Alopecia androgenetica - Hormonell-erblich bedingter Haarausfall

Als Alopecia androgenetica bezeichnet man die am häufigsten auftretende Form von Haarausfall, den hormonell-erblich bedingten Haarausfall. Dabei ist der Haarausfall genetisch vorbestimmt. Dabei reagieren die Haarwurzeln überempfindlich auf das Steroidhormon Dehydrotestosteron (DHT). Es gibt unterschiedliche Behandlungsansätze; eine Vorbeugung ist nicht möglich. Informieren Sie sich hier ausführlich über den hormonell-erblich bedingten Haarausfall.

Von Jens Hirseland

Alopecia androgenetica (AGA) wird auch androgenetische Alopezie oder anlagebedingter Haarausfall genannt. Bei 95 Prozent aller Männer und Frauen ist diese Form ursächlich für den Ausfall der Haare.

Ursachen

Frei übersetzt bedeutet Alopecia androgenetica "Haarausfall aufgrund männlicher Hormone". Das heißt, der Ausfall der Haare entsteht durch eine veranlagungsbedingte hohe Empfindlichkeit der Haarfollikel gegen Androgene, männliche Sexualhormone.

Der Haarausfall ist genetisch vorbestimmt. Darüber hinaus ist das Lebensalter von großer Bedeutung. Je älter der Betroffene wird, desto mehr nimmt der anlagebedingte Haarausfall zu. Eine wichtige Rolle spielen auch familiäre und typbedingte Veranlagungen.

Die Haarwurzeln reagieren überempfindlich auf das Steroidhormon Dehydrotestosteron (DHT). Durch das Dehydrotestosteron werden die Haarfollikel verkleinert, was zu einer Einschränkung ihrer Produktion führt. Dies hat jedoch zur Folge, dass die Haare rascher ausfallen, was bei Männern und Frauen gleichermaßen eintritt.

Symptome und Verlauf

In den meisten Fällen beginnt der anlagebedingte Haarausfall im Alter zwischen 30 und 40 Jahren. Mitunter kann er sogar bereits während der Pubertät einsetzen. Zunächst macht sich der Haarausfall an den Stirnhöckern sowie am Scheitel bemerkbar.

Typisch sind die so genannten Geheimratsecken. Im schlimmsten Fall kommt es zu einer Glatze.

Eine androgenetische Alopezie ist keine Krankheit im eigentlichen Sinne, sondern gilt eher als Normvariante. So leiden in Europa etwa 60-80 Prozent aller Männer unter Alopecia androgenetica. Aus diesem Grund werden die Kosten für eine medizinische Behandlung des Haarausfalls von den Krankenkassen nicht erstattet.

Welchen Verlauf ein anlagebedingter Haarausfall nimmt, lässt sich nicht vorhersagen. So kann eine Glatzenbildung weniger stark ausgeprägt sein, als dies bei Verwandten der Fall ist. Genauso gut kann sie aber auch stärker ausfallen.

Als gewisse Anhaltspunkte gelten Altersvergleiche. Hat zum Beispiel ein Sohn im Alter von 20 oder 30 Jahren eine ähnliche Haardichte wie sein Vater, ist davon auszugehen, dass auch im späteren Alter seine Haarstruktur der des Vaters ähnelt.

Bei Alopecia androgenetica unterscheidet man zwischen der männlichen und der weiblichen Form. Bei Männern kommt es durch die Hormone zu einer Vermehrung der Talgdrüsen auf dem Kopf einerseits und einem gesteigerten Wachstum im Bartbereich andererseits. Die Vermehrung der Talgdrüsen hat jedoch den Verlust von Haaren zur Folge, was sogar zu einer Glatzenbildung führen kann.

Bei Frauen dagegen lichtet sich nur das Haupthaar. Oftmals kommt es bei Frauen, die von Alopecia androgenetica betroffen sind, zu einem maskulinen Behaarungstyp. Das heißt, dass bei ihnen Haare im Gesichtsbereich, an den Unterschenkeln oder an den Zehen wachsen.

Behandlung

Bis heute gibt es keine wirksame Methode, um einem anlagebedingten Haarausfall vorzubeugen. Weder Reinigung noch Pflege der Haare haben eine Auswirkung auf ihren Ausfall. Es gibt zwar im Handel zahlreiche kosmetische Haarwuchsmittel wie Haarwasser, Cremes, Lotionen oder Kuren, deren Wirksamkeit ist jedoch wissenschaftlich nicht erwiesen.

Durch neue Medikamente ist es immerhin möglich, den Haarausfall zu stoppen. Mit diesen lässt sich der Ist-Zustand erhalten und eine Verdickung der dünner gewordener Haare erreichen. Daher sollte so früh wie möglich mit einer regelmäßigen medikamentösen Behandlung begonnen werden.

Werden die Medikamente abgesetzt, dann schreitet auch der Haarausfall weiter voran. Damit der menschliche Körper wenig belastet wird, sollte man mit Haartinkturen anfangen, die direkt auf die Kopfhaut aufgetragen werden. Nach knapp drei bis sechs Monaten zeichnen sich normalerweise die ersten Ergebnisse ab. Führen die Tinkturen nicht zu dem erwünschten Erfolg, können auch Tabletten eingesetzt werden.

Haare an bereits kahlen Stellen wieder wachsen zu lassen, ist jedoch nur teilweise möglich, denn die Verkleinerung der Haarfollikel lässt sich normalerweise nicht rückgängig machen. Haare, die einmal ausgefallen sind, wachsen nicht wieder nach.

Bei Frauen benutzt man meist Hormonpräparate, wie beispielsweise Verhütungsmittel, sowie östrogenhaltige Mittel, die lokal aufgetragen werden. Bringen die Behandlungsmaßnahmen keinen Erfolg, besteht die Möglichkeit einer Haartransplantation.

Medikamente für die Behandlung

Für beide Geschlechter

Als rezeptfreie Haartinktur ist 17-Alpha-Estradiol erhältlich. Durch das enthaltene Östrogen wird eine Umwandlung des Testosterons in seine aktive Form (Dihydrotestosteron oder DHT) verhindert.

Die Tinktur sollte pro Tag einmal angewendet werden. Studien des Herstellers haben bei knapp 80 Prozent der Testpersonen einen Erfolg nachgewiesen.

Minoxidil ist ebenfalls eine Haartinktur, die jedoch zweimal pro Tag angewendet werden soll. Die genau Wirkungsweise der Tinktur ist bisher noch nicht bekannt.

Es wird vermutet, dass die Durchblutung und damit auch das Haarwachstum angeregt wird. Nach Angaben des Herstellers soll Minoxidil in zwei Drittel der Fälle den Haarausfall schon nach acht Wochen stoppen.

Für den Mann

Bei dem als Tablette erhältlichen Mittel Finasterid wird wie bei der Haartinktur 17-Alpha-Estradiol die Umwandlung des Testosterons verhindert. Studien, die der Hersteller durchgeführt hat, ergaben, dass bei sechs von sieben behandelten Männern der Haarausfall gestoppt wurde.

Für die Frau

Frauen in der Geschlechtsreife, die gleichzeitig mit der Pille verhüten, können Kombinationspräparaten aus Östrogenen mit speziellen Gestagenen einnehmen. Gestagene wirken dem Testosteron entgegen. Sehr gute Erfolge ergaben die Kombinationen von Chlormadinon mit Ethinylestradiol oder Mestranol und auch Dienogest mit Ethinylestradiol.

Frauen nach den Wechseljahren sollten die Einzelpräparate Chlormadinon, Dienogest oder Cyproteron anwenden.

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