Chronische Mandelentzündung - Ursachen, Symptome und Therapie

Tritt eine Mandelentzündung gehäuft auf, das heißt fünf Mal oder häufiger pro Jahr, spricht man von einer chronischen Mandelentzündung. Die sich wiederholenden akuten Mandelentzündungen können dabei mit starken Beschwerden einhergehen, bleiben bei manchen Patienten aber auch fast unbemerkt. Da eine unbehandelte chronische Mandelentzündung diverse Komplikationen und Folgeerkrankungen verursachen kann, muss diese medizinisch behandelt werden. Dazu können konservative Behandlungsmöglichkeiten oder auch eine Tonsillektomie (Mandelentfernung) infrage kommen. Lesen Sie hier alles Wichtige zu Ursachen, Symptomen und Therapie einer chronischen Mandelentzündung.

Von Jens Hirseland

Die chronische Mandelentzündung wird in der Medizin auch als chronische Tonsillitis oder Tonsillitis chronica bezeichnet. Gemeint sind damit mindestens fünf Entzündungen der Mandeln pro Jahr. Dabei leiden die betroffenen Personen unter einer permanenten bakteriellen Infektion der Gaumenmandeln, die wiederum sich ständig wiederholende Anginen auslösen.

Eine chronische Tonsillitis ist grundsätzlich in jedem Lebensalter möglich.

Gaumenmandeln

Wenn von den Mandeln gesprochen wird, sind damit die Gaumenmandeln (Tonsillen) gemeint. Sie befinden sich in der hinteren Mundhöhlenregion am Rachenübergang.

Während der ersten Lebensjahre des Menschen gelten sie als wichtig, weil sie am Aufbau des Immunsystems beteiligt sind. Das bedeutet, dass der Organismus in der Abwehr von schädlichen Mikroorganismen wie Bakterien und Viren trainiert wird. Bis zum dritten Lebensjahr vergrößern sich die Mandeln zunehmend. Ab der Pubertät bilden sie sich dann wieder zurück.

Gaumenmandeln dienen als Bestandteil des Immunsystems zur Abwehr von Infekten, indem sie Erreger am Eindringen in den sensiblen Rachenbereich hindern.

Grafik der Mandeln mit und ohne Entzündung
Gesunde und erkrankte Mandeln im Vergleich

Ursachen einer chronischen Mandelentzündung

Zu den häufigsten Ursachen der chronischen Tonsillitis zählt das Verschleppen einer akuten Angina bzw. Mandelentzündung. Dies kann zum Beispiel geschehen, wenn verordnete Antibiotika zu früh abgesetzt werden. Aber auch ein geschwächtes Immunsystem spielt beim Auftreten der chronischen Mandelentzündung eine Rolle. Gleiches gilt für eine nur teilweise operative Entfernung der Gaumenmandeln.

Während einer akuten Mandelentzündung werden die auslösenden Bakterien, bei denen es sich zumeist um ß-hämolysierende Streptokokken der A-Gruppe handelt, vom Abwehrsystem normalerweise komplett beseitigt. Manchmal können jedoch einzelne Bakterien in den tiefen Gaumenklüften zurückbleiben, was wiederum im Hals ständige Entzündungen nach sich zieht. Darüber hinaus besteht das Risiko, dass sich vereinzelte Bakterien via Blutbahn im Körper ausbreiten, wodurch dann wiederum Entzündungen in anderen Körperregionen entstehen.

Symptome einer chronischen Mandelentzündung

Die Beschwerden einer chronischen Mandelentzündung sind von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Einige Patienten bemerken die chronische Form nicht einmal, während andere dagegen immer wieder unter akuten Mandelentzündungen mit sehr unangenehmen Schluckbeschwerden leiden.

Als typisches Symptom der chronischen Tonsillitis gilt ein übler Geschmack im Mundraum, der oftmals von Mundgeruch begleitet wird. Manchmal schwellen auch die Halslymphknoten dauerhaft an, was jedoch nicht immer von Schmerzen begleitet wird. Des Weiteren können sich eine Verminderung der Leistungsfähigkeit oder Konzentrationsprobleme zeigen.

