Lobotomie - Neurochirurgische Operation am Gehirn

Als Lobotomie bezeichnet man eine neurochirurgische Operation am Gehirn. Dabei werden die Nervenbahnen zwischen Frontallappen und Thalamus durchtrennt.

Von Jens Hirseland

Bei der Lobotomie, auch frontale Leukotomie genannt, handelt es sich um eine Gehirnoperation, bei der eine gezielte Trennung von Nervenfasern vorgenommen wird. Diese Methode diente in früheren Jahren zur Behandlung von schweren psychischen Krankheiten wie Depressionen und Psychosen.

Entwicklung

Zum ersten Mal an einem Menschen führte man die Lobotomie im Jahre 1935 durch. Entwickelt wurde die chirurgische Methode von dem portugiesischen Neurologen Antonio Egas Moniz (1874-1955), der dafür 1949 den Nobelpreis für Medizin erhielt.

Moniz vertrat die Ansicht, dass fehlerhafte Nervenfasern im Gehirn der Grund für zahlreiche psychische Krankheiten seien. Durch das Durchtrennen der Nervenbahnen in der vorderen Gehirnregion sollten die schädlichen Verbindungen zerstört werden, damit neue, gesunde Fasern entstehen konnten.

In den 40er Jahren wurde die Lobotomie von dem US-amerikanischen Arzt Walter Freeman (1895-1972) sowie seinem Landsmann, dem Neurochirurgen James Winston Watts (1904-1994) zur Standardmethode entwickelt. Vor allem in den Vereinigten Staaten von Amerika kam die Lobotomie zur Anwendung.

Von Walter Freeman stammten auch zahlreiche positive Berichte über den Erfolg der Lobotomie. So waren die Patienten durch den Eingriff angeblich wieder in der Lage, ein selbstständiges Leben zu führen.

Allerdings wurde Freeman vorgeworfen, die Methode zu häufig und zu exzessiv durchzuführen. Da es seinerzeit noch keine wirksamen Medikamente zur Behandlung von psychischen Krankheiten gab, erschien die Lobotomie jedoch als hilfreiches Mittel. Die negativen Folgen der Behandlungsmethode wurden von Freeman jedoch ignoriert.

Durchführung

Im Rahmen einer Lobotomie durchtrennte der Operateur die Nervenfasern, die eine Verbindung zwischen dem vorderen Stirnlappen und dem restlichen Gehirn herstellten. Zu diesem Zweck schob man durch eine Öffnung im Schädel ein dünnes Metallrohr bis zum Gehirn vor. Diese Methode nannte man Präzisionsmethode.

Bei einem anderen Verfahren, der Weiterentwicklung, die als Freemans Transorbitale Methode bezeichnet wurde, schob man ein Werkzeug, das einem Eispickel nachempfunden war, oberhalb des Augapfels bis zum Gehirn vor. Hierbei war keine Aufbohrung des Schädels notwendig und mitunter reichte für diese Methode auch eine örtliche Betäubung aus.

Tatsächlich bewirkte das Verfahren eine Besserung der psychischen Symptome. Die Lobotomie hatte jedoch den Nachteil, dass sie erhebliche Nebenwirkungen hervorrufen konnte. Dazu gehörten vor allem

Freeman sah das Ausmaß der Zerstörung betroffener Hirnbereiche erst dann als ausreichend an, wenn sich beim Patienten starke kognitive Probleme zeigten. Dies konnte er dank lokaler Betäubung leicht feststellen. Die Folgen waren für viele Betroffene jedoch so schwerwiegend, dass noch heute von deren Angehörigen die Aberkennung des Nobelpreises für Antonio Egas Moniz verlangt wird.

Aktuelle Situation

Mit der Einführung der Psychopharmaka in den 50er Jahren schwand jedoch die Bedeutung der Lobotomie. In Deutschland kommt sie seit 1970 überhaupt nicht mehr zur Anwendung.

In manchen Fällen, wie zum Beispiel bei schwerster Epilepsie, werden allerdings auch heute noch Eingriffe am Gehirn, wie das Entfernen von Hirngewebe, vorgenommen. Ebenso setzt man bei der Parkinson-Krankheit mitunter eine Elektrode in das Gehirn ein. Diese Elektrode bewirkt durch das Stimulieren von bestimmten Hirnregionen eine Linderung der Symptome.