Was Intersexualität bedeutet und welchen Problemen sich Intersexuelle stellen müssen

Intersexualität bedeutet, dass man einen Menschen keinem der beiden Geschlechter eindeutig zuordnen kann. Intersexuelle bezeichnet man auch als Zwitter oder Hermaphroditen.

Von Jens Hirseland

Der Begriff Intersexualität dient als Sammelbezeichnung für Störungen der Geschlechtsentwicklung. Dabei lassen sich weibliche oder männliche Geschlechtsmerkmale bei den Betroffenen nicht klar zuordnen.

Untypische Geschlechtsmerkmale

Fast alle Eltern stellen sich vor der Geburt ihres Kindes die Frage, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird. Manche Kinder kommen jedoch ohne die typischen Geschlechtsmerkmale zur Welt.

In Deutschland gibt es Schätzungen zufolge ungefähr 100.000 Intersexuelle. Darunter versteht man Kinder, Jugendliche oder Erwachsene, die kein eindeutiges Geschlecht oder eine abweichende Geschlechtsidentität haben.

Die Abgrenzung zur Transsexualität

Nichts zu tun hat Intersexualität mit der so genannten Transsexualität. So sind bei Transsexuellen, die ihr Geschlecht wechseln wollen, eindeutige Geschlechtsmerkmale vorhanden.

Erscheinungsformen

Dabei gibt es viele verschiedene Erscheinungsformen und Variationen.

  • Zum Beispiel ist es möglich, dass ein Intersexueller mit einem männlichen Chromosomensatz ausgestattet ist, sich jedoch als Frau fühlt und auch ein weibliches Aussehen hat.
  • Eine weitere Erscheinungsform sind Menschen, deren Chromosome eindeutig weiblich sind, die aber über typisch männliche Eigenschaften wie starke Körperbehaarung oder Bartwuchs verfügen.
  • Manchmal ist auch die Klitoris stark vergrößert und ähnelt einem Penis (Klitorishypertrophie).
  • In sehr seltenen Fällen können sowohl Eierstöcke als auch Hoden vorhanden sein.

Ursachen

In früheren Zeiten wurden intersexuelle Menschen auch als Hermaphroditen oder Zwitter bezeichnet. Den Begriff "Intersexualität" prägte der deutsche Genetiker Richard Goldschmidt (1878-1958) im Jahr 1916.

Da der Begriff aber vielen Betroffenen nicht bekannt ist, nennen sie sich selbst Zwitter. Die Ursachen für Intersexualität sind oft unklar. So kommen chromosomale, gonodale, hormonelle oder anatomische Variationen als Auslöser in Betracht.

Mit Sicherheit weiß man, dass sich ein männlicher Embryo nur dann zu einem Mann entwickeln kann, wenn es zur Bildung von ausreichend Testosteron innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen kommt. Im Falle einer Hormonstörung tritt bei dem Baby jedoch Intersexualität ein.

Das Leben als intersexueller Mensch

Pro Jahr kommen etwa 300 bis 400 intersexuelle Kinder in Deutschland zur Welt. In manchen Fällen bleiben die Geschlechtsmerkmale auch zunächst unauffällig und prägen sich erst in der Pubertät aus.

Schwerwiegende Folgen

Für die Betroffenen ist ihre Intersexualität oft eine schwere psychische Last. So müssen sie mit

kämpfen. Ein erfülltes Sexualleben ist kaum möglich.

Etwa zwei Drittel aller Intersexuellen haben mit starken psychischen Belastungen zu kämpfen. Häufig kommt es daher zu schweren Depressionen. Auch die Selbstmordrate bei Intersexuellen ist hoch.

Wenn Selbstverständliches zur Qual wird

Für intersexuelle Menschen sind ganz alltägliche Dinge des Lebens wie zum Beispiel

oft mit Peinlichkeiten und Schamgefühlen verbunden. So passen sie nicht in das gängige Gesellschaftsschema von Mann und Frau. Das herkömmliche Ordnungsmuster wird für sie zu einem großen Problem.

Rechtliche Schwierigkeiten

Neben den psychischen und physischen Belastungen haben es intersexuelle Menschen auch mit juristischen Problemen zu tun, da man sie in Deutschland als eigenständiges Geschlecht nicht anerkennt. Eine Situation, die von Menschenrechtlern und einigen Juristen kritisiert wird.

Hilfe für Intersexuelle

Wichtigen Beistand finden Intersexuelle bei speziellen Selbsthilfegruppen. Darüber hinaus befassen sich Forschungsgruppen mit Intersexualität und ihren Behandlungsmöglichkeiten.

Der richtige Zeitpunkt für eine Operation

VZu den gängigen Therapien gehören Hormonbehandlungen und operative Eingriffe. Der Wunsch nach einem erfüllten Sexualleben bleibt meist unerfüllt.

Um den Kindern solche Probleme zu ersparen, wird den betroffenen Eltern von Medizinern meist empfohlen, operative Eingriffe zur Geschlechtsangleichung durchführen zu lassen, die jedoch schmerzhafte Nebenwirkungen haben können.

Zahlreiche intersexuelle Erwachsene und Selbsthilfegruppen sind gegen operative Geschlechtsangleichungen bei Kindern, da sie traumatische Folgen befürchten. So sei es besser, abzuwarten, bis das Kind selbst einen solchen Eingriff wünscht.

Die Behandlungskonzepte bei Intersexualität haben sich allerdings gegenüber früheren Jahren deutlich verbessert. Doch nicht alle Intersexuellen sind später auch zufrieden mit dem Geschlecht, das sie bei der Behandlung erhalten haben.