Gründe und Verfahren einer Autopsie (Obduktion)

Unter einer Autopsie oder Obduktion versteht man eine Leichenschau. Dabei soll die Todesursache einer verstorbenen Person ermittelt werden.

Von Jens Hirseland

Der Begriff Autopsie stammt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie "das Sehen" oder "der Blick". Gemeint ist damit allgemein das Untersuchen eines Objektes mit den Augen. In den meisten Fällen handelt es sich bei einer Autopsie jedoch um eine Obduktion (Leichenschau).

Ziel und Ablauf einer Obduktion

Im Rahmen einer Obduktion wird die Leiche einer verstorbenen Person geöffnet, um

  • die genaue Todesursache zu ermitteln und
  • den Sterbevorgang zu rekonstruieren.

Eine Obduktion erfolgt in der Regel dann, wenn die Todesursache unklar ist oder Verdacht auf ein Verbrechen besteht. Kommt es zu einem Todesfall, muss der Tod von einem Arzt festgestellt werden.

  • Dabei vermerkt der Mediziner auf einem Totenschein unter anderem Ort und Zeitpunkt des Todes.
  • Kann er jedoch die genaue Todesursache nicht ermitteln oder hegt er den Verdacht, dass der Tod unnatürliche Ursachen hat, trägt er auf dem Totenschein den Vermerk "Todesursache unbekannt" ein.

Darüber hinaus müssen Polizei oder Staatsanwaltschaft verständigt werden. Besteht der Verdacht, dass der Verstorbene Opfer eines Verbrechens wurde, stellt die Polizei die Leiche sicher. Anschließend haben die Justizbehörden die Möglichkeit, eine gerichtsmedizinische Untersuchung anzuordnen.

Aus finanziellen Gründen finden heutzutage in Deutschland immer weniger Obduktionen statt. Dieser Umstand wird von der Bundesärztekammer kritisiert, da Studien zufolge rund 47 Prozent aller Angaben auf dem Totenschein durch eine Autopsie widerlegt werden. Aus diesem Grund sprechen sich die Mediziner für mehr Obduktionen aus.

Unterschiede zwischen der pathologischen und gerichtsmedizinischen Obduktion

Grundsätzlich wird zwischen zwei Arten von Obduktionen unterschieden. Dabei handelt es sich um die pathologische (klinische) sowie die gerichtsmedizinische Sektion. Je nach Todesursache und der Komplexität der Untersuchung nimmt eine Obduktion meist zwei bis drei Stunden in Anspruch.

Gerichtsmedizinische Obduktion

Wie bereits erwähnt, haben die Justizbehörden wie Staatsanwaltschaft oder Gericht die Möglichkeit, eine gerichtsmedizinische Obduktion zu veranlassen. Dies ist dann der Fall, wenn

Aber auch bei ungeklärter Todesursache erfolgt meist eine gerichtlich angeordnete Autopsie.

Rechtliche Grundlage für eine gerichtsmedizinische Obduktion sowie eine Exhumierung bildet in der Bundesrepublik Deutschland der Paragraph 87 der Strafprozessordnung. Für die Durchführung einer gerichtsmedizinischen Obduktion sind zwei Ärzte erforderlich. Einer von ihnen ist Facharzt für Rechtsmedizin.

Nicht durchgeführt werden darf eine gerichtsmedizinische Obduktion von dem behandelnden Arzt des Verstorbenen, da prinzipiell jede Kontaktperson als verdächtig gilt. Man kann ihn lediglich zur Autopsie hinzuziehen.

Pathologische Obduktion

Für eine pathologische Obduktion ist in der Regel ein Pathologe zuständig. Die Pathologie befasst sich mit krankhaften und abnormen Zuständen des Körpers sowie deren Ursachen. Zu den Aufgaben eines Pathologen gehört auch die Durchführung von klinischen Obduktionen. Dabei stellt er im Rahmen einer inneren Leichenschau die Todesursache sowie Vorerkrankungen der verstorbenen Person fest.

Im Unterschied zur gerichtsmedizinischen Obduktion erfolgt der Antrag auf eine pathologische Leichenschau in den meisten Fällen durch den behandelnden Arzt des Verstorbenen. Eine pathologische Autopsie kann nur dann stattfinden, wenn der Tod des Verstorbenen auf natürliche Weise, also zum Beispiel durch

erfolgte. Durch eine pathologische Untersuchung lassen sich mitunter Hinweise auf familiäre Risikofaktoren finden. Gelegentlich werden sie auch bei Versicherungsfragen durchgeführt.

Anatomische Sektion

Eine weitere Form von Leichenschau ist die so genannte anatomische Sektion. Dabei wird eine Leiche zur Ausbildung von Medizinern obduziert. Dieses Verfahren geschieht mit Einwilligung der verstorbenen Personen. Das heißt, dass diese schon zu Lebzeiten mit einer anatomischen Obduktion einverstanden waren.

