Leben nach einem Herzinfarkt: Bewusst zurück in den Alltag

Nach einem Herzinfarkt haben die meisten Patienten Angst vor einem erneuten Herzanfall und fragen sich, wie es in Zukunft weitergeht und welche Belastungen das Herz aushält. Mit ärztlicher und familiärer Unterstützung können Herzpatienten selbst viel tun, um das Risiko einer weiteren Attacke zu senken. Holen Sie sich Tipps, um einen erneuten Herzinfarkt zu vermeiden.

Gracia Sacher
Von Gracia Sacher

Wie sehen die langfristigen Folgen nach einem Herzinfarkt aus?

Nach einem Infarkt kann es vorübergehend zu einer Depression kommen. Wer aktiv und gesund lebt, kann diesem Stimmungstief vorbeugen.

Beim Absterben von viel Muskelmasse ist eine chronische Herzschwäche möglich. Dabei wird das abgestorbene Gewebe durch Narbengewebe ersetzt. Je größer dieses ausfällt, desto stärker wird die Herzfunktion beeinträchtigt.

Die Vernarbung kann zudem zu einer ausgebeulten Herzwand führen. Hier ist die Entstehung von Blutgerinnseln ein Risiko. Sofern diese mit dem Blut mitgerissen werden, kann es zu einer Embolie kommen - im Bereich des Hirns stellt der Schlaganfall eine mögliche Folge dar.

Ein bewusster Lebensstil nach einem Herzinfarkt senkt Risiko einer erneuten Attacke

Ein Herzinfarkt kann jeden treffen und ist immer ein einschneidendes Erlebnis. Nichts ist mehr so wie es vor dem Schock war.

Etwa zwei Drittel der Infarktpatienten überlebt, doch die Furcht vor einem erneuten Herzanfall macht Betroffenen das Leben schwer. Diese Angst ist nicht unbegründet, denn bei rund einem Drittel der Patienten folgt ein weiterer Infarkt.

Verschiedene Faktoren beeinflussen die Lebenserwartung nach einem Herzanfall. Entscheidend ist,

  • wie stark das Herzmuskelgewebe angegriffen wurde,
  • wie schwer die Herzkranzgefäße geschädigt sind und
  • wie hoch die Pumpleistung der Herzkammer ist.

Zunächst sind Infarktpatienten erleichtert, dass sie die Attacke überlebt haben, doch bleibt die Angst vor körperlichen Beeinträchtigungen. Kann der Job weiterhin ausgeübt werden, was ändert sich im Familienalltag, wie viel Sport verträgt das Herz?

Wer seinen Lebensstil der neuen Situation anpasst, erhöht die Chancen, keinen zweiten Herzinfarkt zu erleiden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber auch, sich darüber bewusst zu werden, dass man jetzt im Prinzip besser versorgt ist als vor dem Infarkt - die Angst vor einer neuen Attacke sollte also nicht das zukünftige Leben bestimmen.

Nach dem Infarkt: Der Schritt zurück ins Leben

Wenn Herzpatenten nach einem Klinikaufenthalt und anschließenden Rehamaßnahmen wieder in ihr häusliches Umfeld zurückkehren, ist es von größter Wichtigkeit, die begonnene Arbeit fortzuführen. Der Schritt zurück ins Leben sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden.

Erhebungen haben gezeigt, dass viele Patienten schon nach einigen Wochen ihr gewohntes Verhalten wieder aufnehmen, sich nicht um eine gesunde Ernährung bemühen, wieder mit dem Rauchen anfangen, sich extremem Stress am Arbeitsplatz aussetzen oder die Medikamente unregelmäßig und manchmal gar nicht mehr nehmen. Blutfette und Blutdruck steigen erneut auf gefährliche Werte, das Infarktrisiko erhöht sich drastisch. Etliche Herzpatienten erleiden einen zweiten Infarkt und landen erneut mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung auf der Intensivstation.

