Canyoning - Merkmale, Voraussetzungen und praktische Tipps

Canyoning ist eine sehr anspruchsvolle und mit großen Gefahren verbundene Freizeitsportart. Deshalb sollte sich darin nur versuchen, wer über die nötigen Voraussetzungen und Kenntnisse verfügt. Auch dem erfahrenen Canyonisten ist anzuraten, sich einer möglichst geführten Gruppe anzuschließen. Beim Canyoning geht es im Wesentlichen darum, natürliche und oft seit Jahrtausenden bestehende Schluchten von oben nach unten zu durchwandern, zu durchklettern oder zu durchschwimmen. Lesen Sie alles Wissenswerte rund um das Canyoning.

Von Kathrin Schramm

Canyoning - Merkmale und Bestandteile

Canyoning, auch Schluchteln oder Schluchtenwandern genannt, beschreibt die Begehung einer Schlucht von oben nach unten. Dabei werden unterschiedliche Fortbewegungsmethoden angewandt, wie

  • Abklettern
  • Abseilen
  • Rutschen
  • Springen
  • Schwimmen und
  • Tauchen.

Es handelt sich um eine anspruchsvolle und herausfordernde Trendsportart, die sich in den letzten Jahren zunehmender Beliebtheit erfreut. Nicht nur die hohen körperlichen und psychischen Anforderungen, die an die Sportler gestellt werden, machen sie jedoch zu etwas ganz Besonderem, sondern auch die Kulisse, in der sie durchgeführt wird.

Canyoning ist nicht überall beliebig durchführbar. Bestimmte Voraussetzungen müssen erfüllt sein, die gar nicht so einfach vorzufinden sind. Zudem muss noch die Infrastruktur stimmen.

Ende der 90er Jahre galt das Canyoning in Südfrankreich und Spanien als Erlebnissportart. Es verbreitete sich auch in den Nordalpen. In den USA kennt man den Sport eher als Canyoneering.

Voraussetzungen für das Canyoning

Wer das Canyoning zu seinem Hobby machen möchte, sollte in mehreren Bereichen fit sein.

Körperliche Voraussetzungen

Beim Canyoning sind viele unterschiedliche Kenntnisse gefragt. Wer sich auf den Weg macht, der sollte ein geübter Kletterer sein, jedoch flexibel genug reagieren können, um von den im herkömmlichen Bergklettern erlernten Techniken abzuweichen.

Für den Teil des Canyoning, der im Wasser stattfindet, muss der Sportler schon ein überdurchschnittlich guter und furchtloser Schwimmer sein. Eine Überschätzung der eigenen Fähigkeiten kann schnell dazu führen, dass man sich in Lebensgefahr begibt.

Sportler, die das Canyoning erlernen und betreiben möchten, sollten körperlich ganz gesund und besonders leistungsfähig sein. Dabei spielen Kraft und Ausdauer gleichermaßen eine Rolle.

Gute Trittsicherheit ist eine weitere Voraussetzung. Wer Höhenangst oder Schwindelgefühle hat, kann kein Canyoning betreiben.

Zwei Menschen schwimmen in Neoprenanzügen in grünlichem Wasser zwischen Felsen, einer im roten und einer im blauen Helm
Zwei Menschen schwimmen in Neoprenanzügen in grünlichem Wasser zwischen Felsen, einer im roten und einer im blauen Helm

Technische Voraussetzungen: Theorie kommt vor der Praxis

Das Canyoning besteht in erster Linie aus einer Menge Theorie. Diese lässt sich nicht im Verlauf des Wegs erlernen, sondern muss schon vor Beginn des Antritts in den Canyon erlernt und verinnerlicht sein. Nur wer über ein solides und sicheres Wissen verfügt, kann dieses auch unter Druck und in kritischen Situationen richtig einsetzen. Dazu gehört auch das Erkennen und Analysieren dieser Situationen selbst.

In einer guten Schule wird sehr viel Wert darauf gelegt, dass alle Teilnehmer exzellent ausgestattet und mit dem notwendigen Wissen zur Tour aufbrechen. Deshalb stehen zuerst einige Theoriestunden auf dem Programm.

Hier werden Material und verschiedene Techniken erklärt, so dass die Teilnehmer auch wissen, wie sie ihre Gerätschaften auf der Tour einsetzen und zu ihrer eigenen Sicherheit nutzen können.

