der Wirbel nicht dem normalen Gefüge entspricht. So treten Formveränderungen an der Lendenwirbelsäule (LWS) auf, die ein Verrutschen der Wirbel über dem Kreuzbein in Bauchrichtung zur Folge haben. Die Beschwerden, die dadurch entstehen, sind unterschiedlich ausgeprägt.

Ursachen

Mediziner teilen die Spondylolisthese in mehrere Formen ein, deren Ursachen unterschiedlich sind. So gibt es sowohl angeborene als auch erworbene Formen.

Angeborene und erworbene Form

Die angeborene Form entsteht durch Fehlentwicklungen oder wird vererbt. Bei den erworbenen Formen unterscheidet man wiederum zwischen der traumatischen, degenerativen, postoperativen und pathologischen Form.

  • Die traumatische Spondylolisthese wird durch verletzungsbedingte Brüche verursacht, die ein Ventralgleiten des Wirbelkörpers zur Folge haben.

  • Ursache für die degenerative Form sind verschleißbedingte Veränderungen des Wirbelgelenks oder des Wirbelzwischenraums, die dazu führen, dass der Wirbelkörper abgleitet. Die postoperative Spondylolisthese ist die Folge einer Operation an der Wirbelsäule. So kann es durch einen chirurgischen Eingriff zu verschiedenen Veränderungen im Operationsgebiet kommen, die das Abgleiten des Wirbelkörpers bewirken.

  • Die pathologische Form ist auf eine Knochenerkrankung zurückzuführen. Das heißt, dass die Krankheit die Stabilität der Knochen vermindert, was wiederum Brüche des Wirbelbogens und schließlich das Abgleiten des Wirbelkörpers zur Folge hat.

Echte Spondylolisthese und Pseudospondylolisthese

Weiterhin wird unterschieden zwischen der echten Spondylolisthese und der Pseudospondylolisthese.

  • Die echte Spondylolisthesis zeigt sich bereits bei Kindern und Jugendlichen. Ein charakteristisches Merkmal dieser Form ist, dass sich der Wirbelbogen vom Wirbelkörper ablöst. Dieser Vorgang wird auch als Spondylolyse bezeichnet.

    Besonders betroffen davon sind Kinder und Jugendliche, die schon frühzeitig bestimmte Leistungssportarten wie Turnen, Trampolinspringen oder Akrobatik betreiben.

  • Zeigt sich eine Spondylolisthese erst im Erwachsenenalter, spricht man von einer Pseudospondylolisthesis. Verursacht wird diese Form durch degenerative Wirbelgelenksveränderungen oder Frakturen des Wirbelbogens aufgrund von Unfällen oder Knochenkrankheiten.

Schweregrade

Bei einer Spondylolisthese gilt es, zwischen verschiedenen Schweregraden zu unterscheiden. Diese werden als Schwerestadien nach Meyerding (MD) bezeichnet.

  • Bei MD I beträgt der Versatz der Wirbelkörper zueinander maximal 25 Prozent.
  • Bei MD II liegt der Versatz zwischen 25-50 Prozent
  • bei MD III zwischen 50-75 Prozent und
  • bei MD IV über 75 Prozent.
  • Besteht zwischen den Wirbeln keinerlei Kontakt mehr untereinander, sodass der obere Wirbel ungehindert nach unten gleiten kann, wird dies als Spondyloptose oder MD V bezeichnet.

Symptome

Je nach Lebensalter macht sich eine Spondylolisthese unterschiedlich bemerkbar. So schreitet das Wirbelgleiten bei Kindern langsam voran, sodass sich nur selten Symptome zeigen. Kommt es jedoch zu einem starken Abgleiten des Lendenwirbelkörpers in die vordere Richtung, kann dies zu einem stark ausgeprägten Hohlkreuz führen.

Bei den betroffenen Kindern treten dann oftmals Rückenschmerzen auf. Erwachsene Menschen leiden häufig unter chronischen Wirbelsäulenbeschwerden.

