Anurie, Oligurie und Polyurie - Ursachen, Symptome und Behandlung

Durch bestimmte Umstände kann entweder zu wenig oder zu viel Urin ausgeschieden werden. Mediziner sprechen dann von einer Anurie, Oligurie oder Polyurie.

Von Jens Hirseland
Klassifikation nach ICD-10: R34 R35
ICD-10 ist ein weltweit verwendetes Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. Der sogenannte ICD-Code ist zum Beispiel auf einem ärztlichen Attest zu finden.

Zu den wichtigsten Vorgängen innerhalb des Körpers gehört die Herstellung von Urin. So dient der Harn dazu, Stoffwechselabfallprodukte und körperfremde Stoffe wie zum Beispiel Medikamente aus dem Organismus auszuscheiden.

Zusammensetzung

Von einem gesunden Menschen werden pro Tag ungefähr 1,5 bis 2 Liter Urin ausgeschieden. Pro Blasenentleerung sind es ca. 200 bis 400 Milliliter. Zusammengesetzt wird der Harn zu 95 Prozent aus Wasser. Darüber hinaus enthält er Stoffwechselprodukte wie

Ca. 1,5 - 2 Liter Urin werden am Tag von einem gesunden Mensche ausgeschieden
Ca. 1,5 - 2 Liter Urin werden am Tag von einem gesunden Mensche ausgeschieden

Veränderungen der Urinmenge durch Krankheiten

Veränderte Urinmengen durch Krankheiten
Veränderte Urinmengen durch Krankheiten

Bestimmte Krankheiten können sich auf die Urinmenge im Körper auswirken, sodass entweder zu wenig oder zu viel Urin ausgeschieden wird. Aber auch einige Medikamente beeinflussen die Menge des Urins.

In der Medizin unterscheidet man bei der Urinmenge zwischen mehreren Formen. Werden zum Beispiel weniger als 500 Milliliter Urin pro Tag ausgeschieden, ist von einer Oligurie die Rede. Bei weniger als 100 Millilitern pro Tag handelt es sich um eine Anurie. Von einer Polyurie spricht man, wenn am Tag mehr als 2 Liter Urin den Körper verlassen.

Oligurie

Bei einer Oligurie scheidet der Körper pro Tag nur 100 bis 500 Milliliter Urin aus. Ein weiteres Merkmal der Oligurie ist, dass sich der Harn gelb bis dunkelgelb verfärbt.

Ursachen

Verursacht wird eine Oligurie bei den meisten Menschen durch Flüssigkeitsmangel. Zu diesem kann es kommen, wenn die betroffene Person zu wenig trinkt oder aufgrund von körperlicher Anstrengung oder Fieber stark schwitzt.

Durch zu geringe Flüssigkeitszufuhr kann eine Oligurie entstehen
Durch zu geringe Flüssigkeitszufuhr kann eine Oligurie entstehen

Besonders betroffen von Flüssigkeitsmangel sind ältere Menschen, weil sie grundsätzlich zu wenig trinken. In manchen Fällen ist aber auch eine Nierenfunktionsstörung für die Oligurie verantwortlich.

Mitunter tritt der Flüssigkeitsmangel auch bei Babys auf, deren Saugreflex zu schwach ist oder die unter Fehlbildungen am Mund leiden. Ein weiterer möglicher Grund für eine Oligurie kann ein Urinstau sein, der wiederum durch eine Funktionsbeeinträchtigung der ableitenden Harnwege entsteht.

Um einer Oligurie entgegenzuwirken, muss der Patient wieder ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen. Ist eine Grunderkrankung für die zu niedrige Urinausscheidung verantwortlich, gilt es, diese entsprechend zu behandeln.

Anurie

Im Falle einer Anurie werden sogar weniger als 100 Milliliter Harn aus dem Organismus ausgeschieden. Außerdem weist der Urin eine dunkle Verfärbung auf.

Ursachen

Eine Anurie kann aus unterschiedlichen Gründen auftreten. Dabei werden die Ursachen abhängig von ihrer Lokalisation eingeteilt. Man unterscheidet die prärenale Anurie, bei der sich die Ursache vor der Niere befindet, sowie die renale Anurie, bei der der Auslöser in den Nieren selbst zu finden ist.

Bei der prärenalen Anurie erfolgt keine Urinproduktion mehr, da die Durchblutung gestört ist. Ein genereller Volumenmangel ist hier häufigster Auslöser.

Bei der renalen Anurie liegt oft eine Zertörung des Nierengewebes vor. Mitunter ist auch Unterversorgung mit Nährstoffen der Auslöser; dies ist ebenso bei einer mangelnden Durchblutung der Fall.

Zumeist liegt eine Störung des Flüssigkeitshaushaltes im Körper vor. Als mögliche Ursachen für diese Störung kommen

infrage. Nicht selten ist eine Anurie auch das Anzeichen von Nierenversagen. In manchen Fällen liegt bei einer Anurie eine Beeinträchtigung der Nierenfilterfunktion vor. Diese wird wiederum durch eine Glomerulonephritis (Nierenkörperchen-Entzündung) oder chronische Niereninsuffizienz hervorgerufen.

Nierenerkrankungen können eine Störung des Flüssigkeitshaushalts im Körper verursachen
Nierenerkrankungen können eine Störung des Flüssigkeitshaushalts im Körper verursachen

Weitere mögliche Ursachen für eine Anurie sind die Überdosierung von harntreibenden Arzneimitteln oder Abführmitteln sowie Abflussstörungen der ableitenden Harnwege wie Blasensteine, eine Harnröhrenverengung oder eine vergrößerte Prostata. Um eine Anurie zu behandeln, ist es wichtig, die auslösende Grunderkrankung zu bekämpfen.

Polyurie

Im Gegensatz zur Anurie und Oligurie wird bei einer Polyurie zu viel Urin ausgeschieden. So kommt es dabei zu einer Urinproduktion von mehr als 2 Litern täglich. In den meisten Fällen ist eine Polyurie die Folge von hohen Trinkmengen, die der Körper dann rasch wieder ausscheidet, was nicht weiter ungewöhnlich ist.

Charakteristisch für eine Polyurie ist die sehr helle Färbung des Urins. Leidet der Betroffene permanent unter einem starken Durstgefühl und nimmt deshalb viel Flüssigkeit zu sich, kann dies ein Hinweis auf ernsthafte Erkrankungen wie

sein. Mitunter wird eine Polyurie aber auch durch harntreibende Medikamente wie Lithium oder Diuretika ausgelöst. Als weitere mögliche Gründe für eine vermehrte Urinausscheidung kommen ein niedriger Kaliumspiegel oder ein erhöhter Kalziumspiegel im Körper infrage.

Diabetes mellitus kann eine Polyurie auslösen
Diabetes mellitus kann eine Polyurie auslösen

Behandlung

Je nachdem, welche Ursache für die Polyurie verantwortlich ist, gilt es, diese entsprechend zu behandeln. Liegt keine organische Ursache vor, stellt das Blasentraining eine gute Behandlungsoption dar. Mitunter ist auch eine medikamentöse Therapie oder ein Psychotherapie notwendig.

Auch diverse Entspannungsverfahren können helfen; dazu zählen das Autogene Training sowie die Progressive Muskelentspannung. Wirksam sind mitunterauch Akupunktur und Phytopharmaka. Für die Erleichterung des Harnflusses bei Männern können auch Alphablocker zum Einsatz kommen, die die Muskeln in der Prostata lockern. Bei Frauen wiederum helfen Östrogene.