Internetsucht - Ursachen, Symptome und Behandlung

Bei der Internetsucht handelt es sich um eine recht neuartige Erkrankung mit verschiedenen Symptomen. Betroffene verspüren den zwanghaften Drang, im Internet zu surfen. Im Rahmen der Diagnosestellung werden die Symptome in verschiedene Stadien eingeteilt, je nach Onlineaktivität. Ohne therapeutische Hilfe können die Betroffenen ihre Sucht meist nicht bewältigen. Informieren Sie sich über Ursachen, Symptome und Behandlung einer Internetsucht.

Paradisi-Redaktion
Von Paradisi-Redaktion

Krankheitsbild

Selbst die virtuelle Welt kann abhängig machen. Internetsucht - auch Internetabhängigkeit oder Onlinesucht - ist vor allem unter Jugendlichen eine verbreitete Abhängigkeit, aber auch Erwachsene sind dem Internet verfallen.

Es handelt sich dabei um eine zwanghafte Verhaltensweise, im World Wide Web zu surfen. Die negativen Folgen davon sind vielfältig - vom Verlust sozialer Kontakte bis zur deutlichen Leistungseinschränkung. Das Internet macht www-Surfer abhängig, wie Alkohol, Zigaretten, sonstige Rauschgifte oder Glücksspiele andere in die Sucht ziehen.

Nach Angaben des Centres for On-Line Addiction unterscheidet man fünf Typen der Internetsucht:

  • die Abhängigkeit von sexuellen Inhalten: cybersexual addiction
  • die Abhängigkeit von virtuellen Freundschaften: cyberrelationship addiction
  • die Abhängigkeit von allen Internetaktivitäten (z.B. Shopping, Auktionen, Glücksspiel): net-compulsion
  • die Abhängigkeit von Surfen und Recherchieren ohne ersichtlichen Grund: information overload
  • die Abhängigkeit von Computerspielen: computer addiction

Ursachen

Mögliche Gründe für die Cyberspace-Abhängigkeit sind:

  1. Soziale Kontakte in der virtuellen Welt
  2. Sexuelle Erfüllung
  3. Identitätssuche

Viele Menschen schätzen es, dass sie im Internet anonym sind. Was sie dort schreiben oder tun: niemand kennt sie im wirklichen Leben. Auf diese Weise trauen sich auch eher schüchterne und zurückgezogen lebende Menschen Dinge zu, die sie sich im realen Leben niemals zutrauen würden.

Zu den Risikogruppen zählen vielfach Menschen

Wer sich im Internet befindet, entflieht der Realität. Besonders Betroffene, die im privaten Bereich Probleme haben, flüchten sich zu Beginn ihrer Erkrankung aus diesem Grund in die Weiten des Internets. Auf vielen Websites kann man auch man sich auch eine neue Identität zulegen, das Geschlecht tauschen und sich ein Wesen zulegen, wie man auch in der Realität gerne sein möchte.

Verlauf

Wenn die Patienten sich ihre Internetsucht eingestehen und sich einer Behandlung bei einem Psychotherapeuten einlassen, kann die Krankheit gut behandelt werden. Oft ist dies jedoch ein langer Weg, da die Betroffenen sich ihre Sucht nicht eingestehen wollen.

Lassen sich die Süchtigen hingegen nicht therapieren, kapseln sie sich immer mehr von Freunden und Familien ab und verlieren völlig den Kontakt zur Außenwelt. Letzte Konsequenz ist oftmals der Selbstmord, da sich die Betroffenen im Leben nicht mehr zurechtfinden.

Symptome

Es lassen sich mindestens drei Bereiche aufzählen, in welchen sich die Internetsucht finden lässt:

Patienten, die internetsüchtig sind, leiden unter dem regelmäßigen Zwang, sich am Computer in das Internet einzuloggen. Die Patienten können dabei nicht kontrollieren, wie lange sie im Internet bleiben.

