Zystektomie - Entfernung der Harnblase

Bei einer Zystektomie wird die Harnblase chirurgisch entfernt, meist im Falle eines Harnblasenkarzinoms. Die Zystektomie kann offen oder endoskopisch stattfinden. Damit der Urin im Anschluss an den Eingriff weiterhin abgeleitet werden kann, muss entweder die Blase rekonstruiert oder ein künstliches Auffangsystem geschaffen werden. Mehr über die verschiedenen Möglichkeiten der Harnblasenentfernung lesen Sie in diesem Artikel.

Von Jens Hirseland

Der Begriff Zystektomie stammt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt "Herausschneiden einer Zyste". In der Urologie ist damit eine Harnblasenentfernung gemeint. Die Zahnmedizin verwendet die Bezeichnung Zystektomie aber auch für das Entfernen einer Kieferzyste.

Bei einer chirurgischen Zystektomie erfolgt das komplette Entfernen der Harnblase (Cystis) sowie meist auch der angrenzenden Lymphknoten. Müssen außerdem weitere Organe entfernt werden, ist in der Medizin von einer radikalen Zystektomie die Rede. Bei weiblichen Patienten werden dann die vordere Scheidenwand sowie die Gebärmutter und deren Anhänge herausoperiert, beim männlichen Geschlecht Samenblasen und die Vorsteherdrüse (Prostata).

Aufbau der Harnblase und Lage beim Mann
Aufbau der menschlichen Harnblase

Indikationen für eine Zystektomie

Die Entfernung der Harnblase kann sowohl bei bösartigen als auch bei gutartigen Erkrankungen notwendig sein. Dazu gehören:

  • Blasenfunktionsstörungen wie eine Schrumpfblase
  • eine chronische bakterielle Blasenentzündung (Zystitis)
  • Blasenkrebs ohne die Bildung von Fernmetastasen
  • ein wiederkehrendes oberflächliches Harnblasenkarzinom

Operationsverfahren

Das Entfernen der Harnblase findet entweder durch eine offene Operation oder eine minimal-invasive Laparoskopie (Bauchspiegelung) mit einem schmalen Endoskop statt. Diese endoskopische Zystektomie hat gegenüber der offenen Operation den Vorteil, dass die Operationswunden durch das Endoskop geringer ausfallen. Auch die Schmerzen sowie die Risiken für Wundinfektionen sind niedriger.

Vor einer Zystektomie

Bevor die Zystektomie durchgeführt wird, erklärt der Arzt dem Patienten den Ablauf der Operation und informiert ihn über mögliche Risiken. Der Patient muss seine schriftliche Zustimmung zu dem Eingriff erteilen.

Im Vorfeld der Zystektomie sind in Absprache mit dem Arzt bestimmte Medikamente wie Gerinnungshemmer (Antikoagulantien) wie Marcumar oder Acetylsalicylsäure (ASS) abzusetzen, um die Gefahr von Nachblutungen zu reduzieren. Des Weiteren ist eine Infektion der Harnwege auszuschließen.

Ablauf einer Zystektomie

Beginn der Zystektomie

Zu Beginn der Zystektomie erhält der Patient eine Vollnarkose. In manchen Fällen reicht auch eine regionale Betäubung aus, bei der der Patient bei Bewusstsein bleibt. Der Operationsbereich wird gründlich desinfiziert und abgedeckt.

Durchführung einer einfachen Zystektomie

Im Normafall nimmt eine einfache Zystektomie zwei bis vier Stunden in Anspruch.

Erster Schritt der Operation ist ein Hautschnitt im Unterbauchzentrum. Der Chirurg verschafft sich dadurch einen Überblick über die Darmschlingen. Diese werden von einem Assistenzarzt beiseite genommen, um freie Sicht zu ermöglichen. Im Anschluss daran entfernt der Operateur die Beckenhöhlen-Lymphknoten.

Mithilfe eines Fadens werden die Harnblasenblutgefäße umwickelt. Um sie zu durchtrennen, benutzt der Chirurg eine Schere oder ein Lasermesser. Am Eintritt der Harnblase wird der Harnleiter durchtrennt. Um die Harnblase greifen zu können, verwendet der Arzt eine Spezialzange, mit der er die Trennung der Blase vom Gewebe vornimmt.

Ist das Entfernen der Harnblase gelungen, werden mögliche Blutungen gestillt. Zu diesem Zweck bindet der Operateur die kleineren Gefäße mit einem Faden ab. Ebenso besteht die Möglichkeit, sie zu veröden. Dabei wird mit speziellen Arzneimitteln die Entstehung von Narben eingeleitet.

Im Falle einer Laparoskopie lassen sich die benötigten Instrumente über kleinere Hautschnitte in den Bauchraum einschieben.