Die unterschiedlichen Vorgehensweisen einer Obduktion

Bei einer Obduktion kommen unterschiedliche Verfahrensweisen zur Anwendung. Dazu gehören vor allem die äußere und die innere Besichtigung.

Äußere Besichtigung

Zu Beginn der Autopsie wird die Leiche der verstorbenen Person genau inspiziert. Dabei halten die untersuchenden Mediziner

  • Gewicht
  • Größe
  • Hautkolorit und
  • Ernährungszustand

fest. Ebenfalls vermerkt werden

  • Farbe und Lokalisation der Totenflecke sowie
  • die Ausprägung der Totenstarre.

Das Gleiche gilt für

Besonders wichtig ist eine genaue äußere Beschreibung bei einer gerichtsmedizinischen Obduktion. So liegt dabei das Augenmerk auf

  • eventuellen Verletzungen wie Stichwunden, Schusswunden oder Würgemalen.
  • Eine Rolle spielen zudem Bekleidung und Schmuckstücke des Toten.
  • Für das Untersuchen von unbekannten Verstorbenen sind neben der Kleidung auch der Zahnstatus und die Körpergröße wichtig.

Durch eine äußere Besichtigung lassen sich zudem Hinweise auf äußere Einwirkungen finden.

Innere Besichtigung

Im Rahmen einer inneren Besichtigung werden

  • die Schädelhöhle
  • die Bauchorgane sowie
  • die Brust- und Halsorgane

der Leiche untersucht. Paragraph 89 der Strafprozessordnung sieht sogar vor, dass alle drei Körperhöhlen und die Organe bei einer gerichtsmedizinischen Obduktion freigelegt werden müssen. Nach dem Freilegen beurteilen die Mediziner die Organe nach ihrer

  • Farbe
  • Form
  • Größe
  • Kohärenz und
  • Konsistenz.

Liegen Veränderungen vor, die von der Norm abweichen, müssen diese im Obduktionsbericht vermerkt werden. Von wichtigen Organen entnehmen die Mediziner kleine Proben für weitergehende mikroskopische oder mikrobiologische Untersuchungen. Für rechtsmedizinische Gutachten erfolgen auch Blut- und Urinentnahmen der Leiche für toxikologische Untersuchungen.

Schnitte

Bei einer inneren Besichtigung werden bestimmte Schnitte wie der Y-Schnitt oder der T-Schnitt vorgenommen.

  • Der Y-Schnitt verläuft schräg von den beiden Schlüsselbeinen zum Brustbein hin und in gerader Form weiter zum Schambein.

  • Als Alternative kommt auch der T-Schnitt infrage. Dieser erfolgt etwas bogenförmig quer von einer Schulter zur anderen. Danach wird ein zweiter Schnitt abwärts zum Schambein vorgenommen.

Diese Schnittführungen ermöglichen es dem Gerichtsmediziner oder Pathologen, an sämtliche Organe von Bauch- und Brustraum zu gelangen.

Nach der Obduktion

Ist die innere Obduktion beendet, erhält der Tote die entnommenen Gewebe und Organe wieder zurück und die Hautschnitte werden vernäht. Aus technischen Gründen setzt man die Organe in die Bauchhöhle ein. Auf diese Weise wird eine Abschiednahme am offenen Sarg ermöglicht.

Nach der Entnahme von Proben erfolgt deren Untersuchung unter einem Mikroskop oder mikrobiologisch.

  • Handelt es sich um eine gerichtsmedizinische Autopsie, bestimmt man mögliche Drogen, Medikamente oder Giftstoffe.
  • Mitunter sind spezielle Untersuchungen wie beispielsweise eine DNA-Analyse erforderlich.
  • In den letzten Jahren kommen auch moderne Messverfahren wie eine Computertomographie (CT) oder eine Streifenlichttopographie bei Obduktionen zur Anwendung.

Virtopsy

Zu den modernen forensischen Verfahren zählt die so genannte Virtopsy, bei der auf eine Sektion der Leiche verzichtet wird. Stattdessen nutzt man photogrammetrische Digitalaufnahmen sowie Laserscan-Daten, um ein virtuelles Abbild des Körpers zu erstellen. Anschließend erfolgt die Untersuchung des Körperinneren mit einer Computertomographie oder Kernspintomographie (MRT).

Obduktionsbericht

Bei einer Autopsie wird ein Obduktionsbericht angefertigt. Von besonderer Bedeutung dabei ist der deskriptive Teil des Berichts. Dabei handelt es sich um eine objektive Beschreibung der Organsysteme. Fachkundige können später aus dem Bericht sämtliche pathologisch-anatomischen Diagnosen erfassen und falls nötig korrigieren.

Prinzipiell ähneln sich die pathologischen und gerichtsmedizinischen Verfahren sehr. Allerdings sieht man bei pathologischen Sektionen davon ab, toxikologische Untersuchungen durchzuführen. Außerdem wird auch auf das Bestimmen der Körpertemperatur verzichtet, das dazu dient, den genauen Zeitpunkt des Todes festzustellen.