Häufig fühlen sich die Betroffenen durch ihr eigenes Verhalten auch schuldig, können jedoch trotzdem nichts dagegen unternehmen. Einige Betroffene versuchen auch selbst, die Zeit im Internet einzuschränken, was ihnen jedoch nicht gelingt.

Die Betroffenen ziehen sich von ihrer Umwelt, den Freunden und Verwandten, immer weiter zurück und sitzen fast den ganzen Tag vor dem Internet. Erwachsene Internetsüchtige können häufig auch ihrer beruflichen Tätigkeit nicht mehr richtig nachgehen, da sie sich tagsüber kaum mehr konzentrieren können. Viele Internetsüchtige befinden sich auch nachts im Internet und schlafen daher kaum mehr.

Die wenigsten Betroffenen gestehen sich ein, dass sie an einer Internetsucht leiden. Die meisten beschönigen den Zeitumfang, den sie im Internet verbringen. Funktioniert das Internet an einem Tag aus technischen Gründen nicht, werden die Betroffenen äußerst nervös und aggressiv.

Die Psychiatrische Universitätsklinik München spricht nicht von Internetsucht, sondern vom Internet-Abhängigkeits-Syndrom (IAS). Dort ist bereits seit acht Jahren eine Ambulanz für Internet-Abhängige eingerichtet. Zur übermäßigen Nutzung des Internets gibt es laut der amerikanischen Psychologin Kimberly S. Young die folgenden sieben Kriterien:

  1. Wenn ich nicht surfe, denke ich häufig ans Internet.
  2. Ich verbringe immer mehr Stunden im Netz.
  3. Ich werde unruhig, wenn ich mal länger nicht gesurft habe.
  4. Wenn es mir nicht so gut geht, lenkt das Surfen im WWW mich ab.
  5. Meine Angehörigen wissen nicht, wieviel Zeit ich im Internet verbringe.
  6. Ich habe bereits ernsthafte Probleme mit meinem Partner/meiner Partnerin, weil ich so viel Zeit am Computer verbringe.
  7. Oft bleibe ich länger im Netz, als ich eigentlich vorhatte.

Treffen davon wenigsten vier innerhalb von zwölf Monaten zu, so ist das Normalmaß der Internetnutzung bereits verlassen.

Körperliche Folgen

Neben diesen psychischen Symptomen hat die Internetsucht auch körperliche Schäden zur Folge. Durch das stundenlange Sitzen in immer der gleichen Position bekommen die Patienten Rückenschmerzen aufgrund von Verspannungen.

Da viele Patienten keinen geregelten Tagesablauf mehr haben, leiden sie häufig auch unter Schlafstörungen. Viele Patienten mit Internetsucht neigen auch zu Übergewicht, da sie sich körperlich nicht mehr bewegen.

Auch die Sehfähigkeit der Augen kann unter der Internetsucht leiden. Neben diesen Symptomen hat die Internetsucht schwerwiegende Folgen wie zum Beispiel hohe Telefonkosten oder die Trennung des Partners, da sich der Patient nur noch mit seinem Computer beschäftigt.

Diagnose

Meist sind es die Angehörigen, die einem Arzt die Symptome des Patienten schildern. Die Patienten sind in der Regel lange Zeit nicht einsichtig.

Der Arzt unterscheidet drei Stadien der Internetsucht.

  • Im ersten Stadium sind die Betroffenen erst nur gefährdet, an der Internetsucht zu erkranken. Dazu müssen drei der typischen Symptome einer Internetsucht vorhanden sein.
  • Im zweiten Stadium, dem so genannten kritischen Stadium, zeigen die Patienten mindestens ein halbes Jahr lang vier der typischen Symptome.
  • Alle Patienten, die mehr Symptome über einen längeren Zeitraum aufweisen, befinden sich im chronischen Stadium der Krankheit.

Die Diagnose Internetsucht wird letztlich meist von einem Psychotherapeuten gestellt.

