Krankheitsbild dissoziale Persönlichkeitsstörung und Psychopathie

Als dissoziale Persönlichkeitsstörung bezeichnet man antisoziales und verantwortungsloses Verhalten. Diese psychische Störung tritt bereits im Kindesalter auf.

Von Jens Hirseland

Unter einer dissozialen Persönlichkeitsstörung versteht man stark antisoziales Verhalten gegenüber anderen Menschen. Das heißt, dass die Betroffenen soziale Normen missachten und sich nicht in die Gefühle ihrer Mitmenschen hineinversetzen können.

Dissoziale Personen werden häufig auch als Psychopathen bezeichnet. Da es jedoch keine klare wissenschaftliche Abgrenzung zur dissozialen Persönlichkeitsstörung (auch antisoziale Persönlichkeitsstörung (APS)) gibt, ist der Begriff "Psychopathie" wissenschaftlich nicht ganz richtig.

Ursachen

Die dissoziale Persönlichkeitsstörung kommt bei Männern wesentlich häufiger vor als bei Frauen. Meist zeigt sich deren antisoziales Verhalten bereits im Kindes- oder Jugendalter. Als Ursache für eine dissoziale Persönlichkeitsstörung werden erbliche Faktoren und auch Umwelteinflüsse vermutet.

Untersuchungen an Zwillingen ergaben, dass die psychische Störung bei eineiigen Zwillingen häufiger vorkommt als bei zweieiigen Zwillingen. Aus diesem Grund wird angenommen, dass die genetische Komponente von erheblicher Bedeutung ist.

Darüber hinaus spielt aber auch die Erziehung eine wichtige Rolle. So ist das Risiko für eine dissoziale Persönlichkeitsstörung besonders bei Kindern groß, die von ihren Eltern keine oder nur wenig Zuwendung bekommen, oder wenn sich die Eltern selbst antisozial verhalten.

Zu den weiteren möglichen Ursachen oder Risikofaktoren zählen

Symptome

Generell lässt sich die antisoziale Persönlichkeitsstörung in drei unterschiedliche Verhaltensweisen einteilen.

  • Beim instrumentell-dissozialen Verhalten zählen materielle Werte für den Betroffenen eine große Rolle. Es kommt zu einem gesteigerten Macht- und Selbstwertgefühl ohne die Ein- oder Absicht, etwas am Verhalten zu ändern.

  • Das impulsiv-feindselige Verhalten zeichnet sich durch starke Impulsivität mit fehlender oder geringer Handlungskontrolle. Handlungen von Mitmenschen empfinden Betroffene häufig sofort als negativ; es folgen spontan aggressive Reaktionen.

  • Ängstliche, schüchterne und häufig auch deprimierte Personen zeigen meist Merkmale des ängstlich-aggressiven Verhaltens. Sie sind nicht besonders auffällig, bis es zu starken Gewaltausbrüchen mit entsprechenden Handlungen kommt, welche die der anderen beiden Typen übertreffen.

Im Kindesalter

Eine dissoziale Persönlichkeitsstörung lässt sich bei Kindern durch bestimmte Anzeichen erkennen. So reagieren die Betroffenen sehr gereizt, mobben Mitschüler oder quälen Tiere.

Die Kinder sind meist sehr aggressiv, lügen und stehlen. Außerdem konsumieren sie im Jugendalter häufig Nikotin, Alkohol oder Drogen.

Im Erwachsenenalter

Im Erwachsenenalter macht sich die Psychopathie durch einen starken Mangel an Empathie bemerkbar. Manche Betroffene neigen auch zu Jähzorn und körperlicher Gewalt, unter der meist der Partner oder die Kinder leiden.

Langfristige Beziehungen zu Menschen mit einer dissozialen Persönlichkeitsstörung sind wegen deren Verhalten kaum möglich. Zudem mangelt es Psychopathen an jeglichem Mitgefühl.

So haben sie nach der Anwendung von Gewalt keinerlei Schuldbewusstsein. Selbst Strafen können nicht bewirken, dass sie dazulernen.

Stattdessen werden sie erneut straffällig, ohne sich deswegen verantwortlich zu fühlen. Lieber geben sie ihren Opfern oder der Gesellschaft die Schuld an ihren Taten. Da Psychopathen stets gereizt reagieren, ist der Umgang mit ihnen sehr schwer.

Schwierigkeiten einer Behandlung

Bis jetzt lässt sich eine dissoziale Persönlichkeitsstörung mithilfe einer Psychotherapie nicht behandeln. Das liegt auch an der mangelnden Einsicht der betroffenen Personen.

So sehen diese keinerlei Anlass, sich zu ändern. Erschwerend kommt hinzu, dass Psychopathen immer wieder lügen und völlig gefühllos sind.

Aus diesem Grund ist es den Therapeuten kaum möglich, eine vertrauensvolle Beziehung zu ihren Patienten aufzubauen. Diese ist aber eine wichtige Grundvoraussetzung für den Erfolg einer Therapie. Da eine Heilung der dissozialen Persönlichkeitsstörung nicht möglich ist, versucht man stattdessen, eine soziale Anpassung des Patienten zu erreichen.

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