Generalisierte Angststörung - Merkmale, Ursachen und Behandlung

Angststörungen oder Phobien können sich auf unterschiedliche Weise bemerkbar machen. So gibt es verschiedene Formen von Angst. Zu diesen zählt auch die generalisierte Angststörung. Die empfundene Angst ist dabei stets gegenwärtig und kann in den unterschiedlichsten Situationen ausgelöst werden - spezielle Ursachen gibt es somit nicht. Lesen Sie alles Wissenswerte über die generalisierte Angststörung.

Von Jens Hirseland

Generalisierte Angststörung - Generelle Merkmale

Bei Angst handelt es sich um ein menschliches Grundgefühl, das eigentlich vollkommen normal ist. Es entsteht in Situationen, die als besorgniserregend oder sogar gefährlich empfunden werden. Dabei können sich die Betroffenen in

  • ihrer körperlichen Unversehrtheit
  • ihrem Selbstbild oder
  • ihrer Selbstachtung

bedroht fühlen. Das Gefühl der Angst diente ursprünglich als Schutzmechanismus, der die Sinne für Gefahren schärfte. So sorgte die Angst dafür, dass im richtigen Moment die Flucht ergriffen wurde. Geraten Angstgefühle jedoch außer Kontrolle und sind ständig gegenwärtig, spricht man von Angststörungen.

Angststörungen gibt es in verschiedenen Ausprägungen. Dazu gehören zum Beispiel

  • die generalisierte Angststörung
  • Angst vor Veränderungen
  • Redeangst
  • Angst vor dem Erröten
  • Angst vor Ablehnung
  • Angst vor dem Erbrechen oder
  • die Angst davor, hässlich zu sein
  • Angst vorm Versagen

Im Folgenden gehen wir genauer auf die generalisierte Angststörung ein.

Leidet ein Mensch unter unbegründeten Ängsten, die nichts mit einem bestimmten Objekt oder einer speziellen Situation zu tun haben, spricht man von einer generalisierten Angststörung. Dabei kommt es zu plötzlich auftretenden Angstattacken.

Die generalisierte Angststörung (GAS) bezeichnet man auch als allgemeine Angststörung oder Angstneurose. Besonders betroffen von einer Angstneurose sind Frauen.

Sie zählt zu den sonstigen Angststörungen. Typisch ist die Verselbstständigung der Angst sowie der Verlust der Relation und Zweckmäßigkeit.

Symptome

Zu den typischen Merkmalen einer generalisierten Angststörung gehört, dass sie nicht bei bestimmten Bedingungen auftritt, sondern ständig gegenwärtig ist. So sorgen sich die Betroffenen in erster Linie um Dinge, die möglicherweise in der Zukunft passieren könnten.

Zu Angstzuständen kann es in den unterschiedlichsten Situationen kommen, zum Beispiel in einem Aufzug, einem öffentlichen Verkehrsmittel oder in größeren Menschenansammlungen. Selbst ganz normale und alltägliche Situationen können mitunter den Ausbruch einer Panikattacke zur Folge haben.

Dazu gehören Sorgen um

oder Alltägliches. Dabei können die Erkrankten Angst um sich selbst, aber auch um Angehörige oder den Partner haben.

Die bestehenden Ängste schaukeln sich auf; Betroffene gehen die befürchteten Sorgen gedanklich wieder und wieder durch, ohne dass sie eine Lösung finden. Je länger sie sich damit beschäftigen, desto größer werden die Ängste.

Die Zukunftsängste sind dann derart ausgeprägt, dass die Patienten sich nicht mehr in der Lage sehen, ihren Alltag zu bewältigen. So raubt ihnen die Angst die nötige Kraft dazu. Darüber hinaus kommt es auch zu körperlichen Symptomen wie

Außerdem schaffen es die Betroffenen nicht, sich zu entspannen. Von einer generalisierten Angststörung spricht man jedoch erst, wenn die beschriebenen psychischen und physischen Symptome mehrere Wochen oder Monate anhalten und keine organischen Ursachen für die Beschwerden verantwortlich sind.

Im Detail bedeutet dies: vorherrschende Befürchtungen, Anspannung und Besorgnis bezogen auf den Alltag sowie zudem mindestens vier der im Folgenden dargestellten Symptome müssen über einen Mindestzeitraum von sechs Monaten an den meisten Tagen gegeben sein. Mindestens eines der Symptome muss zudem ein vegetatives sein:

  • vegetative Symptome wie z.B. Schwindel, Mundtrockenheit, Zittern, Schwitzen
  • Anspannungssymptome wie Nervosität, Schluckbeschwerden, Unruhe
  • allgemeine Symptome wie Kribbeln, Hitzewallungen oder Kälteschauer
  • psychische Symptome wie Unsicherheit, Angst, die Kontrolle zu verlieren
  • Symmptome in Abdomen oder THorax wie Atemprobleme, Übelkeit
  • unspezifische Symptome wie Konzentrationsstörungen, Einschlafprobleme, Reizbarkeit

Eine organische Ursache darf hingegen nicht vorliegen, ebenso wenig Kriterien für eine hypochondrische Störung, Panikstörung, Zwangsstörung oder phobische Störung.

