Das Verhältnis der Pflegekinder zu den Pflegeeltern - Anforderungen und Tipps

Das Verhältnis von Pflegekind zu Pflegeeltern kann sich besonders anfangs hier und da als problematisch erweisen. Pflegeeltern müssen die erzieherische Verantwortung für ein Pflegekind tragen. Die Beziehung der beiden entsteht unter besonderen Umständen. Sie müssen als Familie erst einmal zusammenwachsen. Lesen Sie, welche Voraussetzungen nötig sind, um ein inniges Verhältnis zwischen Pflegekind und Pflegeeltern zu schaffen, und mögliche Startschwierigkeiten zu bewältigen.

Von Claudia Rappold

Die Vorgeschichte der Pflegekinder

Pflegekinder sind fremde Kinder, die in eine Pflegefamilie aufgenommen werden. Dafür kann es die unterschiedlichsten Gründe geben. Die Pflege kann kurz- oder langfristig sein.

Gründe für den Wechsel in eine Pflegefamilie

Krankheit aber auch Unvermögen der leiblichen Eltern können eine Unterbringung in eine Pflegefamilie notwendig werden lassen. Die Kinder sind dann meist schon älter und bringen eine Vorgeschichte mit.

Oft haben sie traumatische Erfahrungen gemacht und kommen aus einem schwierigen Herkunftsmilieu. Die Erfahrungen können unter Umständen sehr schwerwiegend sein, zum Beispiel

der leiblichen Eltern. Mit diesem Hintergrund sind die Kinder sehr belastet.

Ein neuer Lebensabschnitt

Wenn sie frisch in eine Pflegefamilie kommen, reagieren sie körperlich und emotional. Um das Erlebte verarbeiten zu können brauchen sie:

  • Zeit
  • Geduld
  • Verständnis
  • Unterstützung
  • Geborgenheit

Sie müssen sich in eine komplett neue Lebenssituation einfinden und damit zurecht kommen.

  • Neue Gewohnheiten
  • neue Menschen
  • ein neuer Tagesablauf
  • andere Strukturen

- damit muss das Pflegekind erst einmal fertig werden und dann will noch das Erlebte verarbeitet werden. Die Kinder haben ein Vorleben und dieses hat sie geprägt, dies kann man nicht von heute auf morgen ändern. Dafür brauchen die Pflegeeltern viel Einfühlungsvermögen und Geduld.

Neue Beziehungskonstellationen

Oft besteht auch noch eine enge Bindung zu den leiblichen Eltern und die Kinder leiden unter der Trennung, ungeachtet dessen was vorgefallen ist. Pflegekinder können der Pflegefamilie mit Ablehnung und Trotz begegnen.

Dafür braucht die Pflegefamilie ebenfalls viel Einfühlungsvermögen und Verständnis. Als neu strukturierte Familie zusammen zu wachsen ist nicht einfach und braucht Zeit. Das Vorleben der Pflegekinder beeinflusst sie auch noch in der Pflegefamilie und ist Teil ihrer Vergangenheit und Teil von ihnen selbst; dieser Herausforderung müssen sich Pflegeltern stellen.

Junge und ältere Pflegekinder haben andere Bedürfnisse

Die Pflegefamilien übernehmen Elternverantwortung für ein fremdes Kind, dabei können die betroffenen Kinder ein unterschiedliches Alter haben. Ist das Kind schon älter, kann es unter Umständen schwierige Verhaltensweisen mitbringen, da es schon einiges erlebt hat.

Dies ist eine Herausforderung für die Pflegefamilie. Sie haben keine gemeinsame Vergangenheit, müssen aber eine gemeinsame Zukunft gestalten. Die meisten Pflegekinder stammen aus zerrütteten Verhältnissen und sind schon ein Stück geschädigt.

Das Verhältnis der Pflegekinder zu den Pflegeeltern

Startschwierigkeiten

Das Verhältnis zwischen Pflegeeltern und Pflegekind ist unter Umständen großen Belastungen ausgesetzt. So kann die Möglichkeit bestehen, dass das Pflegekind wieder in die Herkunftsfamilie zurückkehren wird. Die Pflegeeltern haben es vielleicht lieben gelernt und müssen eine Trennung verschmerzen.

Auch das Kind kann mit der Ungewissheit leben müssen, wo es letztendlich bleiben wird. Diese Vorausetzungen erschweren ein entspanntes und unbeschwertes Verhältnis.

Unterschiedliche Anforderungen

Ein Verhältnis zwischen Pflegeltern und Pflegekind muss sich entwickeln. Dafür braucht es Zeit und Geduld. Wenn sich das Pflegekind willkommen und angenommen fühlt, kann es mit der Zeit Vertrauen entwickeln. Es ist nicht selten, dass zwischen Pflegeeltern und Pflegekind eine enge Bindung entsteht, die von Liebe getragen wird.

Pflegekinder stellen die Pflegeeltern vor ganz bestimmte Herausforderungen und die Bedürfnisse der Kinder unterscheiden sich meist von denen leiblicher Kinder. Sie brauchen mehr Zuwendung und mehr Aufmerksamkeit.

Pflegeeltern müssen auch damit umgehen können, dass die leiblichen Eltern nach wie vor von dem Pflegekind geliebt werden. Es entsteht ein Beziehungsdreieck zwischen Pflegekind, Pflegeeltern und Herkunftseltern.

