Die Gehirnentwicklung im Kleinkindalter und wie man diese fördern kann

Das Kleinkindalter ist eine überaus wichtige Phase für die Entwicklung des menschlichen Gehirns. So entscheidet sich in diesem Zeitraum dessen Leistungsfähigkeit.

Von Jens Hirseland

Das menschliche Gehirn

Das menschliche Gehirn zählt zu den wichtigsten Organen des Körpers. So ist es zuständig für:

Außerdem bildet es das Zentrum des Denkens und Handelns und nimmt unzählige Informationen in sich auf.

Die Grundlagen für diese Vorgänge werden bereits im Kleinkindalter gebildet.

Gehirnentwicklung als lebenslanger Prozess

Die Gehirnentwicklung schreitet in mehreren Stufen, die vom Alter abhängig sind, voran. Erst in der Pubertät endet dieser Prozess. Natürlich kann das Gehirn auch das ganze Leben lang lernen, seine Leistungsfähigkeit hängt jedoch entscheidend von den ersten Lebensjahren ab.

So kommt es in diesem Zeitraum zur Bildung der Synapsen. Außerdem ist die Aufnahmefähigkeit in dieser Phase besonders ausgeprägt.

Rechte und linke Gehirnhälfte

Grundsätzlich kann das Gehirn in eine rechte und linke Gehirnhälfte sowie in Großhirn und Kleinhirn eingeteilt werden. Das Großhirn setzt sich aus der rechten und der linken Hirnhälfte zusammen. Diese werden durch den Balken miteinander verbunden. In dieser Region, die ihrerseits aus mehreren Bereichen besteht, findet die Steuerung verschiedener Funktionen statt.

Die rechte Gehirnhälfte ist zuständig für:

  • Emotionen
  • visuelle Wahrnehmungen
  • Koordination des Körpers
  • Phantasie

Die linke Gehirnhälfte sorgt für:

Ebenso wie das Großhirn besteht auch das Kleinhirn aus zwei Hälften. Zu seinen Aufgaben gehört die Steuerung der räumlichen Orientierung sowie der vegetativen Abläufe im Organismus wie Motorik, Gleichgewicht und die Bewegungen der Muskeln.

Bestandteile des Gehirns

Zu den wichtigsten Bestandteilen des Gehirns zählen die unzähligen Synapsen und Nervenzellen. Bei den Synapsen handelt es sich um Kontaktstellen zwischen den Neuronen (Nervenzellen) und anderen Zellen wie

  • Muskelzellen
  • Sinneszellen oder
  • Drüsenzellen.

Diese Kontaktstellen leiten Reize in Form von elektrischer Energie weiter. Bei seiner Geburt verfügt ein Baby über rund 100 Milliarden Nervenzellen. Die Anzahl der Synapsen steigt bis zum Alter von drei Jahren auf rund 200 Billionen, mehr als doppelt soviel wie bei einem erwachsenen Menschen. Doch erst die gewaltige Anzahl an Synapsen ermöglicht es dem Kind, in seinen ersten Lebensjahren rasch und effizient zu lernen.

Entwicklung des Gehirns bei Kindern

In bestimmten Entwicklungsphasen ist ein Kind besonders gut empfänglich für bestimmte Lernvorgänge wie beispielsweise Sprachen. Auch die Aktivität im Stirnlappen, in dem die Steuerung des Gedächtnisses und der Aufmerksamkeit erfolgt, ist im Alter von 2-6 Jahren stark ausgeprägt.

Synapsen, die nicht mehr gebraucht werden, bilden sich ab dem zehnten Lebensjahr wieder zurück. Im Erwachsenenalter sind noch ungefähr 100 Billionen Synapsen übrig.

Mit drei bis fünf Jahren

Das Gehirn eines Kindes wächst und vernetzt sich in mehreren Phasen. Erst zwischen dem dritten und dem vierten Lebensjahr ist das Kind in der Lage, sein Gedächtnis zu nutzen. Aus diesem Grund verfügt auch kaum ein Mensch über Erinnerungen aus den vorherigen Jahren.

Nach vier Jahren beginnen die beiden Gehirnhälften damit, untereinander zu kommunizieren, wodurch das Kind seine Gefühle mit seinem Verstand kombinieren kann.

Ab sechs Jahren

Im Alter von sechs Jahren nimmt die Selbstkontrolle des Kindes zu, das nun auch in der Lage ist, seine Bedürfnisse aufzuschieben. Außerdem verstärkt sich das logische Denken.

Zwischen dem sechsten und dem zwölften Lebensjahr kommt es zum Anwachsen der grauen Gehirnsubstanz, wodurch sich sowohl das räumliche Vorstellungsvermögen als auch die Sprachfähigkeiten verbessern.

Mit zehn Jahren

Im Alter von zehn Jahren erreicht das menschliche Gehirn den Höhepunkt seines Wachstums. Die Synapsen, die nicht benutzt wurden, bilden sich allmählich wieder zurück. Dieser Vorgang macht sich dadurch bemerkbar, dass dem Kind das Lernen nicht mehr so leicht fällt wie zuvor. Außerdem sind die Denkbahnen weitgehend festgelegt.

