Presbyopie (Alterssichtigkeit)

Ursachen, Merkmale und Behandlung

Verringert sich mit zunehmendem Alter die Brechkraft der Augenlinse, spricht man von einer Presbyopie oder Alterssichtigkeit. Nah entfernte Objekte können Betroffene nicht mehr scharf erkennen, ähnlich wie bei einer gewöhnlichen Weitsichtigkeit. Die Sehstörung betrifft meist Menschen ab einem Alter von etwa 45 Jahren und kann durch das Tragen einer Sehhilfe behoben werden. Erfahren Sie hier alles Wissenswerte rund um die Altersweitsichtigkeit.

Von Jens Hirseland

Presbyopie - Krankheitsbild

Von einer Alterssichtigkeit oder Altersweitsichtigkeit ist die Rede, wenn Menschen mit zunehmenden Alter Schwierigkeiten haben, Zahlen und Buchstaben zu lesen und das Buch oder die Zeitschrift weiter von sich weg halten müssen, um den Text erkennen zu können. Die Mediziner sprechen dann von einer Presbyopie.

Die Presbyopie ist jedoch kein krankhafter Zustand. Auch eine klassische Fehlsichtigkeit wie bei konventioneller Weitsichtigkeit oder Kurzsichtigkeit ist nicht gegeben.

Stattdessen wird die Altersichtigkeit durch den Alterungsprozess der Augenlinse hervorgerufen. In der Regel zeigt sich die Presbyopie ab dem 45. Lebensjahr. Durch das Tragen einer entsprechenden Brille kann das Problem behoben werden.

Veränderungen der Augenlinse

Schon am ersten Tag des Lebens beginnen physiologische Veränderungen an der Augenlinse. Die Linse sorgt für das Anpassen der Brechkraft des Auges. Dadurch lassen sich Objekte in verschiedenen Entfernungen gut erkennen.

Krümmt sich die Linse stärker, führt dies zum Ansteigen der Brechkraft. Gegenstände, die nicht weit entfernt sind, erscheinen scharf auf der Netzhaut (Retina).

Liegt ein abgeflachter Zustand vor, verringert sich die Brechkraft der Augenlinse. Dadurch lassen sich wiederum weiter entfernte Objekte scharf sehen. Das Einstellen der Sehschärfe trägt die Bezeichnung Akkommodation.

Ursachen der Presbyopie

Über spezielle Linsenaufhängefasern (Zonulafasern) besteht eine Verbindung zwischen der Augenlinse und dem Ziliarmuskel (Strahlenkörpermuskel), der die Form eines Ringes aufweist. Werden nahe Gegenstände wahrgenommen, führt dies zum Zusammenziehen des Ziliarmuskels.

Infolgedessen erschlaffen die Zonulafasern und wegen ihrer eigenen Elastizität erhöht sich die Wölbung der Augenlinse. Gleichzeitig wird auch die Brechkraft der Linse verstärkt.

Bis zum zehnten Lebensjahr verfügt die Augenlinse über eine hohe Elastizität. Danach setzt jedoch allmählich eine Verhärtung des starren Linsenkerns ein, der sich vergrößert. Dies geschieht jedoch zum Nachteil der flexiblen Linsenkapsel.

Mehr und mehr büßt die Linse aufgrund der Sklerosierung ihre Dehnbarkeit ein, wodurch sie sich nicht mehr wie gewohnt vorwölben kann. Ebenso leidet der Ziliarmuskel in zunehmendem Maße an Kraftverlust.

Diese Einflüsse bewirken letztlich den Rückgang der Linsenbrechkraft. Das hat zur Folge, dass der Nahpunkt, bei dem es sich um den Punkt handelt, der am dichtesten vor dem Auge liegt, immer mehr in die Ferne rückt. Daher wird die Presbyopie auch Altersweitsichtigkeit genannt.

Im Unterschied zur herkömmlichen Weitsichtigkeit stellt die Presbyopie keine pathologische Fehlsichtigkeit dar, sondern ist dem normalen Alterungsprozess geschuldet. Früher oder später ist jeder Mensch davon betroffen. Die Alterssichtigkeit zeigt sich bei Männern und Frauen in gleichem Maße.

Erste Anzeichen einer Presbyopie

Erste Hinweise auf eine Presbyopie zeigen sich häufig bei diffusem Licht oder Müdigkeit. Das Lesen von Texten gestaltet sich dann schwieriger und das Bild verschwimmt.

An den Augen oder in der Stirngegend macht sich außerdem ein dumpfes Druckgefühl bemerkbar. Aus der Ferne funktioniert das Lesen jedoch weiterhin ohne Probleme.

Daher halten die betroffenen Personen das Gelesene weiter von sich weg, weil das Bild dann wieder an Schärfe gewinnt. Schreitet die Alterssichtigkeit jedoch weiter fort, reicht dieses Vorgehen eines Tages auch nicht mehr aus und Lesen ist kaum noch möglich.

Presbyopie bei Weitsichtigkeit

Während sich bei Menschen ohne Fehlsichtigkeit die Presbyopie etwa ab dem 45. Lebensjahr zeigt, kann sie bei Personen, die schon zuvor unter Weitsichtigkeit leiden, bereits ab Mitte 30 einsetzen.

