Ärztliche Behandlungsfehler

Patientenrechte bei fehlerhafter Behandlung

Ärztliche Behandlungsfehler sind leider keine Seltenheit. Doch welche Rechte hat ein Patient, wenn er falsch behandelt wird? Lesen Sie mehr über Ihre Rechte!

Von Jens Hirseland

Der Alltag eines Facharztes

Der niedergelassene Arzt ist mit seiner Arztpraxis ein Freiberufler. Voraussetzungen, Art, Umfang und Dauer der Ausbildung zum approbierten, also zum zugelassenen Arzt, entsprechen der Bedeutung und Verantwortung des Arztberufes.

Der Facharzt legt, im Anschluss an eine fünfjährige Weiterbildung, vor der Landesärztekammer eine Facharztprüfung ab. Für jede kassenärztliche Zulassung ist der fachärztliche Abschluss eine zwingende Voraussetzung.

Der umgangssprachliche praktische Arzt ist ein Facharzt für Allgemeinmedizin. Im klinischen, also im Krankenhausbereich, sind ausschließlich Fachärzte tätig.

Sofern im stationären Alltag Assistenzärzte ohne einen Facharzttitel eingesetzt werden, ist der Facharzt in ständiger Rufbereitschaft. Das ist in der Regel ein Oberarzt. In seiner leitenden Funktion, vergleichbar mit einem Abteilungsleiter, ist er oftmals für mehrere Stationen zuständig und verantwortlich.

Fachärzte, die sowohl klinisch als auch niedergelassen arbeiten, sind diejenigen

Zahnärzte sind Fachärzte auf dem Gebiet der Zahnmedizin. Nach ihrer Approbation werden sie ein Mitglied der Zahnärztekammer.

Das kassenärztliche Zulassungsverfahren für die Behandlung von gesetzlich versicherten Patienten ist mit dem für die niedergelassenen Fachärzte identisch. Der niedergelassene Arzt ist im Verhältnis zu seinen Patienten ein Dienstleister. Er leistet einerseits die medizinisch notwendige Hilfe, die aufgrund seiner Diagnose und des Krankheitsbildes notwendig ist.

Andererseits ist er durch seinen Vertrag mit der Kassenärztlichen Vereinigung, und mittelbar auch mit den gesetzlichen Krankenkassen, an die dortigen Vorgaben gebunden.

Behandlungsvertrag: Gesetzliche Krankenversicherung

Dazwischen steht der Patient. Der zahlt seinen monatlichen Krankenkassenbeitrag an die von ihm ausgewählte gesetzliche Krankenkasse, die GKV. Im Gegenzug erwartet er eine bestmögliche medizinische Behandlung.

Die gesetzlichen Krankenkassen wiederum sind ihrerseits vom Gesetzgeber angehalten, so genannte medizinisch notwendige Regelleistungen zu bezahlen. An diesem Punkt treffen die Interessen der Beteiligten und Betroffenen aufeinander und führen häufig zu Konflikten.

Rechtlich gesehen ist der Behandlungsvertrag ein zivilrechtlicher Vertrag zwischen Leistungserbringer und Leistungsempfänger. Auf der einen Seite ist der Arzt, auf der anderen Seite der Patient. Beide haben mit Kassenärztlicher Vereinigung und gesetzlicher Krankenkasse zwei unterschiedliche Vertragspartner.

  • Der Arzt ist zu einer bestmöglichen Leistung im Rahmen der vertraglichen Vorgaben verpflichtet.
  • Zu den Pflichten des Patienten gehören die Bezahlung der Behandlung sowie ein aktives Mitwirken nach ärztlicher Vorgabe, das zum Gelingen der Behandlung beiträgt bis hin zu notwendig ist.

Der GKV-Versicherte hat die Pflicht zur Bezahlung der Behandlungskosten mit seiner Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenkasse erfüllt. Der Krankenversicherungsbeitrag wird vom Arbeitgeber bezahlt - alternativ von einem Finanzierungsträger der öffentlichen Hand, beispielsweise vom Jobcenter oder von der Agentur für Arbeit. Der behandelnde Arzt hat den Vergütungsanspruch aus seinem Vertrag mit der Kassenärztlichen Vereinigung.

Behandlungsvertrag: Private Krankenversicherung

Anders ist die Situation bei Privatpatienten sowie bei Privatversicherten. Hier ist der Patient als Versicherter gleichzeitig auch ein direkter Schuldner.

