Psychoanalyse - Anwendung, Ablauf und Behandlung

Als Psychoanalyse oder Psychodynamische Therapie bezeichnet man eine Methode der Psychotherapie. Dabei befasst sich der behandelnde Therapeut mit den Vergangenheitserlebnissen des Patienten. Durch deren Aufdeckung sollen aktuell bestehende psychische Störungen erkannt und behandelt werden können. Lesen Sie alles Wissenswerte über die Psychoanalyse.

Von Jens Hirseland

Was ist eine Psychoanalyse?

Zweck der Psychoanalyse, die auch Psychodynamische Therapie genannt wird, ist die Behandlung von psychischen Störungen oder Erkrankungen durch die Aufdeckung von Erlebnissen und emotionalen Konflikten des Patienten aus der Vergangenheit.

Die Psychoanalyse gilt als die älteste Psychotherapie der Welt. Begründet wurde sie Ende des 19. Jahrhunderts durch den Wiener Neurologen Sigmund Freud (1856-1939), der verschiedene Theorien und Behandlungsmethoden entwickelte.

Obwohl die Psychoanalyse im Laufe der Jahre, unter anderem durch Freuds Schüler Carl Gustav Jung (1875-1961) und Alfred Adler (1870-1937), weiterentwickelt wurde, wird sie im Grundsatz noch heute gelehrt.

Grundlage der Psychoanalyse

Grundlage der Psychoanalyse ist die Annahme, dass menschliches Handeln auch durch unbewusste Einflüsse bestimmt wird und dass sich die Psyche des Menschen in drei Instanzen gliedert:

  1. das Es
  2. das Ich
  3. das Über-Ich

Während das "Es" nach der Befriedigung von Trieben und Lust strebt, bildet das "Über-Ich" das Gewissen des Menschen sowie die Moralvorstellungen der Eltern und des sozialen Umfelds. Das "Ich" fungiert sozusagen als Vermittler zwischen "Es", "Über-Ich" und der Wirklichkeit.

Wenn es nun zu traumatischen Erlebnissen, meist in der Kindheit, kommt, entsteht ein Konflikt zwischen "Es" und "Über-Ich", der eine psychische Krankheit zur Folge haben kann. Durch die dabei auftretenden Symptome kommt es zu einer Verdrängung von unbewussten Konflikten.

Das Konzept Ödipus-Komplex

Ein Konzept der Psychoanalyse ist der so genannte Ödipus-Komplex. Die Theorie stammt von dem österreichischen Psychoanalytiker Siegmund Freud (1856-1939).

Nach dessen Auffassung entwickelt sich der Ödipus-Komplex in einer frühkindlichen Phase und führt zur sexuellen Begierde eines Jungen gegenüber seiner Mutter oder weiblichen Bezugsperson. Zur gleichen Zeit empfindet er seinen Vater als Rivalen und begegnet ihm mit Eifersucht.

Ursprung des Ödipus-Begriffes

Der Begriff "Ödipus-Komplex" oder "Ödipus-Konflikt" stammt aus der Mythologie des antiken Griechenlands. In dem Drama König Ödipus von Sophokles tötet Ödipus den König von Theben, seinen eigenen Vater, ohne jedoch zu wissen, wer dieser ist, bei einem Handgemenge.

Später nimmt er seine Mutter Iokaste zur Gemahlin, deren Identität er ebenfalls nicht kennt. Als ihm nach einigen Jahren offenbart wird, dass er mit seiner Mutter Inzest begangen hat, blendet er sich. Von Siegmund Freud wurde der Ödipus-Begriff aufgegriffen, um seine psychoanalytische Theorie zu benennen.

Verlauf des Ödipus-Komplexes

Nach Ansicht von Freuds Psychoanalyse verschwindet das Begehren nach der Mutter mit der Zeit ins Unbewusste. Zurückzuführen ist dies darauf, dass das körperliche Begehren von der Mutter keine Erwiderung findet. Darüber hinaus hat der Junge große Furcht vor seinem väterlichen Rivalen.

Durch das Überwinden des Ödipus-Komplexes kann auch die Fixierung auf die Mutter, die seit der frühen Kindheit besteht, überwunden werden. Dadurch öffnet sich der Junge mehreren Bezugspersonen.

Elektrakomplex

Eine präödipale Phase hielt Siegmund Freud auch bei Mädchen für möglich. Dabei begehrt das Mädchen jedoch den eigenen Vater. Von anderen Psychoanalytikern wurde der weibliche Ödipus-Komplex Elektra-Komplex genannt.