Im Falle einer Weitsichtigkeit fällt die Augenbrechkraft im Verhältnis zur Augapfellänge zu gering aus. Zur Korrektur des Brechfehlers sind die Augen gezwungen in die Ferne zu akkommmodieren, wodurch sich die Altersweitsichtigkeit früher bemerkbar macht.

Presbyopie bei Kurzsichtigkeit

Von Kurzsichtigkeit ist die Rede, wenn das Auge eine zu große Länge hat oder die Brechkraft im Verhältnis zur Länge des Auges zu groß ausfällt. Treffen Lichtstrahlen parallel ein, lassen sie sich daher nicht auf Ebene der Netzhaut bündeln, sondern bereits vor ihr. Kurzsichtige Menschen können deswegen weiter entfernte Gegenstände nicht scharf wahrnehmen.

Die Alterssichtigkeit betrifft sie zwar auch ab einem Alter von ca. 40 Jahren, durch die Kurzsichtigkeit ist die Altersweitsichtigkeit jedoch ausgleichbar. Aus diesem Grund wird von kurzsichtigen Personen meist erst ab einem Alter von über 50 Jahren eine Lesebrille benötigt. Liegen -2,5 bis 3,5 Dioptrien vor, wird sogar überhaupt keine Lesebrille gebraucht.

Diagnose der Presbyopie

Probleme beim Sehen führen die Betroffenen früher oder später zu einem Augenarzt. Meist genügen schon die typischen Symptome sowie das Alter des Patienten, um die richtige Diagnose zu stellen. Außerdem kontrolliert der Arzt mithilfe von Sehtafeln die Sehschärfe des Patienten.

Objektive Refraktionsbestimmung

Einen wichtigen Bestandteil der augenmedizinischen Untersuchung bildet die objektive Refraktionsbestimmung. Dabei kommt mit dem Refraktometer ein spezielles Gerät zum Einsatz.

Durch die Pupille hindurch sorgt es für das Abbilden eines Musters auf der Netzhaut des Auges. Dadurch erkennt der Arzt die Entfernung zwischen Brechkraft und idealem Sehvermögen.

Die Bedeutung der Dioptrien

Als Messwert gelten Dioptrien. Durch diesen Wert lässt sich die Stärke von Brille oder Kontaktlinsen ermitteln, die für die Korrektur der Presbyopie benötigt wird. Eine finale Festlegung wird durch die subjektive Refraktionsbestimmung möglich.

Zu diesem Zweck betrachtet der Patient mehrere Sehtafeln, bei denen der Arzt ihm verschiedene Linsen vorhält. Dieser Vorgang wird so lange wiederholt, bis die optimale Stärke feststeht. Als Hauptkriterium gilt das Erkennen der Buchstaben beim üblichen Leseabstand von etwa 35 Zentimetern.

Verlauf der Presbyopie

Im Laufe der Jahre nimmt die Presbyopie langsam zu. Schätzungen zufolge verändert sich die Akkommodationsleistung des Auges ab einem Alter von 45 Jahren alle fünf Jahre um zusätzliche +0,75 Dioptrien. Daher ist es nötig, die Intensität der Korrekturhilfe entsprechend neu anzupassen. Der maximale Wert wird im Alter von etwa 65 Jahren erreicht.

Behandlung der Presbyopie

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Altersweitsichtigkeit zu korrigieren. So lässt sich der Mangel an Brechkraft mithilfe einer Brille oder von Kontaktlinsen ausgleichen. Als weniger sinnvoll gelten dagegen Laserbehandlungen und operative Eingriffe.

Lesebrille

Die simpelste Methode zum Ausgleich der Presbyopie ist das Benutzen einer Lesebrille. Sie wird auch als Fertigbrille bezeichnet und gleicht den Sehverlust im Nahbereich wieder aus. Allerdings berücksichtigt die Lesebrille nicht, wenn Unterschiede zwischen beiden Augen bestehen oder eine Hornhautverkrümmung vorliegt.

Daher lässt sich eine individuell angepasste Lesebrille nur bei einem Optiker erhalten. Dieser führt zunächst einen Sehtest durch und stellt die Stärke, die für die Brille benötigt wird, fest. Bei diesem Vorgehen berücksichtigt der Optiker außerdem den Abstand zwischen den beiden Augenpupillen sowie weitere Besonderheiten, die eventuell bestehen.

Die Stärke der Brille ist von der Leseentfernung und dem Alter des Brillenträgers abhängig. Je dichter ein Objekt an das Auge heranreicht, desto größer muss die Stärke der Lesebrille sein.

Ein typisches Merkmal der Lesebrillen ist, dass sie sehr schmal ausfallen. So kann der Benutzer über sie hinwegsehen, ohne sie deswegen abnehmen zu müssen.

Mehrstärkenbrille

Eine Mehrstärkenbrille gilt als sinnvoll für Personen, bei denen bereits eine Fehlsichtigkeit vorhanden ist. Zu den Mehrstärkenbrillen zählen die Bifokalbrillen (Zweistärkenbrillen), in deren Mitte eine sichtbare Kante zwei unterschiedliche Zonen voneinander trennt. Während die obere Zone zum Sehen in die Ferne dient, ist die untere für das Sehen in die Nähe konzipiert.