  • Er bekommt die vom Arzt erbrachte Leistung unmittelbar berechnet und muss sie bezahlen.
  • Zeitgleich besteht ein Erstattungsanspruch gegen die private Krankenversicherung, abhängig vom vereinbarten Abrechnungsmodus aber auch gegen die gesetzliche Krankenkasse.

In allen Fällen handelt es sich jedoch um ein zivilrechtliches Vertragsverhältnis zwischen dem Arzt und seinem Patienten. Das wird vor allem in Situationen deutlich, die zu Unstimmigkeiten bis hin zu Rechtsstreitigkeiten führen, die gerichtlich entschieden werden.

Mitwirkungspflicht

Der Patient muss seine rechtliche Mitwirkungspflicht am Gelingen der Behandlung ernst nehmen. Rechtsgrundlage dafür ist der § 630c BGB, des Bürgerlichen Gesetzbuches. Bei Nichteinhaltung, oder bei einem Verstoß gegen diese Mitwirkungspflicht, kann dem Patienten nach § 254 BGB ein Mitverschulden angelastet werden. Doch soweit kommt es meistens nicht.

In der Regel gelingt dem Arzt eine erfolgreiche und zufriedenstellende Behandlung. Dann wird dem Patienten im Behandlungsalltag gar nicht bewusst, dass es sich um eine Vertragserfüllung handelt. Er wird in dem Sinne behandelt, dass die Gesundheitseinschränkung erkannt und behandelt, sprich beseitigt wird. Dass der Patient darauf einen Rechtsanspruch hat, verbindet er weniger mit dem Arzt als vielmehr mit seiner gesetzlichen Krankenkasse, weil dorthin seinen Monatsbeitrag gezahlt wird.

Patientenrechte bei fehlerhaften Behandlung

Jahr für Jahr beschweren sich in Deutschland rund 40.000 Patienten über Fehler bei einer ärztlichen Behandlung. Besonders hoch ist die Fehlerquote in Krankenhäusern. Der Patient hat jedoch Möglichkeiten, sich bei Behandlungsfehlern zu wehren.

Behandlungsfehler durch Ärzte oder Fachärzte kommen aus verschiedenen Gründen vor.

  • So können einzelne Menschen oder Kontrollmechanismen versagen.
  • In manchen Fällen hat auch eine Aneinanderreihung von mehreren kleinen Fehlern fatale Folgen.

Nach Ansicht der AOK kommt es in deutschen Krankenhäusern jährlich zu ca. 1,7 Millionen Behandlungsfehlern. Zudem geht das Aktionsbündnis Patientensicherheit davon aus, dass Jahr für Jahr etwa 17.000 Patienten aufgrund von vermeidbaren Fehlern bei einem Krankenhausaufenthalt sterben. Aber was versteht man überhaupt unter einem Behandlungsfehler?

Definition

Von einem Behandlungsfehler spricht man, wenn ein Arzt eine medizinische Behandlung nicht sorgfältig, nicht rechtzeitig oder auf falsche Weise durchführt. Behandlungsfehler können aber nicht nur von Ärzten begangen werden, sondern auch von medizinischem Personal wie Pflegern oder Krankenschwestern.

Ebenfalls als Behandlungsfehler gilt, wenn der Patient vom Arzt nicht richtig oder nur unvollständig über die Behandlung und deren Folgen aufgeklärt wird. Allerdings hat der Patient keinen rechtlichen Anspruch auf Heilung.

So muss der behandelnde Arzt lediglich gewährleisten, dass er eine Therapie nach dem gesicherten und anerkannten Stand der Wissenschaft zum Behandlungszeitpunkt durchführt. Dennoch können Patienten im Falle einer fehlerhaften Behandlung oder mangelhaften Aufklärung Schadensersatz fordern.

Vorgehensweise

Ist man der Ansicht, dass man von seinem Arzt falsch behandelt wurde, empfiehlt es sich, erst einmal mit diesem zu sprechen oder eine Beratungsstelle aufzusuchen. Außerdem sollte man sich die Behandlungsakten ansehen und davon Kopien machen. Beraten lassen kann man sich zum Beispiel bei

Letztere verfügen meist über eine Gutachterkommission, die ärztliche Behandlungsfehler bearbeitet. Außerdem werden die Patienten von Medizinern telefonisch beraten, die eventuelle Beschwerden entgegennehmen. Besteht nun der Verdacht auf einen Behandlungsfehler, hat der Patient die Möglichkeit, von der Gutachterkommission eine medizinisch-fachliche Begutachtung seines Falls zu erbitten.