Ein weiteres Merkmal der chronischen Mandelentzündung sind weiße Flecken auf den Tonsillen, die wie Eiter aussehen. Sie sind zumeist ein Anzeichen für abgestorbenes Gewebe. Dieses lagert sich innerhalb der Mandelschleimhautvertiefungen ein und fördert die chronische Entzündung. Weil der Infektionsherd von Dauer ist, kann die chronische Tonsillitis sich weiter ausbreiten.

Helle Punkte auf den Mandeln können auch auf Mandelsteine hinweisen, die aber kein Hinweis auf eine chronische Mandelentzündung sind. Es handelt sich um Ablagerungen in den Furchen der Mandeln, die aus abgestorbenen Hautzellen und Bakterien bestehen. Die gelblichen Mandelsteine weisen einen sehr unangenehmen Geruch auf und können die Ursache für Mundgeruch sein.

Komplikationen einer chronischen Mandelentzündung

Durch die chronische Mandelentzündung besteht in seltenen Fällen die Gefahr von weiteren Entzündungskrankheiten im Körper, weil sich die Streptokokken-Bakterien sowie ihre Produkte weiter im Organismus verbreiten und mit anderen Organen in Berührung kommen können.

Zu den häufigsten Folgeerscheinungen zählen:

  • Asthma
  • Entzündungen an den Augen
  • Rheumatisches Fieber
  • Gelenkrheumatismus
  • Eine Nierenkörperchenentzündung
  • Schuppenflechte

In schlimmen Fällen drohen auch Komplikationen wie eine Endokarditis (Herzinnenhautentzündung) oder eine Myokarditis (Herzmuskelentzündung).

Peritonsillarabszess

Eine relativ häufige Folgeerscheinung stellt der Peritonsillarabszess dar, bei dem es im angrenzenden Gewebe zu einer Eiteransammlung kommt. Bemerkbar macht sich der Abszess durch heftige Schluckbeschwerden, die sogar bis hin zur Schluckunfähigkeit führen können. Manchmal kommt es zu einer Kieferklemme, in deren Verlauf der Patient seinen Mund nur schwer öffnen kann. Die Mandeln schwellen derart stark an, dass das Gaumenzäpfchen zur anderen Seite ausweichen muss.

Diagnose einer chronischen Mandelentzündung

Beste Anlaufstelle für eine Untersuchung der Mandeln ist der Hals-Nasen-Ohren-Arzt. Zunächst erkundigt sich der Facharzt nach den Beschwerden des Patienten.

Im Anschluss daran nimmt er eine körperliche Untersuchung vor, in deren Rahmen er sich mit der Gaumenregion befasst. Außerdem tastet der HNO-Arzt die Halslymphknoten ab. Aufgrund ihrer kraterähnlichen Krypten weist die Mandeloberfläche oft eine starke Zerklüftung auf. Drückt der Mediziner auf die Mandeln, lassen sich dabei häufig Eiter oder krümeliger Detritus herauspressen. Des Weiteren präsentieren sich die Mandeln aufgrund von Vernarbungen verhärtet. Dadurch lassen sie sich mit einem Spachtelinstrument nur schwer bewegen. Außerdem sind die Gaumenbögen sowie die Kieferwinkellymphknoten stark gerötet.

Als zusätzliche Diagnoseverfahren eignen sich:

  • ein Abstrich, der aus den Tonsillenkrypten entnommen wird, um den Erreger zu bestimmen
  • eine Röntgenuntersuchung der Nasennebenhöhlen
  • eine Sonographie (Ultraschalluntersuchung) des Halses

Differentialdiagnose

Auch die Differentialdiagnose spielt bei der Mandeluntersuchung eine wichtige Rolle. So lösen mitunter andere Erkrankungen ähnliche Beschwerden wie bei einer chronischen Tonsillitis aus. Zum Beispiel bei einer Bronchienentzündung, einer Nasennebenhöhlenentzündung oder einer Zahnwurzelentzündung.