Effektive Hilfe in Herzgruppen

Herzgruppen bieten effektive Hilfe für das Leben nach einem Infarkt an. Die von Ärzten und Therapeuten betreuten Selbsthilfegruppen unterstützen Betroffene etwa zweimal pro Woche bei der Ausübung körperlicher Aktivitäten und zeigen Wege zu mehr Selbstverantwortung. Auf diese Weise lernen Patienten, wie sie ihre Herzerkrankung besser einschätzen, wo ihre Belastungsgrenzen liegen und wie Risikofaktoren langfristig ausgeschaltet werden.

Der Vorteil einer Herzgruppe ist vor allem die Gemeinsamkeit mit anderen Betroffenen, gibt aber auch Sicherheit durch die anwesenden Ärzte und Therapeuten. Schritt für Schritt werden Herzpatienten an eine bewusste Lebensweise herangeführt. Dazu gehören:

Welche Aktivitäten sind nach einem Herzinfarkt möglich?

Aktive Bewegung mit kurzen und später längeren Spaziergängen, leichte Haus- und Gartenarbeiten und Tests, mit welcher Intensität Kreislauftrainings durchgeführt werden können. Um die Leistungsfähigkeit allmählich zu erhöhen, eignet sich mäßiges Fitnesstraining wie Nordic-Walking, Tanzen oder Radfahren.

Durch ausreichend Bewegung werden wir leistungsfähiger, was dazu führt, dass der Körper besser durchblutet wird. Herzrhythmusstörungen kommen seltener vor; das Organ wird einfach unempfindlicher.

Sportmuffel können sich mit Spaziergängen langsam an mehr Bewegung ranwagen. Empfehlenswert ist es, sich fünf Mal pro Woche für eine halbe Stunde zu bewegen.

Wie sieht es mit Sex nach einem erlittenen Herzinfarkt aus? Eine Frage, die viele Patienten beschäftigt. Hier finden Sie Antworten.

Die richtige Ernährung nach einem Herzinfarkt

Die Reduzierung von Übergewicht mit einer ausgewogenen Ernährung ist ebenfalls ein wesentlicher Punkt bei der Änderung der Lebenssituation. In Herzgruppen werden häufig Ernährungsberatungen angeboten. Experten arbeiten zusammen mit dem Patienten einen individuellen Ernährungsplan aus.

Experten zufolge eignet sich die mediterrane Küche sehr gut, um Herzkrankheiten vorzubeugen. Schon in den Fünfzigern wurden mehrere Studien zu diesem Thema durchgeführt; dabei zeigte sich, dass eine fettarme Ernährung und bestimmte Nahrungsmittel zu weniger Herzleiden führen.

Zu der mediterranen Ernährung zählen vor allem Kohlenhydrate, welche in Nudeln und Hülsenfrüchten vorhanden sind. Bekannt ist die Küche besonders dadurch, dass an Ölen und Fetten hauptsächlich Olivenöl verwendet wird.

Zusätzlich gilt es, jeden Tag mehrere Portionen an Obst und Gemüse zu sich zu nehmen. Generell sollte auf zu viel Salz verzichtet werden.

Es gibt mittlerweile auch ein großes Angebot an Kochbüchern, welche sich auf diese Art von Ernährung spezialisiert haben. So findet man viele Rezeptvorschläge, die man nach Belieben variieren kann.

Entspannung und Stressmanagement nach erlittenem Herzinfarkt

Auch die Vermeidung von Stress ist Teil der Herzsport-Programme. Betroffene lernen, wie sie ein optimales Zeitmanagement schaffen und belastende Situationen umgehen. Entspannungstechniken wie Yoga, Pilates und Meditation sorgen für die Balance von Körper und Seele. Durch eine positive Lebenseinstellung entsteht wieder mehr Freude und Bewusstheit, die die Bewältigung der neuen Lebenssituation erleichtern.

Wann kann man nach dem Herzinfarkt wieder arbeiten?

Eine pauschale Antwort auf die Frage, wann der Patient wieder arbeiten gehen kann, lässt sich nicht geben. Es kommt darauf an, welchen Belastungen er am Arbeitsplatz ausgesetzt ist.

So kann es manchmal bereits nach zwei bis drei Wochen sein möglich. Sind die Tätigkeiten allerdings körperlich oder psychisch sehr belastend, sind auch vier bis sechs Wochen keine Ausnahme.

Urlaub nach dem Herzinfarkt - Wann und wie wieder möglich?

