Divertikulose - Formen, Ursachen und Behandlung

Bei einer Divertikulose kommt es zu Ausstülpungen der Darmwand. Diese Divertikel treten vor allem im Dickdarm auf und betreffen meist ältere Menschen. Eine Divertikulose verursacht häufig keine Beschwerden, kann sich aber zu einer entzunehmenden Divertikulitis entwickeln, einer Entzündung der Divertikel. Lesen Sie hier, wie es zu Darmausstülpungen kommt, und wie sich diese behandeln lassen.

Von Jens Hirseland
Klassifikation nach ICD-10: K57
ICD-10 ist ein weltweit verwendetes Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. Der sogenannte ICD-Code ist zum Beispiel auf einem ärztlichen Attest zu finden.

Von einer Divertikulose ist in der Medizin die Rede, wenn es im Dickdarm zu Veränderungen kommt, bei denen sich sogenannte Divertikel bilden. Gemeint sind damit Ausstülpungen, die keine Schmerzen verursachen. Sie haben die Form von Pilzen, Säcken oder Birnen und gelten als unbedenklich, solange sie sich nicht entzünden oder verletzt werden und keine Blutungen auftreten.

Divertikel treten in erster Linie im Dickdarm auf. Im Dünndarm sind sie eher selten. Grundsätzlich können sich Divertikel aber auch in anderen Körperregionen wie der Speiseröhre oder der Harnblase bilden.

Divertikel machen sich besonders in Form von Verdauungsstörungen bemerkbar. Betroffen sind von einer Divertikulose meist ältere Menschen. Erfolgt eine Entzündung der Divertikel, liegt eine Divertikulitis vor.

Grafik mit Darmerkrankungen
Darstellung der Divertikulose, Divertikulitis und anderer Darmerkrankungen

Divertikelformen

In der Medizin wird zwischen zwei unterschiedlichen Divertikelformen unterschieden. So gibt es falsche und echte Divertikel.

Falsche Divertikel (Pseudodivertikel)

Falsche Divertikel werden auch Pseudodivertikel genannt und kommen in Deutschland bei rund 90 Prozent aller betroffenen Personen vor.

Von einem falschen Divertikel ist die Rede, wenn sich die Schleimhaut des Darms durch kleine Lücken der muskulären Darmwand in die äußere Richtung vorstülpt. In den meisten Fällen kommt es an den jeweiligen Stellen zum Durchtritt von Blutgefäßen, die für die Blutversorgung des Darms zuständig sind. Falsche Divertikel kommen vor allem in der absteigenden Dickdarmregion oder am Übergang zum Enddarm, der die Form eines S aufweist (Colon sigmoideum), vor.

Echte Divertikel

Wesentlich seltener als Pseudodivertikel zeigen sich echte Divertikel. Treten diese auf, wölbt sich auch die muskuläre Darmwand nach außen.

Echte Divertikel sind größtenteils im aufsteigenden Dickdarmbereich zu finden. Bei den meisten Betroffenen sind sie bereits angeboren. Besonders häufig treten sie in Asien auf.

Ursachen

Die genauen Vorgänge, die zur Entstehung einer Divertikulose führen, ließen sich bislang nicht vollständig klären. Mediziner sehen Zusammenhänge zwischen einer Schwäche der Darmwand sowie einem hohen Druck im Inneren des Darms.

Aus anatomischen Gründen bestehen in der Darmwandmuskelschicht Lücken. Durch diese Stellen nehmen die versorgenden Blutgefäße ihren Lauf. Weil das angrenzende Bindegewebe aus Altersgründen abgebaut wird, reagieren die betroffenen schwachen Stellen empfindlich. Aufgrund von Verstopfung oder hartem Stuhl droht im Inneren des Darms ein erhöhter Druck. Presst sich dabei die Schleimhaut durch die Lücken innerhalb der Muskelschicht, kann dies ein Pseudodivertikel zur Folge haben.

Ballaststoffarme Ernährung

Begünstigt wird eine Divertikulose vermutlich durch eine faserarme Ernährung, die nur wenige Ballaststoffe beinhaltet. Fällt die Menge an unverdaulichen Fasern nur gering aus, bildet sich wenig Stuhl. Weil deswegen ein Mangel an Stuhlvolumen herrscht, gelangt der Stuhl nur langsam durch den Darm. Außerdem muss die Darmwand stark zusammenziehende Bewegungen vornehmen, damit der Darminhalt sich weiter vorwärts bewegt, was wiederum zu einem Anstieg des Darmdrucks führt. Während sich der Stuhl durch den Darm bewegt, wird ihm durch den Organismus Wasser entzogen. Dadurch erlangt er eine sehr harte Konsistenz und wird weiter zusammengepresst. Daher gilt eine Ernährungsweise, die arm an Ballaststoffen ist, als denkbare Ursache für eine Divertikulose.

