Anisometropie

Ungleiche Fehlsichtigkeit auf beiden Augen

Bestehen auf den beiden Augen jeweils unterschiedliche Fehlsichtigkeiten, zum Beispiel eine Kurzsichtigkeit auf dem einen und eine Weitsichtigkeit auf dem anderen Auge, oder kommt es zu einer großen Differenz in der Sehstärke beider Augen, spricht man von einer Anisometropie. Diese Ungleichsichtigkeit stellt eine Belastung für das Gehirn dar und äußert sich durch Kopfschmerzen und müde Augen. Eine Behandlung der Anisometropie ist daher wichtig, diese erfolgt durch den Einsatz von Sehhilfen oder eine Operation per Augenlaser. Ab wann eine Anisometropie vorliegt und welche Ursache diese haben kann, lesen Sie hier.

Von Jens Hirseland
Klassifikation nach ICD-10: H52.3
ICD-10 ist ein weltweit verwendetes Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. Der sogenannte ICD-Code ist zum Beispiel auf einem ärztlichen Attest zu finden.

Bei einer Anisometropie bestehen zwischen rechtem und linkem Auge Unterschiede beim Ausmaß einer Fehlsichtigkeit (Ametropie). Dabei kann es zu zahlreichen Ausprägungsformen bzw. Merkmalen kommen.

Zum Beispiel ist ein Auge kurzsichtig, während bei dem anderen eine Weitsichtigkeit vorliegt. In manchen Fällen ist auch ein Auge sehr stark weitsichtig, das andere Sehorgan jedoch nur geringfügig. Der gleiche Effekt kann auch bei einer Kurzsichtigkeit oder Hornhautverkrümmung auftreten.

Die Angabe der Fehlsichtigkeiten erfolgt in Dioptrien.

  • Bei einer Differenz von 0,25 bis 0,5 Dioptrien zeigt sich die Anisometropie im normalen Bereich.
  • Fällt sie jedoch höher als 0,5 Dioptrien aus, wird sie als unnormal eingestuft.
  • Bei über 2,00 Dioptrien besteht Handlungsbedarf.

Ursachen der Anisometropie

Bei den Ursachen gilt es zwischen zwei unterschiedlichen Formen der Anisometropie zu unterscheiden. Dies sind die Brechwertanisometropie sowie die Längenanisometropie.

Grund für das Auftreten einer Brechwertanisometropie ist eine Differenz beim Brechwert zwischen Augenlinse und Hornhaut. Fällt der Brechwert der Linse zu hoch aus, führt dies zu Kurzsichtigkeit. Ist der Brechwert dagegen zu schwach, zieht dies Weitsichtigkeit nach sich.

Im Falle einer Längenanisometropie ist der Aufbau der Augäpfel unterschiedlich. Wenn ein Augapfel zu lang ist, befindet sich der Brennpunkt vor der Netzhaut (Retina). Infolgedessen tritt Kurzsichtigkeit auf. Ist der Augapfel hingegen zu kurz und liegt der Brennpunkt hinter der Netzhaut, hat dies Weitsichtigkeit zur Folge.

Gemeinsam haben sämtliche Anisometropien, dass sich der Brennpunkt der Lichtstrahlen, die einfallen, nicht unmittelbar auf der Netzhaut befindet. Dieser Effekt ist aber zum Transportieren scharfer Bildsignale in Richtung Gehirn unbedingt erforderlich.

Symptome der Anisometropie

Für das Gehirn des Menschen stellt die Anisometropie eine erhebliche Belastung dar. So müssen vom Sehnerv einerseits die scharfen, andererseits aber auch die unscharfen Bilder weitergeleitet werden.

Das weitsichtige Auge erlebt nahe Gegenstände als unscharf, während das kurzsichtige Auge diese scharf wahrnimmt. Umgekehrt kann das kurzsichtige Auge ferne Gegenstände nur unscharf sehen, während beim weitsichtigen Auge das Gegenteil der Fall ist.