Psychoanalytiker

Geleitet wird die Analyse von einem Psychoanalytiker. Der Psychoanalytiker ist ein Arzt oder Psychologe, der nach Abschluss des Studiums eine Zusatzausbildung zum Psychoanalytiker abgeschlossen hat.

Wie die Psychoanalyse im Einzelnen gestaltet wird, hängt wesentlich vom jeweiligen Analytiker ab. Denn die Analyse der Seele ist keine starre Behandlungsmethode. Neben der klassischen Psychoanalyse werden heute auch tiefenpsychologische Psychotherapien und psychodynamische Therapien angewendet.

Anwendungsgebiete und Formen der Psychoanalyse

Menschlicher Kopf mit Gehirn
Soll unbewusste Konflikte aufdecken und so psychische Probleme behandeln

Ziel der Psychoanalyse ist die Aufdeckung dieser unbewussten Konflikte, damit die Ursache für die psychischen Probleme ans Licht kommt. Durch die Bewältigung der Vergangenheit sollen auch die Probleme der Gegenwart behoben werden.

Zur Anwendung kommt eine Psychoanalyse bei psychischen Krankheiten oder Störungen, wie zum Beispiel Neurosen. Bei der Durchführung einer Psychoanalyse muss bedacht werden, dass es dem Patienten durch das Aufdecken vergangener Konflikte vorübergehend schlechter als vorher gehen kann. Der Patient sollte also relativ stabil sein und die Bereitschaft mitbringen, schmerzliche Erfahrungen aus der Kindheit aufzuarbeiten.

Klassische Psychoanalyse

Während einer klassischen Psychoanalyse legt sich der Patient auf eine Couch, an deren Kopfende der Therapeut Platz nimmt. Der Patient soll dabei den behandelnden Arzt nicht sehen, damit er sich besser entspannen kann.

Gesprächsinhalte: die freie Assoziation

Während der Therapie kann der Patient über alles reden, was ihm in den Sinn kommt, was man als freies Assoziieren bezeichnet. Auch die Inhalte von Träumen sind für den Psychoanalytiker von Interesse, denn in ihnen können unbewusste Konflikte zum Ausdruck gebracht werden. Die Aussagen werden anschließend vom Psychoanalytiker interpretiert.

Übertragung und Gegenübertragung

Wichtig ist auch eine so genannte Übertragung und Gegenübertragung zwischen Patienten und Therapeuten. Das bedeutet, dass der Patient die Gefühle, die er gegenüber anderen Menschen wie zum Beispiel seinem Partner oder seinen Eltern gegenüber verspürt, auf den Psychotherapeuten überträgt.

So können dem Patienten unbewusste Verhaltensmuster in zwischenmenschlichen Beziehungen verdeutlicht werden. Dadurch, dass der Patient diese Muster erkennt, soll es ihm ermöglicht werden, sein Verhalten zu berichtigen.

Als Gegenübertragung bezeichnet man die bewussten oder unbewussten Reaktionen des Psychoanalytikers auf den Patienten. Auf diese Weise kann der Therapeut die inneren Abläufe der zu behandelnden Person wahrnehmen und deuten. Mit der Zeit können so verdrängte Konflikte oder traumatische Ereignisse wieder ins Bewusstsein des Patienten gebracht werden.

Dauer und Kostenübernahme

Da eine klassische Psychotherapie normalerweise hunderte von Stunden in Anspruch nimmt, kann sie über mehrere Jahre andauern.

Die Behandlung ist von den gesetzlichen Krankenkassen anerkannt. Die Kosten werden bei entsprechender Diagnose auf Antrag des Therapeuten übernommen - falls die Dauer der Therapie die geplante Stundenzahl übertrifft, kann ein Verlängerungsantrag gestellt werden.

Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie

Eine andere Variante der Psychoanalyse ist die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, bei der der Patient dem Therapeuten gegenüber sitzt. Bei diesem Verfahren sollen nur die Symptome der psychischen Störung gebessert und vorhandene Lösungsansätze aktiviert werden.

Zudem ist die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie zeitlich begrenzt und dauert höchstens 50-100 Stunden. Bei der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie treffen sich Patient und Therapeut nur einmal, statt mehrmals in der Woche. Beide sitzen sich während des Gesprächs gegenüber.

Weitere Formen

Noch schneller soll die dynamische Psychotherapie greifen. Nur 20 bis 30 Sitzungen sollen nötig sein, bis der seelische Zustand des Patienten stabilisiert ist. Neben diesen Formen der Einzeltherapie gibt es die Möglichkeit der Gruppenanalyse.