Oft verstehen die Kinder die meist schwierige Situation der Eltern nicht und fühlen sich ungeliebt und abgeschoben. Sie haben, wenn vielleicht auch nur vorübergehend, ihre Herkunftsfamilie verloren. Dies ruft unterschiedlichste Gefühle auf den Plan, wie:

Besonders schwierig kann es für Pflegekinder sein, wenn es in der Pflegefamilie schon Kinder gibt. Da fühlen sie sich oft zurückgesetzt und es kann zu Rivalitäten kommen.

Gute Voraussetzungen für ein inniges Verhältnis

Eigentlich wird angestrebt, dass sich zwischen Pflegekind und Pflegeeltern ein Verhältnis entwickelt, welches dem in einer leiblichen Familie nahe kommt. Dabei kann es immer wieder zu Schwierigkeiten kommen, die das Verhältnis stark belasten.

Aber gerade diese Schwierigkeiten können unter Umständen zusammenschweißen und ein besonders inniges Verhältnis entstehen lassen. Die Pflegeeltern bieten in der Regel eine intakte Familie und Schutz sowie Geborgenheit. Das ist der Nährboden für Vertrauen, und dass sich Gefühle wie Liebe und Zuneigung entwickeln können.

Wichtige Eigenschaften: Geduld, Verständnis und Liebe

Das Vorleben kann nicht weggewischt werden und deshalb muss sich das Pflegekind angenommen und willkommen fühlen. Bedingungslose Liebe und ein Höchstmaß an Toleranz und Akzeptanz ist von den Pflegeeltern gefordert, denn das Pflegekind hängt in der Regel an seiner Vergangenheit und auch an den leiblichen Eltern.

Es wird dauern, bis es zu den Pflegeeltern Vertrauen aufbaut und sich in seine neue Lebenssituation eingewöhnt. Viele Pflegekinder akzeptieren die Trennung von den leiblichen Eltern und dem alten Leben gar nicht oder nur sehr schwer. Damit müssen Pflegeeltern richtig umgehen können.

Erfahren die Pflegekinder die Pflegeeltern als zuverlässige Bezugspersonen und bringt man ihnen ehrliche Gefühle entgegen, so ist das die Basis für ein gutes Verhältnis. Natürlich sind Menschen verschieden und haben einen unterschiedlichen Charakter, daher ist es nicht absehbar, wie gut sie sich untereinander verstehen. Wenn Pflegeeltern es schaffen, dem Pflegekind ganz offen und mit viel Toleranz und Liebe zu begegnen, gewinnen sie meist auch sein Herz.

Die Beziehung zum Pflegekind fördern

Die Pflegebeziehung ist eine besondere, denn die Beteiligten haben keine gemeinsame Vergangenheit und müssen sich erst kennen lernen. Die Beziehung ist belastet von der Vorgeschichte des Pflegekindes und sie muss die Doppelelternschaft aushalten.

Einfühlungsvermögen und Kompromissbereitschaft

Oft sind die Pflegekinder traumatisiert und die Pflegeeltern müssen immer mit Unvorhersehbarem rechnen. Die Kinder können anstrengend und schwierig sein sowie ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit benötigen. Pflegeeltern sein bedeutet eine Herausforderung und erfordert Kooperations- und Kompromissbereitschaft.

Zuwendung auch in schwierigen Situationen

Das Pflegekind kann ihnen auch Ablehnung entgegenbringen und trotzdem sollen sie ihm liebevolle Zuwendung entgegenbringen. Haben die Pflegeeltern leibliche Kinder, kann es zu

  • einem Konkurrenzverhalten
  • Rivalitäten und
  • Eifersucht

kommen. Mit all diesen Gefühlen müssen die Pflegeeltern umgehen können, ohne sie persönlich zu nehmen und die Beziehung darunter leiden zu lassen.

Höhen und Tiefen lassen zusammenwachsen

  • Fühlt sich das Pflegekind willkommen, angenommen und akzeptiert
  • bringt man ihm Verständnis und Aufmerksamkeit entgegen
  • haben die Pflegeeltern ein offenes Ohr für seine Sorgen und Nöte,

so kann es sich mit Geduld in die Familie integrieren. Es wird in die Pflegefamilie hineinwachsen und wenn es zuverlässige Bezugspersonen hat, wird sich vielleicht sogar ein inniges Verhältnis entwickeln.

Unter Umständen wird das Pflegekind die Beziehung immer wieder auf harte Proben stellen. Die Beziehung wird wahrscheinlich keine zuverlässige sein, sondern eine sich immer wieder verändernde. Dabei sollten die Pflegeeltern dem Kind aber immer Stabilität und Sicherheit bieten können.

Die Pflegeeltern investieren viel Zeit, Geduld und Liebe in das Kind und müssen trotzdem damit leben, dass das Kind sie vielleicht wieder verlassen wird. So gesehen kann die Beziehung nie ganz unbeschwert sein. Die Pflegeeltern möchten einen zuverlässigen Halt geben, wissen aber meist nicht, wie lange das Kind bleiben kann.

  • Irmela Wiemann und Volker Jablonski Pflege- und Adoptivkinder. Familienbeispiele, Informationen, Konfliktlösungen., Rowohlt Tb., 1996, ISBN 3499188511
  • Herbert Riedle, Barbara Gillig-Riedle und Katrin Ferber-Bauer Pflegekinder - Alles was man wissen muss, Tivan-Verlag, 2008, ISBN 3980866041

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