Auch in Sachen Urlaub kommt es darauf an, wohin es geht. Generell kann der Urlaub die Genesung unterstützen, jedoch sollte hier die Belastung nicht zu groß sein.

Der Patient sollte einen Klimawechsel, eine große Zeitverschiebung sowie eine stressige Anreise möglichst vermeiden. Ziel des Urlaubs sollte es sein, abzuschalten. Dabei ist aber auch die körperliche Aktivität nicht zu unterschätzen.

Zuwendung von Familie und Freunden ist nach einem Herzinfarkt sehr wichtig

Um die Furcht vor einem weiteren Infarkt einzudämmen, ist besonders die Zuwendung von Familie und Freunden wichtig. Allerdings sollte die Unterstützung nicht in Überfürsorglichkeit enden, denn ständiges Bemuttern schränkt das Selbstbewusstsein ein und schürt noch mehr Ängste. Gemeinsame Gespräche mit offenen Worten über die Befürchtungen und Zukunftsängste sind weitaus sinnvoller.

Ein Kochkurs mit dem Partner für eine herzgesunde Ernährung kann zum Beispiel hilfreich sein oder eine absoluter Nikotinverzicht aller Familienmitglieder. Leidet die Seele und es kommt nach einem Herzinfarkt zu Depressionen, helfen Familienangehörige und Freunde, indem sie zuhören und gegebenenfalls motivieren, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Wer nach einem Infarkt jede Unterstützung annimmt und bereit ist, seine alten Gewohnheiten zu ändern, hat beste Chancen auf ein erfülltes und angenehmes Leben.

Nachsorge: Ärztliche Unterstützung bei der Lebensumstellung nach einem Herzinfarkt

Jeder Herzinfarkt ist lebensgefährlich. Doch auch, wenn keine unmittelbare Lebensgefahr mehr besteht, muss der Fokus auf der Vermeidung eines erneuten Herzanfalls liegen.

Im Krankenhaus sorgen Ärzte, Pflegepersonal, Psychologen und Physiotherapeuten für eine lückenlose Versorgung. Medikamente, die das Herz bei seiner Arbeit unterstützen, die Blutfettwerte senken und den Blutdruck stabilisieren, werden umgehend eingesetzt und individuell dosiert.

Gleich nach dem Klinikaufenthalt greifen vielfältige Rehabilitationsmaßnahmen. Im Rahmen einer stationären oder ambulanten Rehabilitation geht es auch um wichtige Themen wie die berufliche Zukunft, eventuelle Umschulungen, das Familienleben und die Weitervermittlung an Selbsthilfegruppen beziehungsweise Herzsportgruppen.

Doch genauso wichtig ist auch das Verhalten des Infarktpatienten. An erster Stelle sollte immer das Gespräch mit dem behandelnden Kardiologen stehen, um alle Risiken aufzudecken, die den Infarkt ausgelöst haben. Je nach Schädigung des Herzens erhält der Patient gezielte Unterstützung bei der Lebensumstellung.

Langzeitbetreuung bei Herzinfarktpatienten - effektive Nachbehandlung ist überlebenswichtig

Der Herzinfarkt gehört immer noch zu den häufigsten Todesursachen. Mehr als 50.000 Menschen überleben einen Herzanfall nicht oder erleiden einen zweiten Infarkt.

Die Ursachen für einen Zweitinfarkt liegen oft in der nachlässigen Medikamenteneinnahme oder an einem ungesunden Lebensstil. Dabei ist eine effektive Nachbehandlung überlebensnotwendig.

Medikamente senken Sterberisiko nach einem Infarkt

Ein Herzinfarkt ist ein akuter Notfall, die ersten Minuten entscheiden oft über Leben und Tod. Bei rund 50 Prozent der verstorbenen Infarktpatienten versagte das Herz während der ersten 15 Minuten.

Wer einen Infarkt hingegen überlebt hat, ist zunächst unendlich erleichtert, doch viele Patienten nehmen es nach dem Herzanfall mit den empfohlenen Therapien nicht so genau. Vor allem Medikamente werden häufig nicht regelmäßig oder in falscher Dosierung eingenommen. Eine gute Langzeitbetreuung mit individuell abgestimmten Medikamenten ist jedoch unerlässlich und senkt das Sterberisiko deutlich.