Harnableitung

Nach der Entfernung der Harnblase wird eine neue Harnableitung benötigt. Zurückgegriffen wird dabei meist auf eine sogenannte kontinente Harnableitung. Das Ableiten des Urins erfolgt dabei über ein neues Reservoir, sodass die willkürliche Entleerung des Harns erhalten bleibt. Zu den Optionen zählen:

  • eine Neoblase, bei der der Patient auch weiterhin auf natürlichem Weg Wasser lassen kann
  • eine Ureterosigmoidostomie (Harnleiter-Darm-Implantation), wobei Urin und Stuhl gemeinsam über ein Reservoir im Enddarm entleert werden
  • eine Pouchblase, bei der das Reservoir durch ein Stück des Dick- oder Dünndarms entsteht

Das verwendete Verfahren richtet sich nach dem Individualzustand des Patienten. Dabei spielen Faktoren wie der physische Zustand, das Lebensalter und das Geschlecht eine Rolle. Aber auch die Psyche ist zu bedenken.

Für den Fall, dass eine kontinente Harnableitung nicht durchführbar ist, gibt es weitere Möglichkeiten wie eine inkontinente Harnableitung ohne Ersatzblase, bei der der Harn über Auffangsysteme abgeleitet wird. Möglich ist:

  • ein Conduit (Ileumconduit), bei dem durch ein Stück Dünndarm (Illeum) eine Verbindung zwischen Haut und Harnleiter hergestellt wird. Die Ableitung des Urins erfolgt unmittelbar in einen Klebebeutel auf der Haut
  • eine uroterodermale Fistel, bei der ein Harnleiter direkt in die Haut eingenäht wird
  • eine Nierenfistel, bei der eine Verbindung zwischen der Niere und einem Katheter auf der Haut besteht

Abschluss der Operation

Im Anschluss an die Zystektomie und die Rekonstruktion der Harnblase wird das subkutane Fettgewebe mit Fäden vernäht, die sich selbstständig auflösen. Mithilfe einer Naht oder von Metallklammern erfolgt das Verschließen der Haut. Zum Abschluss erhält der Patient einen sterilen Verband.

Risiken einer Zystektomie

Im Rahmen einer Zystektomie bestehen verschiedene Risiken und begleitende Beschwerden wie:

  • Beeinträchtigungen der angrenzenden Organe
  • Blutungen
  • Schäden an Haut und Gewebe
  • Schädigungen der Nerven und Gefäße
  • eine Nahtinsuffizienz
  • Wundinfektionen
  • Wundheilungsstörungen
  • Blutergüsse
  • ein Narbenbruch
  • Verletzungen des Darms, die eine Bauchfellentzündung (Peritonitis), eine Darmlähmung, einen Darmverschluss oder eine Darmfistel zur Folge haben können
  • eine Thrombose
  • eine Lungenembolie
  • Lagerungsschäden
  • allergische Reaktionen auf Materialien oder Medikamente, die bei der OP zum Einsatz gelangen

Bei weiblichen Patienten kann es außerdem zu Beeinträchtigungen wie Unfruchtbarkeit, eine vorzeitige Menopause oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr kommen. Männer leiden mitunter an Unfruchtbarkeit oder Erektionsstörungen.

Nach einer Zystektomie

Um das Risiko von Komplikationen nach einer Zystektomie zu begrenzen, ist es wichtig, sich an einige Regeln zu halten. So ist nach dem Eingriff Feuchtigkeit an der Wunde unbedingt zu vermeiden. In einem Zeitraum von etwa drei Wochen darf daher nicht gebadet werden. Ebenso ist von Besuchen in der Sauna abzusehen. Es kann jedoch geduscht werden, wobei die Wunde behutsam mit Kompressen abzutupfen ist. Als Alternative sind in der Apotheke auch spezielle Duschpflaster erhältlich.

Einnahme von Arzneimitteln

Im Anschluss an eine Zystektomie besteht das erhöhte Risiko für das Entstehen einer Thrombose. Um solch ein Blutgerinnsel zu vermeiden, werden blutverdünnende Arzneimittel wie zum Beispiel Heparin durch eine Injektion verabreicht.

Gegen die Wundschmerzen erhält der Patient ein Präparat, das schmerzstillend wirkt. Außerdem ist es ratsam, etwa 14 Tage lang physische Anstrengungen zu vermeiden.

Umgang mit der Blasenrekonstruktion

Wurde bei der Zystektomie ein Ileumconduit eingesetzt, ist das regelmäßige Austauschen des Urinbeutels wichtig. Der Umgang lässt sich von einem Stomatherapeuten erklären.

Besteht eine Neoblase, empfiehlt es sich, wenigstens sechs Monate den Beckenboden mit gymnastischen Übungen zu trainieren.