Viele

  • Techniken
  • Griffe
  • Knoten oder
  • Abläufe

müssen mehrfach geübt werden. In manchen Schulen gibt es dazu eigene Übungswände, an denen der praktische Teil des Unterrichts stattfinden kann. Auch die Sicherung mit und ohne Partner wird hier geübt.

Sehr wichtig ist es für die Ausbilder, bei all ihren Kursteilnehmern ein hohes Bewusstsein dafür zu schaffen, wie anspruchsvoll und gefährlich ihr Unterfangen ist. Niemand sollte unwissentlich leichtsinnig seine Gesundheit und sein Leben riskieren.

Seil- und Wildwassertechniken

Zu den notwendigen Seiltechnik gehört

  • das Abseilen
  • das Verständnis von lösbare Systeme und
  • der richtige Umgang mit dem jeweiligen Material.

Als Wildwassertechnik wird die Fähigkeit bezeichnet, Strömungsformen zu erkennen, zu analysieren und richtig zur Fortbewegung zu nutzen. Gegebenenfalls müssen Strömungen und Strudel auch zuverlässig gemieden werden.

Meteorologische Kenntnisse

Kenntnisse in Meteorologie sind vor dem Einstieg in einen Canyon unabdingbar. Nur wer das Wetter und seine Einflüsse auf das Wasser richtig einschätzt, kann auch sicher sein. Wetterumschwünge können zum Beispiel zum minutenschnellen Anstieg von ansonsten harmlosen Flüssen in einer Schlucht führen, die die Teilnehmer in Lebensgefahr bringen.

Erste-Hilfe-Maßnahmen beherrschen

Gute Kenntnisse in Erster Hilfe sind grundsätzlich notwendig, damit auch kleinere und ungefährliche Verletzungen fachgerecht behandelt werden können. Ferner sollte jeder Teilnehmer gelernt haben, wie er sich im Gelände unabhängig orientieren kann. Die eigene Ausrüstung muss gepackt, gewartet und richtig zusammen gestellt werden können.

Sportler im Kajak kurz vor Wasserfall
Sportler im Kajak kurz vor Wasserfall

Praktische Tipps

Mönchte man das Canyoning einmal ausprobieren, sollte man sich folgende Ratschläge zu Herzen nehmen.

Den richtigen Anbieter finden

Wer sich fürs Canyoning geeignet findet, der sollte sich nach einem guten Event-Anbieter mit angeschlossener Canyoning Schule umsehen. Hilfreich ist es, dabei die gewünschte Urlaubsregion schon etwas einzugrenzen.

Meist finden sich bei der Internetsuche dann schnell die gewünschten Anbieter. Wer in der Wahl seiner Urlaubsregion komplett frei ist, dem eröffnet sich natürlich eine noch größere Auswahlmöglichkeit.

Canyoning wird meist nur in den Sommermonaten angeboten. Gerade in der Ferienzeit kann es daher sinnvoll sein, bereits vor Eintreffen am Urlaubsort den Kontakt zur Schule zu suchen, sich über den geeigneten Kurs beraten zu lassen und sich bereits vorab einen der begehrten Plätze zu reservieren.

Geeignete Orte

Wichtigste Voraussetzung für das Canyoning ist das Vorhandensein einer geeigneten Schlucht. Denn ohne hohe Felswände und unwegsames Gelände, das von Wasser durchzogen wird, ist kein Canyoning möglich.

Mancherorts jedoch wird auf das Wasser verzichtet: besonders in den Sommermonaten kann eine etwas reduzierte Form des Canyoning auch in Schluchten durchgeführt werden, deren Grundbäche so wenig Wasser führen, dass die hauptsächliche Aktivität sich aufs Wandern und Klettern beschränkt.

Schluchten in Europa

Schluchten finden sich vorwiegend in alpinem oder voralpinem Gelände. In Europa finden sich einige der bekanntesten und berühmtesten Schluchten im südfranzösischen Raum, entlang der gebirgigen Ausläufer zahlreicher Massive und Bergketten. Doch auch die Schweiz und Österreich haben einige anspruchsvolle und gut erschlossene Schluchten zu bieten.

Wenn Sie sich fürs Canyoning interessieren, dann suchen Sie nicht nur nach den regionalen Gegebenheiten. Besonders Einsteiger in die gefährliche Sportart sind auf eine gute Betreuung und Einweisung angewiesen.

Es sollte also auch ein professioneller Anbieter vorhanden sein, der das Begehen der ausgewählten Schlucht ermöglicht und anleitet. Solchen Anbietern sind meist Schulen angegliedert, in denen das nötige Praxiswissen schrittweise erworben werden kann.

