Später Kinderwunsch - was ist medizinisch machbar und sinnvoll?

Neue medizinische Möglichkeiten verstärken den Trend zur aufgeschobenen Schwangerschaft

Von Dörte Rösler
16. Juli 2015

Schwanger mit 35? Immer mehr Frauen nähern sich bereits den magischen 40, wenn sie das erste Kind erwarten. Neue medizinische Möglichkeiten verstärken diesen Trend: Dank Social Freezing und Gebärmuttertransplantation gibt es mehr Spielräume bei der Familienplanung. Was ist machbar - und wie sinnvoll sind die Methoden der modernen Reproduktionsmedizin?

Schwanger ohne Sex

Die meisten Babys werden noch immer auf traditionellem Wege gezeugt. Theoretisch kann eine Frau heute aber ohne Sex schwanger werden, körperlicher Kontakt mit dem Vater ihres Kindes ist nicht mehr erforderlich. Lesbische Paare nutzen etwa die Möglichkeit, per Samenspende ein Kind zu bekommen.

Künstliche Befruchtung hilft außerdem Paaren, die aus biologischen Gründen keinen Nachwuchs zeugen können. Mit Social Freezing, dem Einfrieren von Eizellen, steht Frauen ein weiterer Weg offen.

Wie funktioniert Social Freezing?

Das Einfrieren von Eizellen wurde ursprünglich entwickelt, damit Krebspatientinnen nach einer keimschädigenden Chemotherapie noch Kinder bekommen können. Mittlerweile interessieren sich aber auch viele gesunde Frauen für das Verfahren. In einer aktuellen Umfrage bestätigten 27 Prozent der Teilnehmerinnen, dass sie ihre Eizellen gern einfrieren lassen würden.

Die neue Freiheit in der Familienplanung ist aber biologisch riskant. Und teuer. Um ausreichend Eizellen für eine spätere Befruchtung zu bekommen, muss die Frau in aller Regel Hormone einnehmen. Häufig kommt es dabei zu einer Überstimulation. Folge: die Eierstöcke vergrößern sich, im Bauch sammelt sich Flüssigkeit. Neben Schmerzen leiden viele Frauen während der Behandlung an Übelkeit.

Anschließend entnimmt der Arzt unter einer Kurznarkose mehrere Eizellen und friert diese in flüssigem Stickstoff ein. Meist braucht es zwei Behandlungszyklen, bis die erforderlichen 30 Eizellen beisammen sind. Die Kosten summieren sich so schnell auf mehrere Tausend Euro, zuzüglich von einigen Hundert Euro Lagerkosten pro Jahr.

Unter dem Begriff "Social Freezing" bieten daher Unternehmen ihren jungen Mitarbeiterinnen an, die Rechnung für das Eizelleinfrieren zu übernehmen - damit die Frauen ihren Kinderwunsch zugunsten der Karriere nach hinten schieben können.

Dabei haben die Frauen keine Garantie, dass die tiefgefrorenen Eizellen später auch tatsächlich befruchtet werden können. Ein entscheidender Faktor ist das Alter der Frau: ab 35 Jahren ist das Einfrieren nicht mehr erfolgversprechend. Gerade in diesem Alter denken die meisten Frauen aber erst an Familienplanung.

Gebärmutter transplantieren

Die Transplantation einer Gebärmutter ist noch medizinisches Neuland. Dass es möglich ist, mit einer Spender-Gebärmutter ein Kind zu bekommen, haben schwedische Ärzte aber schon bewiesen. Sie konnten einer jungen Frau, die ohne Gebärmutter auf die Welt gekommen war, ihren Babywunsch erfüllen.

Theoretisch könnten also auch andere Frauen, etwa im Alter oder nach einer Gebärmutterentfernung, nochmals frisch schwanger werden. Für den Körper ist der Eingriff jedoch extrem belastend. Zudem muss die Frau während der Schwangerschaft starke Medikamente einnehmen, damit ihr Organismus das fremde Organ nicht wieder abstößt. Zur normalen Familienplanung taugt die Methode deshalb nicht.