Behandlung

Psychotherapeutische Behandlung

Ziel der Psychotherapie ist, die Ursache der Internetsucht zu behandeln und den Patienten vor schwerwiegenden weiteren Schritten wie zum Beispiel Selbstmord zu bewahren. Die Behandlung findet bei Psychotherapeuten oder auch - so paradox dies klingt - im Internet statt. Die psychotherapeutischen Behandlungen der Internetsucht werden jedoch noch nicht von allen Krankenkassen erstattet.

Während der Therapie erlernen die Patienten einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Medium Internet. Ziel der Psychotherapie ist dabei nicht, das Internet völlig abzuschaffen, sondern einen zeitlich akzeptablen Rahmen zu schaffen. Die Patienten lernen, das Internet nur noch zu bestimmten Zeiten zu nutzen oder bestimmte Seiten völlig zu meiden.

Für die Patienten ist es auch wichtig, einen Ausgleich zum Internet zu schaffen und so wieder am sozialen Leben teilzunehmen. Hobbys wie Sport sind dabei zum Beispiel sehr nützlich.

Auch die Angehörigen werden in die Therapie mit einbezogen. Sie sollen lernen, wie wichtig es ist, mit dem Betroffenen zu sprechen und gemeinsame Unternehmungen zu tätigen.

Einbau eines Gebührenzählers

Einfache Formen der Internetsucht können zum Beispiel durch Maßnahmen wie den Einbau eines Gebührenzählers behandelt werden. Dies ist jedoch nur zu Beginn der Suchterkrankung eine Möglichkeit und auch nur dann, wenn der Patient sehr diszipliniert ist und einsieht, dass seine beginnende Sucht behandelt werden muss.

Vorbeugung

Internetsucht kann am besten im Kindes- und Jugendalter vermieden werden. Wenn die Kinder ihren ersten eigenen Computer bekommen oder an den Computer der Eltern dürfen, sollten feste Zeiten ausgemacht werden, in denen das Kind an den Computer bzw. ins Internet darf.

Erwachsene sollten ihr Internetverhalten genau im Auge behalten und bei den ersten Anzeichen bereits Hilfe in Anspruch nehmen. Je früher die Sucht behandelt wird, desto höher sind die Heilungschancen.

  • Uwe Beise, Uwe Beise, Werner Schwarz Gesundheits- und Krankheitslehre: Lehrbuch für die Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege, Springer Medizin Verlag, 2013, ISBN 9783642369834
  • Susanne Andreae, Peter Avelini, Peter Avelini, Martin Hoffmann, Christine Grützner Medizinwissen von A-Z: Das Lexikon der 1000 wichtigsten Krankheiten und Untersuchungen, MVS Medizinverlage Stuttgart, 2008, ISBN 3830434545
  • Susanne Andreae, Peter Avelini, Melanie Berg, Ingo Blank, Annelie Burk Lexikon der Krankheiten und Untersuchungen, Thieme Verlagsgruppe, 2008, ISBN 9783131429629
  • Frank H. Netter Netter's Innere Medizin, Thieme Verlagsgruppe, 2000, ISBN 3131239611
  • Gerd Herold Innere Medizin 2019, Herold, 2018, ISBN 398146608X
  • Gerd Herold Innere Medizin 2020, Herold, 2019, ISBN 3981466098
  • Malte Ludwig Repetitorium für die Facharztprüfung Innere Medizin: Mit Zugang zur Medizinwelt, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437233165
  • Stefan Gesenhues, Anne Gesenhues, Birgitta Weltermann Praxisleitfaden Allgemeinmedizin: Mit Zugang zur Medizinwelt (Klinikleitfaden), Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437224476
  • Reinhard Strametz Grundwissen Medizin: für Nichtmediziner in Studium und Praxis, UTB GmbH, 2017, ISBN 3825248860

Unsere Artikel werden auf Grundlage fundierter wissenschaftlicher Quellen sowie dem zum Zeitpunkt der Erstellung aktuellsten Forschungsstand verfasst und regelmäßig von Experten geprüft. Wie wir arbeiten und unsere Artikel aktuell halten, beschreiben wir ausführlich auf dieser Seite.