Fehlbildung der Speiseröhre - Die verschiedenen Formen der Ösophagus-Atresie

Als Ösophagus-Atresie bezeichnet man eine Fehlbildung der Speiseröhre. Dabei wird zwischen verschiedenen Formen unterschieden.

Von Jens Hirseland

Unter einer Ösophagus-Atresie versteht man eine angeborene Fehlbildung der Speiseröhre. Dabei besteht entweder keine Verbindung zwischen Speiseröhre (Ösophagus) und Magen, sodass sie in der Luftröhre mündet, oder es liegt eine starke Stenose (Engstelle) vor, sodass die Nahrung nicht ungehindert passieren kann.

Das Vorkommen einer Ösophagus-Atresie liegt bei 1:3500 Geburten. Vielfach kommt es neben der Speiseröhren-Fehlbildung auch zu anderen Anomalien wie zum Beispiel einem Herzfehler. In den meisten Fällen bildet sich eine Fistel.

Ursache und Verlauf

Verursacht wird die Ösophagus-Atresie von einer fehlerhaften Entwicklung der Speiseröhre. Dabei kann ein Teil der Speiseröhre fehlen. Stattdessen befindet sich an der fehlerhaften Stelle ein Strang aus Bindegewebe.

Normalerweise beginnt die Entwicklung der Speiseröhre in der Fetalzeit und entsteht aus dem embryonalen Vorderdarm. Dieser erstreckt sich vom Pharynx zum Magen. Nach zwanzig Schwangerschaftstagen besteht eine bauchseitige Verdickung.

Aus dieser Verdickung differenziert sich ab dem 26. Schwangerschaftstag eine totale Separation, die die Form einer Röhre hat. Dabei handelt es sich um die spätere Luftröhre (Trachea). Wird dieser Separationsgang jedoch gestört, kommt es zur Bildung einer Ösophagus-Atresie.

Die Fehlbildung entsteht ca in der 26. SSW
Die Fehlbildung entsteht ca in der 26. SSW

Eine Ösophagus-Atresie ist meist sehr gefährlich, denn wenn eine Verbindung zwischen Speiseröhre und Luftröhre besteht, kann Nahrung in die Lungen kommen, was oftmals eine lebensbedrohliche Lungenentzündung (Aspirationspneumonie) zur Folge hat. Aus diesem Grund muss die Fehlbildung so schnell wie möglich operiert werden.

Symptome

Betroffene kommen häufig zu früh zur Welt. Typische Merkmale sind

  • Speicheln
  • Husten sowie
  • ein schlechter Allgemeinzustand.

Die Menge an Speichel ist oftmals so groß, dass dieser nicht geschluckt werden kann und mitunter auch herausgewürgt wird. Füttert man das Neugeborene, atmet dieses die Nahrung ein; es kommt zu Atemnot und einer bläulichen Verfärbung der Haut.

Nicht selten kommt es auch zu verschiedenen Begleitfehlbildungen. So können

  • Herzfehler
  • Fehlbildungen der Extremitäten
  • Anomalien der Wirbelkörper oder
  • Nierenfehlbildungen

auftreten.

Formen

Die Ösophagus-Atresie wird nach Vogt in verschiedene Formen unterteilt.

Vogt Typ I

Vogt Typ I hat eine Häufigkeit von rund einem Prozent. Es sammelt sich im Magen keine Luft an. Das obere Segment der Speiseröhre endet als Blindsack.

Vogt Typ II

Bei Vogt Typ II handelt es sich um eine Atresie ohne die Ausbildung von Fisteln. Ebenso wie bei Typ I besteht keine Luftansammlung im Magen. Die Häufigkeit dieser Form liegt bei etwa sechs Prozent.

Vogt Typ IIIa

In diesem Fall kommt es zu einer ösophagotrachealen Fistel am Obersegment. Das Untersegment endet in einem Blindsack. Der Häufigkeitsanteil liegt bei etwa einem Prozent.

Vogt Typ IIIb

Mit 85 Prozent ist die Häufigkeit dieser Form am höchsten. Dabei kommt es zur Bildung von Fisteln am Untersegment, während sich das Ende des Obersegments in einem Blindsack befindet.

Vogt Typ IIIc

Bei dieser Form kommt es zur Bildung einer Doppelfistel. Die Häufigkeit beträgt rund fünf Prozent.

Vogt Typ IV

Bei Vogt Typ IV handelt es sich um eine ösophagotracheale Fistel ohne Atresie. Man nennt sie auch H-Fistel. Die Häufigkeit liegt bei ungefähr zwei Prozent.

Diagnose und Behandlung

Zur Diagnose wird eine Sondierung der Speiseröhre vorgenommen. Als deutlicher Hinweis gilt ein federnder Stopp. Die Luftfüllung kann durch eine Röntgenaufnahme erkannt werden; weitere Fehlbildungen werden im Rahmen einer Ulterschalluntersuchung gesucht.

Ein Echokardiogramm erfolgt zur Darstellung der Hauptschlagader. Dies ist wichtig für die Planung der Operation.

Vor dem Eingriff lagert man den Oberkörper des Kindes hoch und saugt Sekret aus dem Teil, der nicht durchgängig ist, durch die Sonde ab. Im Rahmen der Operation werden die zwei Oesophagusanteile wieder miteinander verbunden; bei einer zu großen Entfernung kommen alternative Behandlungsmaßnahmen zur Anwendung.

So ist mitunter eine Verlängerungsbehandlung des Ösophagus notwendig, welche über mehrere Wochen andauern kann. Möglich ist auch der Ersatz der fehlenden Speiseröhre durch Darm- oder Magenanteile. Eine Verbindung zur Lunge oder Luftröhre wird verschlossen, da ansonsten Nahrung oder Speichel in die Atemwege gelangen kann.