Weil die scharfen Bilder Vorrang erhalten, die unscharfen aber ausgeblendet werden, strengt dies das Gehirn sehr an. Bemerkbar macht sich dieser Effekt durch Müdigkeit der Augen. Außerdem kann es zu Kopfschmerzen kommen, die mitunter intensiv sind. Je höher die Ungleichsichtigkeit ausfällt, desto deutlicher zeigen sich auch die Symptome.

Typische Anzeichen

Die Ungleichsichtigkeit strapaziert das Gehirn und führt zu müden Augen und Kopfschmerzen.

  • Erschöpfter Mann mit geschlossenen Augen fasst sich ins Gesicht

    © TheSupe87 - www.fotolia.de

  • Kurzhaarige Frau hält sich linke Hand vor an Stirn vors Gesicht, Kopfschmerzen

    © mefanti - www.fotolia.de

Wann sollte man zum Arzt?

Führt die Ungleichsichtigkeit immer wieder zu

  • Kopfschmerzen
  • müden Augen oder
  • Druckgefühlen in der Augenregion

ist es ratsam, einen Augenarzt aufzusuchen. Dieser stellt dann fest, ob tatsächlich eine Anisometropie vorliegt oder nicht.

Die Behandlung der Ungleichsichtigkeit ist in jedem Fall wichtig, damit es nicht zu dauerhaften Beeinträchtigungen der Sehkraft kommt. Zudem drohen ohne eine Therapie chronische Kopfschmerzen und negative Auswirkungen auf das Wohlbefinden.

Diagnose der Anisometropie

Der Augenarzt stellt im Rahmen einer Untersuchung das Ausmaß der Anisometropie fest. Zu diesem Zweck nimmt er eine Messung der Sehschärfe vor, wozu er in der Regel auf ein Refraktometer zurückgreift.

Von diesem Instrument wird der Sphärenwert in Dioptrien angegeben. Außerdem lässt sich feststellen, ob eine Hornhautverkrümmung (Stabsichtigkeit) vorliegt. Die ermittelten Werte helfen einem Augenoptiker dabei, eine erforderliche Sehhilfe anzupassen.

Für beide Augen erfolgt die Ermittlung einzeln. Wichtig ist es, beide Fehlsichtigkeiten zu korrigieren.

Behandlung der Anisometropie

Behandeln lässt sich eine Anisometropie mit drei Optionen: Brille, Kontaktlinsen sowie einer Operation per Augenlaser.

Brille

Brille und Sehtest
Eine Brille kann bei leichter Ungleichsichtigkeit zum Einsatz kommen

Beim Anfertigen einer Brille greift der Augenoptiker auf Gläser zurück, bei denen ein Unterschied von 0,25 bis 0,5 Dioptrien besteht. Auf diese Weise wird der Versuch eines Ausgleichs der Fehlsichtigkeit zwischen dem verhältnismäßig stärkeren sowie dem schwächeren Auge unternommen. Nicht selten werden für einen Brillenteil konkave und für den anderen konvexe Brillengläser eingesetzt.

Dabei bestehen jedoch natürliche Grenzen für den Optiker. Die Maximaldifferenz zwischen beiden Brillengläsern liegt bei 3,00 Dioptrien. Bei stärkeren Abweichungen der Fehlsichtigkeit zwischen beiden Augen besteht das Risiko von Wahrnehmungsstörungen.

Kommt es bei den Korrektionswerten der Brille zu größeren Unterschieden, weil die Brillengläser verschieden dick sind, zeigt sich mitunter auf der Nase ein einseitiges Druckgefühl, das manchmal Schmerzen auslösen kann.

Kontaktlinsen

Kontaktlinse auf Fingerspitze
Kontaktlinsen sind eine Alternative bei größerer Ungleichsichtigkeit

Im Falle einer Anisometropie werden häufig Kontaktlinsen verwendet, weil die Brille bei dieser Ungleichsichtigkeit gewisse Nachteile aufweist. Außerdem ist bei Werten über 3,00 Dioptrien der Einsatz einer Brille nicht mehr möglich, sodass Kontaktlinsen eine gute Alternative bilden.