Lassen Sie sich bei der Buchung Ihres Urlaubs also nicht nur primär von den natürlichen Gegebenheiten leiten, sondern suchen Sie vor allem nach guten Anbietern und einer seriösen Infrastruktur.

Die richtige Ausrüstung

Das Canyoning ist eine wenig verbreitete und sehr anspruchsvolle Sportart. Wer nicht gut vorbereitet ist, die Zeichen der Natur missachtet oder über eine unzureichende Ausrüstung verfügt, der kann sich leicht in Lebensgefahr begeben. Neben dem Bewusstsein für den eigenen Körper, dessen Leistungsfähigkeit und vor allem Leistungsgrenzen, sollte das Hauptaugenmerk deshalb der Vollständigkeit und Qualität der Ausrüstung gelten.

Übrigens: Wenn Sie ins Canyoning einsteigen möchten, dann können Sie meist vor Ort bei einem professionellen Anbieter Kurse für verschiedene Leistungsstufen belegen. Im Rahmen dieser Kurse kann die benötigte Ausrüstung meist geliehen werden.

Dieses Equipment sollten Sie unbedingt dabei haben:

Neoprenkleidung

Zum Schutz vor Wasser und Kälte ist Neoprenkleidung notwendig. Sie besteht meist aus einer langbeinigen Neoprenhose im Overallstil und einer dazu gehörigen Jacke.

Die Stärke des Neoprens sollte mindestens 3 Millimeter sein; dünneres Material bietet weniger Kälteschutz und weniger Auftrieb beim Schwimmen. Um die Füße warm zu halten, sind Neoprensocken geeignet.

Kletterausrüstung

Zusätzliche Spezialschuhe zum Klettern und Canyoning sind notwendig. Zur Kletterausrüstung gehört der Canyoninggurt, der sich vom herkömmlichen Klettergurt unterscheidet.

Dazu benötigen Sie einige HMS-Karabiner und pro Mannschaft mindestens ein Abseilgerät mit Klappschlinge. Für den Aufstieg am Seil werden spezielle Geräte benötigt wie ein Shunt oder TiBlock.

Messer, Verbandsmaterial und Co.

Ein stumpfes Kappmesser mit Wellenschliff und eine Ambossschere runden die Ausrüstung ab. Um Verbandsmaterial, Mobiltelefon und andere Notfallausrüstung wie Signalpfeife und Signalraketen zu transportieren, sollte eine wasserdichte Tonne mitgeführt werden.

Die Arbeitsseile müssen so lang sein, wie die höchste Abseilstelle hoch ist; das Notseil muss die Länge der längsten Stelle überbrücken können. Zusätzlich wird ein Handbohrset benötigt sowie Verankerungen und Schlingenmaterial. Pro Person ist ein Canyoningtauglicher Rucksack mitzuführen.

Den richtigen Umgang beherrschen

Ist die Ausrüstung komplett und gut gewartet, dann kann sie nicht nur vor schlimmeren Unfällen bewahren, sondern auch für viel Spaß auf der Tour sorgen. Dennoch sollte jeder Teilnehmer beim Canyoning nicht nur einfach mitgehen, sondern sich bereits im Vorfeld mit den Funktionen und dem Nutzen seiner Ausrüstung sehr gut vertraut machen. Wer im Ernstfall nicht weiß, wie er seine Ausrüstung einsetzen soll, der begibt sich sehr schnell in große Gefahr.

  • Bertram Winkler und Gert Spilker Canyoning, Conrad Stein Verlag GmbH, 1996, ISBN 3893921311
  • Stefan Hofmann und Guido Ellert Canyoning. Ein Lehr- und Lernbuch. Ausrüstung, Technik, Canyons (Alpine Lehrschrift): Ein Lehr- und Lernbuch. Ausrüstung, Technik, Canyons, Bergverlag Rother, 2008, ISBN 3763360077
  • Georg Fernsebner und Wolfgang Huber Faszination Wildwasser: Wildwasserschwimmen, Rafting, Canyoning. Gefahren, Sicherheit, Rettung, Tyrolia Verlaganstalt, 1998, ISBN 3702221549
  • Thomas Gut Handbuch Canyoning: Planung, Canyoning mit Kindern? Ausrüstung, Veranstalter, Canyonkunde, Die besten Canyongebiete, Reise Know-How Verlag Rump, 2002, ISBN 3831710449

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