Trifokalbrille

Eine andere Variante der Mehrstärkenbrille ist die Trifokalbrille (Dreistärkenbrille). Sie verfügt über eine dritte Zone, was scharfes Sehen auch in mittlerer Entfernung ermöglicht.

Die dritte Linse befindet sich zwischen der Nah- und Fernzone der Brille. Das scharfe Sehen ist dadurch auch bei einem vollständigen Verlust der Akkommodationsfähigkeit möglich.

Gleitsichtbrille

Am häufigsten Verwendung finden Gleitsichtbrillen. Mit deren Progressivgläsern lassen sich Bildsprünge in jeder Entfernung scharf wahrnehmen.

Bei den Bildrändern bestehen allerdings intensive Verzerrungen. Manchen Trägern fällt es zudem schwer, sich an die Gleitsichtbrille zu gewöhnen. So leiden einige von ihnen unter Beschwerden wie Schwindelgefühlen oder Kopfschmerzen. Als hilfreich zur Gewöhnung gilt das Bewegen des Kopfes beim Umherblicken.

Kontaktlinsen

Auch Kontaktlinsen eignen sich zum Korrigieren einer Presbyopie. Allerdings ist im Normalfall keine dauerhafte Sehkorrektur erforderlich. Daher eignen sich Kontaktlinsen eher dann, wenn bereits andere Sehfehler vorhanden sind.

Es sind auch Kontaktlinsen für eine so genannte Monovision erhältlich. Bei diesem Verfahren erfolgt die Korrektur von einem Auge für die Nähe, also zum Lesen, und des anderen Auges für die Ferne.

Die Augen müssen sich jedoch meist erst an diese speziellen Linsen gewöhnen. Zum Autofahren sollte dagegen eine Fernbrille aufgesetzt werden. Dadurch kann das Leseauge auch die Ferne gut wahrnehmen und räumlich sehen.

Laserbehandlung

Grundsätzlich ist auch eine Laserbehandlung zur Korrektur der Weitsichtigkeit möglich. Allerdings eignet sie sich nicht bei einer Altersweitsichtigkeit. Zwar bewirkt die Methode, dass der Patient eine Lesebrille erst zu einem späteren Zeitpunkt oder sogar überhaupt nicht benötigt, doch weist das Verfahren auch einige Nachteile auf, die zum Beispiel das räumliche Sehen betreffen.

Darüber hinaus gibt es einige gesundheitliche Risiken durch die Lasertherapie wie das Verschlechtern der Sehkraft. Daher findet nur in seltenen Fällen eine Laserbehandlung zur Korrektur der Presbyopie statt.

Operativer Eingriff

Für operative Maßnahmen zum Beheben der Alterssichtigkeit gilt ähnliches wie für die Laserbehandlungen. So bieten sie zwar einen kosmetischen Vorteil, wenn sie eine Brille überflüssig machen, doch können sie gesundheitliche Risiken zur Folge haben.

Gängigste OP-Verfahren sind das Einsetzen von Linsen aus Kunststoff wie einer multifokalen Kunststofflinse sowie das Einbringen eines Hornhautimplantats. Bei beiden Verfahren bestehen Risiken wie

  • Infektionen
  • die Abnahme des Sehvermögens bei Dunkelheit
  • Augentrockenheit sowie
  • die Bildung von Narben.

Arten von Sehschwächen

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  • Reinhard Strametz Grundwissen Medizin: für Nichtmediziner in Studium und Praxis, UTB GmbH, 2017, ISBN 3825248860
  • Stefan Gesenhues, Anne Gesenhues, Birgitta Weltermann Praxisleitfaden Allgemeinmedizin: Mit Zugang zur Medizinwelt (Klinikleitfaden), Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437224476
  • Uwe Beise, Uwe Beise, Werner Schwarz Gesundheits- und Krankheitslehre: Lehrbuch für die Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege, Springer Medizin Verlag, 2013, ISBN 9783642369834
  • Susanne Andreae, Peter Avelini, Peter Avelini, Martin Hoffmann, Christine Grützner Medizinwissen von A-Z: Das Lexikon der 1000 wichtigsten Krankheiten und Untersuchungen, MVS Medizinverlage Stuttgart, 2008, ISBN 3830434545
  • Susanne Andreae, Peter Avelini, Melanie Berg, Ingo Blank, Annelie Burk Lexikon der Krankheiten und Untersuchungen, Thieme Verlagsgruppe, 2008, ISBN 9783131429629
  • Frank H. Netter Netter's Innere Medizin, Thieme Verlagsgruppe, 2000, ISBN 3131239611
  • Gerd Herold Innere Medizin 2019, Herold, 2018, ISBN 398146608X
  • Gerd Herold Innere Medizin 2020, Herold, 2019, ISBN 3981466098
  • Malte Ludwig Repetitorium für die Facharztprüfung Innere Medizin: Mit Zugang zur Medizinwelt, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437233165

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