Der behandelnde Arzt passt die Arzneimittel exakt an die Herzfunktion und an die bestehenden Beschwerden an. Fast jeder Infarktpatient muss mit Medikamenten weiterbehandelt werden und diese oft langfristig einnehmen, um einen erneuten Infarkt zu verhindern. Zur Gruppe der Herzmedikamente gehören Gerinnungshemmer wie

Die Medikamente

  • entlasten geschädigte Herzbereiche,
  • fördern die Durchblutung,
  • bremsen Verkalkungen oder Verklumpungen und
  • erhöhen die Pumpleistung.

Patienten, die ihre Medikamente nicht regelmäßig einnehmen oder gar absetzen, leben gefährlich und senken ihre Überlebenschancen.

Nachsorge mit Reha-Behandlungen und Therapiempfehlungen

Nach einem komplikationslosen Herzinfarkt beginnen Patienten in der Regel schon am nächsten Tag mit leichten Bewegungsübungen. An eine Krankenhausbehandlung von etwa 5 bis 14 Tagen schließen sich meistens umgehend Rehabilitationsmaßnahmen an. Reha-Behandlungen umfassen die

  • Überwachung der Medikamenteneinstellung,
  • Krankengymnastik,
  • Training am Ergometer und
  • die allmähliche Erhöhung der Belastungsgrenzen.

Auch Gespräche zur Reduzierung von Risikofaktoren und Therapieempfehlungen sind Teil des Reha-Programms. Die persönliche Einstellung des Patienten spielt dabei eine wesentliche Rolle.

Halbjährliche Kontrolle beim Kardiologen

Leider sind zahlreiche Infarktpatienten immer noch nachlässig und gehen zu selten zum Arzt. Doch auch wenn eine deutliche Besserung eingetreten ist, sind halbjährliche Kontrollen beim Kardiologen, Allgemeinmediziner oder Internisten überaus wichtig.

Bei den Kontrolluntersuchungen kann der Mediziner

  • neue Durchblutungsstörungen im Herzen,
  • Veränderungen der Pumpleistung oder
  • Herzrhythmusstörungen

feststellen. Auch Grunderkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes müssen regelmäßig behandelt werden, um das Herz zu entlasten.

Nach einem Herzinfarkt können auch Wochen später Schmerzen in der Brust auftreten. Regelmäßige Blutuntersuchungen decken Entzündungsherde auf, die zum Beispiel auf eine Herzbeutelentzündung hinweisen können. Werden umgehend entzündungshemmende Medikamente eingenommen, lassen sich weitere Komplikationen verhindern. Liegen Funktionsstörungen des Herzens oder andere Veränderungen vor, kann der Mediziner sofort mit gezielten Behandlungsmaßnahmen gegensteuern.

Wenn Infarktpatienten Beschwerden haben, sollten sie grundsätzlich nicht bis zum nächsten Termin warten, sondern umgehend einen Arzt aufsuchen. Nur auf diese Weise lässt sich das Risiko eines Zweitinfarkts eindämmen.

Neues Konzept aus den USA: Telefonanrufe motivieren Infarktpatienten

Viele Infarktpatienten setzen ihr Leben aufs Spiel, indem sie ihre Medikamente nachlässig einnehmen. In den USA wurde deshalb ein neues Konzept entwickelt, um Patienten zu motivieren.

Regelmäßige Telefonanrufe erinnern daran, medikamentös dabei zu bleiben. Statt der üblichen Empfehlungen für Therapien arbeiteten Ärzte und Apotheker individuelle Konzepte aus und passten die Behandlung kontinuierlich neu an. Im ersten Jahr nach dem Herzinfarkt wurden die Patienten immer wieder durch Anrufe an die Medikamenteneinnahme und andere wichtige Maßnahmen erinnert.

Die Erinnerungsanrufe zeigten Erfolg, denn fast 90 Prozent der Patienten beachteten die Hinweise und nahmen ihre Herzmedikamente regelmäßig. Bei der herkömmlichen Betreuung befolgten nur rund 74 Prozent die Empfehlungen.