Die Entwicklung fördern:

  • Neue Anreize
  • Spielmöglichkeiten
  • Gesunde Lebensweise
  • Geborgenheit
  • Geschichtenerzählen
  • Ausflüge

Förderungsmöglichkeiten durch Eltern und Erzieher und ihre Auswirkungen auf Bildung und Erziehung

Im Kleinkindalter fällt Kindern das Lernen besonders leicht. Wichtig ist jedoch, die Entwicklung des Kindes effektiv zu fördern.

Anreize schaffen

Eine besondere Bedeutung für die Entwicklung des Gehirns und die Ausbildung von Synapsen hat das Lernen. Am besten lernen kleine Kinder Neues durch:

  • Nachahmung
  • Erlebnisse
  • Experimente

Je mehr Anregungen das kindliche Gehirn erhält, desto vielfältiger kann es sich ausbilden. Eine extra Motivation zum Lernen ist bei Babys und Kleinkindern nicht nötig, weil sie sich wie Forscher verhalten, die alles Mögliche ausprobieren möchten. Da das Aneignen von Kenntnissen und Erfahrungen vollkommen freiwillig erfolgt, lernen die Kinder in dieser Lebensphase sogar mehr als in den folgenden Phasen.

Körperkontakt und Geborgenheit

Besonders wichtig ist jedoch eine liebevolle Verbindung zu den Eltern, damit sich das Gehirn ungestört entwickeln kann. Wird ein Kind dagegen vernachlässigt oder empfindet Angst oder Stress, kommt es zur Ausschüttung des Stresshormons Cortisol, dass die negative Eigenschaft hat, die Bildung der wichtigen Synapsen zu blockieren.

Gesunder Lebenstil während der Schwangerschaft

Doch auch schon vor der Geburt können die Eltern die Entwicklung ihres Kindes positiv beeinflussen, indem sie möglichst gesund leben und auf schädliche Stoffe wie Tabak und Alkohol verzichten.

Die Eltern haben aber Möglichkeiten, noch mehr zu tun, um die Gehirnentwicklung ihres Kindes zu fördern.

  • So wird empfohlen, dass Baby so lange wie es geht zu stillen, um das Gehirn optimal mit Nährstoffen zu versorgen.
  • Später ist es wichtig, dass das Kind stets genügend Vitamine und Mineralstoffe zu sich nimmt.
  • Selbstverständlich müssen sich die Eltern mit ihrem Kind beschäftigen, also viel mit ihm sprechen, mit ihm spielen und eine Umgebung schaffen, die sich zum Forschen und Untersuchen eignet.

Spielzeuge gezielt auswählen

Außerdem ist es ratsam, Spielzeuge auszuwählen, die verschiedene Fähigkeiten fördern und phantasieanregend sind, wie zum Beispiel Malsachen oder Bauklötze. Dabei sollte man das Kind aber nicht mit zuviel Spielzeug überfordern. Außerdem kann man sein Kind auch an etwas teilhaben lassen, was man selbst tut.

Die Schwierigkeit der Aktivitäten wird dabei dem Alter des Kindes angepasst, um seine Überforderung zu vermeiden. Auf diese Weise hilft man ihm neue Kenntnisse zu erwerben.

Ausflüge und Geschichtenerzählen

Ebenfalls wichtig ist, viel mit dem Kind zu unternehmen, damit es seine Umgebung erkunden und Kontakte zu anderen Kindern knüpfen kann. Da kleine Kinder gerne viele Fragen stellen, sollten diese stets beantwortet werden, auch wenn es manchmal anstrengend ist. Um den Wortschatz des Kindes zu erweitern und es zum Denken anzuregen, empfiehlt es sich, ihm Geschichten zu erzählen oder vorzulesen.

Individuelles Lerntempo berücksichtigen

Wichtig ist es auch, die Individualität und das Lerntempo des Kindes zu berücksichtigen. Anstatt das Kind zu kritisieren, wird empfohlen, es zu loben und positiv zu ermutigen. Außerdem sollten Eigenschaften wie

  • Fleiß
  • Lernmotivation
  • Begeisterung
  • Aufmerksamkeit und
  • Beharrlichkeit

gefördert werden.

Bei Kleinkindern muss eine Reizüberflutung durch Lärm, zu langes Fernsehen oder laute Musik unbedingt vermieden werden. Auch auf genügend Schlaf ist zu achten. Wichtig für das Kind sind zudem feste Zeiten zum Aufstehen, Schlafengehen oder Essen.

Spezielle Förderprogramme

Neben der herkömmlichen Förderung zur Gehirnentwicklung eines Kindes können auch spezielle Förderprogramme - wie beispielsweise das Prager Eltern Kind Programm (PEKiP) - zur Anwendung kommen. Dieses dient dazu, das Erlernen von Fremdsprachen, Koordination oder Musik zu fördern und die Synapsen im Gehirn anzuregen, damit diese auf Dauer bestehen bleiben.

Überforderung des Kindes vermeiden

Die Synapsen des kindlichen Gehirns sind zwar überaus leistungsfähig, dennoch besteht oft die Gefahr, dass es zu einer Überforderung kommt. Aus diesem Grund sollte die Förderung des Kindes stets altersgerecht ablaufen und dessen geistigen und körperlichen Entwicklungsstand entsprechen.

Darüber hinaus muss das Kind genügend Zeit haben, sein neu erworbenes Wissen zu verarbeiten. Trotz aller Frühförderung darf auch das freie Spielen nicht zu kurz kommen.