Die Kommission nimmt dann eine Überprüfung der Behandlung vor. Bestätigt sich der Verdacht auf einen Behandlungsfehler, haftet normalerweise die Berufshaftpflichtversicherung des betroffenen Arztes für die Kosten.

Geltend machen lassen sich Schadensersatzforderungen sowohl außergerichtlich als auch vor Gericht. Für eine außergerichtliche Einigung kann man sich wiederum an die Ärztekammern wenden, die über Schlichtungsstellen verfügen, die die Differenzen zwischen Patienten und Arzt klären sollen.

Die Inanspruchnahme der Schlichtungsstellen ist freiwillig und kostenlos. Unterstützung findet man auch bei den gesetzlichen Krankenkassen. In vielen Fällen einigen sich die Betroffenen letztlich gütlich und außergerichtlich.

Das Critical Incident Reporting System (CIRS)

Als Critical Incident Reporting System bezeichnet man ein Berichtssystem über kritische Ereignisse in Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäusern oder Arztpraxen. Es dient dazu, die Sicherheit der Patienten zu verbessern.

Mehr Sicherheit für Patienten

Oftmals geht es bei Beschwerden im Behandlungsverlauf um

Hinzu kommen die bereits erwähnten Beschwerden der Patienten über gesundheitliche Schäden durch Behandlungsfehler. Um die Sicherheit der Patienten zu verbessern, wurde das Critical Incident Reporting System (CIRS) eingeführt.

Garantierte Anonymität

Übersetzt bedeutet Critical Incident Reporting System "Berichtssystem für kritische Zwischenfälle". Dabei können kritische Ereignisse sowie Beinahe-Schäden, die in Einrichtungen des Gesundheitswesens wie Krankenhäusern oder Arztpraxen auftreten, gemeldet werden.

Das CIRS arbeitet im Internet und ist vollkommen anonym. Das heißt, dass sich weder der Berichterstatter noch die betreffende medizinische Einrichtung anhand der Daten ermitteln lassen. Das Gleiche gilt für Patienten, die möglicherweise geschädigt wurden.

Derjenige, der über einen kritischen Vorfall berichten will, wie zum Beispiel ein Arzt, eine Krankenschwester, ein Sanitäter oder ein Pfleger, füllt am Computer anonym ein Online-Formular aus. Dabei können auch Vorschläge gemacht werden, wie man in Zukunft einen Vorfall dieser Art am besten verhindert. Nachdem das Online-Formular abgeschickt wurde, erfolgt eine Bewertung durch CIRS-Experten, bei denen es sich um Fachärzte oder Lehrsanitäter handelt.

Diese Experten machen ihrerseits Vorschläge für eine Lösung des Problems. Anschließend erfolgt die Veröffentlichung des Vorfalls im CIRS-Portal. Die Veröffentlichungen sollen dabei helfen, Behandlungsfehler in Zukunft zu vermeiden.

Sinn und Zweck

Juristisch haben CIRS-Meldungen jedoch keinerlei Auswirkungen. So stellen sie weder eine rechtliche Sicherung von Schadensersatzansprüchen noch einen Ersatz für eine möglicherweise erforderliche Strafanzeige dar. Stattdessen sollen Ärzte und medizinisches Personal aus Fehlern lernen.

So hilft das Berichtssystem dabei, kritische Ereignisse, die beispielsweise durch Routinehandlungen zustande kommen, schneller zu erkennen. Für organisatorische Mängel oder komplexe Fehlerketten eignet es sich allerdings weniger.

Entwickelt wurden die Berichtssysteme eigentlich für Flugpiloten und Ingenieure. Seit Ende 2004 gibt es auch in Deutschland ein Fehler- und Lernberichtssystem für Hausarztpraxen, das von tausenden von Ärzten und Arzthelferinnen genutzt wird.

Im Jahr 2005 wurde von der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung das CIRSmedical eingeführt. Als Organisator fungiert das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin. Trotz gewisser Einschränkungen ist das Critical Incident Reporting System ein wichtiger Beitrag, um die Sicherheit der Patienten zu verbessern.