Sind BCAAs schuld an Insulinresistenz?

Mediziner sprechen von einer Insulinresistenz, wenn Zellen im menschlichen Körper nur noch gering oder gar nicht auf die Ausschüttung des Hormons Insulin reagieren. Dies kann in erster Linie auf Zellen in der Muskulatur, Leber und im Fettgewebe zutreffen. Die verringerte Reaktion beeinträchtigt die Wirkung von Insulin. Dabei ist es weniger wichtig, ob das Hormon vom Körper gebildet oder extern zugeführt wurde. Die Insulinresistenz gilt als Hauptursache für die Erkrankung an Typ-2-Diabetes.

Von Andreas Hadel

Bisher waren die Gründe für das Entstehen einer Insulinresistenz weitestgehend unklar. Eine Studie hat nun wichtige Anhaltspunkte geliefert, die für einen Durchbruch in der Prävention von Diabetes sorgen könnten.

Aminosäuren in Kombination mit fetthaltigem Essen ein Risikofaktor?

Übergewichtige Personen speichern deutlich mehr verzweigtkettige Aminosäuren (BCAA, engl. Branched-chain Amino Acids) in ihren Zellen, als Personen mit Normalgewicht. Wissenschaftler leiteten unter anderem aus dieser Beobachtung die Vermutung ab, dass diese Aminosäuren in Kombination mit einer stark fetthaltigen Ernährung das Entstehen einer Insulinresistenz begünstigen könnte.

Forscher vom medizinischen Zentrum der "Duke University" konnten vor kurzem in einem Tierversuch den Verdacht erhärten. Sie fanden heraus, dass die BCAA-Signature bei Übergewichtigen aus den eigentlichen verzweigtkettigen Aminosäuren plus eine Ansammlung von unterschiedlichen Stoffwechselprodukten, die in Beziehung mit BCAA-Abbauprozessen stehen.

Überladung des metabolen Systems

Die Tatsache, dass eine erhöhte Anzahl an Stoffwechselprodukten vorliegt, deuten die Wissenschaftler als Zeichen dafür, dass das gesamte metabole System überladen ist. In den Versuchen, die an Ratten durchgeführt wurden, haben solche erhöhten Werte zu solchen Veränderungen in Zellen geführt, die eine Insulinresistenz zur Folge haben könnten.

Die positiven Aspekte BCAA-haltiger Nahrungsmittel

Das Forscherteam der Duke-Universität betonte aber, dass es nicht grundsätzlich falsch ist, BCAA-haltige Nahrungsmittel zu essen. Eher gilt Gegenteiliges, denn BCAA ist ein Sammelbegriff für die essentiellen Aminosäuren Leucin, Isoleucin und Valin. Diese drei Aminosäuren spielen für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Menschen eine besondere Rolle, da sie die Ausschüttung verschiedener Hormone (u.a. Insulin und STH) direkt beeinflussen und deshalb für viele Zellaufbauprozesse von großer Bedeutung ist.

Mehrere Studien haben gezeigt, dass Sportler, die zusätzlich zu einer ausgewogenen Ernährung dreimal täglich BCAAs supplementieren,

  • schwerer und länger trainieren können und
  • sich schneller von Belastungsphasen erholen.

Für Trainierende ohne Wettkampfambitionen ist die Beobachtung interessant, dass BCAAs offenbar

  • das Immunsystem stärken und
  • die Stärke von Muskelkater spürbar reduzieren kann.

Wichtig ist die Gesamtkalorienzahl

Trotz der vielen positiven Eigenschaften und der herausragenden Stellung, die BCAA für einen gut funktionierenden Organismus hat, tritt irgendwann ein Kippeffekt ein. Nämlich dann, wenn mehr Kalorien konsumiert werden, als der Körper benötigt und BCAAs als Fette abgelegt werden müssen.

Die Versuche mit den Ratten zeigte, dass die Tiere, die eine mit BCAAs angereicherte und stark fetthaltige Diät ebenso eine Insulinresistenz entwickelten wie die Tiere, die weitaus mehr Fettkalorien konsumierten.

Mit anderen Worten: Wenn Sie eine proteinreiche Ernährung mit vielen Fetten befolgen, so wie es etwa die Atkins-Diät vorschlägt, müssen Sie sehr genau auf Ihre Gesamtkalorienzufuhr achten, wenn Sie trotz bewusster Ernährung nicht dem gleichen Risiko ausgesetzt sein wollen, wie es stark übergewichtige Menschen sind.

Weitere Studien müssen nun zeigen, inwiefern die Ergebnisse von den Tierversuchen auf den Menschen übertragbar sind.