Operativer Eingriff mit dem Augenlaser

Eine weitere Therapieoption stellt die operative, refraktive Behandlung mit einem Augenlaser dar. Mit diesem Laser kann der Augenarzt die Augenhornhaut dermaßen anpassen, dass sich sowohl die Kurzsichtigkeit als auch die Weitsichtigkeit korrigieren lassen. Durch diesen Vorgang werden beide Fehlsichtigkeiten ausgeglichen.

Der operative Eingriff findet in erster Linie bei erwachsenen Menschen statt. Bei Kindern ist zwar prinzipiell ebenfalls eine Operation möglich, doch gilt sie als umstritten.

Lasik-Augenoperation in 6 Schritten
Ablauf einer Augenlaser-Operation

Prognose einer Anisometropie

Erfolgt eine augenärztliche Therapie, fällt die Prognose für die Anisometropie meist positiv aus. Allerdings hängt eine vollständige Heilung der Ungleichsichtigkeit von der Sehschärfe des Betroffenen ab.

Durch unterschiedliche Methoden besteht die Möglichkeit, die Sehschärfe des schwächeren Auges stärker zu trainieren, was sich positiv auf das betroffene Auge auswirkt. Schritt für Schritt kann das Sehvermögen beider Augen zueinander angepasst werden.

Ohne eine Behandlung durch den Augenarzt ist die Prognose eher ungünstig. In der Regel verschlimmert sich das Augenleiden mit der Zeit.

Prävention einer Anisometropie

Ist die Anisometropie bereits angeboren, gibt es keine Möglichkeit, ihr vorzubeugen. Ansonsten können zur Vermeidung einer Sehschwäche Maßnahmen getroffen werden, wie das Einhalten eines Leseabstands von wenigstens 30 Zentimetern.

Beim Arbeiten am Computer gelten größere Monitore als hilfreich, die in mindestens einem Meter Abstand Entfernung aufgestellt werden. Ferner empfiehlt es sich, bei Naharbeiten hin und wieder in die Ferne zu blicken.

Arten von Sehschwächen

Auf den nächsten Seiten informieren wir Sie über weitere Ausprägungen von Sehproblemen.

  • Reinhard Strametz Grundwissen Medizin: für Nichtmediziner in Studium und Praxis, UTB GmbH, 2017, ISBN 3825248860
  • Stefan Gesenhues, Anne Gesenhues, Birgitta Weltermann Praxisleitfaden Allgemeinmedizin: Mit Zugang zur Medizinwelt (Klinikleitfaden), Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437224476
  • Uwe Beise, Uwe Beise, Werner Schwarz Gesundheits- und Krankheitslehre: Lehrbuch für die Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege, Springer Medizin Verlag, 2013, ISBN 9783642369834
  • Susanne Andreae, Peter Avelini, Peter Avelini, Martin Hoffmann, Christine Grützner Medizinwissen von A-Z: Das Lexikon der 1000 wichtigsten Krankheiten und Untersuchungen, MVS Medizinverlage Stuttgart, 2008, ISBN 3830434545
  • Susanne Andreae, Peter Avelini, Melanie Berg, Ingo Blank, Annelie Burk Lexikon der Krankheiten und Untersuchungen, Thieme Verlagsgruppe, 2008, ISBN 9783131429629
  • Frank H. Netter Netter's Innere Medizin, Thieme Verlagsgruppe, 2000, ISBN 3131239611
  • Gerd Herold Innere Medizin 2019, Herold, 2018, ISBN 398146608X
  • Gerd Herold Innere Medizin 2020, Herold, 2019, ISBN 3981466098
  • Malte Ludwig Repetitorium für die Facharztprüfung Innere Medizin: Mit Zugang zur Medizinwelt, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437233165

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