Die generalisierte Angststörung tritt nur selten alleine auf; häufige Begleiterkrankungen sind etwa Depressionen, spezifische sowie soziale Phobie sowie somatoforme Störungen.

Typisch ist, dass die Betroffenen sich bei den umsorgten Angehörigen oder Freunden stets rückversichern, dass wirklich alles in Ordnung ist. Auch die Vermeidung von Nachrichtenerhalt durch Lesen oder Abhören, um sich vor einer weiteren Angst zu schützen, kommt vor. Im Unterschied zu einer Depression kreisen die negativen Gedanken vermehrt um die Zukunft, während sich Depressive vor allem mit der Vergangenheit beschäftigen.

Ursachen

Als Verursacher einer generalisierten Angststörung vermutet man soziale und genetische Faktoren. Die genauen Gründe ließen sich bislang jedoch nicht klären. Bei Frauen kommen generalisierte Angststörungen häufiger vor als bei Männern.

Man weiß, dass es bestimmte Risikofaktoren gibt, die zu dieser Erkrankung führen können. So sind vor allem Menschen betroffen, die als introvertiert und schüchtern gelten.

Zudem denken sie mehr an andere Menschen, als an sich selbst. Darüber hinaus spielen auch kognitive Faktoren sowie gesellschaftliche Verunsicherung eine bedeutende Rolle.

Zu den entscheidenden Einflussfaktoren zählt der Erziehungsstil, dem der/die Betroffene ausgesetzt war, ebenso die Erfahrungen, die gemacht wurden. Zu den möglichen Auslösern zählen auch verschiedene traumatische Erfahrungen, wie

  • Vernachlässigung
  • Missbrauch oder
  • der Tod eines geliebten Menschen.

Meist zeigt sich die Krankheit im Alter von 20 bis 30 Jahren. Der Verlauf der Krankheit kann allerdings sehr unterschiedlich sein.

Ein Problem ist, dass die meisten Patienten nur wegen ihrer körperlichen Symptome einen Arzt aufsuchen. Dadurch kann es jedoch lange Zeit dauern, bis die wahre Ursache der Beschwerden festgestellt wird.

Diagnose

Betroffene treten häufig zunächst den Gang zum Allgemeinmediziner an, um sich wegen der körperlichen Symptome helfen zu lassen - die Angst wird dabei nicht zum eigentlichen Thema. Von den Ängsten wird selten gesprochen, sodass die psychischen Ursachen häufig übersehen werden.

Merkt man selbst, dass man oft von negativen Gedanken und Sorgen begleitet wird, sollte man dies dem Arzt mitteilen, sodass dieser den Patienten weiter zum Therapeuten vermitteln kann. Dabei werden unterschiedliche Fragen gestellt, etwa

  • wie oft in letzter Zeit eine Nervosität oder Anspannung vorlag
  • ob man sich oft unruhig fühlt
  • ob man viele Sorgen hat, die man nicht kontrollieren kann
  • ob man häufig eine Angst verspürt, es könnte etwas Schlimmes passieren

Organische Ursachen gilt es auszuschließen; dazu wird eine körperliche Untersuchung durchgeführt und ein Blutbild erstellt.

Behandlung

Je früher man eine Angststörung behandelt, desto besser sind die Heilungschancen. Als Behandlungsmethoden kommen zumeist die psychodynamische Psychotherapie oder die kognitive Verhaltenstherapie zur Anwendung.

Im Rahmen der psychodynamischen Psychotherapie befasst sich der Therapeut mit der psychischen Struktur sowie den Ängsten und den Situationen, die sie hervorrufen. Die gestörte Wahrnehmung des Patienten soll wieder normalisiert werden. Dabei erfolgen auch Entspannungstechniken, durch die die körperlichen Symptome der Angststörung verringert werden.

Zusammen mit dem Patienten geht der Psychotherapeut der Erkrankung auf den Grund und versucht dabei, die bei dem Betroffenen vorherrschenden negativen Überzeugungen durch positives Denken zu ersetzen. Häufig erhält der Patient auch ein Training in sozialer Kompetenz und Selbstsicherheit.

Bei einer kognitiven Verhaltenstherapie wird dem Patienten Verständnis für seine Erkrankung vermittelt. Dies ist die Grundvoraussetzung, damit er neue Verhaltensmuster erlernen und sich seinen Ängsten stellen kann.

Zeigt eine Psychotherapie nicht die gewünschte Wirkung, kann in schweren Fällen auch eine Therapie mit Medikamenten erfolgen, bei der Antidepressiva verabreicht werden; möglich sind auch Psychopharmaka wie Benzodiazepine oder Antidepressiva sowie Betablocker.

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  • Malte Ludwig Repetitorium für die Facharztprüfung Innere Medizin: Mit Zugang zur Medizinwelt, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437233165

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