Therapie einer chronischen Mandelentzündung

Die Therapie der chronischen Mandelentzündung richtet sich nach dem Ausmaß der Erkrankung. Sofern nur eine Vernarbung der Mandeln besteht, die keine Beschwerden hervorruft, reichen Pinselungen mit desinfizierenden Stoffen aus. Zusätzlich lassen sich als unterstützende Maßnahme zur Stimulierung des Abwehrsystems auch pflanzliche Arzneimittel oder Homöopathika verabreichen. Tritt die Mandelentzündung wiederholt auf, verordnet der Arzt dem Patienten Antibiotika.

Operative Entfernung der Mandeln

Führen die konservativen Behandlungsmethoden nicht zur Besserung der Beschwerden, gilt das operative Entfernen der Mandeln (Tonsillektomie) als beste Behandlungsoption. Eine Operation wird jedoch erst dann durchgeführt, wenn eindeutig geklärt ist, dass die chronische Mandelentzündung für die Beschwerden verantwortlich ist und die Entzündungen häufiger als drei Mal pro Jahr auftreten. Weiterhin werden sie von Schluckbeschwerden oder Mundgeruch begleitet.

Eine Tonsillektomie nimmt etwa 20 bis 30 Minuten in Anspruch. Der Patient erhält in der Regel eine Vollnarkose.

Zum Entfernen der Mandeln kann der Chirurg auf verschiedene Verfahren zurückgreifen wie die klassische Methode mit Skalpell, eine Lasertonsillektomie, eine Radiofrequenzablation, eine Ultraschallabtragung oder eine Elektrodissektion.

Ablauf der Tonsillektomie

Für die Operation nimmt der Patient Rückenlage ein und lässt den Kopf herabhängen. Erster Schritt ist das Aufschneiden des Gaumenbogens.

Chirurgen bei einer Operation

Zum Entfernen der Mandeln aus dem Mandelbett kommen wie erwähnt verschiedene Methoden infrage. So besteht die Option, das Gewebe per Ultraschall oder Radiofrequenzablation zu veröden. Eine Verödung ist auch durch die Kohlendioxid-Laser-Methode möglich. Im Rahmen der bipolaren Radiofrequenzablation wirkt hohe Energie ohne Hitze auf das Gewebe ein und entfernt es. Starke Hitze kommt wiederum beim Einsatz eines Elektrokauters zur Anwendung. Dieses Verfahren vermeidet Blutungen besser.

Letzter Schritt der Tonsillektomie ist das Abschnüren der Mandel am Zungenübergang. Zu diesem Zweck verwendet der Operateur eine Schlinge. Im Anschluss daran entfernt er das Gewebe komplett.

Die Dauer des Krankenhausaufenthalts nach einer Mandeloperation beträgt ungefähr fünf bis acht Tage. Mandelteilentfernungen lassen sich auch ambulant vornehmen.

Prognose bei einer chronischen Mandelentzündung

In den meisten Fällen wird durch eine Tonsillektomie die Abheilung der chronischen Mandelentzündung erreicht, weil sich durch dieses Verfahren der Entzündungsherd beseitigen lässt. Nur selten zeigen sich im Anschluss an die Mandeloperation Komplikationen wie eine Pharyngitis (Entzündung des Rachens) durch Viren- oder Bakterieninfektionen.

Chronischer Mandelentzündung vorbeugen

Einer chronischen bzw. akuten Mandelentzündung vorzubeugen, ist nur indirekt möglich. Dazu zählen allgemeine Maßnahmen wie das Stärken des Abwehrsystems durch eine gesunde Ernährung mit reichlich Vitaminen sowie regelmäßige Bewegung. Außerdem sollten Reizungen der Schleimhäute durch Alkohol und Zigaretten oder das Einatmen von Staub vermieden werden.

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