Zumeist gehen der Spondylolisthese degenerative Veränderungen voraus. So kommt es schon im Vorfeld zu Bewegungseinschränkungen und Rückenschmerzen. Die Bewegung der Wirbelsäule ist oft nur unter Schmerzen möglich.

Zieht das Abgleiten des Wirbels die Nerven im Rückenmark, die sich im Spinalkanal befinden, in Mitleidenschaft, macht sich dies durch Beschwerden bemerkbar. Dazu gehören vor allem

Betroffen von diesen Beschwerden sind die Beine. Dagegen treten an den Armen und der Brustwirbelsäule keine Symptome auf.

Diagnose

Besteht der Verdacht auf eine Spondylolisthese, nimmt der behandelnde Arzt zunächst eine körperliche Untersuchung vor. Ein typischer Hinweis auf Wirbelgleiten ist die ungewöhnliche Beweglichkeit der Wirbelsäule. Nicht selten zeigt sich auch ein Hohlkreuz.

Es ist aber auch möglich, dass keine Beschwerden auftreten und die Spondylolisthese nur zufällig durch eine Röntgenuntersuchung entdeckt wird. Für eine ausführlichere Untersuchung kommen weitere bildgebende Verfahren wie eine Computertomographie (CT) oder eine Kernspintomographie (MRT) zum Einsatz.

Mithilfe dieser Verfahren kann der Arzt knöcherne Strukturen, Nerven, Gelenke und Bänder weitaus besser beurteilen. Außerdem lassen sich auf diese Weise Bandscheibenvorfälle oder eingeklemmte Nervenwurzeln feststellen.

Behandlung

Liegt eine leichte Form der Spondylolisthese vor, bei der es nur zu geringfügigen Beschwerden kommt, erfolgt eine konservative Behandlung. Im Mittelpunkt stehen dabei die Stärkung und Beweglichkeit des Rückens.

Dazu werden rückengymnastische Übungen durchgeführt, die die Rückenmuskulatur stärken. Auch rückenschonende Sportarten wie Radfahren oder Rückenschwimmen gelten als hilfreich. Dagegen muss der Patient auf Sportarten, die den Rücken belasten, wie zum Beispiel Kampfsportarten oder Turnen, verzichten.

Zur Behandlung der Schmerzen erhält der Patient spezielle, entzündungshemmende Medikamente. Als sinnvoll gelten zudem Massagen sowie Wärme- oder Kältebehandlungen. In manchen Fällen kann auch das Tragen eines Korsetts notwendig sein.

Operative Behandlung

Führen die konservativen Maßnahmen nicht zur Besserung der Beschwerden oder liegt ein höherer Schweregrad vor, muss oftmals ein operativer Eingriff erfolgen. Dies gilt auch bei neurologischen Ausfällen wie Lähmungen.

Im Rahmen einer Operation, die man auch als Spondylodese bezeichnet, wird die Lage der Wirbelkörper korrigiert, sodass sie wieder an ihre ursprüngliche Stelle gelangen. Zu diesem Zweck bringt der Chirurg an der Wirbelrückseite spezielle Platten und Schrauben an.

Diese stellen eine Verbindung zwischen zwei Wirbeln her. Oftmals handelt es sich dabei um den untersten Lendenwirbel und das Kreuzbein. Nicht selten entfernt man bei erwachsenen Patienten auch die Bandscheibe, die sich zwischen den Wirbeln befindet, wenn eine krankhafte Veränderung vorliegt.

Da die beiden Wirbelkörper nach dem Eingriff unmittelbar übereinander liegen, verwachsen sie schließlich im Laufe der Zeit miteinander. Auf diese Weise kann der gelockerte Wirbelkörper nicht mehr abgleiten. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule wird durch die Spondylodese kaum beeinträchtigt, da meist nur zwei Wirbel betroffen sind.

Prognose

Die Prognose bei einer Spondylolisthese ist bei den meisten Patienten positiv. So genügt oftmals schon eine konservative Therapie, um die Beschwerden zu bessern. Wichtig ist, dass der Patient seine Übungen regelmäßig absolviert.

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