Stillen sofort nach der Geburt ist für Neugeborene lebenswichtig

Weltweit gibt es eine hohe Säuglingssterblichkeit wegen Unwissenheit und vieler Kaiserschnitte

Von Cornelia Scherpe
16. August 2018

In Deutschland und vielen anderen Industrienationen ist es der Normalfall, das Neugeborene zeitnah an die Brust der Mutter gelegt werden. Das zeitnahe Stillen ist sowohl für die Mutter-Kind-Bindung als auch die körperliche Gesundheit der Neugeborenen wichtig. In armen Ländern führt jedoch medizinisches Unwissen und Tradition oft dazu, dass die Säuglinge zunächst Zuckerwasser oder Honig bekommen. Das lässt die Sterblichkeit enorm ansteigen, wie mehrere Studien gezeigt haben.

Das erste Stillen ist wie eine Impfung

Im Vergleich zu Neugeborenen, die sofort an die Mutterbrust gelegt werden, steigt das Sterberisiko bereits nach zwei Stunden um 33 Prozent. Wird das Kind erst 24 Stunden nach der Geburt zum ersten Mal von der Mutter gesäugt, ist das Risiko schon doppelt so groß wie bei Frühstillern.

Die enorme Wichtigkeit des frühen Stillens geht nicht nur auf die Nährstoffe in der Muttermilch zurück, sondern auch auf die darin enthaltenden Antikörper. Die ersten Schlucke Muttermilch sind für das Neugeborene wie eine Impfung. Da der Mutterkörper genau auf das Kind eingestellt ist, kann keine künstliche Babynahrung den perfekten, individuellen Mix ersetzen.

Drei von fünf Babys werden zu spät gestillt

Da die meisten Geburten in Ländern mit mittlerem bis niedrigem Einkommen stattfinden und viele Menschen vor Ort die Wichtigkeit des Frühstillens nicht kennen, verpassen laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gut 78 Millionen Babys den gesunden Start ins Leben. Das sind drei von fünf Neugeborenen.

Neben Unwissen sind es aber auch Kaiserschnitte, die das sofortige Stillen schwierig machen. Betrachtet man Ägypten als Beispiel, stieg die Zahl der Kaiserschnitte in den letzten Jahren von 20 auf 52 Prozent. Statt bei jeder fünften Frau wird der Eingriff nun also bei jeder zweiten vorgenommen. Gleichzeitig ist das Frühstillen von 40 auf nur noch 27 Prozent zurückgegangen.

Die WHO macht derzeit gemeinsam mit dem UN-Kinderhilfswerk Unicef auf die Problematik der Säuglingssterblichkeit aufgrund mangelnder Frühstillung aufmerksam. Ärzte, Hebammen und weitere Entscheidungsträger werden angeregt, deutlicher von nicht medizinisch notwendigen Kaiserschnitten sowie früher Ersatzbabynahrung abzuraten.