Symptome

Bei über 80 Prozent aller betroffenen Personen löst eine Divertikulose keine Beschwerden aus. In der Medizin wird dies als asymptomatische Divertikulose bezeichnet. Zeigen sich keinerlei Beschwerden, muss auch keine ärztliche Behandlung stattfinden. Es gilt jedoch als ratsam, auf eine Ernährung zu achten, die reichhaltig an Ballaststoffen ist. Außerdem sollte viel Wasser getrunken werden, um möglichen Beschwerden vorzubeugen.

In manchen Fällen kann eine Divertikulose allerdings auch Beschwerden hervorrufen. Folgende Symptome sind möglich:

  • Mann in lachsfarbenem Shirt fasst sich an den Bauch

    © underdogstudios - www.fotolia.de

  • Mann in rotem Shirt auf dem Weg zur Toilette, die Jeans bereits über den Po gezogen und eine Rolle Klopapier in der Han

    © Adiano - www.fotolia.de

Größere Beschwerden entstehen jedoch erst im Rahmen einer Divertikulitis, die als Komplikation der Divertikulose gilt. Bemerkbar macht sich diese zumeist durch starke Schmerzen im linken Unterbauch, Verstopfung, Blut im Stuhl und Fieber. Mitunter lässt sich der betroffene Abschnitt des Darms als Warze ertasten, die Schmerzen bereitet.

Hier erfahren Sie mehr über die Darmerkrankung Divertikulitis.

Diagnose

Eine Divertikulose muss eindeutig diagnostiziert werden, damit sich andere Ursachen wie ein bösartiger Darmtumor sicher ausschließen lassen. Weil die Divertikulose jedoch zumeist symptomlos verläuft, wird sie oft nur durch Zufall entdeckt, zum Beispiel im Rahmen einer Darmspiegelung oder bei Röntgenaufnahmen, bei denen ein Kontrastmittel zum Einsatz gelangt.

Leidet der Patient unter einer Divertikulitis, lässt sich die Diagnose in den meisten Fällen oft schon durch die Schilderung der Symptome sowie durch eine körperliche Untersuchung stellen.

Behandlung

Ob eine medizinische Therapie nach einer sicher festgestellten Divertikulose erforderlich ist oder nicht, richtet sich danach, ob der Betroffene unter Beschwerden leidet und ob eventuell eine Divertikulitis besteht. Lösen die Divertikel dagegen keine Symptome aus, müssen sie auch nicht therapiert werden.

Kommt es durch die Divertikulose zu Beschwerden, spielt die Umstellung der Ernährung eine wichtige Rolle. So muss sich der Patient fleischarm ernähren und auf ballaststoffreiche Kost zurückgreifen wie zum Beispiel Vollkornprodukte, Weizenkleie, Obst und Gemüse. Von Bedeutung ist zudem die Zufuhr von viel Flüssigkeit wie ungesüßten Kräutertees oder Wasser. Auch reichlich Bewegung wie Spaziergänge an der frischen Luft gelten als unterstützend.

Durch die Zufuhr von Flüssigkeit und Ballaststoffen erhöht sich die Stuhlmenge, was zum Absinken des Darmdrucks führt. Die körperliche Bewegung sorgt wiederum für einen effizienteren Transport des Stuhls durch den Darm.

Operative Eingriffe müssen bei einer Divertikulose nur dann erfolgen, wenn sich die Divertikel immer wieder entzünden.

Prognose

In den meisten Fällen nimmt die Divertikulose einen positiven Verlauf. Zu ausgeprägten Komplikationen und Einschränkungen des Alltags kommt es nur selten. Selbst wenn ein chirurgischer Eingriff erfolgen muss, treten im Anschluss daran zumeist keinerlei Beschwerden mehr auf.

Prävention

Einer Divertikulose mit einhundertprozentiger Sicherheit vorzubeugen, ist nicht möglich. Auch ob eine ballaststoffreiche Kost wirksam zur Vorbeugung von Divertikeln beitragen kann, ist zumindest umstritten.

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